TE Vwgh Erkenntnis 2004/2/25 2001/03/0419

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Veröffentlicht am 25.02.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §32 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 20. September 2001, Zl. KUVS- 1469-1471/2/2000, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (mitbeteiligte Partei: MH in L, vertreten durch Dr. Harold Schmid, Mag. Helmut Schmid und Dr. Helmut Horn, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kalchberggasse 6-8), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom 6. November 2000 wurde der mitbeteiligten Partei zur Last gelegt, sie habe - wie dies am 2. April 1999 festgestellt worden sei - "als das gem. § 9 VStG zur Vertretung nach außen hin berufene Organ der Firma L Ges.m.b.H. mit Sitz in L, für die Firma J Ges.m.b.H., G, neben der Drautalstraße B 100 außerhalb des Ortsgebietes innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand, und zwar 1) bei Strkm. 33,2 ca. 15 m östlich der Ortstafel Spittal/Drau, ca. 5 m südlich des Fahrbahnrandes, sowie

2) und 3) jeweils bei Strkm. 33 ca. 200 m östlich der Ortstafel Spittal/Drau, ca. 3 m nördlich des Fahrbahnrandes, Gemeinde Spittal/Drau, eine Werbeanlage (Tafel) errichtet", obwohl eine Ausnahmebewilligung nicht vorgelegen habe. Sie habe dadurch zu 1),

2) und 3) § 84 Abs. 2 StVO 1960 verletzt, weshalb über sie gemäß § 99 Abs. 3 lit. j StVO 1960 Geldstrafen in der Höhe von je

S 1.000,-- sowie Ersatzfreiheitsstrafen verhängt wurden.

Die mitbeteiligte Partei erhob Berufung und führte u.a. aus, dass bereits Verfolgungsverjährung eingetreten sei, weil "die von der Verwaltungsstrafbehörde gegen eine Person namens 'M Hel' gesetzten Schritte nicht als taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG zu qualifizieren" seien.

1.2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. September 2001 wurde der Berufung der mitbeteiligten Partei Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren i. S.d. § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG eingestellt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass bereits Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Im vorliegenden Fall habe es die mitbeteiligte Partei "zwar zweifelsohne zu verantworten, dass Werbetafeln ... entgegen der Bestimmung des § 84 Abs. 2 StVO angebracht" gewesen seien, doch habe "die Ermittlungstätigkeit" der Erstbehörde "gegen einen Beschuldigten namens 'M HEL'" gelautet. Auch in der Strafverfügung vom 13. September 1999 sei "der Beschuldigte 'M HEL' angeführt", wodurch keine taugliche Verfolgungshandlung gegen die mitbeteiligte Partei gesetzt worden sei. Erst das Straferkenntnis vom 6. November 2000 habe gegen den Beschwerdeführer "M HL" gelautet. Die Erstbehörde wäre verhalten gewesen, innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist ab dem Tatzeitpunkt dem Beschwerdeführer "(in der richtigen Bezeichnung 'M HL')" die angelastete Verwaltungsübertretung vorzuhalten, was erstmalig im Straferkenntnis vom 6. November 2000 geschehen sei.

1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 2 B-VG erhobene Beschwerde.

1.4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie sich insbesondere der Auffassung der belangten Behörde anschloss und beantragte, die Beschwerde abzuweisen.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die Frist zur Erhebung einer Bescheidbeschwerde nach Art. 131 B-VG beträgt gemäß § 26 Abs. 1 erster Satz VwGG sechs Wochen. In den Fällen des Art. 131 Abs. 1 Z 2 B-VG - um einen solchen Fall handelt es sich bei der vorliegenden Beschwerde - beginnt die Frist dann, wenn der Bescheid auf Grund der Verwaltungsvorschriften dem zur Erhebung der Beschwerde befugten Organ zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, zu dem dieses Organ von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat (§ 26 Abs. 1 Z. 2 VwGG). Da eine Zustellung des Bescheides an den beschwerdeberechtigten Bundesminister gesetzlich nicht vorgesehen ist, kommt es im Beschwerdefall auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung an. Vorliegend führt der beschwerdeführende Bundesminister aus, dass er am 2. November 2001 vom bekämpften Bescheid durch Übersendung seitens des Amtes der Kärntner Landesregierung Kenntnis erlangt habe. Von daher erweist sich die beim Gerichtshof am 29. November 2001 eingebrachte Beschwerde - entgegen der mitbeteiligten Partei - als rechtzeitig, zumal sich weder aus dem Vorbringen der mitbeteiligten Partei noch dem Akteninhalt ein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass die beschwerdeführende Partei vom angefochtenen Bescheid schon zu einem früheren Zeitpunkt Kenntnis erlangt hätte.

2.2. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten war die Strafverfügung vom 13. September 1999 an "Herrn MHel, p. A. L Ges.m.b.H., L", gerichtet. In dieser Strafverfügung findet sich der oben aus dem Straferkenntnis wiedergegebene Tatvorwurf. Die mitbeteiligte Partei hat dagegen mit Schreiben vom 17. September 1999 Einspruch erhoben und sich gegen den Tatvorwurf insbesondere mit dem Vorbringen gewendet, dass die Werbetafeln "innerhalb der Ortstafeln im Gewerbegebiet Spittal a.d. D."

aufgestellt worden sein.

Vor diesem Hintergrund ist die beschwerdeführende Partei im Recht, wenn sie meint, dass allein der Umstand, dass in der genannten Strafverfügung der Familienname der mitbeteiligten Partei unrichtig mit "Hel" - und nicht richtigerweise mit "Hl" - angegeben gewesen sei, dieser Strafverfügung ihren Charakter als gegen die mitbeteiligte Partei gerichtete Verfolgungshandlung nicht zu nehmen vermochte. Dem gemäß § 32 Abs. 2 VStG gegebenen Erfordernis, dass die Verfolgungshandlung gegen eine "bestimmte Person" gerichtet sein muss, wird dann entsprochen, wenn eindeutig feststeht, um welche konkret (individuell) bestimmte Person es sich handelt. Diese Person muss nach dem umschriebenen Merkmal unverwechselbar erkennbar sein. Diesem Erfordernis kann aber auch eine Strafverfügung, in der etwa der Familienname nicht in der richtigen Schreibweise angegeben ist, entsprechen, wenn aus den sonstigen Umständen eindeutig hervorgeht, gegen wen als Beschuldigter die Verfolgungshandlung gesetzt wurde. Maßgebend ist, ob die Behörde damit gegen eine bestimmte Person nach außen erkennbar eine (wenn auch mit Fehlern behaftete) Verfolgungshandlung gesetzt hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1976, Slg. Nr. 9149/A). Angesichts des Umstandes, dass die mitbeteiligte Partei in ihrem Einspruch nicht vorbrachte, dass es sich bei der Person, auf die sich der Tatvorwurf bezog, nicht um sie, sondern um eine andere Person handeln würde, ihre Vertretungsbefugnis für die L Ges.m.b.H. nicht bestritt und zudem (nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsstrafakten) dieselbe Adresse angab wie die Erstbehörde in ihrer Strafverfügung, konnte ein Zweifel, dass es sich bei der mit dem Zunamen "Hel", bezeichneten Person um die mitbeteiligte Partei handelte, nicht bestehen. Der Strafverfügung haftet somit der von der belangten Behörde gesehene Mangel nicht an. Insofern hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt.

2.3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Auf das die Frage der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes und des Verschuldens betreffende Vorbringen der mitbeteiligten Partei war im derzeitigen Verfahrensstadium nicht einzugehen.

Wien, am 25. Februar 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001030419.X00

Im RIS seit

29.03.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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