Norm
MRK Art5 Abs3 IV3bRechtssatz
EGMR 12.12.1991, 47/1990/238/308 (Toth gg Österreich)
Es obliegt in erster Linie den innerstaatlichen Justizbehörden sicherzustellen, daß die U-Haft eines Angeklagten eine angemessene Frist nicht übersteigt. Zu diesem Zweck haben sie alle Umstände zu überprüfen, die für oder gegen das Vorliegen eines echten Erfordernisses des öffentlichen Interesses sprechen, und die es rechtfertigen von der Grundregel der Achtung der persönlichen Freiheit abzuweichen; dabei haben sie auf den Grundsatz der Unschuldsvermutung gebührend Bedacht zu nehmen und die Gründe in ihren Entscheidungen über Enthaftungsanträge darzulegen. Die Fortdauer eines begründeten Verdachts, daß die in Haft genommene Person eine strafbare Handlung begangen hat, ist eine conditio sine qua non für die Rechtsgültigkeit der fortdauernden Haft, aber nach Ablauf einer bestimmten Zeit reicht dies nicht mehr aus; der Gerichtshof muß dann feststellen, ob die anderen von den Justizbehörden angegebenen Gründe die Freiheitsentziehung weiterhin rechtfertigten. Das Recht eines in Haft befindlichen Angeklagten, daß sein Fall mit besonderer Beschleunigung untersucht wird, darf die Bemühungen der Justizbehörden nicht ungebührlich behindern, ihre Aufgaben mit der gebotenen Sorgfalt zu erfüllen.
Veröff: ÖJZ 1992,242
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:AUSL000:1991:RS0105588Im RIS seit
15.06.1997Zuletzt aktualisiert am
12.10.2011