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L70707 Theater Veranstaltung Tirol;Norm
VeranstaltungsG Tir 1982 §5 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 4. Juli 2002, Zl. Ib-17131/1, betreffend eine Bewilligung nach dem Tiroler Veranstaltungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer besitzt seit 1. September 1999 am Standort X in Tirol die Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart "Bar" und seit 29. März 2001 die Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart "Gasthaus". Daneben besitzt er seit 13. März 2000 die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Begleitagentur und seit 11. Dezember 2000 für das Gewerbe der Künstleragentur.
Mit Straferkenntnis der BH Kufstein vom 12. Dezember 2001 wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 150.000,-- (EUR 10.900,93) verhängt, weil er, ohne im Besitz einer behördlichen Bewilligung nach § 15 Abs. 1 des Tiroler Landes-Polizeigesetzes 1976 zu sein, zumindest in der Zeit vom 6. Juni 2000 bis 7. September 2000 in der Betriebsanlage "D" am Standort X ein Bordell betrieben habe. Mit Berufungserkenntnis des UVS in Tirol vom 7. Februar 2000 wurde der erstinstanzliche Schuldspruch bestätigt, lediglich das Strafausmaß wurde auf EUR 9.000,-- herabgesetzt.
Mit weiteren Straferkenntnissen der BH Kufstein wurde der Beschwerdeführer wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Tiroler Veranstaltungsgesetz (Durchführung varieteähnlicher Veranstaltungen ohne erforderliche Bewilligung) und nach dem Tiroler Lichtspielgesetz (Vorführung pornografischer Filme ohne entsprechende Bewilligung) verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen. Den Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zufolge waren diese beiden Straferkenntnisse (bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde) infolge Berufung noch nicht in Rechtskraft erwachsen.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. Juli 2000 wurde dem Beschwerdeführer die Bewilligung für die regelmäßige Veranstaltung von Variete und varieteähnlichen Vorführungen in der Betriebsanlage "D" erteilt, wobei die Bewilligung beginnend mit 15. Juli 2000 mit einem Jahr befristet erteilt wurde.
Mit Eingabe vom 28. Mai 2001 beantragte der Beschwerdeführer die Wiedererteilung der Bewilligung für Variete und varieteähnlichen Vorführungen in der Betriebsanlage "D" am Standort X.
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid der BH Kufstein vom 23. Mai 2002 wurde dem Beschwerdeführer die Wiedererteilung der Bewilligung versagt. Begründend heißt es, infolge rechtskräftiger Verurteilung nach § 19 Abs. 2 des Tiroler Landes-Polizeigesetzes 1976 (Betrieb eines Bordelles ohne Bewilligung), sowie infolge verwaltungsbehördlicher Strafen nach dem Tiroler Lichtspielgesetz (Vorführung pornografischer Filme ohne entsprechende Bewilligung) und nach dem Tiroler Veranstaltungsgesetz (Durchführung varieteähnlicher Veranstaltungen ohne entsprechende Bewilligung) sei seine erforderliche Verlässlichkeit im Sinne des § 5 Abs. 2 des Tiroler Veranstaltungsgesetzes (kurz: TVG) nicht gegeben. Der Wortlaut dieser Bestimmung, wonach Personen jedenfalls nicht als verlässlich anzusehen seien, die wenigstens dreimal wegen einer Übertretung von Vorschriften auf dem Gebiet des Veranstaltungswesens, des Kinowesens, des Glückspielwesens oder des Jugendschutzes bestraft worden seien, bedeute nicht, dass eine Unverlässlichkeit erst bei Vorliegen von drei solcher Verwaltungsübertretungen gegeben sei. Vielmehr könnten auch andere Sachverhalte die Verlässlichkeit einer Person in Frage stellen. So sei vorliegendenfalls der illegale Betrieb eines Bordells jedenfalls geeignet, die Verlässlichkeit des Beschwerdeführers in Zweifel zu ziehen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurde. Nicht als verlässlich im Sinne des § 5 Abs. 2 TVG seien Personen anzusehen, die unter anderem wenigstens 3x wegen einer Übertretung bestraft worden seien. Zum einen bedeute "wenigstens 3x", dass eine Verlässlichkeit auch dann gegeben sein könne, wenn ein Antragsteller öfters bestraft worden sei, sonst hätte der Gesetzgeber nicht das Wort "wenigstens", sondern das Wort "höchstens" verwendet. Zwar habe der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass auf Übertretungen Bedacht zu nehmen und gegebenenfalls die Bewilligung zu verweigern sei. Da hier aber lediglich eine rechtskräftige Verurteilung vorliege, sei die Verweigerung der Bewilligung unzulässig.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.
Nach Wiedergabe des eingangs dargestellten Sachverhaltes sowie nach Hinweis auf § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 2 TVG führte sie begründend aus, strittig sei im Beschwerdefall, ob nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 TVG die Unverlässlichkeit eines Antragstellers erst bei Vorliegen von mindestens drei Verwaltungsübertretungen als gegeben anzunehmen sei oder ob unabhängig von der Zahl der Verwaltungsübertretungen die Unverlässlichkeit auch aus anderen Gründen gegeben sein könne.
Die belangte Behörde vermöge der Rechtsansicht des Beschwerdeführers, eine "Unverlässlichkeit" im Sinne des § 5 Abs. 2 TVG sei erst bei mindestens drei Verwaltungsübertretungen gegeben, nicht beizutreten. § 5 Abs. 2 erster Satz TVG determiniere zunächst allgemein die nach Art der Veranstaltung erforderliche Verlässlichkeit eines Antragstellers als Voraussetzung für die Erteilung der Bewilligung, um dann im zweiten Satz weiter auszuführen, wann der Antragsteller jedenfalls (Hervorhebung im angefochtenen Bescheid) als nicht verlässlich anzusehen sei, nämlich unter anderem bei Vorliegen von wenigstens drei Verwaltungsübertretungen auf dem Gebiet des Veranstaltungswesens, des Kinowesens, des Glückspielwesens oder des Jugendschutzes. Die mit dem Wort "jedenfalls" vorgenommene Präzisierung bedeute, dass der zur Entscheidung berufenen Behörde ab dem Vorliegen von drei Verwaltungsübertretungen der Ermessensspielraum genommen sei und sie zwingend die Bewilligung zu versagen habe. Eine darüber hinausgehende Bindung des Ermessens der Behörde in der Form, dass bei Vorliegen von weniger als drei solcher Verwaltungsübertretungen die Verlässlichkeit jedenfalls zu bejahen sei, sei dem Wortlaut des Gesetzes nicht zu entnehmen. Vielmehr obliege es der Behörde, nach den Umständen des Einzelfalles und unter Einbeziehung aller relevanten Umstände abzuwägen, ob der Antragsteller die nach der Art der Veranstaltung erforderliche Verlässlichkeit besitze oder nicht. Daher könne die Behörde auch bei Vorliegen von weniger als drei Strafen wegen solcher Verwaltungsübertretungen, ja sogar wenn keine solche Bestrafung gegeben sei, nach den Umständen des Falles zur Überzeugung gelangen, dass es dem Antragsteller an der erforderlichen Verlässlichkeit mangle.
Im Beschwerdefall könne der rechtlichen Beurteilung der erstinstanzlichen Behörde nicht entgegengetreten werden. Gerade auch in Ansehung der mit einem Bordellbetrieb zusammenhängenden Sensibilisierung der Öffentlichkeit offenbare der Betrieb eines Bordells ohne entsprechende Bewilligung ein solches Maß an Gleichgültigkeit gegenüber dem öffentlichen Interesse, dem Gemeinschaftsleben, dem Jugendschutz und der zum Wohle der Bevölkerung erlassenen Gesetze, dass das Vertrauen in die Verlässlichkeit des Beschwerdeführers tief greifend erschüttert sei. Das Faktum eines Bordellbetriebes ohne behördliche Bewilligung "unterminiert in durchschlagender Weise" die für die Durchführung von Variete- und varieteähnlichen Vorstellungen erforderliche Verlässlichkeit, unabhängig davon, wie oft der Beschwerdeführer wegen Verwaltungsübertretungen bestraft worden sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Tiroler Veranstaltungsgesetz 1982 (kurz: TVG), LGBl. Nr. 59 (Wiederverlautbarung), in der Fassung LGBl. Nr. 1/2001, anzuwenden.
Nach § 3 Abs. 1 TVG bedürfen einer Bewilligung unter anderem
Variete- und ähnliche Vorstellungen.
§ 5 Abs. 2 TVG lautet:
"(2) Natürlichen Personen darf die Bewilligung nur erteilt werden, wenn sie eigenberechtigt sind und die nach der Art der Veranstaltung erforderliche Verlässlichkeit besitzen. Nicht als verlässlich sind jedenfalls Personen anzusehen,
a) die wegen einer vorsätzlichen, mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten Handlung von einem Gericht verurteilt worden sind, es sei denn, dass die Verurteilung getilgt ist oder der Beschränkung über die Erteilung von Auskünften aus dem Strafregister nach § 6 des Tilgungsgesetzes 1972, BGBl. Nr. 68, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 44/2001, oder nach einer vergleichbaren Vorschrift eines anderen Staates unterliegt oder
b) die wenigstens dreimal wegen einer Übertretung von Vorschriften auf dem Gebiet des Veranstaltungswesens, des Kinowesens, des Glückspielwesens oder des Jugendschutzes bestraft worden sind."
Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde vertrete die Auffassung, dass ihr nach § 5 Abs. 2 TVG bei Vorliegen von drei Verwaltungsübertretungen der Ermessensspielraum genommen sei und zwingend die Bewilligung zu versagen sei. Dieser Auffassung könne nicht beigetreten werden.
Der Gesetzgeber wähle das Wort "wenigstens", was bedeute, dass die Unzuverlässigkeit insbesondere dann gegeben sei, wenn mehr als drei Verwaltungsübertretungen begangen worden seien, weil der Gesetzgeber ansonsten das Wort "höchstens" verwendet hätte. Dies bedeute mit anderen Worten, dass der Ermessensspielraum der Behörde auch gegeben sei, wenn der Bewilligungswerber mehr als drei Verwaltungsübertretungen begangen habe, wobei in seinem Fall ohnedies nur eine solche rechtskräftige Bestrafung vorliege. Auch übersehe sie dabei, dass die Übertretung nach dem Tiroler Landes-Polizeigesetz nicht eine solche auf dem Gebiet des Veranstaltungswesens, des Kinowesens, des Glückspielwesens oder des Jugendschutzes sei. Alle Ausführungen der belangten Behörde zu seiner unwidersprochenen Verurteilung nach § 15 des Tiroler Landes-Polizeigesetzes gingen somit ins Leere.
Hätte der Gesetzgeber die Verlässlichkeit von einer Übertretung nach dem Tiroler Landes-Polizeigesetz abhängig machen wollen, hätte er dies auch "formuliert". Jedenfalls stehe fest, dass eine Übertretung nach dem Tiroler Landes-Polizeigesetz keine solche im Sinne des § 5 Abs. 2 lit. b TVG sei, weil die dort enthaltene Aufzählung taxativ und nicht demonstrativ sei.
Damit ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Nach § 5 Abs. 2 TVG ist die Verlässlichkeit von natürlichen Personen jedenfalls zu verneinen, wenn die Voraussetzungen der lit. a oder der lit. b dieses Absatzes gegeben sind. Die belangte Behörde hat aber zutreffend darauf verwiesen, dass - nach den Umständen des Einzelfalles - die Verlässlichkeit einer natürlichen Person im Sinn des § 5 Abs. 2 erster Satz TVG auch aus anderen Gründen (als bei Zutreffen der Voraussetzungen des Abs. 2 lit. a und/oder lit. b) verneint werden kann. Im Beschwerdefall kann der Beurteilung der belangten Behörde, die Verlässlichkeit des Beschwerdeführers sei auf Grund seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilung wegen des Betriebes eines Bordelles zu einer Geldstrafe von letztlich EUR 9.000,-- (bei einem Strafrahmen gemäß § 19 Abs. 2 des Tiroler Landes-Polizeigesetzes, LGBl. Nr. 60/1976, von bis zu S 500.000,-- bzw. nunmehr bis zu EUR 36.330,-- (wobei eine Mindeststrafe nicht vorgesehen ist) oder, bei Vorliegen von besonderen Erschwerungsgründen, mit Arrest bis zu sechs Wochen) zu verneinen sei, nicht entgegengetreten werden, zumal die in Rede stehende Übertretung in derselben Betriebsanlage begangen wurde, für die auch die gegenständliche Bewilligung begehrt wird.
Das festgestellte Verhalten des Beschwerdeführers lässt auf eine grundsätzliche negative Haltung den einschlägigen Rechtsvorschriften gegenüber (hier insbesondere Tiroler Veranstaltungsgesetz 1982, Tiroler Landes-Polizeigesetz 1976 und Tiroler Lichtspielgesetz) schließen, weshalb die belangte Behörde nicht rechtswidrig handelte, wenn sie dem Beschwerdeführer die spezifische Verlässlichkeit für die angestrebte Veranstaltung absprach, zumal sein bisheriges Verhalten keine Gewähr für ein zukünftiges gesetzeskonformes Verhalten im Rahmen des in Betracht kommenden Betriebes bietet.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 18. März 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002051010.X00Im RIS seit
10.05.2004