Index
E000 EU- Recht allgemein;Norm
31997L0033 Telekommunikationsmarkt-RL Art6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Riedinger, Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der T GmbH in W, vertreten durch Dr. Martin Parschalk, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Zaunergasse 1-3, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 3. Juni 2002, Zl. W 2/02-11, betreffend Antrag auf Abstellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Die Beschwerdeführerin begehrte mit Antrag vom 5. April 2002, die belangte Behörde möge nach Aufforderung gemäß § 34 Abs. 3 TKG der T. AG auftragen, den Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung abzustellen, der darin bestehe, dass die T. AG der Beschwerdeführerin die Bereitstellung der intern genutzten und am Markt angebotenen Anschlussleistung samt den zugehörigen Nebenleistungen verweigere. Die Beschwerdeführerin begehrte weiters, die belangte Behörde möge der T. AG gemäß § 34 Abs. 3 TKG auftragen, der Beschwerdeführerin binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang ein Angebot über die Bereitstellung der intern genutzten Anschlussleistung zu legen, welches die Bereitstellung bestimmter in einer Beilage zum Antrag genannter Leistungen maximal zu den darin genannten Entgelten zum Gegenstand habe und der Beschwerdeführerin ermögliche, auf Basis der Anschlussleistung selbst gestaltete Produkte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung anzubieten.
Die generelle Weigerung der Leistungserbringung an die Beschwerdeführerin stelle eine Diskriminierung im Sinn des § 34 TKG dar, weil ein marktbeherrschender Anbieter Wettbewerbern unter Einhaltung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung unter vergleichbaren Umständen zu gleichwertigen Bedingungen in derselben Qualität Leistungen bereitzustellen habe, die er am Markt anbiete oder die er für seine eigenen Dienste oder für Dienste verbundener Unternehmen bereitstelle. Eine derartige ungerechtfertigte Diskriminierung durch einen Marktbeherrscher stelle schon eo ipso einen Marktmachtmissbrauch dar, zudem greife die Vermutungsregel des § 34 Abs. 3 TKG ein, da die Totalverweigerung des Zugangs zu den von der T. AG intern genutzten bzw. am Markt bereitgestellten Leistungen ungünstigere Bedingungen darstelle, als T. AG sich selbst bei der Leistungsbereitstellung einräume. Ein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung könne wirksam nur dadurch abgestellt werden, dass der T. AG eine Verpflichtung zum Angebot der nachgefragten Leistungen zu nichtdiskriminierenden Bedingungen gemäß § 34 Abs. 1 TKG auferlegt werde.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die Anträge der Beschwerdeführerin auf Abstellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung und auf Erteilung eines Auftrags an die T. AG zur Legung eines Angebots über die Bereitstellung der intern genutzten Anschlussleistung gemäß § 8 AVG i.V.m. § 34 Abs. 3 TKG zurückgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass gemäß § 8 AVG Partei sei, wer an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder rechtlichen Interesses beteiligt sei. Ob jemand einen Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse im Sinne des § 8 AVG habe, richte sich nach den in der jeweiligen Verwaltungssache anzuwendenden materiellen und formellen Rechtsvorschriften. Das Verfahren nach § 34 Abs. 3 TKG sei von Amts wegen einzuleiten. Die zitierte Vorschrift enthalte jedoch keine ausdrückliche Regelung, wem Parteistellung im Verfahren betreffend den Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung zukomme. Es sei daher im Wege der Auslegung zu prüfen, ob durch die maßgebenden Rechtsvorschriften nur eine Rechtspflicht der Behörde oder auch ein subjektiver Anspruch für die Person begründet werde. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien zwei Tatbestandsmerkmale kumulativ erforderlich, um Parteistellung zu begründen: erstens müsse die Sachentscheidung einen bestimmenden Eingriff in die Rechtssphäre bedeuten und zweitens müsse diese Entscheidung eine unmittelbare Wirkung entfalten. Diese Tatbestandsmerkmale träfen für die Beschwerdeführerin jedoch nicht zu.
Die in § 34 Abs. 1 TKG normierte, den Marktbeherrscher treffende Verpflichtung zur Beachtung des Nichtdiskriminierungsgebotes stehe allgemein im öffentlichen Interesse. Ein subjektives Recht könne daraus nicht abgeleitet werden. Die Interessen der Beschwerdeführerin seien rein wirtschaftlicher Natur und würden durch keine Rechtsvorschrift zu rechtlichen Interessen erhoben. Ebenso wenig vermöge eine bloße Antragstellung ein rechtliches Interesse und damit eine Parteistellung im Verfahren zu begründen. Eine Bedeutung des Inhalts, dass § 34 TKG nicht nur dem öffentlichen Interesse diene, sondern zumindest auch als Schutznorm für Einzelne angesehen werden könne und daher ausreichen könnte, um ein subjektives öffentliches Recht der Beschwerdeführerin zu begründen, könne dieser Norm ebenfalls nicht beigelegt werden. Dies werde auch in der Literatur bestätigt.
Eine Antragslegitimation könne auch nicht auf ein subjektives öffentliches Recht der Beschwerdeführerin dahingehend gestützt werden, dass die belangte Behörde das ihr in § 34 Abs. 3 TKG eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei dergestalt auszuüben hätte, dass sie eine Anordnung zur Abstellung des behaupteten Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung der T. AG in der von der Beschwerdeführerin beantragten Weise erließe, da eine derartige Reduzierung des in § 34 Abs. 3 TKG eingeräumten Ermessens nicht erkennbar sei. Vielmehr habe die belangte Behörde darüber zu befinden, ob Verdachtsmomente für das Vorliegen eines derartigen Missbrauchs bestünden und von Amts wegen ein Verfahren einzuleiten, in welchem zu prüfen sei, inwieweit die T. AG die von der Beschwerdeführerin begehrten Leistungen für ihre eigenen Dienste oder für Dienste verbundener Unternehmen bereitstelle und inwieweit sie nach dem Nichtdiskriminierungsgebot auch zu einer Bereitstellung derartiger Leistungen an ihre Wettbewerber verpflichtet sei. Auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Entscheidungspflicht nach § 73 AVG sei nicht stichhaltig.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Da sich aus der von der belangten Behörde mit den Verwaltungsakten vorgelegten Niederschrift über die nicht öffentliche Beratung der Telekom-Control-Kommission am 3. Juni 2002 zu ergeben schien, dass sich ein Ersatzmitglied der Telekom-Control-Kommission an der Beratung beteiligte, obgleich alle Mitglieder der Telekom-Control-Kommission an dieser Sitzung teilnahmen, hegte der Verwaltungsgerichtshof zunächst Bedenken, dass der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde behaftet sein könnte und forderte die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit Beschluss vom 15. Dezember 2003 zur Stellungnahme auf.
In der Äußerung vom 2. Februar 2004 führt die belangte Behörde zunächst aus, dass die Teilnahme von Ersatzmitgliedern an den Sitzungen der Telekom-Control-Kommission durch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes - der in seinem Erkenntnis vom 24. Februar 1999, VfSlg 15.427/1999 die für Kollegialgerichte vorgesehene Möglichkeit der vorbeugenden Beiziehung von Ersatz- oder Ergänzungsrichtern anerkannt habe - gedeckt sei; die Zulässigkeit der Teilnahme ergebe sich auch aus der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie, mit der die Sitzungsgelder der Telekom-Control-Kommission geregelt sind, BGBl. II Nr. 219/1998 idF BGBl. II Nr. 380/2001, wonach auch dem nicht stimmberechtigten Mitglied ein Sitzungsentgelt für die Teilnahme an den Sitzungen gebührt. Aus dem Protokoll der Sitzung vom 3. Juni 2002 sei ersichtlich, dass das Ersatzmitglied der Telekom-Control-Kommission DI PK weder an der Abstimmung teilgenommen habe, noch habe er sich zum konkreten Beratungsgegenstand geäußert; die im Protokoll vermerkten Wortmeldungen hätten nicht die im Beschwerdefall maßgebliche Frage der Parteistellung der Beschwerdeführerin betroffen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Kollegialorgan auch dann als unzuständige Behörde anzusehen, wenn es nicht in der nach dem Gesetz vorgeschriebenen Besetzung entscheidet; das trifft dann zu, wenn entweder bei der Entscheidung nicht die vorgeschriebene Zahl von Mitgliedern mitgewirkt hat oder Personen daran beteiligt waren, die als Mitglieder (etwa wegen Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes) von der Mitwirkung ausgeschlossen waren oder bei denen es sich nicht um Mitglieder handelte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. November 2001, Zl. 98/02/0259, und vom 17. März 1992, Zlen. 92/11/0016, 0017). Ein Ersatzmitglied, das bei der Sitzung des Kollegialorgans bloß anwesend ist, sich jedoch in keiner Weise an der Beratung und Abstimmung beteiligt, wirkt im Sinne dieser Rechtsprechung nicht an der Entscheidung mit. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie darauf hinwies, die in der Niederschrift über die Beratung vermerkten Wortmeldungen des Ersatzmitglieds DI PK hätten sich nicht auf die mit dem angefochtenen Bescheid erledigten Fragen bezogen; da DI K somit bei der Beratung über den angefochtenen Bescheid zwar anwesend war, an ihr aber nicht teilgenommen hat, liegt im Hinblick auf diesen Bescheid keine Unzuständigkeit der belangten Behörde infolge Mitwirkung eines ausgeschlossenen Mitglieds vor.
2.2. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebliche Bestimmung des § 34 Telekommunikationsgesetz (TKG), BGBl. I Nr. 100/1997, lautete auszugsweise:
"Offener Netzzugang (ONP)
§ 34. (1) Ein Anbieter, der auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit über eine marktbeherrschende Stellung verfügt, hat Wettbewerbern auf diesem Markt unter Einhaltung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung unter vergleichbaren Umständen zu gleichwertigen Bedingungen in derselben Qualität Leistungen bereitzustellen, die er am Markt anbietet oder die er für seine eigenen Dienste oder für Dienste verbundener Unternehmen bereitstellt.
...
(3) Die Regulierungsbehörde kann einem Anbieter, der gegen Abs. 1 verstößt, ein Verhalten auferlegen oder untersagen und Verträge ganz oder teilweise für unwirksam erklären, soweit dieser Anbieter seine marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausnutzt. Vor einem solchen Schritt hat die Regulierungsbehörde die Beteiligten aufzufordern, den beanstandeten Missbrauch abzustellen."
2.3. Entscheidungswesentlich ist die Frage, ob der Beschwerdeführerin in einem Verfahren zur Abstellung eines Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung gemäß § 34 TKG Parteistellung zukommt. Nach § 8 AVG sind Parteien eines Verwaltungsverfahrens Personen, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1992, Zl. 91/19/0059) kann die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung einer Partei besitzt, nicht anhand des AVG allein gelöst werden, sondern muss vielmehr aufgrund der im jeweiligen Fall anzuwendenden Verwaltungsvorschrift beantwortet werden.
Soweit die Verwaltungsvorschriften über die Parteistellung keine ausdrückliche Regelung enthalten, ist im Wege der Auslegung zu prüfen, ob durch die maßgebenden Rechtsvorschriften nur eine Rechtspflicht der Behörde oder auch ein subjektiver Anspruch - und damit eine Parteistellung - für die Person begründet wird. Bei der Beurteilung dieser Frage kommt es wesentlich auf den Zweck der Norm an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. April 1994, Zl. 92/03/0259).
Die im Beschwerdefall maßgebliche Bestimmung des § 34 TKG war mit "Offener Netzzugang (ONP)" überschrieben, nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (759 BlgNR 20. GP S. 51) sollte damit "in Übereinstimmung mit den relevanten EG-Richtlinien (festgelegt werden), wer in welchem Umfang offenen Netzzugang gewähren muss." Damit wird - worauf auch Stratil/Weissenburger (TKG, 2. Aufl. (2002), S. 39) hinweisen - Art. 6 der Richtlinie 97/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 über die Zusammenschaltung in der Telekommunikation im Hinblick auf die Sicherstellung eines Universaldienstes und der Interoperabilität durch Anwendung der Grundsätze für einen offenen Netzzugang (ONP), ABl Nr. L 199 vom 26. Juli 1997, S. 32 (RL 97/33/EG), umgesetzt.
Art. 6 lit a RL 97/33/EG lautete:
"Hinsichtlich der Zusammenschaltung der in Anhang I aufgeführten öffentlichen Telekommunikationsnetze und für die Öffentlichkeit zugänglichen Telekommunikationsdienste, die von Organisationen bereitgestellt werden, die nach Meldung durch die nationalen Regulierungsbehörden beträchtliche Marktmacht besitzen, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass
a) die betreffenden Organisationen hinsichtlich der Zusammenschaltung, die sie anderen anbieten, den Grundsatz der Nichtdiskriminierung einhalten. Sie wenden gegenüber mit ihnen zusammengeschalteten Organisationen, die gleichartige Dienstleistungen erbringen, unter vergleichbaren Umständen gleichwertige Bedingungen an und stellen Zusammenschaltungsleistungen und Informationen für andere zu denselben Bedingungen und mit derselben Qualität bereit, die sie für ihre eigenen Dienste oder die ihrer Tochtergesellschaften oder Partner bereitstellen;"
Auch wenn der österreichische Gesetzgeber für das einen marktbeherrschenden Unternehmer treffende Diskriminierungsverbot einen über Art. 6 RL 97/33/EG und auch über die Regierungsvorlage hinaus gehenden Anwendungsbereich festgelegt hatte, so blieb die Umsetzung des Art. 6 RL 97/33/EG doch wesentlicher Zweck dieser Bestimmung. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die RL 97/33/EG den nationalen Regulierungsbehörden wesentliche Aufgaben bei der Durchsetzung des Diskriminierungsverbotes zuwies. Art. 9 Abs. 1 und 3 RL 97/33/EG lauteten:
"(1) Die nationalen Regulierungsbehörden fördern und sichern eine adäquate Zusammenschaltung im Interesse aller Benutzer, indem sie ihre Zuständigkeiten in einer Art und Weise ausüben, die den größtmöglichen wirtschaftlichen Nutzen und den größtmöglichen Nutzen für die Endbenutzer erbringt. Die nationalen Regulierungsbehörden berücksichtigen dabei insbesondere
-
die Notwendigkeit, für die Benutzer eine zufriedenstellende Ende-zu-Ende-Kommunikation sicherzustellen;
-
die Notwendigkeit, einen wettbewerbsorientierten Markt zu fördern;
-
die Notwendigkeit, eine faire und geeignete Entwicklung eines harmonisierten europäischen Telekommunikationsmarkts sicherzustellen;
-
die Notwendigkeit, mit den nationalen Regulierungsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten;
-
die Notwendigkeit, den Auf- und Ausbau transeuropäischer Netze und Dienste, die Zusammenschaltung nationaler Netze und die Interoperabilität von Diensten sowie den Zugang zu solchen Netzen und Diensten zu fördern;
-
den Grundsatz der Nichtdiskriminierung (einschließlich des gleichberechtigten Zugangs) und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit;
-
die Notwendigkeit, einen Universaldienst aufrechtzuerhalten und zu entwickeln."
"(3) Bei der Verfolgung der in Absatz 1 genannten Ziele können die nationalen Regulierungsbehörden jederzeit von sich aus eingreifen, und sie müssen dies tun, wenn sie von einer Partei dazu aufgefordert werden, um vorzugeben, welche Punkte in einer Zusammenschaltungsvereinbarung abgedeckt werden müssen, oder um spezifische Bedingungen festzulegen, die von einer oder mehreren Parteien einer solchen Vereinbarung einzuhalten sind. Die nationalen Regulierungsbehörden können in Ausnahmefällen Änderungen bereits getroffener Zusammenschaltungsvereinbarungen fordern, soweit dies gerechtfertigt ist, um wirksamen Wettbewerb und/oder Interoperabilität von Diensten für Benutzer sicherzustellen. Von der nationalen Regulierungsbehörde vorgegebene Bedingungen können unter anderem Bedingungen zur Sicherstellung wirksamen Wettbewerbs, technische Bedingungen, Tarife, Liefer- und Nutzungsbedingungen, Bedingungen hinsichtlich der Einhaltung relevanter Normen und grundlegender Anforderungen, hinsichtlich des Umweltschutzes und/oder zur Aufrechterhaltung einer durchgehenden Dienstqualität umfassen. Die nationale Regulierungsbehörde kann ferner jederzeit von sich aus oder auf Ersuchen einer Partei Fristen vorgeben, innerhalb deren die Zusammenschaltungsverhandlungen abzuschließen sind. Wird innerhalb der vorgegebenen Frist keine Einigung erzielt, so kann die nationale Regulierungsbehörde Maßnahmen treffen, um nach den von ihr festgelegten Verfahren eine Vereinbarung herbeizuführen. Die Verfahren sind gemäß Artikel 14 Absatz 2 der Öffentlichkeit zugänglich zu machen."
Nach Art. 9 Abs. 3 RL 97/33/EG mussten die nationalen Regulierungsbehörden daher nicht nur in der Lage sein, "jederzeit von sich aus", also amtswegig, eingreifen zu können, sondern es musste auch gewährleistet sein, dass die Regulierungsbehörden tätig werden müssen, "wenn sie von einer Partei dazu aufgefordert werden," um Bedingungen für Zusammenschaltungsvereinbarungen vorzugeben. Diese (auch) über Antrag einer Partei wahrzunehmende Eingriffskompetenz der Regulierungsbehörden, in Ausnahmefällen auch in bereits abgeschlossene Verträge, diente der Sicherstellung unter anderem des Diskriminierungsverbots, wie es in Art. 6 RL 97/33/EG grundgelegt war. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass ein Unternehmen, das eine Zugangsvereinbarung abzuschließen beabsichtigte und dem in diskriminierender Weise der Zugang verweigert wurde, jedenfalls als Partei im Sinne des Art. 9 Abs. 3 RL 97/33/EG, auf deren Ersuchen hin die Regulierungsbehörde tätig zu werden hatte, anzusehen war.
Art. 9 Abs. 3 RL 97/33/EG regelte einen anderen Bereich als das - im TKG im Wesentlichen in § 41 umgesetzte - Streitbeilegungsverfahren nach Art. 9 Abs. 5 RL 97/33/EG, nach dem ungeachtet einer allfälligen Marktbeherrschung einer der Streitparteien die Regulierungsbehörde in Zusammenschaltungsstreitigkeiten zur Streitbeilegung und - entscheidung aufgerufen war. § 34 TKG ging in seinem Anwendungsbereich denn auch über § 41 TKG hinaus, indem - in Umsetzung des Art. 6 RL 97/33/EG - der Regulierungsbehörde ermöglicht wurde, einerseits ein bestimmtes Verhalten oder Unterlassen - z.B., wie in Art. 9 Abs. 3 RL 97/33/EG erwähnt, die Einhaltung bestimmter Fristen oder die Festlegung von Mindestinhalten von Angeboten - aufzutragen, und andererseits auch in bereits abgeschlossene Verträge einzugreifen.
Vor dem Hintergrund des mit § 34 TKG umgesetzten Art. 6 RL 97/33/EG und der für die - amtswegige oder antragsgebundene - Eingriffskompetenz der Regulierungsbehörde in diesem Zusammenhang grundlegenden Bestimmung des Art. 9 RL 97/33/EG ist daher festzuhalten, dass § 34 TKG nicht nur dem öffentlichen Interesse an einem chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb diente, sondern auch dem subjektiven Interesse von nicht marktbeherrschenden Wettbewerbern, Zugang zu bestimmten Leistungen zu nichtdiskriminierenden Bedingungen zu erhalten. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, streitet - wenn eine Person ein Interesse an der Erfüllung einer Pflicht hat, das für die gesetzliche Festlegung der verpflichtenden Norm maßgebend war -
im demokratischen Rechtsstaat eine Vermutung für ihre Befugnis zur Rechtsverfolgung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1998, Zl. 97/20/0151). Dem von einem allfälligen Marktmachtmissbrauch unmittelbar betroffenen Wettbewerber kommt daher Parteistellung im Verfahren nach § 34 Abs. 3 TKG zu (vgl. auch Leitl, Missbrauchsaufsicht über Telekommunikationsunternehmen (2002), 111).
Die belangte Behörde führt aus, dass sich aus den gesetzlichen Zielbestimmungen - die unter anderem die Sicherstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs und den Schutz der Nutzer vor Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung (§ 1 Abs. 2 Z. 2 und 4 TKG) sowie die Sicherstellung der Einhaltung der Grundsätze eines offenen Netzzugangs gemäß ONP und die Schlichtung von Streitfällen zwischen Marktteilnehmern (§ 32 Abs. 1 Z 4 und 6 TKG) umfassen - keine subjektiv-öffentlichen Rechte ableiten ließen. Dies trifft zwar hinsichtlich der ausschließlich aufsichtsrechtlichen Normen des TKG zu, bei deren Vollziehung die Regulierungsbehörde die Gesetzes- und Regulierungsziele des TKG und damit unter anderem auch Auswirkungen auf den Wettbewerb zu berücksichtigen hat, ohne dass dadurch rechtlich geschützte Interessen der Wettbewerber berührt werden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2003, Zl. 2000/03/0328, betreffend die Genehmigung von Entgelten marktbeherrschender Festnetz-Sprachtelefonanbieter). Entscheidungen der Regulierungsbehörde in Verfahren nach § 34 Abs. 3 TKG greifen jedoch in geschützte Rechtspositionen nicht nur des marktbeherrschenden Unternehmens ein, sondern - wenn sich der abzustellende Missbrauch unmittelbar gegen einen bestimmten Konkurrenten richtet - auch in die Rechtssphäre dieses betroffenen Mitbewerbers, demgegenüber der Marktbeherrscher durch die behördliche Entscheidung gegebenenfalls zu einem Vertragsangebot, einer Vertragsänderung oder zu einem anderen rechtlich relevanten Tun oder Unterlassen verhalten wird. § 34 TKG dient damit nicht bloß als aufsichtsrechtliche Norm dem Schutz öffentlicher Interessen, sondern schützt auch rechtliche Interessen individuell bestimmbarer Wettbewerber.
2.4. § 34 Abs. 3 TKG trifft keine Aussage dazu, ob das Verfahren von Amts wegen oder auf Antrag einzuleiten ist. Im Lichte der bei der Auslegung des § 34 TKG zu berücksichtigenden Art. 6 und 9 RL 97/33/EG kann jedoch nicht zweifelhaft sein, dass die Verfahrenseinleitung sowohl amtswegig, als auch über Antrag eines von einem Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung unmittelbar betroffenen Unternehmens erfolgen kann. Der Antrag auf Abstellung eines konkret behaupteten Missbrauchs, der sich nach dem Antragsvorbringen unmittelbar gegen die Beschwerdeführerin gerichtet hat, war daher zulässig. Ob der behauptete Sachverhalt zutrifft und ob es sich dabei um einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung im Sinne des § 34 TKG handelt, wäre von der belangten Behörde daher unter Beiziehung der Beschwerdeführerin als Partei des Verwaltungsverfahrens zu prüfen gewesen.
2.5. Da die belangte Behörde somit der Beschwerdeführerin zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert hat, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. Februar 2004
Schlagworte
Behördenorganisation Besondere Rechtsgebiete Besondere Rechtsgebiete Diverses Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Gemeinschaftsrecht Richtlinie Umsetzungspflicht EURallg4/2 Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung Parteibegriff Tätigkeit der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002030186.X00Im RIS seit
18.03.2004