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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §45 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des D in G, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 11. Dezember 2002, Zl. 15 1311/297-II/15/02, betreffend Ruhegenussbemessung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im November 1945 geborene Beschwerdeführer steht als Chefinspektor in Ruhe in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund.
Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. August 2000 gemäß § 14 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979), mit Ablauf des 31. August 2000 in den Ruhestand versetzt.
Mit Bescheid des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich vom 21. September 2000 wurde gemäß § 83a des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (GehG), festgestellt, dass die im Exekutivdienst zurückgelegte Dienstzeit des Beschwerdeführers 15 Jahre und 9 Monate (189 Monate) betrage.
Mit Bescheid vom 9. April 2001 stellte das Bundespensionsamt (BPA) fest, dass dem Beschwerdeführer gemäß den §§ 3 bis 7 und 62b des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965), BGBl. Nr. 340, vom 1. September 2000 an ein Ruhegenuss von monatlich brutto S 23.879,80 gebühre. Weiters wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 12 PG 1965 die Ruhegenusszulage aus der Wachdienstzulage von monatlich brutto S 624,50 gebühre.
Im Verfahren erster Instanz war bereits auf Grundlage eines eingeholten Untersuchungsbefundes der Fachärztin für Innere Medizin Dr. Sch. und des Untersuchungsbefundes des Orthopäden Dr. St. ein Gutachten der leitenden Ärztin des BPA Dr. W. erstellt, Parteiengehör gewährt und eine Stellungnahme des Beschwerdeführers erstattet worden; darüber hinaus war ein berufskundliches Gutachten des Sachverständigen Dr. Si. eingeholt worden; demnach liege berufskundlicherseits keine dauernde Erwerbsunfähigkeit vor und es könne die bisherige Tätigkeit als Gendarmerielehrer auch weiterhin ausgeübt werden. Die angeführte ergonomische Eignung lasse weiters eine Tätigkeit als Sachbearbeiter in Verwaltungs- und Personalangelegenheiten, Ausbildner, Trainer in der Erwachsenenbildung und Führungskraft in Behörden und Institutionen für Gruppen und Teams bis zu fünf Angestellten zu.
Gegen den Bescheid des BPA vom 9. April 2001 erhob der Beschwerdeführer Berufung und machte geltend, der ihm gebührende Ruhebezug wäre richtig ohne Anwendung des Abschlags des § 4 Abs. 3 PG 1965 zu bemessen. Das vom BPA eingeholte Gutachten dessen leitender Ärztin Dr. W. vom 26. Jänner 2001 sei ohne ausreichende Grundlagen getroffen worden; diese Ärztin weise offenbar keine Qualifikation für den orthopädischen Fachbereich auf, weswegen sie auf ein Fachgutachten angewiesen gewesen sei. Ein solches sei ausschließlich von Dr. St. erstellt worden, enthalte aber nur die allgemeine Formulierung, dass für ihn "Längeres Stehen, Sitzen und Gehen sowie Laufen" nicht möglich sei. Dr. W. habe davon ausgehend lediglich schematische Schlussfolgerungen gezogen, die für wesentlich weniger ausgeprägte Gesundheitsstörungen gleicher Art allenfalls richtig sein könnten. In seinem Fall zeigten aber die multiplen Bandscheibenvorfälle, dass dementsprechend das Risiko künftiger weiterer derartiger Einzelereignisse sehr hoch sei. Er beantrage ausdrücklich die Beiziehung eines weiteren orthopädischen Sachverständigen, der zweifellos die von ihm dargestellten Gesundheitsstörungen und weiters bestätigen würde, dass bei ihm bei jeder Berufstätigkeit mit mehrmonatigen Krankenständen pro Jahr zu rechnen sei. Davon ausgehend sei zum Pensionierungszeitpunkt vollständige Erwerbsunfähigkeit gegeben.
Die belangte Behörde führte zur Frage, ob im Fall des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung dauernde Erwerbsunfähigkeit gegeben gewesen sei, ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durch.
Sie holte ein zusätzliches Gutachten des Orthopäden Dr. R. ein, auf dessen Grundlage vom leitenden Arzt des BPA Dr. Z. ein Gutachten zur Leistungsfeststellung vom 31. August 2001 erstellt wurde; nach dessen Schlussfolgerungen sei beim Beschwerdeführer Restarbeitsfähigkeit gegeben.
Sowohl der Untersuchungsbefund Dris. R. als auch das Gutachten Dris. Z. vom 31. August 2001 wurde dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme übermittelt, der dem Inhalt dieser Gutachten mit Stellungnahme vom 10. Oktober 2001 widersprach und angab, er sei zu einer Dauerleistung nicht im Stande, weil er keine Tätigkeit überwiegend im Gehen oder Stehen ausüben könne; auch überwiegend sitzende Arbeiten seien ihm unmöglich.
Seinem Schreiben schloss er ein Gutachten des Orthopäden Primarius Univ.Doz. Dr. E. vom 4. September 2001 an, aus welchem im Ergebnis hervorgeht, dass beim Beschwerdeführer ein schweres instabiles chronisches Lumbischialgiesyndrom auf Basis massiver Bandscheibenveränderungen mit partieller Vertebrostenose bestehe. Dabei komme es immer wieder zu massiven Ischialgieattacken mit passageren neurologischen Ausfällen. Erschwerend komme noch eine incipiente Coxarthrose an beiden Hüften hinzu, die dem Beschwerdeführer ebenfalls bei stärkerer Belastung Schmerzen verursache. Da dem Beschwerdeführer auf Grund seines Leidens längeres Gehen, Stehen und Sitzen und ebenso das Tragen von Lasten über 5 kg unzumutbar sei, müsse der Beschwerdeführer seit dem Zeitpunkt seiner Pensionierung als arbeits- und erwerbsunfähig angesehen werden.
Der leitende Arzt des Bundespensionsamtes Dr. Z. holte daraufhin ein Gutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. So ein; dieses Gutachten lag einer weiteren sachverständigen Stellungnahme Dris. Z. vom 29. März 2002 zu Grunde. In diesem Gutachten wurde zusammenfassend festgehalten, dass insgesamt aus medizinischer Sicht im beurteilungsrelevanten Zeitraum und weiterhin eine Restarbeitsfähigkeit bestehe. Das bisherige Leistungskalkül werde durch objektive medizinische Befunde nicht wesentlich eingeschränkt. Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit umfasse jetzt auch die erhobenen psychischen Probleme.
Auch dieses Gutachten wurde dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme übermittelt, welcher mit Schreiben vom 16. Mai 2002 darauf hinwies, dass lediglich die "in den Bereich der Orthopädie" gehörigen Gesundheitsstörungen ausschlaggebend seien. Er verwies auf eine unter einem vorgelegte Ergänzung des Gutachtens Univ.Doz. Dris. E. vom 14. Mai 2002 und meinte, Dr. Z. hätte dessen Diagnosen nicht widersprochen.
Zum ergänzten Gutachten Univ.Doz. Dris. E. stellte Dr. Z. in einer weiteren Stellungnahme vom 6. August 2002 fest, dass die Auswirkungen der objektivierbaren funktionellen Einschränkungen von Seiten des Bewegungs- und Stützapparates im Gutachten bereits berücksichtigt worden seien. Die neurologisch zu beurteilende Symptomatik - Nervenirritationen, Nervenschädigungen, motorische Ausfälle und Schmerzbeschwerden - sei einbezogen worden. Die nachgereichte Befundergänzung sei nicht geeignet, eine Änderung der Beurteilung herbei zu führen. Zusätzliche, bei der klinischen Untersuchung 2001 Dris. E. nicht angeführte Untersuchungsergebnisse seien nicht geliefert worden. Dass jetzt ein "Lasegue" als Hinweis auf eine tatsächliche Nervenwurzelschädigung, damals jedoch ausdrücklich ein "Pseudolasegue" - also ein Dehnungsschmerz bei der klinischen Untersuchung beim passiven Anheben des gestreckten Beines bei 60 Grad , der nicht als Hinweis auf eine manifeste Nervenwurzelaffektion zu bezeichnen sei - angegeben werde, bestätige die bisherige objektivierende Beurteilung durch die Untersuchungen im Auftrag des BPA "und andererseits die auf keinen Untersuchungsbefunden beruhende Umdeutung und Interpretation der tatsächlichen Befundergebnisse Dris. E. auf Betreiben des Beschwerdeführers." Dr. Z. hielt in seinem Gutachten vom 6. August 2002 zu den Schreiben des Beschwerdeführers vom 10. und 16. Mai 2002 weiter zusammenfassend fest, dass auf die festgestellte psychische Problematik und das Befundergebnis Dris. So hingewiesen werde, was zum Verständnis der Vorgänge und Abläufe in gegenständlicher Angelegenheit dienen könne.
Die medizinische Beurteilung werde durch die nachgereichten Unterlagen nicht geändert!
Die belangte Behörde holte ein berufskundliches Gutachten des Sachverständigen M. vom 20. August 2002 ein, aus dem - aufbauend auf dem von Dr. Z. festgestellten Gesundheitszustand des Beschwerdeführers - hervorgeht, dass die Verweisungsmöglichkeiten für einfache Tätigkeiten, wie z.B. Portier, Museumswächter, Aufseher, Billeteur und Telefonist gegeben seien. Hilfstätigkeiten im Produktionsbereich kämen eher nicht in Frage, weil hier auf Grund der Arbeitsabläufe in Zwangshaltungen gearbeitet werden müsste und die geforderten selbst wählbaren Positionswechsel und die Arbeitsunterbrechungen nicht möglich seien, ohne diese Arbeitsabläufe in hohem Ausmaß zu stören. Auf Grund des Leistungsprofils wären weiters verschiedene Hilfstätigkeiten im Bereich Büro/Verwaltung wie Amtsgehilfe, Bürogehilfe, Bürobote zumutbar. Ein selbstbestimmter Positionswechsel der Körperhaltung (Sitzen, Gehen und Stehen) bei überwiegend sitzender Tätigkeit sei bei diesen Berufsbildern auf Grund der Arbeitsabläufe möglich, sodass längeres Gehen und/oder dauerndes Stehen und Sitzen vermieden werden könne. Die Möglichkeit kurzer Arbeitsunterbrechungen zum Lagewechsel bzw. zum kurzen Ausstrecken sei in diesen Berufsbildern möglich, ohne die Arbeitsabläufe in unzumutbaren Ausmaß zu stören. Weiters handle es sich dabei durchwegs um geistig leichte Tätigkeiten mit geringer Eigenverantwortung und psychischer Belastung. Belastende Personenkontakte mit Parteienverkehr und in Schulungstätigkeiten bei psychisch anstrengenden Bedingungen fielen hier nicht an, Bildschirmarbeit - wenn überhaupt - nur in geringem Ausmaß.
Auch dieses Gutachten, ebenso wie das Sachverständigengutachten Dris. Z. vom 6. August 2002, wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht. In einem daraufhin eingelangten Schreiben vom 3. Oktober 2002 brachte der Beschwerdeführer erneut vor, dass die eingeholten ärztlichen Beurteilungen nicht stichhaltig und beweiskräftig seien. Die nunmehrigen Sachverständigenäußerungen ignorierten die durch objektive Befunde belegten Diagnosen Univ. Doz. Dris. E. Auch werde durch die Verharmlosung des Gesamtbildes das Erfordernis der Ruhepausen weitgehend geleugnet. Das Gutachten Dris. So, dem neben dem Sachverständigengutachten Dris. Z. offenbar besondere Bedeutung zukomme, sei dem Beschwerdeführer nicht "direkt" zur Kenntnis gebracht worden, beruhe aber zweifellos auf einer krass mangelhaften Grundlage, da nicht einmal ein Röntgenbild bzw. MRT herangezogen worden sei und es lediglich auf einem fünfminütigen Gespräche beruhe, weswegen dieses Gutachten nicht geeignet sei, jenes von Univ. Doz. Dris. E. zu widerlegen.
Dr. Z. gab dazu eine weitere ausführliche Stellungnahme vom 12. November 2002 ab. Nach Eingehen auf die verschiedenen Einwände des Beschwerdeführers kam er neuerlich zum Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer nach dem Leistungskalkül im beurteilungsrelevanten Zeitraum die aus medizinischer Sicht zumutbaren Arbeiten bei beruflicher Umstellung möglich seien.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11. Dezember 2002 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG "nicht stattgegeben". Nach Wiedergabe des Berufungsinhaltes und des Inhaltes der entscheidungswesentlichen Bestimmungen stellte die belangte Behörde fest, die Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers sei 63 Monate vor Ablauf des Monates wirksam geworden, in dem er das 60. Lebensjahr vollendet haben werde; der Beschwerdeführer weise eine tatsächlich im Exekutivdienst zurückgelegte Dienstzeit von mehr als 180 Monaten auf, weshalb gemäß § 4 Abs. 3 PG 1965 in Verbindung mit § 83a Abs. 1 Z. 1 GehG die Ruhegenussbemessungsgrundlage und gemäß § 12 Abs. 2 PG 1985 in Verbindung mit § 83a Abs. 1a GehG die Bemessungsgrundlage der Ruhegenusszulage in dem in diesen Bestimmungen vorgesehenen Ausmaß zu kürzen wäre, sofern nicht eine der Voraussetzungen gegeben sei, unter denen nach § 4 Abs. 4 PG 1965 eine derartige Kürzung nicht stattfinde. Da offensichtlich die im § 4 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 normierten Voraussetzungen nicht vorlägen, sei ein Ermittlungsverfahren darüber abzuführen gewesen, ob die Voraussetzung des § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 vorliege, nämlich dauernde Erwerbsunfähigkeit im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung.
Daran anschließend gibt die belangte Behörde den Inhalt des § 4 Abs. 7 PG 1965 wieder und führt weiter aus, für die Beurteilung, ob dauernde Erwerbsunfähigkeit vorliege oder nicht, spiele es nach dem Wortlaut dieser Bestimmung keine Rolle, welcher Art die allenfalls aus medizinischer Sicht noch mögliche Erwerbstätigkeit sei. Das Verweisungsfeld sei also nicht auf den Dienst in der Bundesverwaltung als solcher beschränkt, sondern mit dem gesamten Arbeitsmarkt identisch.
In weiterer Folge gibt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf den Seiten 6 bis 17 den jeweils wesentlichen Inhalt der eingeholten Gutachten und der dazu ergangenen Stellungnahmen des Beschwerdeführers sowohl im Verfahren erster Instanz als auch im Berufungsverfahren wieder. Der angefochtene Bescheid endet mit folgenden, an diese Wiedergabe anschließenden Ausführungen auf Seite 17:
"Auf Grund des äußerst ausführlichen Ermittlungsverfahrens, in dessen Rahmen Ihnen auch das Parteiengehör in ausreichendem Maß eingeräumt worden ist, steht fest, dass Sie zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung weder aus ärztlicher noch aus berufskundlicher Sicht als dauernd erwerbsunfähig anzusehen waren. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass Sie zu diesem Zeitpunkt nicht dauernd erwerbsunfähig im Sinne des § 4 Abs. 7 PG 1965 waren. Es liegen daher die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 nicht vor. Die Bemessung des Ihnen vom 1. September 2000 an gebührenden Ruhegenusses auf der Grundlage der nach § 4 Abs. 3 PG 1965 in Verbindung mit § 83a Abs. 1 GehG gekürzten Ruhegenussbemessungsgrundlage von 71,30 % des ruhegenussfähigen Monatsbezuges und die Bemessung der Ihnen gebührenden Ruhegenusszulage aus der Wachdienstzulage auf der Grundlage der nach § 12 Abs. 2 PG 1965 in Verbindung mit § 83a Abs. 1a GehG gekürzten Bemessungsgrundlage von 69,13 % der Aktivzulage sind daher im angefochtenen Bescheid zu Recht erfolgt.
Aus diesem Grund konnte Ihrer Berufung nicht stattgegeben werden."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer wurde mit Ablauf des 31. August 2000 in den Ruhestand versetzt. Nach § 62j Abs. 2 erster Satz PG 1965 (in der Fassung des Pensionsreformgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 86) war daher auf ihn die Bestimmung des § 4 PG 1965 in der am 30. September 2000 geltenden Fassung anzuwenden.
Nach dieser Fassung (der Novelle BGBl. I Nr. 123/1998) des § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 findet eine Kürzung nach Abs. 3 dann nicht statt, wenn der Beamte zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig ist. Nach § 4 Abs. 7 leg. cit. gilt ein Beamter als dauernd erwerbsunfähig im Sinne des Abs. 4 Z. 3 nur dann, wenn er infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außerstande ist, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen.
Strittig ist im vorliegenden Fall allein die Frage, ob der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig war oder nicht.
Die Beschwerde stützt sich vor allem auf den Aspekt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und macht (zusammengefasst) geltend, dass sich der angefochtene Bescheid auf die Wiedergabe des bisherigen Verfahrensablaufes beschränke, keinerlei konkrete eigenständigen Sachverhaltsfeststellungen enthalte und trotz einander erheblich widersprechender medizinischer Beweismittel keine entsprechende Beweiswürdigung aufweise. Es wäre Aufgabe der Behörde gewesen, bei Unklarheiten auf Grund widersprüchlicher medizinischer Befunde allenfalls weitere gutachtliche Äußerungen zur Auflösung der Widersprüche zu veranlassen.
Mit diesen Verfahrensrügen zeigt der Beschwerdeführer erfolgreich eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Nach § 1 Abs. 1 DVG ist ua im Verfahren betreffend Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Ruheverhältnisses zum Bund das AVG mit im Beschwerdefall nicht bedeutsamen Abweichungen anzuwenden. Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 AVG sind in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muss in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher (für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebende) Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege, und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtete (vgl. unter vielen das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1998, Zl. 96/19/1778).
Diesen Vorgaben wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht.
Er enthält in seiner Begründung zwar - in zeitlicher Reihenfolge dargestellt - die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und in seinen letzten drei Sätzen (auf Seite 17) eine Beurteilung der Rechtsfrage. Was dem angefochtenen Bescheid - wie der Beschwerdeführer zutreffend aufzeigt - aber fehlt, ist zum einen die Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes und zum anderen eine nachvollziehbare Darlegung der Beweiswürdigung, die die belangte Behörde vorliegendenfalls getroffen hat. Der einzige Satz, der sich diesbezüglich im angefochtenen Bescheid findet (Seite 17, erster Satz des zweiten Absatzes), beinhaltet lediglich die leerformelartige Behauptung, "dass auf Grund des äußerst ausführlichen Ermittlungsverfahrens", in dessen Rahmen dem Beschwerdeführer auch das Parteiengehör in ausreichendem Maße eingeräumt worden ist, "feststehe, dass dieser nicht als dauernd erwerbsunfähig anzusehen sei".
Nun trifft es zwar zu, dass das Ermittlungsverfahren selbst ausführlich und sorgfältig geführt wurde und dem Beschwerdeführer in diesem Rahmen auch ausreichend Parteiengehör eingeräumt worden ist.
Dieser Umstand allein vermag aber weder eine Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes im angefochtenen Bescheid noch eine Beweiswürdigung, schon gar nicht eine Beweiswürdigung bei Vorliegen einander widersprechender Beweismittel, zu ersetzen, und kann die rechtliche Schlussfolgerung der belangten Behörde, "auf Grund dessen" stehe das Nichtvorliegen einer dauernden Erwerbsunfähigkeit fest, nicht tragen. Eine Begründung, die sich wie im vorliegenden Fall nur in der Wiedergabe der eingeholten Sachverständigengutachten erschöpft, ist nicht als ausreichend anzusehen (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 26. November 1976, Zl. 1114/75, vom 25. September 1990, Zl. 86/07/0244, und vom 4. November 2002, Zl. 2000/10/0064).
Die fehlende Beweiswürdigung der belangten Behörde erhält angesichts des Vorliegens einander widersprechender Gutachten (der Gutachten Dris. E. einerseits und der sonst eingeholten Gutachten auf dem Gebiet der Orthopädie andererseits) besonderes Gewicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es der Behörde bei einander widersprechenden Gutachten gestattet, sich in freier Beweiswürdigung dem einen oder anderen Gutachten anzuschließen. Sie hat aber im Rahmen der in der Bescheidbegründung näher anzuführenden Beweiswürdigung in nachvollziehbarer Weise die Gedankengänge darzulegen, die sie dazu veranlasst haben (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 30. Oktober 1991, Zl. 91/09/0047, und vom 27. September 1994, Zl. 92/07/0076, mwN).
Der von der belangten Behörde befasste leitende Arzt des BPA ist zwar in seinen Gutachten auf die vorgelegten Gutachten Dris. E. eingegangen. Auch dieser Umstand vermag aber eine Beweiswürdigung nicht zu ersetzen. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass eine Überantwortung der Beweiswürdigung an Sachverständige rechtswidrig wäre, da ein Sachverständiger nicht dazu befugt ist, Rechtsfragen zu lösen oder eine Beweiswürdigung vorzunehmen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1993, Zl. 93/15/0094, und vom 25. Juni 1992, Zl. 91/09/0231). Dies ist allein Sache der entscheidenden Behörde.
Das Fehlen von Feststellungen über den entscheidungswesentlichen Sachverhalt hindert ebenso wie die fehlende Darlegung der Ergebnisse der Beweiswürdigung den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung des angefochtenen Bescheides.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. Februar 2004
Schlagworte
Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Begründung der Wertung einzelner Beweismittel Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Begründung hinsichtlich einander widersprechender Beweisergebnisse Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Parteiengehör Erhebungen ErmittlungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003120027.X00Im RIS seit
26.03.2004