Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §39 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 20. August 2001, Zl. KUVS- 1062/6/2000, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (mitbeteiligte Partei: M H in L, vertreten durch Dr. Harold Schmid, Mag. Helmut Schmid und Dr. Helmut Horn, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kalchberggasse 6-8), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Begründung
1.1. Im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 8. August 2000 wurde der mitbeteiligten Partei zur Last gelegt, sie habe es als zur Vertretung nach außen befugtes Organ des Unternehmens L Ankündigungs GesmbH - wie dies am 12. September 1999 zwischen 14.15 Uhr und 14.51 Uhr durch Gendarmeriebeamte der Verkehrsabteilung Krumpendorf festgestellt worden sei - zu verantworten, dass außerhalb des Ortsgebiets und innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand in Greuth (Freilandbereich) bei Straßenkilometer 130,490, ca. 20 m nördlich der Fahrbahn der Packer Bundesstraße (B 70), Gemeinde und Bezirk Völkermarkt, ein Plakatständer mit Werbung (mit näher angegebenen Aufschriften) angebracht gewesen sei, obwohl "eine straßenrechtliche Bewilligung" nicht vorhanden gewesen sei. Die mitbeteiligte Partei habe dadurch § 84 Abs. 2 StVO 1960 übertreten, über sie wurde deshalb gemäß § 99 Abs. 3 lit. j StVO 1960 eine Strafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden) verhängt.
1.2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der gegen dieses Straferkenntnis gerichteten Berufung der mitbeteiligten Partei nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG Folge, behob das Straferkenntnis und stellte das Strafverfahren iSd § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG ein.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Vorwurf der mitbeteiligten Partei "hinsichtlich der Mangelhaftigkeit des Verfahrens bezüglich der Ermittlungstätigkeit" der erstinstanzlichen Behörde begründet sei. Weder sei von dieser ermittelt worden, wer die bezughabende Werbetafel tatsächlich aufgestellt habe, noch sei eruiert worden, wer das Plakat tatsächlich angebracht habe. Gemäß § 34 VStG wäre die Erstbehörde dazu verhalten gewesen, genaue Nachforschungen hinsichtlich des Täters bzw. eines Verantwortlichen zu stellen, was jedoch unterlassen worden sei.
1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende auf Art. 131 Abs. 1 Z. 2 B-VG gestützte Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit im vollen Umfang aufzuheben.
1.4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen, in eventu abzuweisen.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Auf dem Boden der im hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2004, Zl. 2001/03/0419, - auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - angestellten Überlegungen erweist sich die vorliegende am 13. März 2002 beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde - entgegen der mitbeteiligten Partei - als rechtzeitig, bestehen doch auch im Beschwerdefall keine Bedenken gegen die Richtigkeit der Behauptung des Beschwerdeführers, er habe vom angefochtenen Bescheid am 30. Jänner 2002 Kenntnis erlangt.
2.2. In der Beschwerde wird gerügt, die belangte Behörde habe entgegen dem § 51g Abs. 1 VStG die zur Entscheidung der Sache erforderlichen Beweise nicht aufgenommen. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.
Nach § 66 Abs. 4 AVG (diese Vorschrift ist gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden) hatte die belangte Behörde in der Sache selbst zu entscheiden; sie war dabei berechtigt (und verpflichtet, vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1995, Zl. 94/02/0383), sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60 AVG) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Damit hatte die belangte Behörde auch den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen (vgl. insbesondere § 39 Abs. 2 AVG iVm § 24 VStG) zu ermitteln und hiezu auch - wie dies § 51g Abs. 1 VStG ausdrücklich anordnet - die zur Entscheidung der Sache erforderlichen Beweise (vgl. dazu § 46 AVG iVm § 24 VStG) aufzunehmen. Dies hat die belangte Behörde verkannt, wenn sie gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG die Einstellung des in Rede stehenden gegen die mitbeteiligte Partei geführten Verwaltungsstrafverfahrens verfügte, weil ihrer Auffassung nach bloß auf Grund der von der Erstbehörde geführten Ermittlungstätigkeiten die der mitbeteiligte Partei zur Last gelegte Tat nicht habe erwiesen werden können. Mit dem in der Anzeige der Kärntner Bergwacht vom 14. September 1999 enthaltenen Hinweis, "die Firma L" sei ihr "von der S-GmbH, als Verantwortlicher für die Aufstellung" angegeben worden, hat sich die belangte Behörde daher im Übrigen nicht auseinandergesetzt.
2.3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben. Auf das die Frage der Verwirklichung des objektiven Tatbestands und des Verschuldens betreffende Vorbringen der mitbeteiligten Partei war im derzeitigen Verfahrensstadium nicht einzugehen.
Wien, am 18. März 2004
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme VerwaltungsstrafrechtBerufungsverfahrenSpruch und BegründungAllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002030075.X00Im RIS seit
07.05.2004Zuletzt aktualisiert am
10.03.2011