Index
E3L E09301000;Norm
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des Dr. F, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 8. Mai 2000, Zl RV 301/1-6/00, betreffend Festsetzung von Säumniszuschlägen, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 181,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt. Mit Bescheid vom 9. November 1999 wurde seinem Ansuchen um Bewilligung von Zahlungserleichterungen hinsichtlich der Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten in Höhe von insgesamt S 106.684,38 sowie der bis zum Ablauf der Zahlungserleichterung zu entrichtenden Einkommensteuervorauszahlungen in Höhe von insgesamt S 58.200,-- stattgegeben. Beginnend mit 25. November 1999 wurden acht Raten in Höhe von S 15.000,-- sowie eine Schlussrate in Höhe von S 44.884,38 festgesetzt, wobei Gutschriften auf die entrichteten Raten nicht angerechnet werden sollten. Der Bewilligung entsprechend würde Terminverlust gem § 230 Abs 5 BAO u.a. dann eintreten, wenn in die Zahlungserleichterung nicht einbezogene Abgaben, bei denen eine für ihre Entrichtung zur Verfügung stehende Zahlungsfrist während der Laufzeit der Zahlungserleichterung ende, nicht bis zum Ablauf dieser Frist in voller Höhe entrichtet würden. In diesem Falle seien Vollstreckungsmaßnahmen zulässig.
Von der Bewilligung der Zahlungserleichterung nicht umfasst war die Umsatzsteuersondervorauszahlung 1999, die am 15. Dezember 1999 fällig wurde. Als der Beschwerdeführer diese Umsatzsteuersondervorauszahlung nicht entrichtete, verhängte das Finanzamt mit Bescheiden vom 10. März 2000 Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt S 3.659,-- (darunter für die Umsatzsteuersondervorauszahlung 1999).
In seiner Berufung vom 20. März 2000 wandte sich der Beschwerdeführer gegen das Vorliegen von Säumnis und brachte vor, dass alle Rückstände gestundet worden seien. Diese Stundungsgewährung schließe eine Säumnis aus. Auch die ihm (mit Bescheiden vom 10. Februar 2000) zum 15. März 2000 vorgeschriebenen Stundungszinsen in Höhe von S 871,-- und S 1.295,-
- habe er "pünktlichst" entrichtet. Die "Vorschreibungen" von Säumniszuschlägen seien falsch. Diesbezügliche Bescheide seien ihm nicht zugekommen.
Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab und führte im Wesentlichen aus, die Bewilligung der Zahlungserleichterung habe die Umsatzsteuersondervorauszahlung 1999 nicht umfasst. "Infolge nicht fristgerechter Entrichtung dieser Abgabe" sei Terminverlust gemäß § 230 Abs 5 BAO eingetreten. Da der Beschwerdeführer auch zwei Wochen nach Verständigung vom Eintritt des Terminverlustes die Abgabe nicht entrichtet habe, sei ein Rückstandsausweis ausgestellt worden. Der auf Grund der Säumnis bei der Abgabenentrichtung zu verhängende Säumniszuschlag sei als verschuldensunabhängige Sanktion auch dann zu verhängen, wenn der Abgabepflichtige - wie im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer - irrtümlich der Meinung sei, er habe sämtliche Umsatzsteuerbeträge fristgerecht entrichtet.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 26. September 2000, B 1192/00, ab und trat die Beschwerde gemäß Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
§ 217 Abs 1 BAO idF BGBl. Nr. 681/1994 lautet:
"§ 217. (1) Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so tritt mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß Abs. 2 bis 6 oder § 218 hinausgeschoben wird. ..."
§ 218 Abs 1 leg cit idF BGBl. Nr. 412/1988 lautet:
"§ 218. (1) Wird ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen (§ 212 Abs 1) vor Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs 2 zweiter Satz eingebracht und wird diesem Ansuchen stattgegeben, so tritt vor Ablauf des Zeitraumes, für den Zahlungserleichterungen bewilligt wurden, die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages erst dann ein, wenn infolge eines Terminverlustes (§ 230 Abs 5) ein Rückstandsausweis (§ 229) ausgestellt wird. Ein Rückstandsausweis darf frühestens zwei Wochen nach Verständigung des Abgabepflichtigen vom Eintritt des Terminverlustes ausgestellt werden, wenn dieser auf andere Gründe als die Nichteinhaltung eines in der Bewilligung von Zahlungserleichterungen vorgesehenen Zahlungstermines zurückzuführen ist. Der Säumniszuschlag ist von der im Zeitpunkt der Ausstellung des Rückstandsausweises bestehenden, vom Terminverlust (§ 230 Abs 5) betroffenen Abgabenschuld zu entrichten. ..."
§ 21 Abs 1 UStG 1994 bestimmt, dass der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen hat, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Vorauszahlung und der Überschuss sind Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung.
Die durch die Novelle BGBl. 1996/201 geschaffene Vorschrift des § 21 Abs 1a UStG 1994 regelt die Umsatzsteuersondervorauszahlung und bestimmt in ihrem ersten Unterabsatz, dass bei einem monatlichen Voranmeldungszeitraum der Unternehmer bis zum 15. Dezember eines jeden Kalenderjahres überdies eine Sondervorauszahlung in Höhe von einem Elftel der Summe der entrichteten bzw vorangemeldeten oder festgesetzten Vorauszahlungen abzüglich der Überschüsse für September des vorangegangenen Kalenderjahres bis August des laufenden Kalenderjahres zu entrichten hat. Der vierte Unterabsatz des § 21 Abs 1a UStG 1994 hat folgenden Wortlaut:
"Dem Unternehmer ist die Höhe der Sondervorauszahlung vor deren Fälligkeitstag mitzuteilen. Wird der mitgeteilte Betrag nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet, so ist für die Voranmeldungszeiträume des folgenden Kalenderjahres der Fälligkeitstag (Abs 1 erster Satz) der 15. Tag des auf den Voranmeldungszeitraum folgenden Kalendermonates."
Mit § 21 Abs 1a UStG 1994 wird - in gemeinschaftsrechtskonformer Interpretation - dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht eingeräumt: Er kann sich für die Regelung entscheiden, nach welcher die Fälligkeit der allgemeinen Vorauszahlungen am 15. des dem Voranmeldungszeitraum unmittelbar folgenden Monates eintritt, oder für die Regelung, nach welcher einerseits die Fälligkeit erst am 15. des dem Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Monates eintritt und andererseits zusätzlich am 15. Dezember eine vorläufige Vorauszahlung in Form der Sondervorauszahlung zu entrichten ist. Kein Steuerpflichtiger ist gezwungen, sich für jene der beiden Alternativen zu entscheiden, welche die Sondervorauszahlung beinhaltet. Demzufolge tritt als einzige Rechtsfolge des Unterbleibens einer Entrichtung der Sondervorauszahlung unmittelbar kraft Gesetzes die Vorverlegung der Fälligkeitstage der Umsatzsteuervorauszahlungen im folgenden Kalenderjahr ein (vgl das hg Erkenntnis vom 17. Oktober 2001, 2000/13/0006). Ausgehend vom freien Wahlrecht des Unternehmers kann die Nichtentrichtung der Sondervorauszahlung keine andere (weitere) Rechtsfolge, beispielsweise die Festsetzung eines Säumniszuschlages, nach sich ziehen.
Der Fälligkeitszeitpunkt der Sondervorauszahlung bestimmt im Sinne der oben zitierten hg Judikatur somit nur jenen Zeitpunkt, bis zu dem der Unternehmer von seinem Wahlrecht Gebrauch machen kann. Entrichtet der Unternehmer die Umsatzsteuersondervorauszahlung bis dahin nicht, so gibt er damit zu erkennen, sich für die Vorverlegung der Fälligkeit für die künftigen Umsatzsteuervorauszahlungen entschieden zu haben.
Im Beschwerdefall enthielt der Bescheid vom 9. November 1999 über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen die Bestimmung, dass Terminverlust ua dann eintreten werde, wenn Abgaben, die in die Zahlungserleichterung nicht einbezogen worden seien und bei denen eine für ihre Entrichtung zur Verfügung stehende Zahlungsfrist während der Laufzeit der Zahlungserleichterung ende, nicht bis zum Ablauf dieser Frist in voller Höhe entrichtet würden. Unstrittig ist, dass die Umsatzsteuersondervorauszahlung 1999 in die genannte Zahlungserleichterung nicht einbezogen worden ist und dass der Beschwerdeführer sie zum Fälligkeitstag 15. Dezember 1999 - sohin in der Laufzeit der Zahlungserleichterung - nicht entrichtet hat. Dass andere Abgaben, die in die Zahlungserleichterung nicht einbezogen worden sind und deren Zahlungsfrist während der Laufzeit der Zahlungserleichterung geendet hat, nicht fristgerecht entrichtet worden seien und damit der Terminverlust hätte bewirkt werden können, wurde im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt.
Der Beschwerdeführer bringt nun vor, es sei ihm auf Grund seiner finanziellen Situation nicht möglich gewesen, die Umsatzsteuersondervorauszahlung 1999 zu entrichten. Durch ihre Nichtentrichtung hat er von seinem Wahlrecht gemäß § 21 Abs 1a UStG 1994 Gebrauch gemacht und sich für die Regelung entschieden, nach welcher die Fälligkeit der allgemeinen Umsatzsteuervorauszahlungen am 15. des dem Voranmeldungszeitraum unmittelbar folgenden Monates eintritt. Die belangte Behörde hat die Rechtslage verkannt, indem sie die Fälligkeit der Umsatzsteuersondervorauszahlung als Zeitpunkt, bis zu dem der Beschwerdeführer eine Zahlungsverpflichtung zu erfüllen gehabt hätte, und nicht als Zeitpunkt, bis zu dem er das oben dargestellte Wahlrecht ausüben konnte, behandelte.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Gemäß § 49 Abs 1 VwGG idF BGBl. Nr. 88/1997 gebührt der Schriftsatzaufwand nur dann, wenn der Beschwerdeführer tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war.
Wien, am 26. Februar 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2000150199.X00Im RIS seit
31.03.2004Zuletzt aktualisiert am
25.10.2011