Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §63 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des G in K/K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. Jänner 2004, Zl. Ge-220557/2-2003-Myh/Ti, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Gewerberechtsangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. Jänner 2004 die Berufung des Beschwerdeführers gegen den in einer Gewerberechtsangelegenheit ergangenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems (BH) vom 15. Juli 2003 als verspätet zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der erwähnte Bescheid der BH sei dem Beschwerdeführer am 18. Juli 2003 durch Hinterlegung an der Zustellbasis Kirchdorf/Krems zugestellt worden; die Abholfrist habe am selben Tag begonnen. Die Berufungsfrist habe somit mit Ablauf des 1. August 2003 geendet. Der Beschwerdeführer habe seine Berufung aber erst am 4. August 2003 persönlich bei der BH überreicht. Der Beschwerdeführer habe im Berufungsverfahren ausgeführt, er habe den Bescheid erst am 22. Juli 2003 übernommen. Dies wegen seiner prekären Wohnsituation, weiters weil er als Vertreter beruflich sehr viel unterwegs sei und schließlich, weil sein Vermieter kein Interesse daran habe, den Beschwerdeführer zu informieren, wenn Post für ihn da sei und er diese auch nicht an einer sofort ersichtlichen Stelle deponiere. Mit diesem Vorbringen habe der Beschwerdeführer allerdings Umstände, die eine Unwirksamkeit der erfolgten Zustellung begründeten, nicht aufgezeigt. Die weder zeitlich konkretisierte, noch in irgend einer Weise belegte Behauptung, ortsabwesend gewesen zu sein, genüge nämlich nicht. Dass der Beschwerdeführer aber ungeachtet der ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung im Bescheid der BH der Meinung gewesen sei, die Rechtsmittelfrist beginne erst mit dem Zeitpunkt der Übernahme des Bescheides zu laufen, ändere nichts an der Fristversäumung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer, der sich seinem gesamten Vorbringen zufolge im Recht auf meritorische Erledigung seiner Berufung verletzt erachtet, bringt im Wesentlichen vor, es könne nicht vorausgesetzt werden, dass in der Bevölkerung allgemein bekannt sei, der Zustellungs- bzw. Hinterlegungstag sei der erste Tag der Berufungsfrist. Vielmehr sei es "üblicher Volksglaube", dass die Berufungsfrist erst mit der Übernahme des Bescheides zu laufen beginne. Der Beschwerdeführer verwahre sich auch gegen die Darlegung, er habe weder zeitlich konkretisierte, noch in irgend einer Weise belegte Angaben über seine Ortsabwesenheit gemacht. Er sei Vertreter und "es würde eine unnötige und sehr zeitraubende Arbeit sowohl für mich bei der Erstellung und für denjenigen bedeuten, der diese Ausführungen lesen muss, wenn über jeden Kilometer, der mich vom Zustellungs- bzw. Übergabeort fern gehalten hat, Belege verlangt würden". Er habe daher sehr ausführlich und konkret seine "derzeitigen Umstände" geschildert und "Hinweise auf Nachweise" gegeben, die seine Behauptungen stützen und belegen könnten. Jedenfalls könne in seinem Fall nicht von einem Verschulden seinerseits ausgegangen werden, zumal ihm nicht einmal bekannt geworden sei, dass ein amtliches Schriftstück zugestellt bzw. hinterlegt worden sei, weil sein Vermieter, absichtlich oder unabsichtlich, die Post des Beschwerdeführers an Stellen deponiert habe, die für den Beschwerdeführer zumeist "weder ersichtlich noch zugänglich" gewesen seien.
Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Falle bloß mündlicher Verkündung mit dieser.
Gemäß § 13 Abs. 1 Zustellgesetz ist die Sendung dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen.
Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück gemäß § 17 Abs. 1 ZustellG im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
Von der Hinterlegung ist der Empfänger gemäß § 17 Abs. 2 ZustellG zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
Die hinterlegte Sendung ist gemäß § 17 Abs. 3 ZustellG mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.
Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist gemäß § 17 Abs. 4 ZustellG auch dann gültig, wenn die in Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.
Der Beschwerdeführer bestreitet die Erfüllung des Tatbestandsmerkmales gemäß § 17 Abs. 1 ZustellG, der Zusteller habe Grund zur Annahme gehabt, der Beschwerdeführer halte sich an der Abgabestelle regelmäßig auf, nicht. Er meint vielmehr, er habe vom Zustellvorgang sowohl wegen Ortsabwesenheit als auch wegen der Praxis seines Vermieters, die für den Beschwerdeführer bestimmte Post an für diesen nicht ersichtlichen bzw. ihm nicht zugänglichen Stellen zu deponieren, nicht rechtzeitig Kenntnis erlangt.
Was zunächst die Behauptung der Ortsabwesenheit anlangt, so wird, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, durch die bloße Behauptung, ortsabwesend gewesen zu sein, eine Unwirksamkeit der durch Hinterlegung erfolgten Zustellung (noch) nicht dargetan. Vielmehr bedarf es hiezu eines konkreten, mit geeigneten Beweismitteln belegten Vorbringens, das klare Aussagen über den Umstand und die Dauer der Abwesenheit von der Abgabestelle enthält (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), S. 1994 f, referierte Judikatur).
Die Beschwerde legt nicht dar, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren ein entsprechend konkretes Vorbringen erstattet hätte. Sie erachtet eine solche Darstellung vielmehr als "unnötige", und wegen der mit vielen Reisen verbundenen Berufstätigkeit des Beschwerdeführers als eine "sehr zeitraubende Arbeit". Sie räumt solcherart ein, dass ein den obigen Anforderungen entsprechendes Vorbringen wegen des damit verbundenen Aufwandes nicht erstattet worden ist.
Eine Schilderung der "Umstände", in denen sich der Beschwerdeführer seinerzeit befunden hat, ist nicht ausreichend. Es kommt nämlich nicht auf persönliche Umstände des Beschwerdeführers an, sondern ausschließlich darauf, ob er im Sinne des § 17 Abs. 3 ZustellG wegen Abwesenheit von der Abgabestelle vom Zustellvorgang nicht rechtzeitig Kenntnis erlangen konnte.
Aus diesem Grunde zeigt der Beschwerdeführer auch mit dem Hinweis auf die Behandlung der für ihn einlangenden Post durch seinen Vermieter keinen Umstand auf, der die Unwirksamkeit der durch Hinterlegung bewirkten Zustellung hätte herbeiführen können. Die Rechtswirksamkeit des Zustellvorganges hängt nicht davon ab, dass dieser dem Zustellempfänger zur Kenntnis gelangt. Weder eine Beschädigung noch die Entfernung der Hinterlegungsanzeige durch andere Personen hat Einfluss auf die Gültigkeit der Zustellung (vgl. § 17 Abs. 4 ZustellG). Darin kann allenfalls ein Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß den §§ 71 und 72 AVG liegen; die Unwirksamkeit der Zustellung kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden.
Soweit der Beschwerdeführer aber meint, es sei nicht allgemein bekannt und es könne daher auch bei ihm nicht als bekannt vorausgesetzt werden, dass im Falle der Hinterlegung die Berufungsfrist unabhängig von der Abholung des Bescheides zu laufen beginne, übersieht er, dass der diesbezügliche Wissensstand des Empfängers für den Beginn des von der Zustellung des Bescheides allein abhängigen Fristenlaufes nicht entscheidend ist (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, a.a.O., S. 1991, zitierte hg. Judikatur).
Die belangte Behörde konnte solcherart zu Recht von einer wirksamen Zustellung des Bescheides der BH und einem Beginn der Berufungsfrist mit 18. Juli 2003 ausgehen; die - unbestrittenermaßen - erst am 4. August 2003 eingebrachte Berufung erweist sich daher als verspätet.
Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 24. März 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004040033.X00Im RIS seit
30.04.2004