TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/24 2002/09/0095

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Veröffentlicht am 24.03.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Ronald Rast und Dr. Christian Werner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Lugeck 1/1/14, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 14. Februar 2002, Zl. UVS- 07/A/42/614/1998/17, betreffend Bestrafung nach dem AuslBG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz und § 9 Abs. 1 VStG mit einer Geldstrafe in Höhe von S 15.000,-- (EUR 1.090,09) bestraft, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der ITA GesmbH zu verantworten habe, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin mit Sitz in W am 25. Juli 1997 einen namentlich genannten Ausländer pakistanischer Nationalität mit der Verbringung von Zeitungen und den Zeitungszustellern beschäftigt habe, obwohl für diesen Ausländer weder eine gültige Beschäftigungs- oder Entsendebewilligung erteilt noch eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden sei; der Ausländer sei am 25. Juli 1997 um 1.45 Uhr mit einem näher bezeichneten LKW in 1020 Wien, Handelkai gegenüber Nr. 214 in Richtung Reichsbrücke unterwegs gewesen.

In der Begründung dieses Bescheides traf die belangte Behörde folgende Feststellungen:

"Der Berufungswerber war im Juli 1997 handelsrechtlicher Geschäftsführer der ITA Ges.m.b.H. (I.T.A.).

Zwischen der I.T.A. und der P Gesellschaft mbH & Co KG bestand zu diesem Zeitpunkt eine 'Frachtvereinbarung' über die Auslieferung von Print-Medien. Diese von der P in Auftrag gegebenen Zustellfahrten wurden ohne Unterschied der Art der Leistungserbringung im Jahr 1997 von der Druckerei zu den Stützpunkten (wie sie auch von Herrn C 1997 erbracht wurden) entweder von selbstständig Beschäftigten mit deren Privatfahrzeugen oder von unselbstständigen Arbeitnehmern der I.T.A. mit Firmenfahrzeugen der I.T.A. erbracht.

C war im Jahr 1997 - abgesehen von relativ kurzen zeitlichen Unterbrechungen - während mehrerer Monate, und zwar jeweils während der urlaubsbedingten Abwesenheit von verschiedenen Vertragspartnern der I.T.A., als Zeitungsauslieferungsfahrer eingesetzt. Während der Zeiten der Urlaubsvertretung hat er regelmäßig an fünf Tagen in der Woche Auslieferungsfahrten durchgeführt.

Er nahm von sich aus regelmäßig dann Kontakt mit dieser Gesellschaft auf, wenn er wusste, dass bestimmte Landsleute von ihm längere Zeit nicht tätig sein werden. In diesen Fällen bot er an, deren Zustellfahrdienste auszuführen.

C war unter anderem am 25.7.1997 insofern für die I.T.A. tätig, als er zwischen 0.00 Uhr und 2.30 Uhr 'Kronenzeitungen' vom Verlagshaus der P in Wien 23, R Straße 6, zu einem oder mehreren Stützpunkten in einen anderen Bezirk, im konkreten Fall in den

21. Bezirk, brachte. Er war verpflichtet, um 24.00 Uhr beim Druckhaus der P in Wien 23 zu erscheinen und hatte dort auf die Übergabe der Zeitungen zu warten. Nach Übergabe der ihm zugeteilten Zeitungen hatte er diese an einen oder mehrere bezeichnete Stützpunkte in Wien zu liefern. An dem Stützpunkt bzw. den Stützpunkten wurden diese Zeitungen von den für die Hauszustellung der Kronenzeitung Zuständigen übernommen.

Herr C hatte in der gegenständlichen Nacht zum Zwecke der Erfüllung des Vertrags mit der I.T.A. (bei Zuzählung des Anfahrtsweges vom Wohnort im 9. Bezirk und der Rückfahrtstrecke zum wohl regelmäßig im Bereich des 9. Bezirk gelegenen Fahrzeugabstellplatz) mindestens 35 km (möglicherweise aber auch mehr als 40 km) mit seinem Fahrzeug zurückgelegt. Herr C war im Falle, dass er die Zeitungen in den 21. Bezirk zu liefern hatte, täglich jedenfalls etwa 2 Stunden für die I.T.A. tätig.

C, welcher am 25.7.1997 in Wien 9, R-G. 2, wohnte, war im Falle eines Zustelleinsatzes verpflichtet, mit einem von ihm beigestellten (im konkreten Fall seinem eigenen grundsätzlich zu privaten Zwecken genutzten) Transportfahrzeug Zeitungen zu dem bzw. den in dem von ihm jeweils übernommenen Rayon liegenden Stützpunkt bzw. Stützpunkten anzuliefern. Er hatte jeweils eine bestimmte Anzahl von Zeitungen den an diesem Stützpunkt bzw. diesen Stützpunkten wartenden Mitarbeitern oder Vertragspartnern der P, die für die Durchführung der Hauszustellung zuständig waren, bis spätestens um 2.30 Uhr auszuhändigen. Er war verpflichtet, aufgetretene Unregelmäßigkeiten noch am selben Tag bis 02.30 Uhr einem zuständigen Tourenleiter zu melden. Die Zustellungen hatten innerhalb eines von der I.T.A.

vorgeschriebenen Zeitrahmens (2.30 Uhr) zu erfolgen.

Herr C wurde für diese Tätigkeit nicht nach geleisteten Arbeitsstunden entlohnt, sondern erhielt Herr C ein Entgelt von etwa ATS 208,-- pro von ihm durchgeführter Zustelltour, wobei die Abrechnung und Auszahlung ausschließlich am 15. jedes Monats im Nachhinein erfolgte.

Er konnte sich im Rahmen des mit ihm bestehenden Vertragsverhältnisses nicht vertreten lassen, war jedoch berechtigt und auch dazu angehalten, im Falle seiner Verhinderung eine andere Person zur Erfüllung der ansonsten von ihm erledigten Tätigkeit zu vermitteln. Die Tätigkeit einer von ihm allenfalls im Falle seiner Verhinderung vermittelten Person erfolgte nicht im Rahmen eines zwischen ihm und der I.T.A. bestehenden Vertragsverhältnisses. Er erhielt für diese Vermittlungstätigkeit keinerlei Entgelt. Der von ihm gestellte 'Ersatzmann' begründete mit der I.T.A. ein eigenes Vertragsverhältnis und wurde dieser in derselben Weise entlohnt wie Herr C selbst bzw. andere in derselben Weise tätige Aushilfskräfte.

Zwischen der I.T.A. und dem Zeugen C wurde am 2.1.1996 eine 'Frachtvereinbarung' geschlossen, in welcher sich Herr C verpflichtete, einen hinsichtlich des Zeitpunktes und Häufigkeit der Leistungserbringung, der Transportstrecke und der Entgeltshöhe nicht (!) näher konkretisierten, auf unbestimmte Zeit geschlossenen, beiderseitig kündbaren Frachtauftrag gewissenhaft auszuführen. Dieser Vertrag ist eine mit den Daten des Auftragnehmers ergänzte standardisierte 'Frachtvereinbarung'.

In dieser 'Frachtvereinbarung' verpflichtet sich der Auftragnehmer auch dazu, nicht auch für Konkurrenzunternehmen Aufträge auszuführen. Laut diesem Vertrag werden die in einem Kalendermonat angefallenen Entgelte gemeinsam abgerechnet. Die Fälligkeit der Entgeltleistungen ist nicht bestimmt. Außerdem wird durch diesen Vertrag der Auftragnehmer zur Einschulung von bestimmten, neuen Auftragnehmern verpflichtet.

'Frachtvereinbarungen', wie die obangeführte der I.T.A. mit Herrn C, wurden nur mit Personen geschlossen, welche für die Zustelltouren ein eigenes Fahrzeug benutzen.

Weitere derartige schriftliche Vereinbarungen wurden zwischen der I.T.A. und Herrn C nicht getroffen.

Herr C war zu Beginn seiner regelmäßigen Tätigkeit für die I.T.A. von einem Tourenleiter hinsichtlich seiner Obliegenheiten eingewiesen worden. Weitere Weisungen hinsichtlich des konkreten Arbeitsablaufes erfolgten nicht, waren jedoch für die Durchführung dieser Zulieferarbeiten auch nicht erforderlich.

C war im fraglichen Zeitraum nicht im Rahmen eines Gewerbes unternehmerisch tätig. Er ist neben der Tätigkeit für die I.T.A. im fraglichen Zeitraum keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgegangen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bekämpft zunächst die Feststellungen als unrichtig, welche die Möglichkeit einer Vertretung betreffen. Mit seinen diesbezüglichen Beschwerdeausführungen ist er im Recht.

Die Feststellung nämlich, der Ausländer habe sich nicht vertreten lassen können, sondern lediglich im Falle der eigenen Verhinderung eine andere Person "vermittelt", mit welcher sodann die vom Beschwerdeführer vertretene Gesellschaft einen eigenen Vertrag abgeschlossen habe, entbehrt der aktenmäßigen Grundlage, zumal der Beschwerdeführer zu diesem Thema befragt in Übereinstimmung mit dem als Zeugen einvernommenen Ausländer die uneingeschränkte Vertretungsmöglichkeit - in Übereinstimmung mit dem vorgelegten Vertrag (dessen Pkt. 3) - bejahte und gegenteilige Beweisergebnisse nicht vorliegen. Aus der Aussage des vernommenen Ausländers in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde vom 18. April 2000 ergibt sich jedenfalls nicht die von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vertretene Auffassung, die Transporthonorare würden im Falle einer Vertretung nicht dem Vertretenen, sondern dem Vertretenden ausbezahlt, hatte der Ausländer doch lediglich bekundet, dass er gewusst habe, "dass ich, wenn ich nicht arbeiten kann, einen Freund schicken kann", und auch gewusst habe, dass "ich dann kein Geld bekomme, weil die Arbeit tageweise abgerechnet wird".

Von einem bestimmten Zahlungsmodus ist dabei nicht die Rede gewesen.

Die daran anknüpfenden rechtlichen Überlegungen der belangten Behörde gehen somit ins Leere.

Da der verbleibende Sachverhalt in allen wesentlichen Punkten jenem, welcher dem - im Übrigen ebenfalls den Beschwerdeführer betreffenden - hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2000, Zl. 99/09/0011, zu Grunde lag, gleicht, genügt es, im Rahmen der rechtlichen Beurteilung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf dieses Erkenntnis und die dort dargelegten Erwägungen, die in gleichem Maße auch auf den vorliegenden Beschwerdefall zutreffen, zu verweisen.

Aus den dort näher dargelegten Erwägungen war im Beschwerdefall nicht von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis auszugehen. Indem die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 24. März 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002090095.X00

Im RIS seit

22.04.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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