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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ÄrzteG 1998 §113 Abs4;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):2003/11/0091 E 27. Februar 2004 2003/11/0090 E 27. Februar 2004 2003/11/0093 E 27. Februar 2004 2003/11/0092 E 27. Februar 2004Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Pallitsch, Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Dr. K in W, vertreten durch Dr. Martin Drahos, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rathausstraße 11, gegen den Bescheid des (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Dr. Friedrich Spitzauer & Dr. Georg Backhausen, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Stock-im-Eisen-Platz 3, vertretenen) Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 5. November 2002, Zl. B 86/02, betreffend Fondsbeitrag für das Jahr 2001, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Ärztekammer für Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte mit einem an den Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien gerichteten Schreiben vom 7. September 1989 gemäß § 7 der Satzung des Wohlfahrtsfonds die Befreiung von der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds, weil er und seine Hinterbliebenen auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses (als Bediensteter der Wiener Gebietskrankenkasse) einen gleichwertigen Anspruch auf Ruhe- (Versorgungs-)Genuss habe.
Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 8. November 1989 wurde der Beschwerdeführer von der "Mitgliedschaft" zum Wohlfahrtsfonds, mit Ausnahme der Todesfallbeihilfe, befreit. In der Begründung wird § 7 Abs. 1 der genannten Satzung wiedergegeben.
Mit Bescheid vom 22. Oktober 2001 stellte der Verwaltungsausschuss der Ärztekammer für Wien fest, dass der Beschwerdeführer "ab 1. Juli 2001 der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds gemäß Abschnitt I Abs. 2, Abschnitt II und Abschnitt VI der Beitragsordnung für den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien unterliegt". In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, dass durch der Eröffnung einer Ordination mit 1. September 1990 ein für die Befreiung maßgeblicher Umstand weggefallen sei und daher die ausgesprochene Befreiung gemäß § 7a der Satzung des Wohlfahrtsfonds mit 1. Juli 2001 unwirksam sei.
Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien auf Grund einer Beschwerde des betroffenen Beschwerdeführers mit Bescheid vom 27. November 2001 "aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen", weil der "Verwaltungsausschuss mit der Erlassung eines Leistungsbescheides (Vorschreibung des Fondsbeitrages ab 1. 7. 2001) hätte vorgehen können".
Im vorgelegten Verwaltungsakt findet sich eine als Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 15. Juli 2002 bezeichnete Erledigung, auf Grund derer der Beschwerdeführer gemäß § 7 Abs. 1 lit. b der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien von der Verpflichtung zur Leistung von Fondsbeiträgen bis auf den zur Sicherstellung der Grundleistung sowie für die Todesfallbeihilfe und die Unterstützungsleistungen nach § 107 Ärztegesetz einzuhebenden Teil mit Wirkung ab 1. Juli 2001 befreit ist. Ob dieser Bescheid zugestellt und damit erlassen worden ist, kann dem Verwaltungsakt nicht entnommen werden.
Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses der Ärztekammer für Wien vom 20. August 2002 wurde der Fondsbeitrag des Beschwerdeführers "gemäß Abschnitt I der Beitragsordnung" für das Jahr 2001 mit EUR 2.525,85 festgesetzt. In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, dass die Festsetzung des Fondsbeitrages auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers erfolgt sei.
In der dagegen erhobenen Beschwerde an die belangte Behörde führte der Beschwerdeführer u. a. aus, er habe am 1. September 1990 die Eröffnung seiner Ordination in 1130 Wien bekannt gegeben. Selbst wenn man davon ausginge, § 7a der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien in der geltenden Fassung habe zur Folge, dass der Beschwerdeführer zum 1. Juli 2001 oder zu einem anderen Stichtag in einem weiteren Umfang zum Wohlfahrtsfonds einzubeziehen sei, so könne dies nicht zum gänzlichen Wegfall der bescheidmäßig ausgesprochenen Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung von Fondbeiträgen führen, vielmehr wäre diese Verpflichtung nur auf die Grundleistung zu beschränken. Eine allfällige Unwirksamkeit der Befreiung habe frühestens mit Ablauf des 31. Juli 2001 erfolgen können. In die Bemessungsgrundlage seien rechtswidrigerweise sämtliche Einkünfte des Beschwerdeführers aus seiner ärztlichen Tätigkeit einbezogen worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die an sie gerichtete Beschwerde ab und bestätigte den Bescheid der Erstbehörde vom 20. August 2002. Begründet wurde dieser Bescheid wie folgt:
"Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde letztlich ausschließlich verfassungsrechtliche Gründe geltend, die im Verwaltungsverfahren nicht geprüft werden können. Die Beschwerde war daher abzuweisen."
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 13. März 2003, B 1891/02- 8, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, für das Jahr 2001 keinen Beitrag zum Wohlfahrtsfonds vorgeschrieben zu bekommen. Die mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 8. November 1989 ausgesprochene Befreiung sei weiterhin aufrecht.
Die Vollversammlung der Ärztekammer für Wien beschloss in ihrer Sitzung vom 12. Dezember 2000 folgende Änderung der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien:
"ARTIKEL I 1. § 7a hat zu lauten wie folgt:
Eine Befreiung nach § 7 Abs. 1, die vor dem 1. Juli 1990 ausgesprochen wurde, wird mit Juli 2001 unwirksam, wenn eine Voraussetzung, unter der die Befreiung erfolgen konnte, nachträglich weggefallen ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Fondsmitglied zum Stichtag 1. Juli 2001 das 60. Lebensjahr bereits vollendet hat."
Diese Bestimmung trat nach Art. II dieser Satzungsänderung mit 1. Juli 2001 in Kraft. Die in der Vollversammlung der Ärztekammer für Wien vom 12. Dezember 2000 beschlossene Satzungsänderung wurde von der Wiener Landesregierung als Aufsichtsbehörde mit Bescheid vom 15. Juni 2001 genehmigt und in der Zeitschrift "doktorinwien" 9/2001 ordnungsgemäß kundgemacht.
Die Festsetzung des Fondsbeitrages gegenüber dem Beschwerdeführer für das Jahr 2001 (und zwar für ein halbes Jahr) basiert offenbar auf dieser Satzungsänderung.
Ob jedoch für den Beschwerdeführer eine in der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien begründete Beitragspflicht für das Jahr 2001 in welcher Höhe besteht, lässt sich dem angefochtenen Bescheid mangels Begründung nicht entnehmen.
Gemäß § 113 Abs. 1 Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, in der Fassung BGBl. I Nr. 110/2001, (in der Folge: ÄrzteG), ist die Verwaltung des Wohlfahrtsfonds von der Verwaltung des übrigen Kammervermögens getrennt zu führen und obliegt einem Verwaltungsausschuss, der sich zur administrativen Vorbereitung und Durchführung seiner Rechtsakte eines Dritten bedienen darf.
Gemäß Abs. 4 dieses Paragraphen werden Beschlüsse des Verwaltungsausschusses mit einfacher Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen gefasst. Gegen Beschlüsse des Verwaltungsausschusses steht dem Betroffenen das Recht der Beschwerde an einen von der Vollversammlung bestellten Beschwerdeausschuss zu.
Gemäß Abs. 7 dieser Gesetzesstelle ist für das Verfahren vor dem Verwaltungsausschuss und dem Beschwerdeausschuss das AVG anzuwenden.
Auf Grund der im § 113 Abs. 7 ÄrzteG enthaltenen Anordnung, wonach für das Verfahren vor dem Verwaltungs- und dem Beschwerdeausschuss das AVG anzuwenden ist, gelten für das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss die im AVG für das Berufungsverfahren normierten Grundsätze (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. September 2003, Zl. 2003/11/0003).
Auch für die Bescheide des Beschwerdeausschusses gilt somit gemäß § 67 AVG der III. Teil dieses Gesetzes (d. s. die §§ 56 bis 62 AVG). Der Beschwerdeausschuss ist im Hinblick auf die Anordnungen der §§ 58, 60 und 67 AVG daher jedenfalls verpflichtet, seine Bescheide zureichend, in einer einer nachprüfenden Rechtskontrolle zugänglichen Art, zu begründen (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 16 ff zu § 67 AVG, Seiten 1325 ff, referierte hg. Rechtsprechung).
Ausgehend von dem - auf Grund der Ausführungen in der Beschwerdeschrift als unstrittig und somit als bereits feststehend anzunehmenden - Sachverhalt, dass der im Jahre 1948 geborene Beschwerdeführer als Mitglied des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Wien am 1. September 1990 eine Fachordination eröffnete und diese seither betreibt, hätte daher die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in substantieller Weise im Einzelnen darlegen müssen, auf Grund welcher Rechtsvorschriften der Beschwerdeführer seit welchem Zeitpunkt in welchem Umfang zur Entrichtung von Fondsbeiträgen (für das Jahr 2001) verpflichtet ist. Im gegebenen Zusammenhang hätte es auch näher begründeter Ausführungen darüber bedurft, wie sich die Höhe des vorgeschriebenen Beitrages zusammensetzt.
Dem angefochtenen Bescheid fehlt (auch unter Berücksichtigung des durch ihn bestätigten erstinstanzlichen Bescheides) jedwede Begründung im aufgezeigten Umfang. Der angefochtene Bescheid leidet daher an einem wesentlichen Begründungsmangel, der die beschwerdeführende Partei an der wirksamen Verfolgung ihrer Rechte und den Verwaltungsgerichtshof an der inhaltlichen Kontrolle des Bescheides hindert. Ist aber die Prüfung des angefochtenen Bescheides auf die Rechtmäßigkeit seines Inhaltes unmöglich, dann kann die Nachholung der unterlassenen Begründung in der Gegenschrift die der angefochtenen Entscheidung anhaftende Mangelhaftigkeit nicht beheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 96/17/0038, u. v. a.).
Der angefochtene Bescheid war schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens bezieht sich auf den beanspruchten Ersatz der Umsatzsteuer, welche im pauschalierten Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist.
Wien, am 27. Februar 2004
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelBegründung BegründungsmangelInhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003110088.X00Im RIS seit
31.03.2004Zuletzt aktualisiert am
23.07.2015