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91/01 Fernmeldewesen;Norm
TKG 1997 §41 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Riedinger, Dr. Berger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der T AG in Wien, vertreten durch Cerha, Hempel & Spiegelfeld Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 3. Juni 2002, Zl. Z 1/02 - 28, betreffend Zusammenschaltungsanordnung (mitbeteiligte Partei:
C GmbH, nunmehr: O GmbH, in Wien, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Foglar-Deinhardstein & Brandstätter KEG in 1015 Wien, Plankengasse 7), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem angefochtenen Bescheid erließ die belangte Behörde auf Antrag der Beschwerdeführerin eine Zusammenschaltungsanordnung gemäß § 41 Abs. 3 in Verbindung mit § 111 Z. 6 Telekommunikationsgesetz (TKG), BGBl. I Nr. 100/1997 idF BGBl. I Nr. 32/2002, für die Zusammenschaltung des öffentlichen Telekommunikationsnetzes der Beschwerdeführerin mit dem öffentlichen mobilen Telekommunikationsnetz der mitbeteiligten Partei. Mit dieser Zusammenschaltungsanordnung wurden die Entgelte für Mobilterminierung und Mobiloriginierung (Verkehrsarten V25 und V26) für den Zeitraum vom 1. Jänner 2002 bis zum 30. September 2003 festgelegt, wobei für die Verkehrsart V25 ein Entgelt von 13,8 Cent/Minute und für die Verkehrsart V26 ein Entgelt von 13,2 Cent/Minute festgelegt wurde.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die mitbeteiligte Partei nicht marktbeherrschend sei und daher kein kostenorientiertes Zusammenschaltungsentgelt im Sinne des § 41 Abs. 3 TKG in Verbindung mit §§ 8 und 9 Zusammenschaltungsverordnung (ZVO) festzulegen sei. Die belangte Behörde gehe bei der Bemessung des Zusammenschaltungsentgeltes zunächst von dem sich aus § 1152 ABGB ergebenden Grundsatz aus, wonach in Ermangelung einer Vereinbarung zwischen den Parteien ein Entgelt in angemessener Höhe als vereinbart gelte. Für die Bestimmung angemessener Zusammenschaltungsentgelte würden sich die folgenden Konzepte anbieten: Vergleichsmarktkonzept ("Benchmarking"), "Retail Minus" (Festlegung der Zusammenschaltungsentgelte ausgehend vom Endkundenpreis nach Abzug von nicht zusammenschaltungsrelevanten Kosten), Heranziehung des Zweckes und der Regulierungsziele des TKG und Ermittlung des Zusammenschaltungsentgeltes in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße und der erreichten Marktposition. Für die mitbeteiligte Partei seien in dem im Verfahren erstellten Gutachten die Kosten für die mobile Zusammenschaltung (Originierung und Terminierung) auf Basis von Vollkosten berechnet worden. Unter Anwendung der Berechnungsmethode "K1" (Netzkosten und Gemeinkosten) würden sich für die mitbeteiligte Partei Kosten in der Höhe von 13,90 Cent für die Terminierung und 12,05 Cent für die Originierung auf Basis der Daten des Jahres 2001 und unter Berücksichtigung eines Kapitalkostenzinssatzes von 13,16 % ergeben. Unter Berücksichtigung der Verkehrsmengen- und Kostenentwicklung für das Jahr 2002 ergebe sich für die Terminierung ein Wert von 13,11 Cent und für die Originierung ein Wert von 11,42 Cent (unter Zugrundelegung des Kapitalkostenzinssatzes von 13,16 %) sowie von 12,71 Cent für Terminierung und 11,08 Cent für Originierung (unter Annahme eines Kapitalkostenzinssatzes von 10 %). Die konkrete Festlegung der Zusammenschaltungsentgelte für die mitbeteiligte Partei basiere auf der Überlegung, dass diese innerhalb des nationalen "Benchmarks", das eine Bandbreite von 11,25 Cent bis 19,62 Cent eröffne, gemeinsam mit T-M an zweiter Stelle zu reihen sei. Ein Vergleich der Unternehmen M, T-M und der mitbeteiligten Partei basierend auf amtsbekannten Daten des Jahres 2000 verdeutliche die Unterschiede zwischen den Positionen der drei Unternehmen; Ende des Jahres 2000 habe die M auf dem Zusammenschaltungsmarkt über einen Marktanteil zwischen 20 und 25 %, T-M über einen Anteil zwischen 15 und 20 % und die mitbeteiligte Partei über einen Anteil von unter 15 % verfügt. Eine Gleichbehandlung der mitbeteiligten Partei mit T-M scheine gerechtfertigt, da ein Unterschreiten jener Entgelte, die für T-M auf Grund der Entscheidung der belangten Behörde vom 5. November 2001 zur Anwendung kämen, aus Sicht der belangten Behörde auf Grund der Marktposition der Betreiber nicht gerechtfertigt scheine. Ebenso habe dem Antrag der mitbeteiligten Partei auf Festlegung der Entgelte in Höhe von 16 Cent nicht gefolgt werden können; 2001 sei eine konstante Steigerung des Marktanteils der mitbeteiligten Partei zu beobachten gewesen und auch auf Grund der von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Planverkehrsmengenentwicklung für 2002 ergebe sich, dass weiterhin von deutlichen Steigerungen vor allem im Verhältnis zu T-M ausgegangen werden könne. Die Festlegung eines höheren als für T-M zur Anwendung kommenden Wertes sei auf Grund der zu erwartenden Angleichung der Marktpositionen, noch dazu für einen Zeitraum bis 30. September 2003, auf Grund der vorliegenden Daten, insbesondere der Planverkehrsmengen für 2002, nicht vorzunehmen. Weiters sei für die Festlegung angemessener Zusammenschaltungsentgelte berücksichtigt worden, dass über die Berechnungsvariante "K1" hinausgehende Kostenblöcke (Kosten für Marketing, Billing, Customer Care, Vertrieb und Handset-Stützungen) als zusammenschaltungsrelevant identifiziert worden seien. Diese Aufwendungen bewirkten, dass die Anzahl der Mobilkunden steige und durch bessere Erreichbarkeit die Anzahl der Terminierungsminuten zunehme. Dadurch entstehe ein positiver externer Effekt für den rufenden Teilnehmer, der in Form von höheren Terminierungsentgelten von diesem abzugelten sei. Hinsichtlich des Umfanges der berücksichtigten externen Effekte erfolge dies unter Berücksichtigung der Marktgegebenheiten und auch der Dauer der gegenständlichen Anordnung.
2. Mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und stellt den Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Soweit sich die Beschwerde dagegen richtet, dass die Zusammenschaltungsentgelte im angefochtenen Bescheid in anderer Höhe festgelegt wurden als hinsichtlich der Zusammenschaltung mit einem anderen Mobilnetzbetreiber, kommt ihr keine Berechtigung zu, da sich aus § 41 Abs. 3 TKG nicht ableiten lässt, dass im Falle von Zusammenschaltungsstreitigkeiten die Zusammenschaltungsentgelte nicht marktbeherrschender Betreiber einheitlich festzulegen wären (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 2004, Zl. 2002/03/0165, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
2. Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, dass der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet sei, da die Kostengrundlagen betreffend das Netz der mitbeteiligten Partei nicht in intersubjektiv vermittelbarer Weise im angefochtenen Bescheid dargetan worden seien. Die belangte Behörde habe unter Berufung auf angebliche Geschäftsgeheimnisse der mitbeteiligten Partei die zu Grunde liegenden Kostenberechnungen nur derart eingeschränkt der Beschwerdeführerin zugänglich gemacht, dass dieser eine inhaltliche Überprüfung der diesbezüglichen Kalkulationen nicht möglich gewesen sei. Insbesondere habe die belangte Behörde die zur Kostenrechnung der mitbeteiligten Partei in Anwendung gebrachte Abschreibungsdauer unkenntlich gemacht.
Wie sich aus den Verwaltungsakten ergibt, wurde das von den Amtssachverständigen erstellte Gutachten der Beschwerdeführerin in einer Version übermittelt, die von jener abweicht, welche der mitbeteiligten Partei zur Verfügung gestellt wurde. In der der Beschwerdeführerin übermittelten Ausfertigung des Gutachtens sind insbesondere die Werte zur Berechnung "K2", zu den Planverkehrsmengen sowie zur Abschreibungsdauer unkenntlich gemacht. Da der Beschwerdeführerin somit nur ein unvollständiges Gutachten übermittelt wurde, war es ihr nicht möglich, sich mit für das Ergebnis des Gutachtens wesentlichen Annahmen auseinander zu setzen; sie war damit in der Verfolgung ihrer Parteienrechte gehindert und in ihrem Recht auf Parteiengehör gemäß § 45 Abs. 3 AVG verletzt. Entgegen der in den Gegenschriften vertretenen Ansicht kann die Verletzung des Parteiengehörs auch nicht mit Berufung auf § 17 Abs. 3 AVG gerechtfertigt werden, wurde der Beschwerdeführerin doch nicht die Einsicht in Teile des Akteninhaltes verweigert, sondern die Ergebnisse des Beweisverfahrens nicht zur Gänze zugänglich gemacht. Der Verfahrensfehler ist auch wesentlich, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Berücksichtigung von allfälligen Einwendungen der Beschwerdeführerin zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.
3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 18. März 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002030188.X00Im RIS seit
27.04.2004