RS OGH 1991/10/30 EMR39/90, Bsw19075/91 (Bsw15764/89), Bsw17358/90, Bsw21835/93, Bsw18990/91, Bsw218

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 30.10.1991
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Norm

MRK Art6 Abs1 II5a1
MRK Art6 Abs1 II5a2
MRK Art6 Abs1 II5a3
MRK Art6 Abs3 litb IV2
StPO §35 Abs2 A
StPO §285c
StPO §287 Abs3
OGHGeO §60 Abs7

Rechtssatz

EGMR 30.10.1991, 39/1990/230/296 (Borgers gg Belgien)

Beachtung der Verteidigungsrechte und des Grundsatzes der Waffengleichheit im Verfahren vor dem belgischen Kassationsgerichtshof. Beides ist ein Wesenszug des Konzepts des fairen Verfahrens. Die Stellungnahme der Generalprokuratur im Kassationsverfahren kann nicht als ein neutrales Gutachten angesehen werden. Durch die Empfehlung, dass das Rechtsmittel eines Angeklagten zugelassen oder abgelehnt werden solle, wird der Vertreter der Generalprokuratur zum Verbündeten oder Gegner des Angeklagten. Der Beschwerdeführer konnte zu keiner Zeit auf das Vorbringen der Generalprokuratur antworten; der Gerichtshof vermag keine Rechtfertigung für eine derartige Einschränkung der Verteidigungsrechte zu erblicken.

Veröff: ÖJZ 1992,339

Entscheidungstexte

  • EMR 39/90
    Entscheidungstext AUSL EGMR 30.10.1991 EMR 39/90
  • Bsw 19075/91
    Entscheidungstext AUSL EGMR 20.02.1996 Bsw 19075/91
    Vgl; Beisatz: Das Recht auf ein kontradiktorisches Verfahren erfordert, dass alle Verfahrensparteien Gelegenheit haben, zu sämtlichen Äußerungen, die Eingang in die Akten gefunden haben, und zu jedem Beweisvorbringen, das auf eine Beeinflussung der Entscheidung abzielt, Stellung zu nehmen, selbst wenn das Vorbringen von Organen der staatlichen Rechtspflege erstattet wird. Dies gilt insbesondere für Stellungnahmen der Generalanwaltschaften, auch wenn diese eine strikte Objektivität auszeichnet. Vermeulen gegen Belgien und Machado gegen Portugal. (T1); Veröff: NL 1996,42
  • Bsw 17358/90
    Entscheidungstext AUSL EGMR 22.02.1996 Bsw 17358/90
    Vgl; Beis wie T1 nur: Das Recht auf ein kontradiktorisches Verfahren erfordert, dass alle Verfahrensparteien Gelegenheit haben, zu sämtlichen Äußerungen, die Eingang in die Akten gefunden haben, und zu jedem Beweisvorbringen, das auf eine Beeinflussung der Entscheidung abzielt, Stellung zu nehmen, selbst wenn das Vorbringen von Organen der staatlichen Rechtspflege erstattet wird. (T2); Beisatz: Hier: Wenn der Generalprokurator im Verfahren vor dem österreichischen Obersten Gerichtshof die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde anregt (croquis). Bulut gegen Österreich. (T3); Veröff: NL 1996,44
  • Bsw 21835/93
    Entscheidungstext AUSL EKMR 03.09.1996 Bsw 21835/93
    Vgl; Beis wie T2; Beisatz: Stellungnahme des Oberstaatsanwaltes im Haftentschädigungsverfahren. Werner gegen Österreich (T4); Veröff: NL 1996,163
  • Bsw 18990/91
    Entscheidungstext AUSL EGMR 18.02.1997 Bsw 18990/91
    Vgl; Beis wie T2; Beisatz: Stellungnahme des Berufungsgerichts zur Berufung an die 3. Instanz. Grundsätzlich sind Stellungnahmen zu Berufungen mit den Grundsätzen eines fairen Verfahrens vereinbar. Nideröst-Huber gegen die Schweiz. (T5); Veröff: NL 1997,46
  • Bsw 21835/93
    Entscheidungstext AUSL EGMR 24.11.1997 Bsw 21835/93
    Vgl; Beis wie T2; Beis wie T4; Veröff: NL 1997,276
  • Bsw 21351/93
    Entscheidungstext AUSL EGMR 27.03.1998 Bsw 21351/93
    Vgl; Beis wie T2; Beisatz: Dies gilt insbesondere für Stellungnahmen der Generalanwaltschaften, auch wenn diese eine strikte Objektivität auszeichnet. Niederländisches Verfahren. (T6); Veröff: NL 1998,75
  • Bsw 39594/98
    Entscheidungstext AUSL EGMR 07.06.2001 Bsw 39594/98
    Vgl; Beis wie T2; Beisatz: Stellungnahme des Commissaire du Gouvernement (CdG) im französischen Verwaltungsgerichtsverfahren vor dem Conseil d´Etat. Die Unabhängigkeit des CdG und die Tatsache, dass er nicht jemandem hierarchisch Höherrangigen verantwortlich ist, können für sich genommen die Unmöglichkeit der Einsicht in das Vorbringen des CdG durch die Parteien bzw die Unmöglichkeit, darauf zu antworten, nicht rechtfertigen. Kann jedoch der Anwalt des Bsf vor der Verhandlung den CdG nach dem generellen Tenor seiner Ausführungen befragen und durch ein Memorandum für die Beratungen darauf antworten und ist eine Vertagung möglich für den Fall, dass der CdG mündlich einen Grund bei der Verhandlung anspricht, der von den Parteien nicht erwähnt wurde, so ist das Prinzip des kontradiktorischen Verfahrens ausreichend gewahrt. Kress gegen Frankreich. (T7); Veröff: NL 2001,115
  • Bsw 33382/96
    Entscheidungstext AUSL EGMR 17.01.2002 Bsw 33382/96
    Auch; Beis wie T3 nur: Hier: Wenn der Generalprokurator im Verfahren vor dem österreichischen Obersten Gerichtshof die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde anregt (croquis). (T8); Beisatz: Fischer gegen Österreich. (T9); Veröff: NL 2002,16
  • Bsw 24430/94
    Entscheidungstext AUSL EGMR 31.01.2002 Bsw 24430/94
    Auch; Beis wie T8; Beisatz: Lanz gegen Österreich. (T10); Veröff: NL 2002,19
  • Bsw 58675/00
    Entscheidungstext AUSL EGMR 12.04.2006 Bsw 58675/00
    Veröff: NL 2006,87
  • Bsw 35991/04
    Entscheidungstext AUSL EGMR 10.01.2008 Bsw 35991/04
    Vgl Beis wie T1; Beisatz: Eine, auch bereits im Fall Reinhardt und Slimane-Kaid gegen Frankreich skizzierte Praxis, wonach der Generalanwalt die Anwälte der Parteien spätestens am Tag vor der Verhandlung vom Tenor seiner Stellungnahme in Kenntnis setzt und ihnen damit Gelegenheit zur Erwiderung entweder in mündlicher Form oder im Wege einer dem beratenden Gericht zu übermittelnden Note gibt, steht mit den Erfordernissen des Art 6 Abs 1 MRK in Einklang. (Kearns gegen Frankreich) (T10); Veröff: NL 2008,5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:AUSL000:1991:RS0105625

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

11.11.2014
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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