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19/05 Menschenrechte;Norm
AuslBG §2 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des M, geboren 1971, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 49/12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. Mai 2000, Zl. SD 157/00, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 15. Mai 2000 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 8 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei laut seinen Angaben am 26. März 1999 mit der Bahn von Italien nach Österreich gelangt. Am 28. März 1999 sei er im Zug einer Fahndungsstreife als Beifahrer in einem PKW von Gendarmeriebeamten kontrolliert worden. Da er keinen Reisepass, sondern lediglich einen Personalausweis und keinen Aufenthaltstitel habe vorweisen können, sei er vorläufig festgenommen worden. Auf Grund eines von ihm am 29. März 1999 gestellten Asylantrages sei er aus der Schubhaft entlassen worden. Für die Zeit von September 1999 bis 17. Juni 2000 sei ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 - AsylG, erteilt worden. Mittlerweile sei der Asylantrag mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 6. April 2000 rechtskräftig negativ beschieden worden.
Am 29. Oktober 1999 sei der Beschwerdeführer im Rahmen einer Kontrolle durch Beamte des Arbeitsinspektorates St. Pölten auf einem Unternehmensgelände in L. bei der Durchführung von Bauarbeiten betreten worden, ohne im Besitz einer dafür erforderlichen behördlichen Bewilligung gewesen zu sein. In der Stellungnahme vom 3. Februar 1999 (gemeint: 3. Februar 2000) lasse er unbestritten, auf der genannten Baustelle seit eineinhalb Wochen als Bauhelfer um S 60,-- (EUR 4,36) bis S 70,-- (EUR 5,09) pro Stunde gearbeitet zu haben. Er verweise jedoch darauf, Asylwerber aus dem Kosovo zu sein und nur mit dem Notwendigsten versorgt zu werden, weshalb es nicht fair wäre, ihm mit einem Aufenthaltsverbot zu drohen, nur weil er sich den Lebensunterhalt zu verdienen versuchte. Dieses Vorbringen könne jedoch nichts an der Tatsache ändern, dass er ohne entsprechende Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG keiner Erwerbstätigkeit nachgehen dürfe.
Dazu komme, dass der Beschwerdeführer in Kenntnis dieses Umstandes sich nicht davon habe abhalten lassen, neuerlich einer unerlaubten Erwerbstätigkeit nachzugehen. So sei er am 6. März 2000 von Beamten des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten in Mödling auf einer Baustelle bei Eisenbiege- und Verlegearbeiten an einer Ziegeldecke betreten worden.
Da er bereits zweimal von Organen des Arbeitsinspektorates bei einer Beschäftigung betreten worden sei, die er nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen, sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 8 FrG erfüllt.
Im Hinblick darauf, dass dem öffentlichen Interesse an der Wahrung eines geordneten Arbeitsmarktes aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zukomme, sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer, der dieses maßgebliche öffentliche Interesse durch sein Fehlverhalten erheblich beeinträchtigt habe, im Grund des § 36 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich der §§ 37 und 38 leg. cit. - gerechtfertigt.
Zwar lebe ein Bruder des Beschwerdeführers mit seiner Familie in Wien, allerdings wäre dieses verwandtschaftliche Verhältnis nur dann vom Schutzbereich des § 37 Abs. 1 FrG erfasst, wenn der Beschwerdeführer mit seinem Bruder im gemeinsamen Haushalt leben würde, was jedoch nicht der Fall sei. Es liege daher ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers nicht vor. Auf Grund des Umstandes, dass er in der Zeit von September 1999 bis zum rechtskräftigen Abschluss seines Asylverfahrens auf Grund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig gewesen sei, sei von einem Eingriff in sein Privatleben auszugehen. Dessen ungeachtet sei die gegen ihn gesetzte fremdenpolizeiliche Maßnahme zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten, weil dem öffentlichen Interesse an der Wahrung eines geordneten Arbeitsmarktes ein besonders hoher Stellenwert zukomme.
Im Rahmen der nach § 37 Abs. 2 FrG erforderlichen Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass aus der vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung kein ausgeprägtes Maß an Integration des Beschwerdeführers abgeleitet werden könne. Zudem werde die für eine ausreichende Integration erforderliche soziale Komponente durch die Schwarzarbeit erheblich beeinträchtigt. Diesen solcherart geminderten privaten Interessen des Beschwerdeführers stehe das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Arbeitsmarktes entgegen. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.
Da auch sonst keine besonderen, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände gegeben gewesen seien, habe die belangte Behörde auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand nehmen können.
In Anbetracht des aufgezeigten Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers könne ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerde wendet sich gegen die Beurteilung der belangten Behörde im Grund des § 36 Abs. 2 Z. 8 FrG und bringt dazu (lediglich) vor, "auf Grund der Verfahrensergebnisse erscheint es nicht objektiviert, dass der Beschwerdeführer von Organen des Arbeitsinspektorates bei einer Beschäftigung betreten wurde, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht hätte ausführen dürfen".
Mit diesem Vorbringen legt die Beschwerde nicht dar, inwieweit die genannte Beurteilung der belangten Behörde unrichtig sei. Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer am 29. Oktober 1999 von Beamten des Arbeitsinspektorates bei der Durchführung von Bauarbeiten betreten und arbeitete er zu einem Stundensatz von S 60,-- bis S 70,--, wobei für diese Tätigkeit keine Bewilligung nach dem AuslBG vorlag. Ferner wurde er am 6. März 2000 von Beamten des Arbeitsinspektorates auf einer anderen Baustelle bei Eisenbiege- und Verlegearbeiten betreten.
Von daher begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer unerlaubt eine Beschäftigung iS des AuslBG (vgl. § 2 Abs. 2 leg. cit.) ausgeübt habe und der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 8 FrG (vor der Novelle BGBl. I Nr. 69/2002) erfüllt sei, keinen Bedenken.
1.2. Durch die im angefochtenen Bescheid beschriebene unerlaubte Tätigkeit hat der Beschwerdeführer, der am 29. Oktober 1999 bereits eineinhalb Wochen als Bauhelfer gearbeitet hatte und, obwohl er auf die Unerlaubtheit seiner Erwerbstätigkeit hingewiesen worden war, neuerlich am 6. März 2000 auf einer Baustelle arbeitete, das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von gegen die Regelungen des AuslBG erbrachter Arbeit (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. September 2003, Zl. 2001/18/0139, mwN) erheblich beeinträchtigt. Im Hinblick darauf begegnet die weitere Auffassung der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinem Einwand.
2. Im Licht des § 37 Abs. 1 und 2 FrG bringt die Beschwerde vor, dass die belangte Behörde auf die Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Bruder, auch wenn jener nicht mit diesem im gemeinsamen Haushalt lebe, Bedacht hätte nehmen müssen und auf Grund der engen Bindung des Beschwerdeführers zu seinem Bruder und dessen ebenso im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familienangehörigen schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dessen Erlassung.
Gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass § 37 FrG dem vorliegenden Aufenthaltsverbot nicht entgegenstehe, besteht jedoch im Ergebnis kein Einwand.
In Anbetracht des obgenannten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers und im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Einhaltung der beschäftigungsrechtlichen Bestimmungen, gegen die er beharrlich verstoßen hat, kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen - zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Arbeitsmarktes) - dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Der Beschwerde ist zwar darin beizupflichten, dass im Rahmen der Beurteilung nach § 37 FrG die Bindung des Beschwerdeführers zu seinem Bruder, der nach den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen in Wien lebt, und zu dessen Familienangehörigen zu berücksichtigen ist. Die Berücksichtigung dieser Bindung führt jedoch, selbst wenn diese - wie behauptet - von großer Intensität sein sollte, nicht dazu, dass die aus dem bisherigen (noch kurzen) Aufenthalt des Beschwerdeführers und der geschwisterlichen Beziehung resultierenden persönlichen Interessen das gegenläufige öffentliche Interesse überwögen.
3. Die Beschwerde erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 3. März 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2000180155.X00Im RIS seit
01.04.2004