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000;Norm
ALSAG 1989 §2 Abs7 idF 1996/201;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde des Bundes, vertreten durch das Hauptzollamt Wien, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 29. Juli 2003, Zl. RU4- B-049/004, betreffend Feststellung nach dem Altlastensanierungsgesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. V - GmbH & Co KG in G und 2. E - AG in M, beide vertreten durch Onz-Onz-Krämmer-Hüttler, Rechtsanwälte GmbH in Wien, Ungargasse 59-61), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Begründung
Die mitbeteiligten Parteien beantragten bei der Bezirkshauptmannschaft T (BH) die bescheidmäßige Feststellung, um welche Art von Abfall gemäß § 6 Abs. 1 des Altlastensanierungsgesetzes, BGBl. Nr. 299/1989 (ALSAG) es sich bei dem am Standort des Wärmekraftwerkes D in der betriebseigenen Monodeponie abgelagerten Abfall handle. Weiters wurde der Antrag gestellt, festzustellen, dass die Zuschläge nach § 6 Abs. 2 ALSAG nicht anzuwenden seien.
Mit Bescheid vom 18. Dezember 2000 stellte die BH gemäß § 10 Abs. 1 ALSAG fest, dass es sich bei der am Standort des Wärmekraftwerkes D betriebenen betriebseigenen Monodeponie, welche mit Bescheid des LH vom 24. Juni 1982 wasserrechtlich genehmigt worden sei, um eine Baurestmassendeponie handle und keine Voraussetzungen vorlägen, die Zuschläge gemäß § 6 Abs. 2 ALSAG anzuwenden.
Die beschwerdeführende Partei berief.
Die belangte Behörde holte Gutachten einer deponietechnischen Amtssachverständigen und einer chemisch-technischen Amtssachverständigen ein.
Die deponietechnische Amtssachverständige beschäftigte sich mit der Frage, ob die Deponie der mitbeteiligten Parteien über ein Deponiebasisdichtungssystem oder eine vertikale Umschließung, die den technischen Vorgaben des ALSAG entspricht, verfügt.
Der chemisch-technischen Amtssachverständigen stellte die belangte Behörde die Fragen, ob
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die abgelagerten Abfälle als Baurestmassen im Sinne des § 6 Abs. 1 ALSAG einzustufen seien,
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die Anpassung an den Stand der Technik abgeschlossen sei und der in der Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996 (Deponieverordnung) festgelegte Stand der Technik (mit Ausnahme der Anforderungen an den Deponiestandort und das Deponiebasisdichtungssystem) eingehalten werde und zwar auch hinsichtlich der Qualität der abgelagerten Materialien,
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mit der Einbringung des Materials oder mit der Aushärtung des Materials der Tatbestand der Deponierung gegeben sei und ab welchem Zeitpunkt,
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durch die Zugabe von Wasser eine Veränderung der Konsistenz des Materials gegeben sei,
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eine Verfestigung des Materials erfolge und dadurch eine Gewichtsveränderung (Zunahme) zu berücksichtigen sei.
Zu diesen Fragen führte die chemisch-technische Amtssachverständige in ihrem Gutachten Folgendes aus:
Mit Bescheid des LH vom 24. Juni 1982 sei den mitbeteiligten Parteien die Monodeponie zur Ablagerung der beim Betrieb des Kraftwerkes D entstehenden Rea-Produkte bewilligt worden.
Durch die Amtssachverständige seien zur Einstufung der abgelagerten Rea-Produkte entsprechende Untersuchungen im Deponiekörper gefordert worden, die Aufschluss über den Schadstoffgesamtgehalt und das Eluierverhalten der Abfälle geben sollten.
Diese Untersuchungen hätten ergeben, dass die abgelagerten Rea-Produkte im Durchschnitt den Anforderungen für eine Bodenaushubdeponie nach der Deponieverordnung entsprächen. Über die Gesamtgehalte des abgelagerten Rauchgasreinigungsproduktes (Realit) lägen nach diesen Untersuchungen umfangreiche Voruntersuchungen vor, die besagten, dass die Grenzwerte für Schadstoffgesamtgehalte der Anlage 1, Tabelle 1, Spalte 1 der Deponieverordnung eingehalten würden.
Das abgelagerte Material weise hinsichtlich des Deponieverhaltens die Besonderheit auf, dass nach Befeuchtung und Kompaktierung Abbindevorgänge und Hydratisierungsprozesse analog wie bei Frischbeton abliefen. Diese Vorgänge erstreckten sich über einige Monate, wobei sich die Festigkeit erhöhe und die Permeabilität sinke.
In der gegenständlichen Deponie seien Rea-Produkte vermischt mit Flugasche abgelagert worden. Die untersuchten Proben zeigten anfänglich eine erhöhte Leitfähigkeit und einen erhöhten pH-Wert, die auf freies CaO zurückzuführen seien. Nach Befeuchtung reagiere dieses CaO mit dem CO2 der Luft, wodurch sowohl die Leitfähigkeit als auch der pH-Wert sänken. Dieses Verhalten sei für derartige Materialien typisch, weshalb die Deponieverordnung für Frischbeton und Betonierungsrückstände einen Leitfähigkeitsgrenzwert von 800 mS/m erlaube.
Das Rea-Produkt weise unmittelbar nach dem Anfall im pulverförmigen Zustand erhöhte Werte im Eluierverhalten bei den Parametern elektrische Leitfähigkeit, Chlorid und Nitrit auf. Nach Abbinden und Hydratisieren werde die Leitfähigkeit vermindert und die Schadstoffe würden immobilisiert. Dies werde durch Untersuchungen an Bohrkernen aus dem Deponiekörper bestätigt.
Ein verfestigter Abfall nach der Deponieverordnung sei ein Abfall, der einem Behandlungsverfahren zur festen Einbindung in eine Matrix unterzogen worden sei.
Abfälle könnten mit hydraulischen, latent hydraulischen oder mit sonstigen in chemischer Reaktion abbindenden Bindemitteln eingebunden werden. Weiters bedeute Verfestigung das Eingießen in Bitumen, Schwefel, Thermoplaste und anderes mehr.
Daraus sei zu schließen, dass unter Verfestigung die Behandlung eines Abfalls unter Zugabe eines Bindemittels - hydraulisch bzw. latent hydraulisch oder sonstiges in chemischer Reaktion abbindendes Bindemittel - sowie physikalische Einbindung in eine organische Matrix wie z.B. Einbinden in Bitumen oder Thermoplaste etc. verstanden werde.
In der ÖNORM S 2100 werde unter Z. 2 der Begriff "Konditionierung" erläutert. Dort werde die Konditionierung als Vorbehandlung des Abfalls für ein bestimmtes Behandlungsverfahren oder für die Deponierung definiert.
Praktisch verstehe man unter Konditionierung alle Verfahren, die dazu dienten, einen Abfall für ein bestimmtes Behandlungsverfahren oder für die Deponierung geeignet zu machen. Beispiele dafür seien entwässern, verfestigen, staubfrei machen, befeuchten, verpacken, zerkleinern u.a.m., insbesondere auch Verfahren zur Verminderung der Wirkung der im Abfall enthaltenen Schadstoffe.
Aus chemisch-technischer Sicht werde im gegenständlichen Fall die Auffassung vertreten, dass eine Zugabe eines Bindemittels nicht durchgeführt werde und daher eine Verfestigung nach der Definition der Deponieverordnung nicht vorliege. Die Zugabe von Wasser stelle einen Vorbehandlungsschritt im Sinne des Begriffes "konditionieren" der ÖNORM S 2100 dar. Unter Zugabe von Wasser könne keinesfalls die Zugabe eines Bindemittels verstanden werden, weil beispielsweise die Durchfeuchtung eines Sandes auch keineswegs zu einem festen Produkt führe. Die Zusammensetzung des Rea-Produktes sei systembedingt und werde nicht durch Mischen von Komponenten nach einer bestimmten Rezeptur erreicht. Die definierte Zugabe von Wasser bewirke eine beschleunigte physikalische und chemische Umsetzung, die zur Immobilisierung löslicher Stoffe führe und letztlich einen inerten, monolithischen Baukörper hinterlasse. Das Rea-Produkt binde jedenfalls auch unter natürlichen Bedingungen ab. Eine Veränderung der Konsistenz des Rea-Produktes sei nicht gegeben.
Die Bewertung des Emissionsverhaltens des angebundenen Rea-Produktes sei realitätsnah für einen monolithischen Abfall durchgeführt worden. Die Schwankungsbreiten gewisser Elutionswerte während des Abbindeprozesses seien nicht emissionsrelevant. Es lägen ausreichend Versuchsergebnisse zur Bewertung des Deponieverhaltens von abgebundenen Rea-Produkten vor.
Auf Grund der Abfallzusammensetzung und der vorliegenden Untersuchungsergebnisse werde aus chemisch-technischer Sicht festgestellt, dass die abgelagerten Abfälle den Anforderungen für eine Baurestmassendeponie entsprächen und als Inertabfälle nach den Bestimmungen der Deponieverordnung angesehen werden könnten.
Die Deponie falle in die Kategorie des § 6 Abs. 1 Z. 3 ALSAG in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996, da - nach Abschluss des Konditionierungsvorganges - die Kriterien für Baurestmassendeponien der Deponieverordnung (Anlage 1, Tabellen 3 und 4) eingehalten werden könnten und die weiteren in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen (Gesamtbeurteilung gemäß § 6 Deponieverordnung und Eingangskontrolle gemäß § 8 leg. cit.) vorlägen. § 6 Abs. 1 Z. 3 ALSAG habe für Ablagerungen im Zeitraum vom 1. Jänner 1997 bis 31. Dezember 2000 gegolten, da seit dem 1. Jänner 2001 diese Abfallkategorie nicht mehr vorgesehen sei (Neufassung des § 6 Abs. 1 ALSAG durch die Novelle BGBl. I Nr. 142/2000).
Aus abfalltechnischer Sicht sei festzuhalten, dass hinsichtlich der Qualität der abgelagerten Materialien auf Grund der Aktenlage sowie der vorliegenden Daten die Anpassung der Deponie an den Stand der Technik abgeschlossen sei und der in der Deponieverordnung festgelegte Stand der Technik mit Ausnahme der Anforderungen an den Deponiestandort und das Deponiebasisdichtungssystem eingehalten werde.
Seitens der zweitmitbeteiligten Partei sei der Wasserrechtsbehörde mit Schreiben vom 15. Dezember 1997 mitgeteilt worden, dass die Deponie als Baurestmassendeponie betrieben werde und drei verschiedene Abfallarten zur Ablagerung gelangten. Mit Bescheid des LH vom 7. Dezember 1999 sei die Zuordnung zum Deponietyp "Baurestmassendeponie" getroffen worden. Anhand der vorliegenden Aufzeichnungen werde deutlich, dass hinsichtlich der Abfallqualitäten ab dem Zeitpunkt 1. Jänner 1996 Rea-Produkte mit prozessbedingten Anteilen an Flugasche eingelagert worden seien. Die überwiegende Beschickungsdauer sei mit Ende 1998 abgeschlossen worden, wobei anschließend nur mehr geringe Mengen deponiert worden seien. Unvermischte Flugasche, Grobasche bzw. Kesselschlacke sei nicht deponiert worden. Seit 1. Jänner 2001 fielen die - nur noch geringfügigen - Ablagerungen unter § 6 Abs. 1 Z. 3 ALSAG idF BGBl. I Nr. 142/2000.
Aus fachlicher Sicht sei anzunehmen, dass die Abfallqualitäten zum damaligen Zeitpunkt in Analogie den Kriterien für Baurestmassendeponien der Deponieverordnung (Anlage 1, Tabellen 3 und 4) entsprochen haben müssten, weil dies zumindest durch die Einhaltung der dem Stand der Technik geltenden Eluatgrenzwerte gewährleistet worden sei.
Hinsichtlich der Herstellung sei bekannt, dass das Stabilisat einen gesteuerten Prozess durchlaufe, der folgendermaßen funktioniere:
Durch die Herstellung einer kontrollierten Mischung unter Beimengung von ausschließlich Wasser, die im Bereich der Silos bzw. der Mischanlagen erfolge, werde ein Endprodukt erzielt, das in der Deponie einem Abbindeprozess ähnlich der Herstellung von Bauwerken aus Beton unterliege, wobei nach Ablauf einer bestimmten Frist im Regelfall der Endzustand erreicht werde. Zum Zeitpunkt der Anlieferung lägen Grenzwerterhöhungen gegenüber den Anforderungen für eine Bodenaushubdeponie bzw. für eine Baurestmassendeponie vor, die zeitlich auf wenige Monate begrenzt seien; in weiterer Folge könnten auf Grund des Abbindeprozesses die obigen Grenzwerte eingehalten werden. Nach Abbinden und Hydratisieren werde die Leitfähigkeit vermindert und die Schadstoffe immobilisiert. Dies werde durch Untersuchungen an Bohrkernen aus dem Deponiekörper bestätigt. Daraus ergebe sich, dass der Abbindeprozess als vorgeschaltete Vorbehandlung der Deponierung anzusehen sei. Durch gezieltes Vermengen des Rea-Produktes mit Wasser würden die Eigenschaften des Abfalls geändert, wobei diese Vorbehandlung erst mit dem Abschluss des Abbindeprozesses ende.
Im ALSAG werde hinsichtlich des Entstehens der Beitragsschuld auf den Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die Ablagerung vorgenommen worden sei, abgestellt. Der Abbindeprozess sei aber mit Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die Verbringung der Abfälle auf die Deponie zum Zweck ihrer Konditionierung erfolgt sei, noch nicht abgeschlossen. Erst nach erfolgtem Abbindevorgang könne von einer Deponierung (langfristige Ablagerung) ausgegangen werden.
Der Prozess stelle sich jedenfalls als eine Vorbehandlung des Abfalls, somit als Konditionierung dar. Der Abbindeprozess sei notwendiger Teil der Konditionierung, wobei auf Grund der prozesstechnischen Notwendigkeiten dieser letzte Behandlungsschritt in der Deponie erfolgen müsse, um ein optimales Anwachsen und damit die Ausbildung eines homogenen Deponiekörpers zu erreichen.
Zusammenfassend stelle also die Abbindung den letzten Teil eines mehrstufigen Vorganges, bestehend aus der Abscheidung des staubförmigen Verbrennungsrückstandes, dessen Zwischenlagerung im Silo samt anschließender zielgerichteter und gesteuerter Vermischung mit Wasser und der Abbindung dar, wobei dieser Abbindeprozess zwangsläufig auf der Deponie selbst ablaufe, ohne bereits Teil der Deponierung zu sein. Der Ablagerungszeitraum auf der Deponie entspreche der Freigabe des Abfalls nach Beendigung des Abbindeprozesses.
Abschließend sei zum Thema Wasserzugabe Folgendes festzuhalten:
Gemäß § 5 (ALSAG) stelle die Masse des Abfalls entsprechend seinem Rohgewicht die Bemessungsgrundlage für die Entrichtung des Altlastenbeitrages dar. Somit sei das Rohgewicht des zum Zwecke der Konditionierung auf die Deponie eingebrachten Abfalls für die Bemessung des ALSAG relevant. Daher sei die Wasserzugabe, die vor der Einbringung des Abfalls erfolge, Teil der Bemessungsgrundlage.
Dieses Gutachten wurde den Parteien des Verfahrens übermittelt und ihnen Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen.
Die beschwerdeführende Partei vertrat in ihrer Stellungnahme die Auffassung, es komme für die Zuordnung des in Rede stehenden Abfalls zu einem der Tatbestände des § 6 ALSAG auf den Zeitpunkt des Einbringens der Abfälle in die Deponie an. Da zu diesem Zeitpunkt die Abfälle die Anforderungen der Tabellen 3 und 4 der Anlage 1 der Deponieverordnung nicht erfüllten, könnten sie nicht unter § 6 Abs. 1 Z. 3 ALSAG eingeordnet werden. Aus dem Sachverständigengutachten ergebe sich, dass die Abfälle auf die Deponie verbracht und dort kompaktiert würden. Wasser werde zugeführt und die Abfälle verhärteten im Zuge eines Abbindevorganges an Ort und Stelle. Dies bedeute, dass die Abfälle offenbar nicht mehr von dem ursprünglichen Ablagerungsort innerhalb der Deponie weggebracht würden und keinen weiteren Ortswechsel durchmachten, auch nicht innerhalb des Deponiebereiches. Dies würde bedeuten, dass die Abfälle offenbar auf der Deponie an Ort und Stelle gelagert werden sollten, um für eine Behandlung bereitgehalten oder vorbereitet zu werden, um danach an der selben Stelle langfristig abgelagert werden zu können. Eine solche Vorgangsweise sei nicht zulässig. Unter einem "Lagern" im Sinne des § 2 Abs. 7 ALSAG könne nicht ein Lagern mit der Absicht, die Abfälle an diesem Ort zu belassen, verstanden werden. Der Begriff des Lagerns sei dahingehend auszulegen, dass ein Ortswechsel des gelagerten Materials stattfinden müsse.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 29. Juli 2003 entschied die belangte Behörde über die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den erstinstanzlichen Feststellungsbescheid wie folgt:
"Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft T vom 18. Dezember 2000, Zl. 9-U-40-2000 wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Abfälle, die in der auf dem Standort des Wärmekraftwerkes D betriebenen betriebseigenen Monodeponie, bewilligt mit Bescheid vom 24. Juni 1982 im Zeitraum 1. Jänner 1997 bis 31. Dezember 2000 abgelagert wurden, entsprechen den Kriterien für Baurestmassendeponien der Deponieverordnung (Anlage 1, Tabellen 3 und 4), BGBl. Nr. 164/1996 und sind daher der Abfallkategorie des § 6 Abs. 1 Z. 3 ALSAG i.d.F. BGBl. 201/1996 zuzuordnen. Es ist für diese Abfälle der Zuschlag gemäß § 6 Abs. 2 Z. 2 ALSAG i.d.F.
BGBl. 201/1996 zu entrichten.
Rechtsgrundlage: § 6 und 10 Altlastensanierungsgesetz 1989 -
ALSAG, BGBl. Nr. 299/1989 i.d.F. BGBl. Nr. 201/1996."
Im Übrigen wurde der Berufung keine Folge gegeben.
In der Begründung führte die belangte Behörde nach der
Wiedergabe der eingeholten Gutachten und der dazu abgegebenen Stellungnahmen Folgendes aus:
Wie dem Gutachten der chemisch-technischen Amtssachverständigen zu entnehmen sei, weise das Rea-Produkt (der auf der betrieblichen Monodeponie abgelagerte Abfall) unmittelbar nach seinem Anfall erhöhte Werte bei den Parametern elektrische Leitfähigkeit, Chlorid und Nitrit auf. Das Rea-Produkt durchlaufe jedoch in der Folge einen Abbindungs- und Hydratisierungsprozess, wodurch die Leitfähigkeit vermindert und die Schadstoffe immobilisiert würden. Dieser Aushärtungsprozess vollziehe sich auch unter natürlichen Bedingungen und hinterlasse einen inerten, monolithischen Baukörper. Dem Gutachten sei weiters zu entnehmen, dass nach Abschluss dieses Abbindungs- und Hydratisierungsprozesses der Abfall die Kriterien für Baurestmassendeponien der Deponieverordnung (Anlage 1, Tabelle 3 und 4) einhalte. Der Abschluss dieses Konditionierungsvorganges werde von der Deponieaufsicht kontrolliert und es ergebe sich sodann die Eignung zur Deponierung (Belassung) in der betrieblichen Monodeponie. Der Ablagerungszeitpunkt entspreche der Freigabe des Abfalls nach Ende des Abbindeprozesses. Die chemischtechnische Amtssachverständige lege weiters in schlüssiger Weise dar, dass es sich bei dem Abbindevorgang um eine Konditionierung, nicht hingegen um eine Verfestigung der Abfälle handle. Die Zugabe von Wasser stelle den Konditionierungsschritt dar, eine Zugabe von Bindemitteln unter Veränderung der Konsistenz der Abfälle erfolge nicht, sodass keine Verfestigung vorliege.
Entgegen den Ausführungen der beschwerdeführenden Partei liege also kein Lagern bzw. kein Zwischenlagern vor. Der Prozess stelle sich vielmehr als eine Vorbehandlung des Abfalls dar, der Abbindeprozess sei notwendiger Teil der Konditionierung, wobei auf Grund der prozesstechnischen Notwendigkeiten dieser letzte Behandlungsschritt auf der Deponie selbst erfolgen müsse, weil nur dadurch ein optimales Anwachsen und damit die Ausbildung eines homogenen Deponiekörpers erreicht werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, maßgeblicher Zeitpunkt für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmales "langfristiges Ablagern" im Sinne des § 6 ALSAG sei die Verbringung der Abfälle in die Deponie und nicht der Zeitpunkt des Abschlusses des Abbindeprozesses oder der Freigabe. Bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung der belangten Behörde sei es nicht möglich, einen "präzisen, rechtskonformen Zeitpunkt" der Entstehung der Beitragsschuld festzustellen. Es sei nicht möglich, eine "Tatbestandsentstehung" durch Freigabe des Abfalles herbeizuführen. Auch sei die Einhaltung des § 20 ALSAG (Feststellung der Masse der Abfälle) nicht möglich. Die Abfälle würden dauernd auf der Deponie belassen; ein nachträglicher Ausbau sei gar nicht möglich, weil sonst kein monolithischer Baukörper mehr vorhanden sei. Die belangte Behörde habe ihre Befugnisse im Sinne des § 10 ALSAG überschritten, weil in der Begründung des angefochtenen Bescheides festgestellt werde, dass es sich beim Abbindevorgang um eine Konditionierung, nicht hingegen um eine Verfestigung der Abfälle handle. Es liege keine bloße Vorbehandlung zur Deponierung, sondern bereits eine Ablagerung vor. Der Vorgang in der Deponie sei keine Konditionierung, sondern eine Verfestigung. Es sei auch unklar, welche Produkte gelagert würden. Es hätte darüber abgesprochen werden müssen, unter welche Abfallkategorie vermischte Grobasche bzw. Kesselschlacke falle. Unzulässig sei auch der Abspruch über Wasser als Bemessungsgrundlage.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mitbeteiligten Parteien haben ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Spruch des angefochtenen Bescheides wird lediglich über die Zuordnung der Abfälle zur Abfallkategorie des § 6 Abs. 1 Z. 3 ALSAG und über die Verpflichtung zur Entrichtung des Zuschlages gemäß § 6 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. abgesprochen. Ein Abspruch darüber, ob es sich bei den Abfällen um verfestigte Abfälle handelt und ob das im Abfall befindliche Wasser der Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen ist, erfolgte nicht. Aussagen darüber finden sich lediglich in der Begründung. Diese Aussagen stellen aber keine bindende Feststellung dar. Schon aus diesem Grund liegt die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Überschreitung der Feststellungskompetenz der belangten Behörde nicht vor, ohne dass zu prüfen wäre, ob, wie die mitbeteiligten Parteien behaupten, die Behörde auch zu solchen Absprüchen berechtigt wäre.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides bezieht sich auf Abfälle, die im Zeitraum 1. Jänner 1997 bis 31. Dezember 2000 abgelagert wurden.
In diesem Zeitraum stand § 6 ALSAG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 in Geltung. Er lautete auszugsweise:
"§ 6. (1) Der Altlastenbeitrag beträgt für das langfristige Ablagern oder das Befördern von Abfällen zur langfristigen Ablagerung außerhalb des Bundesgebietes je angefangene Tonne für
1. Baurestmassen
ab 1. Jänner 1997 ..................................... 60 S
ab 1. Jänner 1998 ..................................... 80 S
ab 1. Jänner 2001 ..................................... 100 S 2. Erdaushub
ab 1. Jänner 1998 ..................................... 80 S
ab 1. Jänner 2001 ..................................... 100 S 3. Abfälle, soweit sie den Kriterien für
Baurestmassendeponien der Deponieverordnung (Anlage 1, Tabellen 3 und 4), BGBl. Nr. 164/1996, entsprechen, und ein diesbezüglicher Nachweis durch eine Gesamtbeurteilung gemäß § 6 Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, erbracht sowie eine Eingangskontrolle gemäß § 8 Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, vorgenommen wird
ab 1. Jänner 1997 ..................................... 120 S
ab 1. Jänner 1998 ..................................... 150 S
ab 1. Jänner 1999 ..................................... 300 S
ab 1. Jänner 2001 ..................................... 600 S 4. alle übrigen Abfälle
ab 1. Jänner 1997 ..................................... 150 S
ab 1. Jänner 1998 ..................................... 200 S
ab 1. Jänner 1999 ..................................... 400 S
ab 1. Jänner 2001 ..................................... 600 S sofern die Abs. 2 bis 4 nicht anderes bestimmen.
(2) Werden Abfälle auf einer Deponie abgelagert und verfügt die Deponie weder über ein Deponiebasisdichtungssystem noch über eine vertikale Umschließung, erhöht sich der Beitrag je angefangene Tonne für
1.
Abfälle gemäß Abs. 1 Z 1 und 2 um 30 S,
2.
Abfälle gemäß Abs. 1 Z 3 um 200 S,
3.
Abfälle gemäß Abs. 1 Z 4 um 400 S.
Im Falle der Einbringung in geologische Strukturen (Untertagedeponien) ist der Zuschlag nicht abzuführen, wenn das anstehende Gestein einen Wassereintritt dauerhaft verhindert.
(3) Verfügt eine Deponie mit der Bewilligung zur Ablagerung von Hausmüll und hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen über keine dem Stand der Technik entsprechende Deponiegaserfassung und - behandlung, erhöht sich der Beitrag je angefangene Tonne für alle übrigen Abfälle (Abs. 1 Z 4) zusätzlich um 400 S.
(4) Werden Abfälle auf einer Deponie abgelagert, die nach dem in der Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, festgelegten Stand der Technik genehmigt wurde (Neuanlage) oder deren Anpassung an den für den jeweiligen Deponietyp in der Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, festgelegten Stand der Technik, mit Ausnahme der Anforderungen an den Deponiestandort und das Deponiebasisdichtungssystem abgeschlossen wurde (Altanlage), beträgt der Altlastenbeitrag je angefangene Tonne für
1. Baurestmassendeponien
ab 1. Jänner 1997 ..................................... 60 S
ab 1. Jänner 2001 ..................................... 80 S
ab 1. Jänner 2004 ..................................... 100 S 2. Reststoffdeponien
ab 1. Jänner 1998 ..................................... 150 S
ab 1. Jänner 2004 ..................................... 200 S 3. Massenabfalldeponien
ab 1. Jänner 1998 ..................................... 200 S
ab 1. Jänner 2004 ..................................... 300 S Baurestmassen-, Reststoff- oder Massenabfalldeponien im Sinne
dieses Bundesgesetzes haben zumindest über ein Deponiebasisdichtungssystem, welches jedenfalls den Anforderungen des § 2 Abs. 8a entspricht, oder über eine vertikale Umschließung, welche jedenfalls den Anforderungen des § 2 Abs. 10 entspricht, zu verfügen.
(5) Der Altlastenbeitrag beträgt für das Verfüllen oder Lagern gemäß § 3 je angefangene Tonne für
1. Baurestmassen
ab 1. Jänner 1997 ..................................... 60 S
ab 1. Jänner 1998 ..................................... 80 S
ab 1. Jänner 2001 ..................................... 100 S 2. Erdaushub
ab 1. Jänner 1998 ..................................... 80 S
ab 1. Jänner 2001 ..................................... 100 S 3. Abfälle gemäß Abs. 1 Z 3
ab 1. Jänner 1997 ..................................... 120 S
ab 1. Jänner 1998 ..................................... 150 S
ab 1. Jänner 2001 ..................................... 300 S 4. alle übrigen Abfälle
ab 1. Jänner 1997 ..................................... 150 S
ab 1. Jänner 1998 ..................................... 200 S
ab 1. Jänner 2001 ..................................... 300 S. " Unbestritten ist, dass es sich bei den auf der Deponie der
mitbeteiligten Parteien abgelagerten Materialien um Abfall handelt. Strittig ist, ab welchem Zeitpunkt eine "langfristige Ablagerung" im Sinne des § 6 ALSAG vorliegt.
Die beschwerdeführende Partei vertritt die Auffassung, maßgeblich sei der Zeitpunkt des Einbringens der Abfälle in die Deponie.
Die belangte Behörde hingegen lässt das "langfristige Ablagern" erst mit der "Freigabe des Abfalls nach Ende des Abbindeprozesses" beginnen.
Die Frage, welche dieser Auffassungen zutrifft, ist deswegen von Bedeutung, weil nach dem Gutachten der chemisch-technischen Amtssachverständigen die Abfälle in der Zeit zwischen der Einbringung in die Deponie und dem Ende des Abbindeprozesses nicht den Kriterien für Baurestmassen der Deponieverordnung entsprachen. Wenn bereits mit der Einbringung der Abfälle in die Deponie der Tatbestand des "langfristigen Ablagerns" verwirklicht wurde, dann war die von der belangten Behörde vorgenommene Zuordnung der Abfälle zur Kategorie des § 6 Abs. 1 Z. 3 ALSAG rechtswidrig.
Eine Definition des Begriffes "Ablagern" (bzw. "langfristiges Ablagern") enthält das ALSAG nicht.
Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996, mit dessen Art. 87 auch die Begriffsbestimmung des § 2 ALSAG ihre im vorliegenden Fall maßgebliche Fassung erhalten hat, führen aus (72 Blg. NR XX.GP, S. 303):
"Im Hinblick auf eine leichtere Vollziehung soll der Abfallbegriff so weit wie möglich dem Abfallbegriff des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG), BGBl. Nr. 325/1990, in der geltenden Fassung, angepasst werden. Daher wird auf den Abfallbegriff des AWG verwiesen. Auch die Ausnahmen vom Abfallbegriff im Sinne des Altlastensanierungsgesetzes (ALSAG) werden weitestgehend an jene des AWG angeglichen.
Auf die Definition des Begriffes Deponie bzw. langfristiges Ablagern wurde verzichtet; diese sind im Sinne der entsprechenden Definitionen des AWG und der diesbezüglichen EG-Regelungen anzuwenden. Bei der Definition "Lagern" wurde auf die Definition der EG-Regelungen Bedacht genommen."
Eine ausdrückliche gesetzliche Definition des "langfristigen Ablagerns" enthielt das AWG 1990 nicht.
Allerdings hatte sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wiederholt mit dem Begriff des "Ablagerns" zu beschäftigen und zwar in Abgrenzung zum Begriff "Lagern".
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 24. Oktober 1995, 1995/07/0113 (VwSlg 14353 A/1995) ausgeführt, dass eine Ablagerung dann vorliegt, wenn sie nach den erkennbaren Umständen langfristig oder auf Dauer erfolgt, während einer Lagerung immanent ist, dass die betreffenden Stoffe projektsgemäß wieder entfernt werden.
Demnach ist Ablagern dadurch gekennzeichnet, dass die Abfälle projektsgemäß langfristig oder auf Dauer am Ort der Ablagerung belassen werden sollen, während im Gegensatz dazu von einem Lagern nur dann die Rede sein kann, wenn die Abfälle projektsgemäß wieder entfernt werden sollen.
Im Beschwerdefall sollen die Abfälle nach ihrer Einbringung in die Deponie dort belassen werden. Ihr Verbleib in der Deponie ist das angestrebte Ziel des Projektes. Sie sollen auch nicht mehr in ihrer Lage verändert werden, sondern an der Stelle verbleiben, wo sie eingebracht wurden. Dass in der Deponie ein durch Zugabe von Wasser bewirkter Prozess abläuft, der die Eigenschaften des Abfalls ändert und der von der Amtssachverständigen als "Vorbehandlung" bezeichnet wird, ändert nichts daran, dass die Abfälle mit dem Ziel in die Deponie eingebracht werden, sie dort zu belassen. Dieser Prozess ist vielmehr ein weiterer Beleg dafür, dass Ziel des Projektes die Belassung der Abfälle in der Deponie ist, dient der Abbindeprozess doch nach den Ausführungen der Amtssachverständigen auch zu einem optimalen Anwachsen der Abfälle und damit zur Ausbildung eines homogenen Deponiekörpers.
Die in der Gegenschrift der mitbeteiligten Parteien aufgestellte Behauptung, bei Fehlschlagen des Abbindeprozesses würden die Abfälle wieder entfernt, ändert ebenfalls nichts an der Tatsache, dass die Abfälle projektsgemäß bereits ab dem Zeitpunkt ihrer Einbringung in die Deponie dort belassen werden sollen. Misserfolge des Abbindeprozesses sind nicht Projektsziel. Dass im Regelfall nach einer bestimmten Frist der angestrebte Endzustand erreicht wird, ist im Gutachten der Amtssachverständigen ausdrücklich erwähnt.
Der Tatbestand der langfristigen Ablagerung war daher nicht erst mit dem Ende des Abbindeprozesses, sondern bereits mit dem Einbringen der Abfälle in die Deponie erfüllt.
Zum selben Ergebnis führt auch ein Blick auf § 2 Abs. 7 ALSAG. Dieser lautete in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 201/1996:
"(7) Lagern im Sinne dieses Bundesgesetzes ist das länger als einjährige Lagern von Abfällen, damit diese Abfälle für eine thermische Verwertung oder eine Behandlung bereit gehalten oder vorbereitet werden."
Durch die ALSAG-Novelle BGBl. I Nr. 96/1997 erhielt § 2 Abs. 7 ALSAG folgende Fassung:
"Lagern im Sinne dieses Bundesgesetzes ist das länger als einjährige Lagern von Abfällen, damit diese Abfälle für eine Behandlung - ausgenommen für eine stoffliche oder thermische Verwertung - bereitgehalten oder vorbereitet werden."
Was unter einer "Behandlung" von Abfällen zu verstehen ist, wird im ALSAG nicht umschrieben, ergibt sich aber aus Bestimmungen des AWG 1990, insbesondere aus der Begriffsbestimmung des "Abfallbehandlers" im § 2 Abs. 10 leg.cit. Diese lautet:
"(10) Abfallbehandler (Altölverwerter) ist, wer Abfälle (Altöle) verwertet, ablagert oder sonst behandelt."
Daraus ergibt sich, dass die Ablagerung von Abfällen zur Abfallbehandlung zählt.
§ 2 Abs. 7 ALSAG erfasst neben dem Bereithalten auch das Vorbereiten von Abfällen für eine Behandlung, einen Vorgang also, dem nach Meinung der Amtssachverständigen und der belangten Behörde die Abfälle nach ihrem Einbringen in die Deponie der mitbeteiligten Parteien unterzogen wurden.
§ 2 Abs. 7 ALSAG könnte so gedeutet werden, dass damit das "Lagern" allein von den in dieser Bestimmung genannten Zwecken des Bereithaltens oder des Vorbereitens für eine nachfolgende Behandlung her definiert wird, dass also immer dann von einem "Lagern" auszugehen ist, wenn sich Abfälle länger als ein Jahr an einem Ort befinden, um dort für eine nachfolgende Behandlung bereit gehalten oder vorbereitet zu werden, ohne dass es darauf ankäme, ob die Abfälle für die nachfolgende Behandlung von diesem Ort wieder entfernt werden oder die Behandlung ohne örtliche Veränderung erfolgt.
Träfe diese Auslegung des § 2 Abs. 7 ALSAG zu, dann wäre im Beschwerdefall die Phase zwischen der Einbringung der Abfälle in die Deponie und dem Ende des Abbindevorganges - sofern zu Recht davon ausgegangen werden kann, dass in dieser Phase eine Vorbereitung der Abfälle für die nachfolgende Behandlung in Form der langfristigen Ablagerung erfolgt - nicht dem Tatbestand des "langfristigen Ablagerns" zuzuordnen und zwar auch dann nicht, wenn diese Phase nicht länger als ein Jahr dauerte. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Das ALSAG unterscheidet in mehreren Bestimmungen (z.B. in den §§ 3, 6 und 7) zwischen "langfristigem Ablagern" und "Lagern" und knüpft an diese Unterscheidung unterschiedliche Rechtsfolgen, insbesondere hinsichtlich der Höhe des Altlastenbeitrages. Ein Vorgang, der als "Lagern" anzusehen ist, kann daher nicht gleichzeitig dem Tatbestand des "langfristigen Ablagerns" zugeordnet werden.
Wenn aber das über ein Jahr dauernde Bereithalten oder Vorbereiten von Abfällen für eine nachfolgende Behandlung als Lagern und nicht als langfristiges Ablagern anzusehen ist, dann gilt dies umso mehr für solche Vorgänge, die nicht länger als ein Jahr dauern. Dies bestätigt auch § 7 Abs. 1 Z. 3 ALSAG. Dieser spricht von der "einjährigen, nicht beitragspflichtigen Frist für die Lagerung", stuft also das Bereithalten oder Vorbereiten der Abfälle in der Dauer bis zu einem Jahr als Lagerung ein.
§ 2 Abs. 7 ALSAG ist aber nicht in der vom Wortlaut her nicht von vornherein ausgeschlossenen Weise auszulegen, dass ein "Lagern" auch dann vorliegt, wenn die Abfälle von jener Stelle, wo sie für die nachfolgende Behandlung bereitgehalten oder vorbereitet werden, projektsgemäß nicht mehr entfernt werden, sondern Bereithaltung oder Vorbereitung und Behandlung projektsgemäß nahtlos an derselben Stelle ineinander übergehen und die Abfälle schon von vornherein langfristig oder dauernd dort bleiben sollen.
Zweck des § 2 Abs. 7 ALSAG ist die Einbeziehung von Lagerungen zu Zwecken der Bereithaltung oder Vorbereitung von Abfällen für eine nachfolgende Behandlung in die Altlastenbeitragspflicht und die Festsetzung einer zeitlichen Untergrenze von einem Jahr hiefür, nicht aber die Schaffung eines vom AWG abweichenden neuen Grundbegriffes des Lagerns. Dies zeigt sich schon daran, dass § 2 Abs. 7 "Lagern" im Sinne des ALSAG durch einen Rückgriff auf einen offenbar vorausgesetzten Grundbegriff des "Lagerns" definiert ("Lagern im Sinne dieses Bundesgesetzes ist das ........Lagern...."). Es ist daher davon auszugehen, dass § 2 Abs. 7 ALSAG auf dem Begriff des "Lagerns" aufbaut, wie er in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum AWG 1990 in Abgrenzung zum Begriff des "Ablagerns" entwickelt wurde. Diesem Begriff des "Lagerns" aber ist immanent, dass die Abfälle projektsgemäß wieder vom Ort der Lagerung entfernt werden.
Da eine solche projektsgemäße Entfernung der Abfälle nach ihrer Einbringung in die Deponie von dem Ort, an dem sie eingebracht wurden, nach Abschluss des Abbindeprozesses im Beschwerdefall eben nicht vorgesehen ist, fällt die Phase zwischen der Einbringung und dem Ende dieses Prozesses nicht unter den Begriff des "Lagerns" im Sinne des § 2 Abs. 7 ALSAG; sie ist damit auch nicht vom Begriff des "langfristigen Ablagerns" ausgenommen.
Dem Ergebnis, dass der Tatbestand des langfristigen Ablagerns im Beschwerdefall bereits mit der Einbringung der Abfälle in die Deponie verwirklicht wurde, kann auch nicht entgegen gehalten werden, das ALSAG habe nur solche Abfälle mit gegenüber § 6 Abs. 1 Z. 3 ALSAG höheren Beiträgen belasten wollen, die auf Dauer die Kriterien für Baurestmassen der Deponieverordnung nicht erfüllen.
Das Gegenteil ist der Fall.
§ 6 Abs. 5 Z. 4 ALSAG sah für ein "Lagern" (im Sinne des § 2 Abs. 7 leg. cit.) von Abfällen, also für einen vorübergehenden Zustand, bis 31. Dezember 1998 die selben gegenüber § 6 Abs. 1 Z. 3 ALSAG höheren Beiträge für nicht den Kriterien für Baurestmassen der Deponieverordnung entsprechende Abfälle vor wie
§ 6 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. für das langfristige Ablagern solcher Abfälle. Dieser höhere Beitrag war auch dann zu entrichten, wenn das Lagern der Vorbereitung der Abfälle für eine nachfolgende Behandlung diente und das Ergebnis dieses Vorbereitungsprozesses Abfälle waren, die den Kriterien für Baurestmassen der Deponieverordnung entsprachen und anschließend zur langfristigen Ablagerung in eine Deponie eingebracht wurden.
Die Auffassung der belangten Behörde, der Tatbestand des "langfristigen Ablagerns" im Sinne des § 6 Abs. 1 ALSAG sei erst mit dem Ende des Abbindeprozesses verwirklicht, erweist sich somit als unzutreffend. Dies hat zur Folge, dass die Zuordnung der Abfälle zur Abfallkategorie des § 6 Abs. 1 Z. 3 ALSAG rechtswidrig ist. Da die Zuschläge nach § 6 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. nur für Abfälle der Abfallkategorie des § 6 Abs. 1 Z. 3 gelten, erweist sich auch der die Zuschläge betreffende Ausspruch als rechtswidrig.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Wien, am 26. Februar 2004
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4 Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003070115.X00Im RIS seit
18.03.2004