TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/18 2001/03/0440

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Veröffentlicht am 18.03.2004
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E07204010;
E3L E13301800;
E3L E15102050;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
21/03 GesmbH-Recht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
90/03 Sonstiges Verkehrsrecht;
99/03 Kraftfahrrecht;

Norm

31994L0055 Gefahrguttransport-RL AnlA Rn2300 Abs1 idF 31999L0047;
31994L0055 Gefahrguttransport-RL AnlA Rn2301 idF 31999L0047;
31994L0055 Gefahrguttransport-RL AnlA Rn2322 Abs3 idF 31999L0047;
31994L0055 Gefahrguttransport-RL idF 31999L0047;
31999L0047 Nov-31994L0055;
ADR 1973 Anh5;
ADR 1973;
B-VG Art10 Abs1 Z8;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
EURallg;
GewO 1994 §370;
GewO 1994 §39;
GGBG 1998 §2 Abs1 lita idF 1999/I/108;
GGBG 1998 §27 Abs1 Z1;
GGBG 1998 §4 idF 1999/I/108;
GGBG 1998 §6 Z1;
GGBG 1998 §7 Abs2 Z3;
GGBG 1998 §7 Abs2 Z5;
GGBG 1998 §7 Abs2 Z7;
GmbHG §15;
GmbHG §18;
VStG §44a Z2;
VStG §9 Abs1 idF 1998/I/158;
VStG §9 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des H M in H, vertreten durch Hopmeier, Sauerzopf & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rathausstraße 15, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 22. Oktober 2001, Zl. Senat-BL-01-0026, betreffend Übertretungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Hinblick auf den von der belangten Behörde bestätigten Spruchpunkt b) des erstinstanzlichen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 27. März 2001 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 28. Dezember 1999 um 11.20 Uhr im Gemeindegebiet Schwechat auf der B 10 bei km 22,6 als gemäß § 9 Abs. 1 VStG Verantwortlicher (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der M Ges.m.b.H., mit Sitz in H, in seiner Eigenschaft als Beförderer, folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

"Am 28.12.1999 um 11.20 Uhr hat M... He..., geb. 1966, den auf die M... Gesellschaft m.b.H. zugelassenen LKW ..., mit dem Gefahrgut und zwar '990 l-Behälter' leer, ungereinigt, letztes Ladegut Dieselkraftstoff, Klasse 3 Ziff. 31c ADR, UN 1202, gelenkt, wobei im Zuge einer Kontrolle nach dem GGBG festgestellt werden konnte, dass

a) dem Lenker kein vorgeschriebenes Beförderungspapier gemäß Rn 2002 Abs. 3 lit. a ADR übergeben wurde,

b)

...

c)

die Zulässigkeit der Verwendung der Verpackung als Versandstück im Sinne des Anhang 5 ADR nicht gegeben war, da es sich um eine Verpackung gehandelt hat, welche nicht den Vorschriften entsprach,

d)

...

e)

keine Haftpflichtversicherung für das gegenständliche Fahrzeug gemäß § 9 Abs. 4 KHVG bestanden hat.

              f)              ... ."

Als Übertretungsnormen wurden § 27 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 Z. 7 Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG) und Rn 2002 Abs. 3 lit. a ADR (zu a), § 27 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 Z. 3 und § 4 GGBG (zu b) und § 27 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 6 Z. 1 und § 7 Abs. 2 Z. 5 GGBG sowie § 9 Abs. 4 KHVG (zu c) angeführt. Gestützt auf § 27 Abs. 1 Z. 1 GGBG wurden über den Beschwerdeführer jeweils Geldstrafen in der Höhe von S 10.000,-- und Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 2 Tagen verhängt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen, als "Einspruch" bezeichneten Berufung führte der Beschwerdeführer aus, der Lenker des gegenständlichen LKW's He M sei für die vorliegende Verwaltungsübertretung zur Verantwortung zu ziehen, da er auch gewerberechtlicher und handelsrechtlicher Geschäftsführer der M Ges.m.b.H. sei, und beantragte die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers im Wesentlichen mit der Begründung keine Folge gegeben, es stehe außer Streit, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der M Ges.m.b.H. und diese Firma Beförderer des verfahrensgegenständlichen Gefahrgutes gewesen sei. Unbestritten sei weiters der gesamte festgestellte Sachverhalt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 9 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, i. d.F. BGBl. I Nr. 158/1998 lauten:

"§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden."

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 145/1998 (GGBG), ist dieses Bundesgesetz anzuwenden auf die Beförderung gefährlicher Güter:

"1. ganz oder teilweise auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (§ 1 Abs. 1 StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960), wenn die Beförderung nicht ausschließlich innerhalb eines geschlossenen Betriebsgeländes stattfindet".

Gemäß § 2 Z. 1 lit. a GGBG in der Fassung BGBl. I Nr. 108/1999 gelten für die Beförderung gefährlicher Güter gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 u.a. innerhalb Österreichs die Anlagen A und B der Richtlinie 94/55/EG des Rates vom 21. November 1994 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für den Gefahrguttransport auf der Straße i.d.F. der Richtlinie 1999/47/EG der Kommission vom 21. Mai 1999 (im Folgenden: Richtlinie/ADR).

Gemäß § 3 Z. 9 GGBG ist die verkehrsträgerspezifische generelle Vorschrift für Beförderungen gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 GGBG das Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967.

§ 4 GGBG in der Fassung BGBl. I Nr. 108/1999 lautet:

"Zulässigkeit der Verwendung von Verpackungen, Containern und Tanks

§ 4. Verpackungen einschließlich Großpackmittel (IBC) dürfen als Versandstücke sowie Container und Tanks dürfen für Beförderungen im Sinne dieses Bundesgesetzes nur verwendet werden, wenn

1. die Beförderung der jeweiligen gefährlichen Güter in der vorgesehenen Verpackung, im vorgesehenen Container oder im vorgesehenen Tank auf Grund der gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften zulässig ist,

2. ..."

§ 6 Z. 1 GGBG sieht Folgendes vor:

"§ 6. Fahrzeuge dürfen zur Beförderung gefährlicher Güter nur verwendet werden,

1. wenn sie nach den verkehrsträgerspezifischen generellen Vorschriften (§ 3 Z. 9) im Verkehr verwendet werden dürfen,

2. ... ."

§ 7 Abs. 2 Z. 3, 5 und 7 GGBG lauten:

"(2) Gefährliche Güter dürfen nur befördert werden, wenn

...

3. die Verwendung der Verpackung einschließlich Großpackmittel (IBC) als Versandstück oder die Verwendung des Tanks oder Containers gemäß § 4 zulässig ist,

...

5. die Verwendung der Fahrzeuge gemäß § 6 zulässig ist,

...

7. dem zuständigen bei der Beförderung tätigen Personal die in den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften vorgeschriebenen Begleitpapiere und Ausstattungsgegenstände sowie gegebenenfalls der Bescheid über die Ausnahmebewilligung gemäß § 9 übergeben worden sind, soweit dieses nicht bereits im Besitz dieser Gegenstände oder Papiere ist, und

..."

Gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 GGBG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von S 10.000,--

bis S 600.000,-- zu bestrafen, wer als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 7 Abs. 2 befördert.

Rn 2002 Abs. 3 lit. a der Anlage A der Richtlinie/ADR lautet:

"(3) Bei jeder durch diese Anlage geregelten Beförderung von Gütern sind folgende zwei Dokumente mitzuführen:

a) Ein Beförderungspapier, das mindestens folgende Angaben enthält (für die Klasse 7 siehe auch Rn. 2709):

- Die Bezeichnung des Gutes einschließlich der Kennzeichnungsnummer des Stoffes (sofern vorhanden ();

... ."

Gemäß der in Anlage A enthaltenen Rn. 2300 Abs. 1 Richtlinie/ADR unterliegen die in Rn. 2301 genannten oder unter eine dort genannte Sammelbezeichnung fallenden Stoffe und Gemische sowie Gegenstände mit solchen Stoffen (oder Gemischen) den in Rn. 2300 Abs. 2 bis Rn. 2322 Richtlinie/ADR enthaltenen Vorschriften, den Bestimmungen dieser Anlage und denen der Anlage B und sind somit Stoffe des ADR.

In Anlage A Rn. 2301 H. Z. 71 sind ungereinigte leere Verpackungen, einschließlich Großpackmittel (IBC), leere Tankfahrzeuge, leere Aufsetztanks und leere Tankcontainer, die Stoffe der Klasse 3 enthalten haben, angeführt. Bemerkungen 1 und 2 zu dieser Ziffer enthalten folgende Ausnahmen:

"1. Ungereinigte leere Verpackungen, einschließlich Großpackmittel (IBC), leere Tankfahrzeuge, leere Aufsetztanks und leere Tankcontainer, unterliegen nicht den Vorschriften des ADR, wenn geeignete Maßnahmen ergriffen wurden, um mögliche Gefährdungen auszuschließen. Gefährdungen sind ausgeschlossen, wenn Maßnahmen zur Beseitigung der Gefahren der Klassen 1 bis 9 ergriffen wurden.

2. Ungereinigte leere Tankfahrzeuge, leere Aufsetztanks und leere Tankcontainer, die Stoffe der Ziffer 61 c) enthalten haben, unterliegen nicht den Vorschriften des ADR, wenn geeignete Maßnahmen ergriffen wurden, um mögliche Gefährdungen auszuschließen."

Rn. 2322 sieht für leere Verpackungen u.a. vor:

"(3) Die Bezeichnung im Beförderungspapier muss gleich lauten wie eine der in Ziffer 71 durch Kursivschrift hervorgehobenen Benennungen, z.B. 'Leere Verpackungen, 3 Ziffer 71 ADR'."

Mit der Richtlinie/ADR wurden die Regelungen des ADR in das Gemeinschaftsrecht umgesetzt (siehe dazu Abs. 2 und Abs. 12 der Einleitung der Richtlinie 94/55/EG). Da der Inhalt der Richtlinie/ADR mit dem des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) übereinstimmt, wird der Beschwerdeführer nicht dadurch in Rechten verletzt, wenn die belangte Behörde im Spruch die inhaltsgleichen Regelungen des ADR angeführt hat (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. November 2003, Zl. 2001/03/0342).

Der Beschwerdeführer moniert zunächst, er hafte deswegen nicht für die Verwaltungsübertretung, da der Lenker des gegenständlichen LKW's He M sowohl gewerberechtlicher als auch handelsrechtlicher Geschäftsführer der M Ges.m.b.H. gewesen sei und deshalb auch für die Bestimmungen nach GGBG haftbar wäre. Die Bestrafung des Beschwerdeführers stelle ein willkürliches Verhalten der belangten Behörde dar. Der Beschwerdeführer habe darauf vertrauen dürfen, dass derjenige Geschäftsführer, welcher ein Fahrzeug lenke, auch für die Einhaltung der Bestimmungen nach GGBG Sorge trage. Umso mehr gelte dies, wenn der lenkende handelsrechtliche Geschäftsführer auch gewerberechtlicher Geschäftsführer des Unternehmens sei, auf welches der LKW zugelassen sei. Für den Beschwerdeführer habe es sich so dargestellt, dass im Zweifel der erste im Firmenbuch eingetragene handelsrechtliche Geschäftsführer unabhängig vom besonderen Sachverhalt und den beteiligten Personen zur Verantwortung gezogen werde.

Dem kann nicht gefolgt werden. Bei mehreren zur Vertretung nach außen Berufenen einer juristischen Person ist jeder aus diesem Personenkreis, soweit nicht verantwortliche Beauftragte i. S.d. § 9 Abs. 2 VStG bestellt sind, für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die juristische Person strafrechtlich verantwortlich (vgl. hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1994, Zl. 94/03/0138).

Zwar behauptet der Beschwerdeführer auch, es sei He M zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden, und meint in diesem Zusammenhang, es liege ein Verfahrensmangel darin, dass ihn die belangte Behörde nicht aufgefordert habe, die entsprechende Bestellungsurkunde gemäß § 9 Abs. 2 VStG vorzulegen. Es genügt ihm dazu entgegen zu halten, dass He M mit Schreiben vom 12. Jänner 2001 der erstinstanzlichen Behörde mitgeteilt hat, dass "die M... Ges.m.b.H. keinen verantwortlichen Beauftragten gem § 9 Abs 2 VStG bestellt hat." Dies wurde dem Beschwerdeführer in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14. Februar 2001 auch mitgeteilt. Es wäre in der Folge am Beschwerdeführer gelegen, die von ihm aufgestellte Behauptung durch Beibringung geeigneter Beweismittel, etwa der Bestellungsurkunde, zu untermauern. Dies ist aber weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in der Berufung erfolgt. Der vom Beschwerdeführer gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor.

Weiters meint der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe sich mit seinem Vorbringen betreffend die Haftung des gewerberechtlichen Geschäftsführers gemäß § 39 GewO, welche als Spezialnorm dem § 9 VStG vorgehe, nicht auseinander gesetzt. Die Bestimmungen des GGBG fielen unter diejenigen gewerberechtlichen Vorschriften, für welche der gewerberechtliche Geschäftsführer hafte, da diese die einwandfreie Ausübung des Gewerbes während des Transportes regeln würden. Darauf hätte die belangte Behörde in ihrer Bescheidbegründung eingehen müssen. Dem ist entgegenzuhalten, dass eine Vorschrift, die eine Verantwortlichkeit eines nach § 39 GewO oder nach sonstigen Verwaltungsvorschriften bestellten Geschäftsführers für die Einhaltung der angeführten Bestimmungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes normiert, nicht besteht. Eine besondere Regelung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit durch eine Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 9 Abs. 1 zweiter Halbsatz VStG liegt somit nicht vor. Die Regelungen über die strafrechtliche Verantwortlichkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer (§§ 39, 370 GewO) beziehen sich nur auf die Einhaltung von Verpflichtungen, die sich aus gewerberechtlichen Vorschriften für die Gewerbeausübung ergeben. Regelungen, die nicht dem Kompetenztatbestand "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie" (Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG) zugehören, fallen selbst dann, wenn sie in Beziehung zur Gewerbeausübung stehen, nicht in den Bereich der Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2002, Zl. 2001/03/0283, m.w.N.). Die Regelungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes haben ihre Kompetenzgrundlage in dem Kompetenztatbestand "Kraftfahrwesen" gemäß Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B-VG (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. März 1977, VfSlg. Nr. 8035). Die Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers kam im Beschwerdefall somit nicht in Betracht. Die vorliegenden Übertretungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes hat nach dem Gesagten - unbeschadet der Regelung des § 9 Abs. 2 VStG - der "handelsrechtliche" Geschäftsführer zu verantworten.

Weiters vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, ihn treffe an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung kein Verschulden. Er habe sich darauf verlassen können, dass der zweite handelsrechtliche Geschäftsführer nicht entgegen den Bestimmungen des GGBG Transporte vornehme. Eine Kontrollpflicht des einen Geschäftsführer gegenüber dem anderen würde dem Prinzip der Haftung des handelsrechtlichen Geschäftsführers nach VStG widersprechen. Sohin könne dem Beschwerdeführer auch kein fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden. Die Ausführungen der belangten Behörde zu § 5 Abs. 1 VStG würden nicht überzeugen, da die Bestimmungen im VStG über die Haftung des "zur Vertretung nach außen berufenen" Organs ad absurdum geführt werden würden, wenn einen handelsrechtlichen Geschäftsführer eine Kontrollpflicht hinsichtlich des anderen träfe. Allenfalls liege höchstens ein geringfügiges Verschulden vor, die Folgen einer allenfalls vorliegenden Übertretung seien unbedeutend, da der Container leer gewesen sei, womit gemäß § 21 VStG mit einer Ermahnung vorzugehen gewesen wäre.

Auch damit gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, ist er doch, wie bereits ausgeführt, als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener der in Frage stehenden juristischen Person für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die juristische Person strafrechtlich verantwortlich. Sofern bei einer juristischen Person - wie im vorliegenden Fall - mehrere zur Vertretung nach außen berufene Personen bestellt sind und keine Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG für den gesamten Tätigkeitsbereich oder Teile des Tätigkeitsbereiches der juristischen Person erfolgt ist, trägt jede dieser Personen für den gesamten Tätigkeitsbereich die strafrechtliche Verantwortung. Einer von mehreren handelsrechtlichen Geschäftsführern einer juristischen Person muss auch dann ein entsprechendes Kontrollsystem zur Sicherung der Einhaltung jener Vorschriften, für deren Einhaltung er strafrechtlich verantwortlich ist, anwenden, wenn - wie im vorliegenden Fall - der weitere handelsrechtliche Geschäftsführer eine Gefahrgutbeförderung selbst durchführt.

Der Beschwerdeführer rügt schließlich, der festgestellte Sachverhalt verwirkliche keinen Tatbestand nach GGBG und ADR. Der auf dem LKW befindliche 990 Liter-Behälter sei im Zeitpunkt der Betretung durch die ermittelnden Beamten leer gewesen. Sohin habe gar kein Transport gefährlicher Güter stattgefunden. Zweck der Bestimmungen des GGBG sei aber, die maximale Sicherheit bei Beförderung von gefährlichen Gütern zu erzielen. Weder aus dem Gesetz, noch aus der Regierungsvorlage oder dessen Vorgängerbestimmung GGSt gehe hervor, dass auch leere Verpackungen unter die Bestimmungen des GGBG fielen. Eine leere Verpackung könne allenfalls nur dann unter die Bestimmungen des GGBG fallen, wenn diese die selbe Gefährlichkeit wie die ursprünglich gefährlichen Stoffe aufwiese. Überdies liege eine derartig begrenzte Menge am beförderten Gut vor, dass gemäß Rn. 10011 ADR nur bestimmte Vorschriften der Anlage B zu beachten seien, welche alle erfüllt gewesen seien. Außerdem seien geeignete Maßnahmen ergriffen worden, um Gefahren auszuschließen, da sich im LKW Feuerlöscher, Werkzeugkasten, Unterlegkeile und Schutzausrüstung befunden hätten. Diesbezüglich seien auch keine Feststellungen getroffen worden. Weiters sei die Verpackung ohnehin dem GGBG entsprechend (§ 4 GGBG, Anhang A.5 ADR) gewesen. Es habe sich bei der Verpackung um einen starren Kunststoffbehälter gehandelt, der ein Austreten des Inhaltes unter normalen Beförderungsbedingungen unmöglich gemacht hätte (siehe Anhang A.5, Abschnitt I Abs. 1 ADR).

Diesem Vorbringen ist zunächst Folgendes entgegenzuhalten:

Auch die Beförderung einer leeren Verpackung mit Resten eines gefährlichen Gutes der Klasse 3 unterliegt den Vorschriften der Richtlinie/ADR bzw. dem ADR. Gemäß der in Anlage A enthaltenen Rn. 2300 Abs. 1 Richtlinie/ADR (bzw. ADR) unterliegen u.a. die in Rn. 2301 genannten Stoffe den in Rn. 2300 Abs. 2 bis Rn. 2322 Richtlinie/ADR (ADR) enthaltenen Vorschriften, den Bestimmungen dieser Anlage und denen der Anlage B und sind somit Stoffe des ADR. In Anlage A Rn. 2301 H. Z. 71 sind ungereinigte leere Verpackungen, die Stoffe der Klasse 3 enthalten, angeführt. In diesem Sinne sieht die eingangs wiedergegebene Rn. 2322 Abs. 3 Richtlinie/ADR für leere Verpackungen nach Rn. 2301 H. Z. 71 eine besondere Regelung betreffend die Angaben des in diesem Fall gleichfalls mitzuführenden Beförderungspapiers vor. Bemerkung 1 zu dieser Z. 71 (die Ausnahme der Bemerkung 2 kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht) sieht zwar die Ausnahme vor, dass für ungereinigte leere Verpackungen die Vorschriften des ADR nicht anzuwenden sind, wenn geeignete Maßnahmen ergriffen wurden, um mögliche Gefährdungen auszuschließen. Mit den vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang angesprochenen Maßnahmen (das Mitführen von Feuerlöscher, Werkzeugkasten, Unterlegkeilen und einer Schutzausrüstung) und mit dem Umstand, dass die Verpackung ein starrer Kunststoffbehälter gewesen sei, tut er jedoch keine geeigneten Maßnahmen dar, die dahin hätten beurteilt werden können, dass sie mögliche Gefährdungen ausschlössen. Es liegt in dieser Hinsicht somit kein wesentlicher Begründungsmangel vor.

Zutreffend ist allerdings der Vorwurf, der von der belangten Behörde bestätigte Spruchpunkt b) betreffend die nicht gegebene Zulässigkeit der Verwendung der Verpackung als Versandstück im Sinne des "Anhanges 5 ADR" sei nicht ausreichend konkretisiert, geht doch aus dem generellen Verweis in diesem Zusammenhang auf die Regelungen des Anhanges 5 ADR nicht hervor, welcher Vorschrift in diesem Anhang im vorliegenden Fall nicht entsprochen wurde. In Bezug auf den von der belangten Behörde bestätigten Spruchpunkt b) erweist sich der angefochtene Bescheid somit als inhaltlich rechtswidrig.

Gegen den von der belangten Behörde bestätigten Spruchpunkt c) des angefochtenen Bescheides wurden in der Beschwerde keine Bedenken erhoben.

Der angefochtene Bescheid war daher im Hinblick auf Spruchpunkt b) des von der belangten Behörde bestätigten erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. März 2004

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Gemeinschaftsrecht Richtlinie Umsetzungspflicht EURallg4/2 Mängel im Spruch unvollständige Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001030440.X00

Im RIS seit

27.04.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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