TE Vfgh Beschluss 2000/9/26 V78/00

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Veröffentlicht am 26.09.2000
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Nö BauO §12

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung des Flächenwidmungsplanes Enzesfeld-Lindabrunn (NÖ) hinsichtlich des im Eigentum des Antragstellers stehenden Grundstücks infolge Zumutbarkeit eines Ansuchens um Bauplatzerklärung (vgl VfSlg 15004/1997)

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Antragsteller beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Enzesfeld-Lindabrunn (Beschluss des Gemeinderats vom 12. Februar 1996) hinsichtlich der Widmung Bauland-Betriebsgebiet des Grundstückes Nr. 546/32, KG Enzesfeld, als gesetzwidrig.

2. Zur Antragslegitimation wird vorgebracht, dass der Antragsteller Alleineigentümer des Grundstückes Nr. 546/32, KG Enzesfeld, sei und durch die Widmung Bauland-Betriebsgebiet in seine Rechtssphäre unmittelbar und aktuell eingegriffen werde. Dem Antragsteller stehe kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um die durch die "gesetzwidrige Widmung bewirkte Verletzung seines Eigentumsrechtes - nämlich die Beschränkung der Verfügbar- und Nutzbarkeit seines Grundstückes auf Betriebsgebiet anstatt, wie es die objektiven Ergebnisse der Grundlagenforschung erfordern, als Wohngebiet - an den Verfassungsgerichtshof heran zu tragen".

3. Der Antragsteller hatte bei der Marktgemeinde Enzesfeld-Lindabrunn einen Antrag auf Umwidmung seines Grundstückes in Bauland-Wohngebiet eingebracht. Ein auf einem angrenzenden Grundstück, auf dem (Widmung Bauland-Betriebsgebiet) Modellmotoren hergestellt und getestet werden, befindlicher Betrieb hat sich in einer Stellungnahme gegen die geplante Umwidmung ausgesprochen. Die Marktgemeinde Enzesfeld-Lindabrunn teilte dem Antragsteller am 17. Juli 2000 schließlich mit, dass im Hinblick auf mögliche Lärmbelästigungen durch den an das Grundstück angrenzenden Betrieb die beantragte Umwidmung in Bauland-Wohngebiet nicht vorgenommen werde.

4. Der Antragsteller erachtet die Beibehaltung der Widmung Bauland-Betriebsgebiet u.a. deshalb für gesetzwidrig, da die Ergebnisse der Grundlagenforschung die Umwidmung des Grundstückes in Bauland-Wohngebiet erfordert hätten.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 11.726/1988, 13.944/1994).

Es kann zwar vom Antragsteller nicht erwartet werden, dass er allein zum Zweck der Anfechtung des Flächenwidmungsplanes die für ein Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung erforderlichen Planunterlagen anfertigen lässt. Der Verfassungsgerichtshof erachtet jedoch in ständiger Rechtsprechung dann, wenn das maßgebliche Gesetz etwa das Institut der Bauplatzerklärung vorsieht, die Einbringung eines auf die Erklärung des Grundstücks zum Bauplatz gerichteten, keiner aufwendigen Planunterlagen bedürftigen Ansuchens als einen zumutbaren Weg, der die Unzulässigkeit der unmittelbaren Anfechtung eines Flächenwidmungsplanes beim Verfassungsgerichtshof bewirkt (so hinsichtlich der Rechtslage in Oberösterreich etwa die Erkenntnisse VfSlg. 9773/1983, 10.004/1984; hinsichtlich der Rechtslage im Land Salzburg etwa die Erkenntnisse VfSlg. 11.317/1987, 12.395/1990).

Seit Inkrafttreten der 6. Novelle zur NÖ BauO 1976 (zu deren §12) besteht auch in Niederösterreich das Institut der Bauplatzerklärung, welches - hinsichtlich der Voraussetzungen leicht modifiziert - in die NÖ BauO 1996 (§11) übernommen wurde.

Dem Antragsteller steht also im Verfahren zur Bauplatzerklärung gemäß §11 NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200-3, ein zumutbarer Weg zur Verfügung, die Frage der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Enzesfeld-Lindabrunn vom 12. Februar 1996 an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl. zB VfSlg. 15.004/1997).

Im Antrag wurde auch nicht vorgebracht, dass dieser Weg etwa aus dem Grund nicht beschritten werden könne, weil das Grundstück bereits aufgrund des bekämpften Flächenwidmungsplanes zum Bauplatz erklärt worden sei.

3. Dieser Beschluss konnte in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953).

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Bauplatzgenehmigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:V78.2000

Dokumentnummer

JFT_09999074_00V00078_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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