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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §45 Abs2;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2004/02/0030 E 26. März 2004Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des H F in Graz, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rathausstraße 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 25. Oktober 2001, Zl. UVS 303.8-3/2001-7, betreffend Übertretung des FSG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 21. Mai 2000, um 01.20 Uhr, in Krottendorf, auf der B 70 auf Höhe der Sparkasse Krottendorf, Krottendorf Nr. 8, in Richtung Graz, einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt, ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse zu sein, in die das KFZ falle. Er habe dadurch § 1 Abs. 3 FSG verletzt. Über ihn wurde gemäß § 37 Abs. 3 Z. 1 FSG eine Geldstrafe in der Höhe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Höhe von 15 Tagen) verhängt.
In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer den Beamten des Gendarmeriepostenkommandos Bärnbach im Zuge der Lenker- und Fahrzeugkontrolle einen niederländischen Führerschein vorweisen habe können. Hiebei sei jedoch zu beachten, dass dieser niederländische Führerschein am 23. Mai 1989 ausgestellt worden und lediglich bis 23. Mai 1999 gültig gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Kontrolle am 21. Mai 2000 sei auch die niederländische Lenkberechtigung nicht mehr in Gütigkeit gewesen. Eine österreichische Lenkberechtigung bzw. einen österreichischen Führerschein habe der Beschwerdeführer den Beamten nicht vorweisen können. Somit könne davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer "ohne Führerschein bzw. ohne Lenkberechtigung" ein Fahrzeug auf Straßen mit öffentlichen Verkehr gelenkt habe.
1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
1.3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe es u.a. unterlassen, eine öffentliche Verhandlung anzuberaumen.
§ 51e Abs. 1 bis 5 VStG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 137/2001 lautet:
"Öffentliche mündliche Verhandlung (Verhandlung)
§ 51e. (1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung entfällt, wenn
1. der Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;
2. der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
(3) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn
1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder
2.
sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder
3.
im angefochtenen Bescheid eine 3 000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder
4. sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet
und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. Etwaigen Berufungsgegnern ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Der unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht.
(5) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung geklärt werden."
§ 1 Abs. 3 des Führerscheingesetzes, BGBl. I Nr. 120/1997 idF BGBl. I Nr. 94/1998, lautet wie folgt:
"(3) Das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers ist, ausgenommen in den Fällen des Abs. 5, nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse (§ 2), in die das Kraftfahrzeug fällt. Das Lenken von Kraftfahrzeugen über 3 500 kg höchste zulässige Gesamtmasse, die Feuerwehrfahrzeuge gemäß § 2 Abs. 1 Z 28 KFG 1967 sind, ist jedoch außer mit einer Lenkberechtigung für die Klassen C oder D oder die Unterklasse C1 zulässig, wenn der Besitzer einer Lenkberechtigung für die Klasse B einen Feuerwehrführerschein (§ 32a) besitzt. Weiters ist das Ziehen von anderen als leichten Anhängern, die gemäß § 2 Abs. 1 Z 28 KFG 1967 Feuerwehrfahrzeuge sind, mit Zugfahrzeugen für die Klassen C oder D oder die Unterklasse C1 zulässig, wenn der Besitzer einer Lenkberechtigung für die Klasse B+E einen Feuerwehrführerschein (§ 32a) besitzt."
2.2. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsstrafakten hat der im Verwaltungsstrafverfahren anwaltlich nicht vertretene Beschwerdeführer in seiner Berufung (erkennbar) die Auffassung vertreten, dass es sich bei der ihm in den Niederlanden ausgestellten Lenkberechtigung um eine gültige Lenkberechtigung handle. Darauf hatte der Beschwerdeführer auch schon bei der in Rede stehenden Kontrolle am 21. Mai 2000 hingewiesen. Aus der mit der Beschwerde vorgelegten Kopie dieses niederländischen Führerscheins ergibt sich, dass darin (wie in der Beschwerde vorgebracht) die Daten "23-05-1999" unter einer Zeile mit den Worten: "vemieuwen (oder "venieuwen") voor" und "01-04-2031" unter der Zeile mit den Worten: "goeldig tot" aufscheinen.
Vor diesem Hintergrund hätte die belangte Behörde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen gehabt, in deren Rahmen die Frage der Gültigkeit der dem Beschwerdeführer in den Niederlanden erteilten Lenkberechtigung zu klären gewesen wäre.
Überdies hat die belangte Behörde im Beschwerdefall jedenfalls eine über S 3 000,-- liegende Geldstrafe verhängt, weshalb sie auch im Grunde des § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG nicht von einer öffentlich-mündlichen Verhandlung hätte absehen dürfen.
Insofern hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit wesentlichen Verfahrensmängeln belastet, kann doch nicht ausgeschlossen werden, dass sie bei Unterlassen dieses Mangels zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gelangt wäre.
2.3. Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
2.4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 18. März 2004
Schlagworte
Beweismittel UrkundenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002030079.X00Im RIS seit
27.04.2004