TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/24 2003/04/0200

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Veröffentlicht am 24.03.2004
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
36 Wirtschaftstreuhänder;

Norm

VwRallg;
WTBG 1999 §105 Abs1;
WTBG 1999 §65 Abs1 Z1;
WTBG 1999 §65 Abs1 Z4;
WTBG 1999 §66;
WTBG 1999 §68 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der G Holding Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH in S, vertreten durch Dr. Peter Birgmayer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rabensteig 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 14. September 2002, Zl. 20501-1417/2-2002, betreffend Widerruf der Berechtigung zur Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 14. September 2002 hat der Landeshauptmann von Salzburg die Berechtigung der Beschwerdeführerin zur Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Wirtschaftsprüfer gemäß § 105 Abs. 1 iVm § 65 Abs. 1 Z. 4 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz - WTBG, BGBl. I Nr. 58/1999, widerrufen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, dass die H Privatstiftung (im Folgenden: H-Privatstiftung) seit 22. Juni 2001 zu 100 % Gesellschafterin der Beschwerdeführerin sei.

Die Beschwerdeführerin habe im Verwaltungsverfahren ausgeführt, dass die H-Privatstiftung sehr wohl Gesellschafterin einer "Steuerberatungsgesellschaft" sein könnte, weil sowohl Stifter als auch Stiftungsvorstände ausschließlich berufsberechtigte Personen wären und nur ein bestimmter Berufsangehöriger sowie dessen Ehegattin und Kinder Begünstigte wären. Eine Privatstiftung könnte auch Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein, wobei auch eine Verflechtung mit einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft möglich wäre. Überdies wären derzeit Bestrebungen im Gange, eine Privatstiftung als Gesellschafterin einer österreichischen Wirtschaftstreuhandgesellschaft zuzulassen.

§ 68 Abs. 1 WTBG zähle den Kreis der möglichen Gesellschafter einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft taxativ auf.

Privatstiftungen seien in dieser Aufzählung nicht genannt und kämen daher als Gesellschafter einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft nicht in Betracht, wobei es unerheblich sei, welche Personen sich an den maßgeblichen Positionen der Privatstiftung befänden. Auch die theoretisch mögliche Kooperation mit einer Rechtsanwaltsgesellschaft könne nichts daran ändern, dass Gesellschafter einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft nur die in § 68 Abs. 1 WTBG genannten Personen sein könnten.

Die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde wurde nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten (Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25. November 2003, B 1624/02). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht zusammengefasst geltend, dass das Fehlen von Privatstiftungen in der Aufzählung des § 66 WTBG eine planwidrige Lücke darstelle. Diese Lücke könne durch analoge Anwendung von § 21c Rechtsanwaltsordnung, welche Bestimmung die Beteiligung von Privatstiftungen an Rechtsanwaltsgesellschaften zulasse, gefüllt werden. Das österreichische Stiftungsrecht gehe zwar vom System der Trennung zwischen Stiftung und Privatstifter aus, die H-Stiftung sei jedoch so konstruiert, dass der Stifter nach wie vor großen Einfluss auf die Stiftung habe. Von einer Verselbständigung des Vermögens der Privatstiftung könne daher vorliegend nicht gesprochen werden. Die H-Stiftung sei somit keineswegs der Einflussnahmemöglichkeit des - berufsberechtigten - Stifters entzogen. Die belangte Behörde habe Ermittlungen zur rechtlichen Konstruktion der H-Stiftung unterlassen.

Die vorliegend maßgeblichen Bestimmungen des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes, BGBl. I Nr. 58/1999, haben folgenden Wortlaut:

"§ 65. (1) Allgemeine Voraussetzungen für die Anerkennung einer Gesellschaft, die Wirtschaftstreuhandberufe und damit vereinbare Tätigkeiten auszuüben beabsichtigt, sind:

1. Das Vorliegen einer zulässigen Gesellschaftsform gemäß § 66,

...

4. Gesellschafter oder Aktionäre gemäß § 68,

...

§ 66. Die Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes ist nur zulässig durch

1. eine offene Erwerbsgesellschaft gemäß dem Erwerbsgesellschaftengesetz, BGBl. Nr. 257/1990, oder

2. eine Kommandit-Erwerbsgesellschaft gemäß dem Erwerbsgesellschaftengesetz, BGBl. Nr. 257/1990, oder

3. eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß dem GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906, oder

4. eine Aktiengesellschaft gemäß dem Aktiengesetz 1965, BGBl. Nr. 98.

§ 68. (1) Gesellschafter dürfen nur folgende Personen sein:

1.

berufsberechtigte natürliche Personen,

2.

Ehegatten und Kindern von an der Gesellschaft beteiligten Berufsberechtigten und

              3.              Gesellschaften, die berechtigt sind, einen Wirtschaftstreuhandberuf auszuüben.

(2) ...

§ 105. (1) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat eine durch Anerkennung erteilte Berechtigung zur Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes zu widerrufen, wenn eine der Anerkennungsvoraussetzungen nicht mehr gegeben ist.

..."

Bei der Aufzählung des mit "zulässige Gesellschaftsformen" überschriebenen § 66 WTBG handelt es sich nach dem eindeutigen Wortlaut ("Die Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes ist nur zulässig durch ...") um eine taxative Aufzählung. Gemäß der nach ihrem Wortlaut ("Gesellschafter dürfen nur folgende Personen sein:") ebenso eindeutig taxativen Aufzählung des § 68 Abs. 1 WTBG kommen als Gesellschafter einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft neben den in den Z. 1 und 2 genannten natürlichen Personen nur die in Z. 3 genannten Gesellschaften, die berechtigt sind, einen Wirtschaftstreuhandberuf auszuüben, in Betracht. Durch die Normierung einer gemäß § 66 zulässigen Gesellschaftsform mit Gesellschaftern oder Aktionären gemäß § 68 als Anerkennungsvoraussetzung in § 65 Abs. 1 Z. 1 und Z. 4 WTBG ist zusätzlich deutlich klargestellt, dass andere Gesellschaftsformen bzw. Gesellschaften mit anderen Gesellschaftern die Berechtigung zur Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes nicht erlangen können.

Aus dem Umstand, dass an Gesellschaften, die zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft berechtigt sind, - in sehr eingeschränktem Umfang - auch Privatstiftungen beteiligt sein dürfen, kann nicht darauf geschlossen werden, dass der Gesetzgeber die in den taxativen Aufzählungen gemäß § 66 und § 68 Abs. 1 WTBG nicht enthaltenen juristischen Personen in systemwidriger Weise ausgeschlossen hat.

Mangels planwidriger Unvollständigkeit kommt daher eine Lückenfüllung durch Analogie nicht in Betracht.

Daran kann der vorgebrachte Umstand nichts ändern, dass nach der Konstruktion der H-Stiftung dem Stifter ein wesentlicher Einfluss auf die Stiftung zukommt. Mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe keine Ermittlungen zur Frage der rechtlichen Konstruktion der H-Stiftung durchgeführt, macht die Beschwerdeführerin daher keinen relevanten Verfahrensmangel geltend.

Zur geltend gemachten analogen Anwendung von § 21c Rechtsanwaltsordnung ist im Übrigen auszuführen, dass diese Bestimmung zwar in Z. 1 lit. e Privatstiftungen mit einem eng umschriebenen Stiftungszweck als Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft zulässt, in ihrer Z. 9 a jedoch normiert, dass in einer Rechtsanwaltsgesellschaft in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung andere Personen als Rechtsanwalts-Gesellschafter nicht zum Geschäftsführer bestellt werden dürfen. Weiters muss gemäß Z. 10 dieser Bestimmung Rechtsanwälten bei der Willensbildung der Gesellschaft ein bestimmender Einfluss zukommen. Eine Privatstiftung könnte somit keinesfalls Alleingesellschafterin einer Rechtsanwalts-GesmbH sein. Da die H-Stiftung unstrittig zu 100 % Gesellschafterin der Beschwerdeführerin ist, wäre für den Standpunkt der Beschwerde daher selbst bei analoger Anwendung von § 21c Rechtsanwaltsordnung nichts gewonnen.

Aus den dargestellten Gründen kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass die belangte Behörde die Berechtigung der Beschwerdeführerin zur Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Wirtschaftsprüfer wegen Wegfalles einer Anerkennungsvoraussetzung gemäß § 105 Abs. 1 WTBG widerrufen hat.

Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 24. März 2004

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003040200.X00

Im RIS seit

22.04.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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