TE Vwgh Erkenntnis 2004/2/26 2001/21/0021

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Veröffentlicht am 26.02.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §70 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde des P, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Götz und Dr. Rudolf Tobler jun., Rechtsanwälte in 7100 Neusiedl am See, Untere Hauptstraße 72, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 18. Dezember 2000, Zl. Fr 5068/00, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen ungarischen Staatsangehörigen, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet aus.

Zur Begründung dieser Maßnahme führte sie im Wesentlichen aus: Der Beschwerdeführer sei seit 11. Jänner 1988 - kurze Zeiten der Arbeitslosigkeit ausgenommen - ständig in Österreich beschäftigt. Am 27. Februar 1995 habe er die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung beantragt; dieser Antrag sei letztinstanzlich mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Mai 1996 gemäß § 4 Abs. 1 iVm § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz mit der Begründung abgewiesen worden, dass der Arbeitsmarkt für die vom Beschwerdeführer angestrebte Tätigkeit nicht aufnahmefähig sei und demzufolge der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt nicht aus einer unselbständigen Erwerbstätigkeit bestreiten könne. Am 25. Juli 1996 habe er die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens beantragt; dieser Antrag sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Dezember 1996 abgewiesen worden. Ein weiterer Wiederaufnahmeantrag vom 11. Februar 1997 sei mit Bescheid derselben Behörde vom 14. Juli 1997 abgewiesen worden, weil der zur Darlegung eines Wiederaufnahmegrundes vorgelegte Befreiungsschein des Arbeitsmarktservice Oberpullendorf erst nach Abschluss des Verfahrens ausgestellt worden sei. Die Beschwerden gegen die Abweisung sowohl des Niederlassungsbewilligungsantrages als auch des (zweiten) Wiederaufnahmeantrages seien mit Erkenntnis vom 7. April 2000, Zlen. 96/19/2240 und 97/19/1513, abgewiesen worden. Damit sei bestätigt worden, dass sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte.

Ein geordnetes Fremdenwesen sei für den österreichischen Staat von eminentem Interesse und es komme den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu. Der unrechtmäßige Aufenthalt mache die Ausweisung dringend geboten, selbst wenn sich der Beschwerdeführer eine Zeit lang rechtmäßig in Österreich aufgehalten habe. Er könne den Aufenthalt nicht vom Inland her legalisieren. Da der Beschwerdeführer im Fall des Absehens von einer Ausweisung durch kontinuierlichen unrechtmäßigen Aufenthalt den bestehenden rechtswidrigen Zustand aufrecht erhalten könnte, könne die belangte Behörde in Ausübung ihres Ermessens nicht von der Verhängung einer Ausweisung absehen. Eine Interessenabwägung nach § 37 Abs. 2 FrG sei bei der vorliegenden Ausweisung nicht vorzunehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Ausgehend von der rechtskräftigen Abweisung seines als Erstantrag zu beurteilenden Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung (vgl. das schon erwähnte, den Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 7. April 2000, Zlen. 96/19/2240 und 97/19/1513, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) hegt der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken gegen die behördliche Ansicht, dass sich der Beschwerdeführer zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides unrechtmäßig in Österreich aufgehalten hat. Daran vermag der behauptete (neuerliche) Wiederaufnahmeantrag vom 26. Juni 2000 nichts zu ändern, weil erst mit Bewilligung der Wiederaufnahme der vorangegangene (das Verwaltungsverfahren abschließende) Bescheid außer Kraft tritt (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, § 70/1a angeführte Rechtsprechung). Die Einbringung des Antrags vermochte dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen. Demnach war die Anwendung des § 33 Abs. 1 FrG berechtigt; entgegen der Beschwerdeansicht war die belangte Behörde nicht verhalten, die Ausweisung auf § 34 FrG zu stützen.

Dennoch kommt der Beschwerde Erfolg zu.

Gemäß § 37 Abs. 1 FrG ist, würde durch die Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, eine solche Maßnahme nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Die belangte Behörde ging davon aus, dass sich der Beschwerdeführer seit Anfang 1988 - im Zeitraum 1990 bis Ende 1994 teilweise auf Grund von Sichtvermerken - in Österreich aufhält und hier, kurze Zeiten der Arbeitslosigkeit ausgenommen, ständig beschäftigt war. Zuletzt wurde dem Beschwerdeführer - der nach den behördlichen Feststellungen zumindest vom 1. März 1993 bis zum 28. Februar 1995 auch schon über eine Arbeitserlaubnis verfügt hat - am 5. Februar 1997 ein Befreiungsschein auf die Dauer von fünf Jahren ausgestellt. Demnach hat sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits zwölf Jahre mit teilweise rechtmäßiger Beschäftigung im Inland aufgehalten. Wenn auch - worauf die belangte Behörde an sich zutreffend hinweist - dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 25. April 2003, Zl. 2003/21/0035), hat dieses öffentliche Interesse im vorliegenden Fall in Ansehung der erwähnten Umstände hinter das gegenläufige persönliche Interesse des Beschwerdeführers zurückzutreten.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 26. Februar 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001210021.X00

Im RIS seit

01.04.2004

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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