TE Vwgh Erkenntnis 2004/2/25 2003/03/0284

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Veröffentlicht am 25.02.2004
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
91/01 Fernmeldewesen;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
TKG 1997 §101 letzter Satz idF 1999/I/188;
TKG 1997 §101 Satz1 idF 1999/I/188;
TKG 1997 §104 Abs3 Z24 idF 2002/I/032;
TKG 2003 §107 Abs2;
TKG 2003 §107 Abs3;
TKG 2003 §107 Abs4;
TKG 2003 §107 Abs5;
TKG 2003 §92 Abs3 Z10;
VStG §19 Abs1;
VStG §19;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs1;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2003/03/0290 E 25. Februar 2004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Riedinger, Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des HO in L, vertreten durch Binder Grösswang Rechtsanwälte OEG in 6020 Innsbruck, Kaiserjägerstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 30. September 2003, Zl. uvs-2002/14/161-3, betreffend Übertretung nach dem Telekommunikationsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe es als vertretungsbefugter Geschäftsführer der Firma A GmbH (im Folgenden kurz "Firma A") zu verantworten, dass am 30. Juni 2002 um

15.46 Uhr eine in der Beilage zum Bescheid angeführte "elektronische Nachricht (SMS)" zu Werbezwecken ohne vorherige Zustimmung des Empfängers von der Firma A an eine im Bescheid namentlich unter Angabe der Wohnanschrift genannte Person an deren Mobiltelefonnummer zugesandt worden sei. Er habe dadurch § 101 i. V.m. § 104 Abs. 3 Z. 24 Telekommunikationsgesetz (TKG) verletzt und es wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 100,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid festgestellt, dass der Beschwerdeführer handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma A sei, deren Unternehmensgegenstand Werbegestaltung sei und der die Rufnummer 0930/822535 zur Verfügung gestellt worden sei. Dieses Unternehmen habe in verschiedenen Zeitungen Annoncen geschaltet mit u.a. folgendem Inhalt: "GRATIS! Sex per SMS!!! 0800 880 233". Die Rufnummer 0800 880 233 sei ebenfalls der Firma des Beschwerdeführers zur Verfügung gestellt worden. Wenn man diese Rufnummer anrufe, werde man zu einem "Einloggvorgang" aufgefordert, wobei durch die Auswahl von Ziffern auf dem Telefon zunächst die Auswahl zwischen Frau oder Mann getroffen werden soll; sodann soll das ungefähre Alter des Wunschpartners, der Postleitzahlbereich, aus dem der Partner kommen solle, sowie die Art des gewünschten Kontakts - jeweils durch Auswahl bestimmter Ziffern auf dem Handy - bekannt gegeben werden. Abschließend werde der Anrufer mit folgenden Worten zur Bekanntgabe seiner Handynummer aufgefordert: "Tippe jetzt noch deine Handynummer ein, damit wir dir die Telefonnummer deines Seitensprungpartners zusenden können!"

Am 3. Juni 2002 seien bei der Rufnummer 0800 880 233 drei Telefonanrufe erfolgt, bei denen ein Einloggvorgang durchgeführt und jene Telefonnummer bekannt gegeben worden sei, welche der Empfängerin der verfahrensgegenständlichen SMS gehöre. Bei diesen Anrufen sei die Rufnummer des Anrufenden unterdrückt worden. Am 30. Juni 2002 habe die Empfängerin an der bekannt gegebenen Nummer folgendes SMS erhalten:

"0930 822 535

30.06.02 15.46 Uhr

Studentin (19) mit nassem Höschen ist es leid selber Hand

anzulegen. Lass sie nicht warten.

Dein Partner SMS-Team."

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass die Zusendung des oben zitierten SMS das Kriterium einer elektronischen Post als Massensendung und zu Werbezwecken im Sinne des § 101 TKG erfülle. Dieses SMS verfolge den Zweck, dass sich der Telefonteilnehmer mit der im SMS angegebenen Telefonnummer - einer Mehrwertnummer - zwecks Kontaktaufnahme in Verbindung setze, um die ihm unbekannte Person näher kennen zu lernen. Voraussetzung für die Zusendung einer elektronischen Post als Massensendung oder zu Werbezwecken sei die Zustimmung des Empfängers. Der Beschwerdeführer habe nicht nachweisen können, dass im gegenständlichen Fall eine solche Zustimmung vorgelegen sei.

2. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Im vorliegenden Beschwerdefall sind folgende Rechtsvorschriften maßgeblich:

§ 101 Telekommunikationsgesetz (TKG), BGBl. I Nr. 100/1997 in der Fassung BGBl. I Nr. 188/1999:

"§ 101. Anrufe - einschließlich das Senden von Fernkopien - zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers sind unzulässig. Der Einwilligung des Teilnehmers steht die Einwilligung einer Person, die vom Teilnehmer zur Benützung seines Anschlusses ermächtigt wurde, gleich. Die erteilte Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden; der Widerruf der Einwilligung hat auf ein Vertragsverhältnis mit dem Adressaten der Einwilligung keinen Einfluß. Die Zusendung einer elektronischen Post als Massensendung oder zu Werbezwecken bedarf der vorherigen - jederzeit widerruflichen - Zustimmung des Empfängers."

§ 104 Abs. 3 Z. 24 TKG in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2002:

"(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 36 336 Euro zu bestrafen, wer (...)

24. entgegen § 101 unerbetene Anrufe oder die Zusendung einer elektronischen Post als Massensendung oder zu Werbezwecken tätigt."

2. Der Beschwerdeführer macht geltend, in seinem Recht verletzt zu sein, nicht ohne das Vorliegen des Tatbildes nach § 101 TKG für SMS-Sendungen bestraft zu werden, da SMS nicht unter den Begriff der "elektronischen Post" im Sinn des § 101 TKG fallen würden. Die belangte Behörde habe bei der Auslegung des Gesetzesbegriffs der "elektronischen Post" rechtswidrig die Interpretationsmethode der Analogie angewandt, indem sie jede elektronische Datenübertragung mittels elektronischer Geräte über elektronische Einrichtungen als "elektronische Post" und SMS mit einem Vergleich zu einer Postkarte als "Post" qualifiziert habe. Eine Subsumtion von SMS unter den Begriff der "elektronischen Post" scheitere an der im Verwaltungsstrafverfahren allein maßgeblichen Wortlautschranke. "Elektronische Post" sei die Übersetzung des englischen Begriffs "E-Mail"; der Begriff bezeichne "eine ganz spezielle Form der modernen Kommunikation, nämlich die fernschriftliche Verständigung mittels E-Mail". Schließlich widerspreche die Auslegung der belangten Behörde den in der österreichischen Rechtsordnung vorgesehenen Interpretationsregeln, nach denen der Wille des Gesetzgebers zum Zeitpunkt der Erlassung der Norm maßgeblich sei. Aus den Materialien zum Fernabsatzgesetz gehe hervor, dass mit dem dort ebenfalls verwendeten Begriff der "elektronischen Post" ausschließlich "E-Mail" gemeint sei.

§ 101 letzter Satz TKG wurde durch die Novelle BGBl. I Nr. 188/1999 in das TKG eingefügt; weder diese Novelle noch die Stammfassung des TKG enthielt eine gesetzliche Definition des Begriffs "elektronische Post". Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist der Begriff "elektronische Post" als Übersetzung des englischsprachigen "electronic mail" bzw. "e-mail" zu verstehen; als Synonym für "elektronische Post" wird auch im österreichischen Sprachgebrauch der Begriff "E-Mail" verwendet (vgl dazu den Eintrag "E-Mail" im Österreichischen Wörterbuch, 39. Aufl. 2001:

"elektronische Post, von einem Computer zum anderen übermittelte Nachricht"; unter "elektronische Post" findet sich lediglich ein Verweis auf den Eintrag "E-Mail"). Häufig wird unter "E-Mail" ausschließlich E-Mail als Dienst des Internet verstanden, in dem Nachrichten über IP-Netzwerke unter Verwendung internetspezifischer Protokolle und Standards übermittelt werden (vgl etwa Jaburek/Blaha, Die technische Umsetzung der e-Mail, in IT-LAW.AT (Hrsg.), e-Mail - elektronische Post im Recht (2003), S. 1). Wenngleich dies der häufigste und in der Literatur daher auch vorrangig behandelte Anwendungsfall elektronischer Post ist, kann -

entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - der Begriff "E-Mail" dennoch nicht (ausschließlich) mit Internet-E-Mail gleichgesetzt werden; auch sonstige in elektronischen Kommunikationsnetzen verschickte Nachrichten sind - unabhängig vom verwendeten Protokoll oder Standard - vom Begriff "E-Mail" oder "electronic mail" umfasst; charakteristisch ist, dass elektronische Post im Netz (oder im Endgerät des Empfängers) gespeichert werden kann, bis sie vom Empfänger abgerufen wird (vgl nunmehr die Definition in § 92 Abs. 3 Z. 10 TKG 2003, BGBl. I Nr. 70/2003) und sich damit auch vom Anruf iSd § 101 erster Satz TKG - der eine zweiseitige Echtzeitkommunikation voraussetzt - unterscheidet. Die Verwendung bestimmter Protokolle oder Standards ist kein Wesensmerkmal des Begriffs "E-Mail" bzw. "elektronische Post". Auch der Beschwerdeführer beruft sich bloß beispielsweise ("jedenfalls") auf E-Mail-Dienste, die in "RFC 822 (SMTP (richtig: Format of Internet Text Messages; SMTP ist in RFC 821 definiert)) bzw. 1725 (POP3) definiert werden"; dies schließt auf anderen Standards basierende E-Mail-Dienste nicht aus.

Auch die vom Beschwerdeführer vorgelegten Begriffsbestimmungen bzw. Übersetzungen belegen im Wesentlichen nur, dass es sich beim Begriff "elektronische Post" um die deutsche Übersetzung von "e-mail" oder "electronic mail" handelt, nicht aber, dass unter E-Mail ausschließlich der Internet-Dienst E-Mail zu verstehen sei; zB wird in dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Ausdruck des Computerlexikons von Wolfgang Bergt E-Mail definiert als "Softwaresystem zum Nachrichtenaustausch über Kommunikationsnetze wie zB LANs oder öffentliche und private Datennetze," wobei ausdrücklich auch auf unterschiedliche Standards hingewiesen wird.

Die Ansicht des Beschwerdeführers, wonach die Einbeziehung von SMS-Mitteilungen - kurzen Nachrichten, die nach einem für GSM-Mobilfunknetze entwickelten Standard über das SMS-Center eines Kommunikationsnetzbetreibers in der Regel zwischen mobilen Endgeräten elektronisch übermittelt werden - in den Begriff der "elektronischen Post" iSd § 101 TKG schon an der Wortlautschranke scheitere, kann daher nicht geteilt werden. Die Subsumtion von SMS unter den Begriff der elektronischen Post iSd § 101 letzter Satz TKG stellt daher auch keine über den Wortsinn hinausgehende Auslegung im Sinne des vom Beschwerdeführer angeführten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Juni 1993, Zl. 92/02/0263, dar. Soweit der Beschwerdeführer vermeint, in den Ausführungen der belangten Behörde, wonach SMS ebenso unter den Begriff der "elektronischen Post" falle wie eine Postkarte unter den Begriff der "Post", liege eine im Verwaltungsstrafrecht unzulässige Analogie, ist ihm zu entgegnen, dass dieser Hinweis lediglich - im Zuge der von der belangten Behörde vorgenommenen Auslegung des Wortsinnes - illustrieren sollte, dass der Begriff "Post" nicht bloß auf bestimmte Postsendungen (wie zB Briefe) abstellt, sondern auch kurze Nachrichten (zB Postkarten) umfasst; in diesem Sinne seien auch SMS nicht deshalb vom Begriff der "elektronischen Post" ausgeschlossen, weil es sich um kurze Nachrichten handle.

Zutreffend führt der Beschwerdeführer aus, dass die Beschlussfassung der TKG-Novelle BGBl. I Nr. 188/1999 im Nationalrat auf Grund eines nicht näher begründeten selbstständigen Antrags des Justizausschusses, der im Zusammenhang mit den Beratungen über das Fernabsatzgesetz gestellt worden war, erfolgte. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers geht jedoch auch aus den Materialien zum Fernabsatzgesetz nicht hervor, dass mit dem Begriff "elektronische Post" ausschließlich E-Mail (in der vom Beschwerdeführer diesem Begriff offenbar beigemessenen Bedeutung von Internet E-Mail) gemeint wäre. § 5a Abs. 2 Konsumentenschutzgesetz (KSchG) idF des Fernabsatzgesetzes BGBl. I Nr. 185/1999 lautet:

"Fernkommunikationsmittel im Sinn des Abs. 1 sind Kommunikationsmittel, die zum Abschluß eines Vertrages ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Parteien verwendet werden können, insbesondere Drucksachen mit oder ohne Anschrift, Kataloge, Pressewerbungen mit Bestellschein, vorgefertigte Standardbriefe, Ferngespräche mit Personen oder Automaten als Gesprächspartnern, Hörfunk, Bildtelefon, Telekopie, Teleshopping sowie öffentlich zugängliche elektronische Medien, die eine individuelle Kommunikation ermöglichen, wie etwa die elektronische Post."

Diese Bestimmung beruht auf der Definition der "Fernkommunikationstechniken" in Art. 2 Z. 4 der Fernabsatzrichtlinie 97/7/EG, und den im Anhang I zu dieser Richtlinie beispielhaft aufgezählten Kommunikationsmitteln. Wie sich aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1998 BlgNR XX. GP, S. 21) ergibt, wurde mit der elektronischen Post der wichtigste der elektronischen Dienste hervorgehoben, während etwa der in Anhang I der Richtlinie erwähnte "Videotext mit Tastatur oder Kontaktbildschirm" auf Grund mangelnder praktischer Relevanz nicht angeführt wird. Ausführungen zum konkreten Begriffsinhalt der "elektronischen Post" enthält weder die Regierungsvorlage noch der Ausschussbericht (2062 BlgNR XX. GP). Auch aus den Materialien zum Fernabsatzgesetz lässt sich daher nicht ableiten, dass der Begriff "elektronische Post" in § 101 TKG so zu verstehen wäre, dass damit SMS nicht umfasst wären.

Soweit der Beschwerdeführer ausführt, dass der von ihm angenommene Bedeutungsinhalt des Begriffs "elektronische Post" zum Zeitpunkt der Gesetzwerdung nicht neu war, sondern auf der damals geltenden Rechtslage basiere, ist ihm entgegenzuhalten, dass das von ihm diesbezüglich herangezogene E-Commerce-Gesetz (ECG) mit BGBl. I Nr. 152/2001 veröffentlicht wurde und gemäß seinem § 28 mit 1. Jänner 2002 in Kraft trat; § 101 TKG trat in der hier maßgeblichen Fassung durch die Novelle BGBl. I Nr. 188/1999 am 20. August 1999 in Kraft, sodass das ECG für die Erforschung des historischen Willens des Gesetzgebers nicht in Betracht kommt. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass in den vom Beschwerdeführer angeführten Bestimmungen (§§ 9 Abs. 3 und 10 Abs 3 ECG) "Verträge, die ausschließlich im Weg der elektronischen Post oder eines damit vergleichbaren individuellen Kommunikationsmittels abgeschlossen werden" geregelt werden. Eine Differenzierung der Rechtsfolgen je nach dem, ob elektronische Post oder ein damit vergleichbares individuelles Kommunikationsmittel verwendet wird, erfolgt nicht, sodass auch eine genaue Abgrenzung zwischen diesen Begriffen nicht erforderlich ist. In diesem Sinn ist auch aus dem Hinweis in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das E-Commerce-Gesetz (817 BlgNR XXI. GP, S. 29), wonach ein der elektronischen Post vergleichbares individuelles Kommunikationsmittel "beispielsweise ein SMS" sein könne, für die Auslegung des § 101 TKG idF BGBl. I Nr. 188/1999 nichts zu gewinnen. Dem Beschwerdeführer kann auch nicht darin gefolgt werden, dass die "Differenzierung in elektronische Post und andere Individualkommunikationsdienste im ECG im Sinne der Begriffsbestimmung Dienst der Informationsgesellschaft des § 3 Z 1 ECG" genau dem Unterschied zwischen E-Mail und SMS entspreche, zumal eine derartige - unterschiedliche Rechtsfolgen auslösende - Differenzierung im ECG nicht vorgesehen ist.

Ziel des Gesetzgebers ist es, durch die Bestimmung des § 101 TKG jedem Teilnehmer an Telekommunikationsdiensten "Schutz vor unerbetenen Anrufen oder ähnlichen Kommunikationsleistungen" (so der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. Oktober 2002, G 267/01 ua.) zu gewähren. Bei der Auslegung des Begriffs "elektronische Post" ist dieser Schutzzweck zu berücksichtigen, sodass eine einschränkende Auslegung, wie sie vom Beschwerdeführer vertreten wird, wonach dieser Begriff nur Internet E-Mails umfasse, nicht in Betracht kommt, zumal die Belästigung durch unerwünschte SMS-Nachrichten - auf die der Empfänger jedenfalls zu reagieren hat, sei es auch durch das von ihm im Einzelfall vorzunehmende Löschen - durchaus mit der Belästigung durch unerbetene Anrufe oder Internet E-Mails vergleichbar ist. Schließlich kann aus der nunmehr durch § 107 Abs. 2 bis 5 TKG 2003 erfolgten Neuregelung unverlangter Zusendungen von elektronischer Post, die ausdrücklich SMS einbezieht, nicht geschlossen werden, dass diese bisher nicht vom Begriffsumfang der elektronischen Post iSd § 101 TKG umfasst gewesen wären. § 107 Abs. 2 TKG 2003 pönalisiert nicht - wie dies der Beschwerdeführer vermeint - "zusätzlich zur elektronischen Post das Versenden von SMS", sondern stellt lediglich klar, dass auch SMS vom Begriff der elektronischen Post umfasst sind.

3. Der Verwaltungsgerichtshof vermag dem Beschwerdeführer auch nicht darin zu folgen, dass es sich bei der zugesandten Nachricht nicht um Werbung handle, wird doch darin der Adressat der Mitteilung aufgefordert, eine Mehrwertnummer anzurufen und damit einen entgeltlichen Vertrag mit dem Mehrwertdienstanbieter zu schließen. Dass die Werbung für den vom Unternehmen, dessen Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, erbrachten Dienst in Zeitungen erfolgte, ändert nichts daran, dass - selbst bei Vorliegen der Zustimmung zur Zusendung der SMS-Nachrichten - erst durch den Anruf bei der in der SMS-Nachricht angegebenen Mehrwertnummer ein (allenfalls weiterer) entgeltlicher Vertrag zu Stande kommt.

4. Soweit sich der Beschwerdeführer dagegen wendet, dass die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheids festgehalten habe, dass die SMS-Sendung "unzweifelhaft das Kriterium einer elektronischen Post als Massensendung" erfülle, ist ihm zunächst entgegenzuhalten, dass der von ihm zitierte Satz im angefochtenen Bescheid vollständig folgendermaßen lautet:

"Unzweifelhaft erfüllt die Zusendung des oben genannten SMS das Kriterium einer elektronischen Post als Massensendung und zu Werbezwecken." Die Zusendung "als Massensendung oder zu Werbezwecken" stellt nach § 101 letzter Satz TKG eine gleichwertige Alternative dar; auch in der Strafdrohung in § 104 Abs. 3 Z. 24 TKG wird diesbezüglich nicht unterschieden. Die Zusendung nur einer SMS-Nachricht stellt zweifellos keine Massensendung dar, dies wurde auch im Spruch des Bescheids, in dem der Tatvorwurf - Zusendung einer mit dem genauen Text und der Uhrzeit beschriebenen SMS-Nachricht an eine bestimmte Rufnummer - eindeutig konkretisiert wird, nicht ausgesprochen. Dem Beschwerdeführer wurde im Verfahren ausdrücklich die konkrete SMS-Nachricht vorgehalten und er hätte daher auch konkrete Entlastungsbeweise vorlegen können, was er - im Hinblick auf die von ihm behauptete Zustimmung - auch getan hat. Eine Gefahr der Doppelbestrafung kann angesichts der genauen Beschreibung der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nicht gegeben sein. Dass die Zusendung der SMS-Nachricht zu Werbezwecken erfolgte und damit tatbildlich war, wurde oben bereits dargelegt.

5. Der Beschwerdeführer vermeint, dass die belangte Behörde durch die Nennung der Wohnadresse der Empfängerin der SMS-Nachricht eindeutig von einem Erfolgsdelikt ausgegangen sei. Dem ist zu entgegnen, dass der Spruch die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat als Zusendung einer elektronischen Nachricht (SMS) vom Unternehmen des Beschwerdeführers an die konkret mit Namen und Wohnsitz angegebene Empfängerin an deren Mobiltelefon umschreibt. Dies dient der eindeutigen Individualisierung der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung; dass der Empfangsort als Tatort angesehen wird, lässt sich dem angefochtenen Bescheid jedoch nicht entnehmen. Die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Verwaltungsübertretung besteht in der (unerbetenen) Zusendung elektronischer Post; der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr gehört nicht zum Tatbestand des § 101 TKG i.V.m. § 104 Abs. 3 Z 24 TKG. Wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, handelt es sich bei einer Übertretung des § 101 TKG daher nicht um ein Erfolgsdelikt, sondern um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 VStG, das in dem Zeitpunkt vollendet ist, in dem die Nachricht, der nicht zugestimmt worden war, die Sphäre des Absenders verlässt.

Daher kommt auch der Rüge des Beschwerdeführers keine Berechtigung zu, wonach ihm mit dem angefochtenen Bescheid erstmals vorgeworfen worden wäre, die Tat nicht am Firmensitz, sondern am Wohnsitz der Empfängerin der SMS-Nachricht begangen zu haben, und dass die Verfolgungshandlungen innerhalb der Frist des § 31 Abs 1 VStG sich damit nicht auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente bezogen hätten.

6. Der Verwaltungsgerichtshof kann dem Beschwerdeführer auch nicht darin folgen, dass für die im konkreten Fall übermittelte Nachricht die Zustimmung der Anschlussinhaberin vorgelegen habe. Der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang, dass die belangte Behörde das Vorliegen der Zustimmung im Einzelfall (hier unter anderem durch Einvernahme der Anzeigerin) geprüft habe, nicht aber "das vom Beschwerdeführer eingerichtete Zustimmungserfordernis in seiner Gesamtheit einer rechtlichen Beurteilung" unterzogen habe. Die belangte Behörde gehe bei Identität von anmeldender und empfangender Rufnummer trotz gegenteiliger Zeugenaussage des Anzeigers von einer Zustimmung aus, in allen anderen Fällen hingegen verneine sie eine Zustimmung. Ein Telefondienstleister brauche mit der völlig lebensfremden Möglichkeit einer Anmeldung durch eine andere Person nicht zu rechnen; es könne ihm keinesfalls zugemutet werden, sich bei jeder Bekanntgabe einer elektronischen Postadresse oder einer Mobiltelefonnummer zu vergewissern, ob die Kontaktadressen auch tatsächlich demjenigen gehören, der sie bekannt gibt. Der gesamte Vorgang funktioniere völlig automationsunterstützt, sodass überhaupt kein Willensentschluss des Beschwerdeführers zwischen Aufnahme der Kontaktadresse und Absendung der SMS-Nachricht liegt.

Dem ist entgegenzuhalten, dass es sich bei der nach § 101 letzter Satz TKG erforderlichen Zustimmung um eine Willenserklärung des (zukünftigen) Empfängers elektronischer Post (als Massensendung oder zu Werbezwecken) handelt, deren Vorliegen Voraussetzung für die Zulässigkeit der Zusendung ist. Dass im vorliegenden Fall keine Zustimmung der Anschlussinhaberin vorgelegen hat, steht nach dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt fest. Der Einwand des Beschwerdeführers kann daher nur dahingehend zu verstehen sein, dass ihn an der dennoch erfolgten Zusendung einer SMS-Nachricht kein Verschulden treffe.

Die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens kann jedoch angesichts des vom Unternehmen, dessen Geschäftsführer der Beschuldigte ist, verwendeten automatischen Systems der "Zustimmungseinholung" nicht gelingen. Dieses System ermöglicht es den unter Verwendung einer kostenfreien Einwahlnummer Anrufenden, die gewünschte nähere Spezifikation des Dienstes zu bestimmen und sodann jene Telefonnummer einzugeben, an die SMS-Nachrichten gesendet werden sollen. Eine über die technische Plausibilitätsprüfung, ob es sich um eine Mobiltelefonnummer im richtigen Format handle, hinausgehende Überprüfung - insbesondere ob der Anrufer auch Anschlussinhaber der bekannt gegebenen Zielrufnummer ist - findet nicht statt; auch im Fall einer unterdrückten Rufnummer des Anrufers - wie im vorliegenden Fall - werden SMS an die angegebene Zielrufnummer gesandt. Gerade bei Diensten, wie sie vom Unternehmen des Beschwerdeführers angeboten werden, kann keinesfalls ausgeschlossen werden, dass sie auch in Belästigungsabsicht für Dritte "bestellt" werden, zumal dies auf Grund der entgeltfreien Einwahlnummer ohne Kosten für den Anrufer ist und dieser auch durch Unterdrückung seiner Rufnummer anonym bleiben kann; angesichts der fehlenden Rückverfolgungsmöglichkeit stellt dieses System geradezu eine Einladung für derartige Missbräuche dar.

Selbst wenn der Einloggvorgang tatsächlich von der Anschlussinhaberin durchgeführt worden wäre, hätte sie damit nach dem im angefochtenen Bescheid wörtlich wiedergegebenen Text, der den Anrufer durch den Einloggvorgang begleitet, lediglich die Zustimmung zur Zusendung von SMS mit der Telefonnummer eines möglichen Partners gegeben, nicht aber die Zustimmung zur Zusendung eines SMS, in dem ausschließlich eine vom Unternehmen des Beschwerdeführers genutzte Mehrwertnummer mitgeteilt wird.

7. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass es sich im gegenständlichen Fall "um die einmalige Einrichtung eines automationsunterstützten Systems" handle, das automatisch SMS-Nachrichten an jene Mobiltelefonnummern verschicke, die im Zuge eines Anmeldevorganges angegeben werden. Bei der Versendung der einzelnen SMS-Nachrichten handle es sich um eine Reihe von Einzelhandlungen, die vermöge der Gleichartigkeit ihrer Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände verbunden mit der zeitlichen Kontinuität zu einer Einheit zusammentreten würden. Die SMS-Nachrichten seien Ergebnis eines Gesamtkonzepts, nämlich der automationsunterstützten Einrichtung des Dienstes "Partner-SMS". Es lägen damit alle Kriterien für ein einheitliches Delikt vor und erfolge für alle ausgegangenen SMS eine rechtliche Gleichstellung mit einem einfachen Begehungsdelikt. Da "zum gegenständlichen Sachverhalt" am 11. Juli 2002 bereits ein Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Tirol und Vorarlberg ergangen sei, wäre die dem vorliegenden Beschwerdefall zugrundeliegende Tathandlung bereits abgegolten und dürfte kein zweites Mal bestraft werden.

Um von einem fortgesetzten Delikt sprechen zu können, müssen nach der hg. Rechtsprechung Einzelakte von einem einheitlich vorgefassten Willensentschluss, von einem so genannten Gesamtvorsatz getragen sein, d.h. der Täter muss von vornherein ein bestimmtes Endziel ins Auge gefasst haben, das er durch die Begehung mehrerer Teilakte, somit schrittweise erreichen will. Von einem solchen Gesamtvorsatz kann daher nur dann gesprochen werden, wenn der Täter den erstrebten Enderfolg von Anfang an in seinen wesentlichen Umrissen erfasst hat, sodass sich die einzelnen Akte zu dessen Erreichung nur als Teilhandlungen eines (von vornherein gewollt vorhandenen) Gesamtkonzeptes darstellen. Erst dieser innere Zusammenhang lässt die Einzelakte nur als sukzessive Verwirklichung des einheitlich gewollten Ganzen erscheinen. Demnach reicht der allgemeine Entschluss, eine Reihe gleichartiger strafbarer Handlungen bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu begehen, nicht aus, um subjektiv Fortsetzungszusammenhang zu begründen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Mai 1996, Zl. 96/10/0045).

Im vorliegenden Fall liegt der unternehmerischen Tätigkeit des Unternehmens, dessen Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, zweifellos ein Gesamtkonzept im Hinblick auf eine bestimmte Dienstleistung zu Grunde. Zu prüfen ist jedoch, ob auch die - in Verfolgung des unternehmerischen Gesamtkonzepts - begangenen gesetzwidrigen Einzelhandlungen vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts zu einer Einheit zusammentreten.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist es im Beschwerdefall unerheblich, dass die Zusendung der SMS-Nachrichten automatisiert wurde und ein unmittelbarer Willensentschluss daher nicht bei jeder SMS-Versendung erforderlich ist. Die Automatisierung von Prozessabläufen entbindet den Beschwerdeführer nicht von der Beachtung der die unternehmerische Tätigkeit regelnden Verwaltungsvorschriften; richtet er den Geschäftsbetrieb so ein, dass Übertretungen von Verwaltungsvorschriften auf Grund der vorgenommenen Automatisierung nicht vermeidbar sind, so kommt dies dem allgemeinen Entschluss gleich, eine Reihe gleichartiger strafbarer Handlungen bei sich bietenden Gelegenheiten zu begehen (vgl. dazu das oben zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Mai 1996). Der vom Beschwerdeführer behauptete Verstoß gegen das Verbot der Doppelbestrafung liegt daher mangels fortgesetzten Delikts nicht vor.

8. Die belangte Behörde hat die von der Behörde erster Instanz verhängte Geldstrafe von EUR 300,- auf EUR 100,-

herabgesetzt und dabei die Erwägungen dargelegt, die zu dieser Herabsetzung führten, nämlich dass nur ein SMS zugesandt wurde und dass (nur) von bedingtem Vorsatz auszugehen war. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, dass die belangte Behörde dadurch angesichts des bis zu EUR 36.336,-- reichenden Strafrahmens das ihr bei der Strafbemessung zukommende Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes geübt hätte.

9. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 25. Februar 2004

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Ermessen besondere Rechtsgebiete"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff TatortAuslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4Erschwerende und mildernde Umstände SchuldformAndere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003030284.X00

Im RIS seit

02.04.2004

Zuletzt aktualisiert am

25.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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