TE Vwgh Erkenntnis 2004/2/25 2001/09/0047

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Veröffentlicht am 25.02.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 14. Dezember 2000, Zl. VwSen-250858/10/Kon/Pr, betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (mitbeteiligte Partei: S in W, B-Straße; weitere Partei: Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wels vom 21. Dezember 1999 wurde die mitbeteiligte Partei für schuldig befunden, sie habe auf einer näher bezeichneten Baustelle einen jugoslawischen Staatsbürger am 5. März 1999 von ca. 9:00 Uhr bis 12:30 Uhr und am 6. März 1999 von ca. 11:30 Uhr bis 12:00 Uhr sowie einen weiteren jugoslawischen Staatsbürger am 5. März 1999 von ca. 9:00 Uhr bis 12:30 Uhr beschäftigt, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt worden sei und diese keine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis bzw. keinen Befreiungsschein besessen hätten. Dadurch habe die mitbeteiligte Partei § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 AuslBG, BGBl. 218/1975 idgF verletzt, weshalb über sie zwei Geldstrafen in der Höhe von je S 5.000,-- und Ersatzfreiheitsstrafen von je 28 Stunden verhängt wurden.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob die mitbeteiligte Partei Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge, hob das angefochtene Straferkenntnis auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG ein. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass es nach § 44a Z. 1 VStG geboten sei, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden sei, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht werde. Die Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale der übertretenen Verwaltungsnorm sei deshalb erforderlich, um eine Subsumtion des zur Last gelegten Tatverhaltens unter diese Norm vornehmen und rechtlich beurteilen zu können. Diesem in § 44a Z. 1 VStG gründenden Erfordernis entspreche der Schuldspruch des Straferkenntnisses insofern nicht, weil ein wesentliches Tatbestandsmerkmal des § 3 Abs. 1 AuslBG als übertretene Verwaltungsnorm im Sinne der Z. 2 des § 44a VStG, nämlich die Arbeitgebereigenschaft der mitbeteiligten Partei darin nicht aufscheine. Die unterbliebene Anführung des Tatbestandmerkmales "Arbeitgeber" erweise sich deshalb als gravierender Spruchmangel, weil davon die Tatbestandsmäßigkeit des angelasteten Verhaltens abhänge. Nur dann nämlich, wenn sich die mitbeteiligte Partei als Arbeitgeber im Sinne des § 3 Abs. 1 AuslBG oder als eine einem solchen gleichzuhaltende Person erweise, könne von einer Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 1 leg. cit. der verfahrensgegenständlichen Ausländer ausgegangen werden. Der aufgezeigte Spruchmangel der unterbliebenen Anführung des Tatbestandmerkmales "Arbeitgeber" habe weder an Hand der Begründung des Straferkenntnisses noch aus den Tatumschreibungen in den vorangegangenen Verfolgungshandlungen saniert werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte unter Abfassung einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier anzuwendenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 i. d.F. BGBl. I Nr. 78/1997, lauten wie folgt:

"§ 2. ...

     (2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung

     a)        in einem Arbeitsverhältnis,

     b)        in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern

die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger

Vorschriften ausgeübt wird,

     c)        in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der

Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,

d)

nach den Bestimmungen des § 18 oder

e)

überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

(3) Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind

a) in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist,

b) in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, sofern nicht lit. d gilt, oder der Veranstalter,

c) in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes und

d) der ausländische Dienstleistungserbringer, dem eine

EU-Entsendebestätigung nach Maßgabe des § 18 Abs. 12 bis 16 auszustellen ist.

...

§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

...

§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

1. wer

a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15 und 4c) ausgestellt wurde, ...

...

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von 10 000 S bis zu 60 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20 000 S bis zu 120 000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20 000 S bis zu 120 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40 000 S bis zu 240 000 S;

..."

Aus den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens ist ersichtlich, dass der mitbeteiligten Partei mit der am 23. März 1999 zugestellten Aufforderung zur Rechtfertigung des Magistrats der Stadt Wels vorgeworfen wurde, vier namentlich genannte Ausländer "beschäftigt (zu haben), obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt worden war und diese keine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis bzw. keinen Befreiungsschein besaßen". Die mitbeteiligte Partei habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 i.d.g.F., begangen.

Nach § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG beträgt nach § 28 Abs. 2 AuslBG für Verwaltungsübertretungen gemäß § 28 Abs. 1 AuslBG ein Jahr.

Im Beschwerdefall geht es darum, ob der mit dem angefochtenen Bescheid gegen die mitbeteiligte Partei erhobene Tatvorwurf im Grunde des § 44a Z. 1 VStG ausreichend umschrieben ist, und ob die gegen die mitbeteiligte Partei (mit der ihr am 23. März 1999 zugestellten Aufforderung zur Rechtfertigung aber auch mit dem ihr am 29. Dezember 1999 zugestellten Bescheid der Behörde erster Instanz) erfolgte Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG hinreichend konkretisiert und damit die Verfolgungsverjährung ausgeschlossen worden ist oder nicht.

Beides ist zu bejahen. Als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte gelten nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes alle Handlungen der Behörde, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im VStG vorgesehene Weise zu prüfen, wobei eine Verfolgungshandlung nur dann die Verjährung unterbricht, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. Jänner 1987, Zl. 86/18/0073, VwSlg. 12.375/A, und die Erkenntnisse vom 16. November 1995, Zl. 94/09/0072, und vom 16. September 1998, Zl. 97/09/0018).

Mit Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, VwSlg. 11.894/A, wurde in Ansehung der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a lit. a (nunmehr § 44a Z. 1) VStG ausgeführt, dass dieser Bestimmung dann entsprochen wird, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch im Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit, aber auch für die Umschreibung von anderen - nach dem Tatbestand der übertretenen Rechtsvorschrift maßgeblichen - Umstände genügt. Das an die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat zu stellende Erfordernis wird nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den erwähnten Rechtsschutzüberlegungen zu messendes, sein. Diese Rechtsschutzüberlegungen sind auch bei der Prüfung der Frage anzustellen, ob eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG vorliegt oder nicht (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 23. April 1992, Zl. 91/09/0199, m.w.N.).

In Ansehung der Übertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG muss unverwechselbar feststehen, wann, wo und welche(n) Ausländer der Beschuldigte als Arbeitgeber unerlaubt beschäftigt hat (vgl. auch dazu das genannte hg. Erkenntnis vom 23. April 1992).

Im vorliegenden Fall kann bei der in der genannten Aufforderung zur Rechtfertigung und im Bescheid der Behörde erster Instanz verwendeten Formulierung, dass die mitbeteiligte Partei die genannten Ausländer "beschäftigt" und dabei das AuslBG übertreten habe, im Lichte der oben angeführten Rechtsschutzerwägungen kein Zweifel daran bestehen, dass sie dies in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber tat. Daher stellten die genannte Aufforderung zur Rechtfertigung und auch der Bescheid der Behörde erster Instanz taugliche Verfolgungshandlungen im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG dar, und es entsprach auch der Spruch des Bescheides der Behörde erster Instanz den Erfordernissen des § 44a Z. 1 VStG. Der ohne weitere Qualifikation an eine bestimmte Person gerichtete Vorwurf, bestimmte Ausländer entgegen dem AuslBG beschäftigt zu haben, reicht im Sinne der genannten Bestimmungen für die Belangung dieser Person als Beschäftiger aus. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof etwa bereits in seinem Erkenntnis vom 16. September 1998, Zl. 97/09/0018, dargelegt, auf welches sich auch der beschwerdeführende Bundesminister zutreffend beruft. Wenn die belangte Behörde in der Gegenschrift ausführt, dieses

Erkenntnis sei "in einer speziellen Bezogenheit auf den ... zu

Grunde liegenden Fall" zu verstehen, so bleibt sie eine Erklärung dafür schuldig, in welchem wesentlichen Merkmal sich der diesem Erkenntnis zu Grunde liegende Sachverhalt von jenem des vorliegenden Falles unterschiede.

Die belangte Behörde verkannte daher mit ihrer Auffassung, mit dem Bescheid der Behörde erster Instanz wäre das dem Beschwerdeführer vorgeworfene Verhalten im Grunde des § 44a Z. 1 VStG nicht ausreichend genau umschrieben, welchen Mangel sie infolge Verfolgungsverjährung nicht mehr sanieren könne, die Rechtslage und belastet den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am 25. Februar 2004

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001090047.X00

Im RIS seit

26.03.2004

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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