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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1151;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der K Handelsgesellschaft mbH in S, vertreten durch Emberger Rechtsanwaltskanzlei GmbH in 1010 Wien, Plankengasse 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 9. März 2000, Zl RV369-08/99, betreffend ua Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1. Jänner 1995 bis 31. Dezember 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende GmbH (Beschwerdeführerin) betreibt einen Möbeleinzelhandel mit zahlreichen Filialen im Inland. Anlässlich einer für den Zeitraum 1. Jänner 1995 bis 31. Dezember 1997 durchgeführten Lohnsteuerprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Beschwerdeführerin von den Bezügen der so genannten "Samstags-Aushilfen" weder Dienstgeberbeiträge noch die Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag entrichtet hatte.
Mit Vorhalt vom 28. August 1998 forderte das Finanzamt die Beschwerdeführerin auf, sämtliche im Prüfungszeitraum abgeschlossenen freien Dienstverträge der "Samstags-Aushilfen", die dazugehörigen Lohnkonten sowie ein genaues Beschäftigungsprofil für jeden Dienstvertrag vorzulegen.
Die Beschwerdeführerin gab in der Folge an, dass es sich bei den abgeschlossenen Verträgen um Werkverträge handle, weil keine persönliche Arbeitspflicht bestehe (die Tätigkeit könne auch durch einen qualifizierten Vertreter ausgeführt werden), die Arbeitszeit frei gestaltet werden könne, kein wechselseitiger Anspruch auf Beschäftigung, keine Einordnung in die Unternehmensorganisation sowie keine persönliche Abhängigkeit bestehe. Da es sich vorwiegend um "Karenzierte, Pensionisten und Studenten" handle, bestehe auch keine wirtschaftliche Abhängigkeit. Die "Samstags-Aushilfen" seien je nach Bedarf in den Bereichen Lager, Kassa/Packtisch und Verkauf/Regalbetreuung eingesetzt worden. Es wurde auch eine Liste mit den Namen der "Samstags-Aushilfen", deren Jahresentgelten sowie zwei Verträge als Muster übermittelt.
Die von der Beschwerdeführerin übermittelten Mustervereinbarungen haben folgenden Wortlaut:
"Vereinbarung - Freie Dienstverträge
abgeschlossen zwischen der (Beschwerdeführerin) und
Frau/Herrn … Adresse ....
Vers.Nr./Geb.D. … Tel. Nr. ....
Fr. /Hr. … stellt sich der (Beschwerdeführerin) für folgende
Arbeiten zur Verfügung: AUSHILFE
Fr./Hr. … wird ein konkretes Angebot zur Durchführung dieser
Arbeiten mündlich/fernmündlich gegeben.
Fr./Hr. … hat jeweils die Möglichkeit, die ihr/Ihm
angebotenen Arbeiten abzulehnen oder auch eine/n geeignete/n Vertreter auf ihre/seine Kosten zu entsenden.
Die (Beschwerdeführerin) verpflichtet sich, an Fr./Hr. … für die tatsächlich zustandegekommenen Arbeiten (auch wenn diese durch einen nominierten und qualifizierten Vertreter ausgeführt werden) ein Honorar von öS … je Stunde zu bezahlen.
Tag der Aufnahme der Tätigkeit ….
Besteht eine die Pflichtversicherung ausschließende andere
Pflichtversicherung auf Grund dieser Tätigkeit: o ja / o nein
Besteht eine sonstige Pflichtversicherung: o ja / o nein
Beschäftigung bei anderen Auftraggebern innerhalb der letzten
sechs Kalendermonate: o ja/o nein : Anzahl ... .
Die Vertragsparteien erfüllen die nach der derzeitigen Gesetzeslage bestehende Melde- und Versicherungspflichten entsprechend der rechtlichen Qualifikation dieses Vertrages nach bestem Wissen.
Sozialversicherungsbeiträge und Abzugssteuern werden vom Auftraggeber einbehalten.
Für den Fall, dass dieses Vertragsverhältnis aus welchen Gründen immer rechtlich anders qualifiziert oder sonstige den Auftraggeber treffende Sozialversicherungsbeiträge oder Steuern vorgeschrieben werden, die der Auftragnehmer hätte entrichten müssen, erklärt der Auftragnehmer schon jetzt sein Einverständnis zur Rückforderung dieser Beträge durch den Auftraggeber."
Am 22. Juni bzw am 2. Juli 1999 vernahm das Finanzamt insgesamt vier der als "Samstag-Aushilfen" Beschäftigen als Auskunftspersonen. Laut Niederschriften wurden den Auskunftspersonen folgende Fragen gestellt:
1. Wie erfolgt die Kontaktaufnahme seitens der Beschwerdeführerin? Jeweils unmittelbar vor dem Arbeitstag oder gibt es einen fixen Einsatzplan?
2.
Beschreibung der Tätigkeit?
3.
Dauer der Beschäftigung am Samstag?
Die Aussagen der Auskunftspersonen hatten laut den Niederschriften folgenden Wortlaut:
Manfred Sch, Student
"Ich war schon vor meiner Aushilfstätigkeit bei der Beschwerdeführerin als Ferialpraktikant tätig. Durch meine vorige Tätigkeit habe ich auch von dem Umstand erfahren, dass die Beschwerdeführerin Samstagaushilfen sucht. Ich bin darauf hin zum Geschäftsführer gegangen und dort wurde mir mitgeteilt, dass ich am Samstag arbeiten kann. Mir war bereits bei Beginn meiner Tätigkeit klar, dass meine Tätigkeit jeden Samstag umfasst.
Zu Beginn meiner Aushilfstätigkeit war ich im Expedit tätig ca 2 - 3 Monate, danach wurde ich für diverse Aufbauarbeiten eingesetzt, zur Erwerbung von Produktkenntnissen und anschließend war ich dann im Verkauf Abteilung …. tätig Eine Vertretungsmöglichkeit war meiner Meinung nach auf Grund der Tätigkeit nicht möglich.
Ich hatte eine fixe Arbeitszeit und zwar von 9,00 -17,00 Uhr."
Claudia G, Büroangestellte
"Ich war vor meiner Karenzzeit bei der Beschwerdeführerin beschäftigt, und zwar als Büroangestellte. Durch meine Tätigkeit bei der Beschwerdeführerin wusste ich auch, dass Samstagsaushilfen gesucht wurden und darauf hin wurde ich beim Geschäftsführer vorstellig und erhielt dann die Stelle.
Bei Aufnahme der Tätigkeit war klar, dass die Beschäftigung jeden Samstag betrifft, es sei denn, dass kein Bedarf an Aushilfskräften vorhanden war, dann wurde ich von der Firma davon in Kenntnis gesetzt, was auch fallweise passiert ist.
Meine Tätigkeit bei der Beschwerdeführerin als Samstagaushilfe war Kassierin.
Es hat eine fixe Arbeitszeit am Samstag gegeben und zwar von 9,00 - 17,00 Uhr. Bei geringerer Kundenfrequenz speziell Samstagnachmittag kam es vor, dass ich von meiner unmittelbaren Vorgesetzten die Möglichkeit bekam früher aufzuhören, was ich auch ein paar Mal tat."
Sylvia W, Angestellte
"Ich war vor meiner Karenzzeit bei der Beschwerdeführerin beschäftigt und zwar im Lagerbüro/Expedit. (meine Tätigkeit umfasste unter anderem die Kundenbetreuung und die Disposition der Auslieferungsautos).
Durch meine Tätigkeit bei der Beschwerdeführerin wusste ich auch, dass Samstagsaushilfen gesucht wurden und darauf hin wurde ich beim Geschäftsführer vorstellig und erhielt dann die Stelle.
Mein Arbeitseinsatz für den nächsten Samstag wurde mir in der Regel bereits am Einsatztag zugesagt. Die Dauer meiner Beschäftigung war in der Regel jeden Samstag bis auf meine Urlaubszeit.
Wie schon bei Frage 1 ausgeführt bestand meine Tätigkeit in der Kundenbetreuung, der Disposition der Auslieferungsautos, außerdem war ich zuständig für den reibungslosen Ablauf für das Be- und Entladen von Warenlieferungen. Eine Vertretungsmöglicht war auf Grund der speziellen Tätigkeiten nicht gegeben.
Es gab eine fixe Arbeitszeit und zwar von 9,00 - 5,00 Uhr."
Johannes A, Student
"Bevor meiner Tätigkeit als Samstagaushilfe war ich schon mehrere Male für die Beschwerdeführerin als Ferialpraktikant tätig, und daher bei der Beschwerdeführerin bekannt. Auf Grund einer Anzeige in einer Zeitung, in welcher Samstagaushilfen gesucht wurden, meldete ich mich bei der Fa. und bekam dann die Stelle. Meine Dienstzeit ist jeden Samstag von 9,00 - 5,00 Uhr.
Ich bin ausschließlich für den Verkauf in der Abteilung Kleinmöbel zuständig, die Frage der Vertretungsmöglichkeit hat sich noch nie gestellt, bei meinem Ausfall wird seitens der Beschwerdeführerin ein anderer Mitarbeiter gestellt.
Es gab eine fixe Arbeitszeit und zwar von 9,00 - 5,00 Uhr, mit Einverständnis des Abteilungsleiters kann ich jedoch meine Dienstzeit flexibel gestalten."
Das Finanzamt erließ am 9. August 1999 einen Haftungs- und Abgabenbescheid über den Streitzeitraum, in welchem unter Hinweis auf die beiliegende Mitteilung einer Beitrags-/Lohnsteuerprüfung ua Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag in Höhe von rund S 440.000,-- vorgeschrieben wurden.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und führte aus, das Finanzamt habe zur Begründung lediglich auf den Bericht über die Lohnsteuerprüfung verwiesen, der jedoch nur allgemeine Angaben enthalte. Dadurch sei eine inhaltliche Überprüfung des Bescheides nicht möglich. Es sei auch das Recht auf Parteiengehör verletzt worden, weil die Beschwerdeführerin weder die Gelegenheit gehabt habe, von den Ergebnissen der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen, noch zu diesen Ergebnissen Stellung zu nehmen oder den tatsächlichen Sachverhalt darzulegen. Das Finanzamt habe auch zahlreiche Beweise, die von Amts wegen aufzunehmen gewesen wären, übergangen. Es sei lediglich ein begrenzter Kreis an Zeugen befragt worden, denen "offenbar auf einen gewollten Sachverhalt abstellende Detailfragen über ihr Vertragsverhältnis gestellt worden" seien. Der Personalchef der Beschwerdeführerin, der am besten über die Verträge Bescheid gewusst habe, sei jedoch nicht einvernommen worden, was nunmehr ausdrücklich beantragt werde.
Von einem Dienstverhältnis könne nicht gesprochen werden, weil weder Weisungsgebundenheit noch Eingliederung in den geschäftlichen Organismus vorliege. Es sei den Vertragspartnern der Beschwerdeführerin vielmehr ausdrücklich freigestellt, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, es gebe keine "Weisungen" vorgesetzter Personen. Eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus sei in keiner Weise gegeben, der Auftragnehmer könne ohne Begründung Aufträge ablehnen. Es bestehe keinerlei Bindung in zeitlicher und örtlicher Hinsicht. Entgegen den Aussagen der Auskunftspersonen habe es keine fixe Arbeitszeit gegeben. Die gegenteilige Annahme des Finanzamtes resultiere offensichtlich aus der missverständlichen Formulierung der unzureichenden Fragestellung. Das Finanzamt habe die den Vertragspartnern eingeräumte Möglichkeit, sich durch "geeignete Personen" vertreten zu lassen, nicht berücksichtigt. Die Zeugen seien dazu gar nicht befragt worden.
Mit Schreiben vom 19. Januar 2000 wurde die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde aufgefordert, die bereits mit Vorhalt vom 28. August 1998 vom Finanzamt gestellten Fragen zu beantworten bzw Unterlagen zu übermitteln. Weiters wurde ausgeführt, der Sachverhalt sei bereits geklärt, weswegen es keiner weiteren Einvernahmen bedürfe. Der Personalchef der Beschwerdeführerin habe die Vorhaltsbeantwortung an das Finanzamt unterschrieben.
In ihrer Gegenäußerung vom 7. Februar 2000 rügte die Beschwerdeführerin, das Finanzamt habe nicht ausreichend dargestellt, für welche Dienstverhältnisse eine Vorschreibung erfolge, von welchem Sachverhalt sie ausgehe und auf Grund welcher Beweisergebnisse sie zu dem von ihr angenommenen Sachverhalt komme.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und führte aus, dem erstinstanzlichen Bescheid fehle zwar teilweise eine Begründung, der Beschwerdeführerin wäre jedoch die Möglichkeit offen gestanden, einen Antrag gemäß § 245 Abs 2 BAO auf Mitteilung der ganz oder teilweise fehlenden Begründung zu stellen. Durch die vorliegende fehlerfrei begründete Berufungsentscheidung, die an die Stelle des erstinstanzlichen Bescheides trete, sei der Fehler im Begründungsbereich des erstinstanzlichen Bescheides bedeutungslos geworden. Aus dem Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin sei zu schließen, dass sie Kenntnis von der Beweisaufnahme gehabt habe und somit "in irgendeiner Form doch das Parteiengehör gewahrt worden" sei. Die Beschwerdeführerin habe hingegen dem Vorhalt des Finanzamtes nur insoweit entsprochen, als sie lediglich zwei Verträge sowie eine Liste der im Jahr 1997 beschäftigten "Samstags-Aushilfen" und deren Jahreslöhne übermittelt habe.
Die belangte Behörde bezweifle die Aussagen der Auskunftspersonen nicht. Art und Inhalt der Fragestellung seien klar und präzise und ließen keinen Raum für Missverständnisse. Die Freiwilligkeit hinsichtlich des Zurverfügungstellens der Arbeitskraft lasse keinen Schluss auf die Rechtsnatur der 718 Verträge (Dienstvertrag / Werkvertrag) zu. Die Vereinbarung eines Stundenlohnes spreche für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses. Eine Vertretung sei trotz der vertraglichen Einräumung dieser Möglichkeit durch das Wesen der Tätigkeit nicht nahe liegend. Durch die von den Auskunftspersonen angegebenen fixen Arbeitszeiten und die örtlichen Bindungen komme die Eingliederung in den Unternehmensorganismus zum Ausdruck. Dies widerspreche dem von der Beschwerdeführerin behaupteten Vorliegen eines Werkvertrages. Das Fehlen von Sozialleistungen sei ebenfalls kein eindeutiges Indiz für das Vorliegen eines Werkvertrages. Die "Samstags-Aushilfen" der Beschwerdeführerin hätten auch kein Unternehmerwagnis getragen. Sie hätten nicht ein Werk, sondern ein Wirken geschuldet, weshalb Dienstverträge vorlägen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 41 Abs 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Gemäß § 41 Abs 2 FLAG in der ab 1994 geltenden Fassung BGBl. Nr. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z 2 EStG 1988.
Gemäß § 57 Abs 7 Handelskammergesetz (HKG), BGBl. Nr. 182/1946 idF vor BGBl. I Nr. 103/1998, kann die Landeskammer zur Bedeckung ihrer Ausgaben festlegen, dass die Kammermitglieder eine weitere Umlage zu entrichten haben, wobei als Bemessungsgrundlage die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG gilt (Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag).
Gemäß § 47 Abs 1 EStG 1988 wird bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben. Ein Dienstverhältnis liegt gemäß Abs 2 dieser Bestimmung dann vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Nach Lehre und Rechtsprechung sind bei Abgrenzungsfragen zwischen selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit wesentliche Merkmale einerseits das Vorliegen eines Unternehmerwagnisses, andererseits das Vorliegen einer Weisungsgebundenheit, dh die Verpflichtung einer natürlichen Person als Dienstnehmer, bei ihrer Tätigkeit die Weisungen eines anderen - des Dienstgebers - zu befolgen, sowie die organisatorische Eingliederung in den Betrieb des Dienstgebers. Es ist daher das Gesamtbild einer Tätigkeit darauf zu untersuchen, ob die Merkmale der Selbstständigkeit oder jene der Unselbstständigkeit überwiegen. Für die Frage nach dem Bestehen eines Dienstverhältnisses kommt es nicht auf die von den Vertragspartnern gewählte Bezeichnung wie Dienstvertrag oder Werkvertrag an. Vielmehr sind die tatsächlich verwirklichten vertraglichen Vereinbarungen entscheidend (vgl das hg Erkenntnis vom 2. Juli 2002, 99/14/0056, mwN). Dass die Vertragspartner ausdrücklich einen "freien Dienstvertrag" begründeten, stand der Qualifikation der Einkünfte als solche aus nichtselbstständiger Arbeit dann nicht entgegen, wenn das tatsächlich verwirklichte Geschehen überwiegend für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs 2 EStG 1988 sprach.
Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Unternehmerwagnis dann gegeben, wenn der Erfolg der Tätigkeit weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Leistende für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Leistungserbringer tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft. In die Überlegungen einzubeziehen sind auch Wagnisse, die sich aus Schwankungen aus nicht überwälzbaren Ausgaben ergeben (vgl für viele wieder das hg Erkenntnis vom 2. Juli 2002, 99/14/0056).
Die belangte Behörde hat im Beschwerdefall das Vorliegen von Dienstverhältnissen ua damit begründet, dass die als "Samstag-Aushilfen" eingesetzten Personen kein Unternehmerwagnis getragen hätten, weil den vorgelegten Verträgen nicht zu entnehmen sei, dass der Erfolg der Tätigkeit, daher auch die Höhe der erzielten Einnahmen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der Ausdauer und der persönlichen Geschicklichkeit abhängig seien. Dem tritt die Beschwerdeführerin nicht konkret entgegen. Auch aus den Aussagen der Auskunftspersonen lässt sich nicht entnehmen, dass diese durch persönlichen Einsatz ihr nach Stunden bemessenes Entgelt hätten erhöhen können. Die Vereinbarung einer Entlohnung nach geleisteten Arbeitsstunden innerhalb eines organisatorisch vorgegebenen Zeitrahmens spricht jedoch gegen ein einnahmenseitiges Unternehmerwagnis (vgl das hg Erkenntnis vom 2. Juli 2002, 2000/14/0148). Dem Beschwerdevorbringen, neben dem Stundenlohn sei den "Samstag-Aushilfen" auch eine Verkaufsprovision gewährt worden, steht das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof herrschende, aus § 41 VwGG ableitbare Neuerungsverbot entgegen. Abgesehen davon sind auch bei Dienstverhältnissen Verkaufsprämien nicht unüblich. Sozialleistungen, wie die Gewährung von Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Absicherung bei Verletzungen mögen zwar Kennzeichen eines allgemein üblichen Dienstverhältnisses sein, ihr Fehlen bedeutet aber noch nicht, dass ein Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 nicht schuldet (vgl das hg Erkenntnis vom 15. September 1999, 97/13/0164).
Wenn ein Auftragnehmer sich bei seiner Arbeitsleistung vertreten lassen kann und das Bestimmungsrecht darüber nicht dem Auftraggeber zusteht, spricht dies in der Regel für ein Werkvertragsverhältnis (vgl das hg Erkenntnis vom 16. Februar 1994, 92/13/0149, mwN). Die belangte Behörde verneinte das Vorliegen einer Vertretungsbefugnis auf Grund der Aussagen der Auskunftspersonen. Den Niederschriften ist zu entnehmen, dass einzelne Auskunftspersonen eine Vertretungsmöglichkeit auf Grund ihrer speziellen Tätigkeit gar nicht für möglich hielten. Es kann daher nicht als unschlüssig erkannt werden, wenn die belangte Behörde davon ausging, dass eine Vertretungsbefugnis von den Aushilfskräften im Regelfall nicht wahrgenommen werden konnte und daher tatsächlich nicht gegeben war. Fälle konkret stattgefundener Vertretung nennt im Übrigen auch die Beschwerde nicht.
Aus den Angaben der Beschwerdeführerin als auch jenen der Auskunftspersonen ergibt sich, dass die "Samstags-Aushilfen" für sehr verschiedene Arbeiten in den Filialen der Beschwerdeführerin herangezogen wurden, wobei auf der Hand liegt, dass ein Großteil dieser Arbeiten schon wegen der betrieblichen Abläufe nicht ohne persönliche Unterordnung der Aushilfskräfte unter den Willen der Beschwerdeführerin erfolgen konnte. Es ging dabei im Wesentlichen nicht um die sach- und termingerechte Erfüllung von Werkverträgen durch vergleichbar selbstständige Auftragnehmer, sondern um die Verstärkung des bereits vorhandenen Personals durch mit den betrieblichen Abläufen vertrauten Aushilfskräften an Tagen mit höherer Kundenfrequenz. Dass diese Hilfskräfte im Wesentlichen andere Leistungen geschuldet bzw andere Arbeiten verrichtet hätten, als das mit Dienstverträgen beschäftigte Personal der Beschwerdeführerin wurde weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde dargelegt. In dieses Bild fügt sich auch, dass es sich bei den als "Samstags-Aushilfen" beschäftigten Personen oftmals um Personen handelt, die diese oder ähnliche Tätigkeiten bei der Beschwerdeführerin bereits im Rahmen eines früheren Dienstverhältnisses ausgeführt haben (zB als Ferialpraktikant) bzw bei aufrechtem Dienstverhältnis im Karenzurlaub befindlich sind.
Weiters stellte die belangte Behörde fest, die Auskunftspersonen hätten regelmäßig eine fixe Arbeitszeit angegeben. Dass die Wortfolge "fixe Arbeitszeit" auch bedeuten könne, dass eine Person innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens - nämlich der Öffnungszeiten - nach ihrem Belieben mit ihrer Tätigkeit beginnen und aufhören könne - wie dies die Beschwerdeführerin vorbringt -, entspricht nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch. Das Beschwerdevorbringen, dass die "Samstag-Aushilfen" nach eigenem Belieben mit der Arbeit aufhören und sich entfernen hätten können, steht im Widerspruch zum überwiegenden Teil der Niederschriften, wonach beispielsweise die Arbeitszeit "im Einvernehmen mit dem Abteilungsleiter" flexibel gestaltet werden konnte bzw in Einzelfällen die "direkte Vorgesetzte" bei geringer Kundenfrequenz ermöglicht habe, früher aufzuhören. Dazu kommt, das die überwiegende Zahl der Auskunftspersonen angegeben hat, im Wesentlichen regelmäßig, nämlich jeden Samstag beschäftigt zu werden. Die Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl von Arbeitsstunden zu vorgegebenen Zeiten bzw auf Abruf durch den Arbeitgeber zu leisten, ist ebenfalls ein starkes Indiz für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses (vgl wieder das hg Erkenntnis vom 2. Juli 2002, 2000/14/0148). Dazu kommt, dass die Tätigkeiten der Aushilfskräfte lediglich in den Verkaufslokalen der Beschwerdeführerin und zu deren Öffnungszeiten ausgeführt werden konnten, wobei üblicherweise ausschließlich dort vorhandene Betriebsmittel verwendet werden. Dass die Aushilfskräfte Wagnisse wegen von ihnen zu tragenden Ausgaben getroffen hätten, behauptet auch die Beschwerde nicht. Dem von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Fehlen einer "Konkurrenzklausel" kommt für die Beurteilung als Dienstvertrag keine Bedeutung zu. Im Beschwerdefall konnte die belangte Behörde somit aus den genannten Angaben der Auskunftspersonen sowie den betrieblichen Erfordernissen jedenfalls auf ein Mindestmaß an betrieblicher Eingliederung schließen. Dass etwa eine Kassierin ohne ein solches Mindestmaß an betrieblicher Eingliederung ihrer Tätigkeit nachgehen könne, widerspricht jeglicher Lebenserfahrung.
Wenn die Beschwerdeführerin das Unterbleiben der beantragten Einvernahme ihres Personalchefs als Verfahrensfehler rügt, so ist ihr entgegenzuhalten, dass ihrem Beweisantrag eine genaue Angabe des Beweisthemas nicht zu entnehmen ist.
Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung des Parteiengehörs, weil die belangte Behörde es unterlassen habe, ihr den maßgeblichen Sachverhalt zur Kenntnis zu bringen und ihr Gelegenheit zu geben, zu den Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen. Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, welches Vorbringen sie zu erstatten gehindert gewesen wäre. Abgesehen davon wird in der Gegenschrift darauf hingewiesen, dass der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin Akteneinsicht genommen und Kopien der mit den Auskunftspersonen angefertigten Niederschriften erhalten habe.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 18. März 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2000150078.X00Im RIS seit
14.04.2004Zuletzt aktualisiert am
16.05.2013