TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/25 2003/16/0036

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Veröffentlicht am 25.03.2004
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Index

L66501 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Burgenland;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;
80/06 Bodenreform;

Norm

FlVfGG §47 Abs2;
FlVfLG Bgld 1970 §45 Abs2;
GGG 1984 TP9 lita Anm4;
GGG 1984 TP9 lita;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2003/16/0037 E 25. März 2004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Höfinger, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des Landes Burgenland, vertreten durch den Landeshauptmann, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Eisenstadt vom 17. Jänner 2003, Zl. Jv 140-33/03, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Am 1. Oktober 2002 schlossen Felix Glu. als Verkäufer sowie Franz und Valerie Gu. als Käufer vor dem Amt der Burgenländischen Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz ein "Flurbereinigungsübereinkommen" über dort näher bezeichnete Grundstücke. Nach Punkt X. dieses Übereinkommens handelte es sich beim Erwerb der Vertragsobjekte um land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke im Sinn des Flurverfassungs-Landesgesetzes 1970. Mit Bescheid vom selben Tag sprach die Agrarbehörde erster Instanz aus, dass der vorliegende Grunderwerb gemäß § 45 des Flurverfassungs-Landesgesetzes unmittelbar zur Durchführung einer Flurbereinigung erforderlich sei.

Mit Erledigung vom 29. November 2002 ersuchte die Agrarbehörde erster Instanz beim Bezirksgericht Eisenstadt gegründet auf das eingangs genannte Flurbereinigungsübereinkommen um lastenfreie Ab- und Zuschreibung der in diesem Übereinkommen bezeichneten Grundstücke zu der im Miteigentum der Käufer stehenden Liegenschaft, das am 9. Dezember 2002 die Ab- und Zuschreibung der Grundstücke beschloss und diese am 11. Dezember 2002 im Grundbuch vollzog.

Am 17. Dezember 2002 erließ der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes Eisenstadt gegenüber dem "Amt der Bgld. Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz 7000 Eisenstadt zur Zl. ..." einen Zahlungsauftrag über eine Eingabengebühr nach TP 9 GGG zuzüglich der Einhebungsgebühr in der Höhe von insgesamt 46 Euro.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem gegen diesen Zahlungsauftrag erhobenen Berichtungsantrag des Amtes der Burgenländischen Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz keine Folge gegeben. Begründend führte der Präsident des Landesgerichtes Eisenstadt (die belangte Behörde) - für das Beschwerdeverfahren von Relevanz - abschließend aus, die Ansicht des Berichtungswerbers, sein Grundbuchsgesuch wäre lediglich als "Gesuch", "Übermittlung eines agrarbehördlichen Verfahrensergebnisses" oder "Anregung" und nicht als Antrag zu werten, sei verfehlt. Er bezeichne sich selbst als "Antragsteller" und sein Gesuch enthalte den Antrag auf Verbücherung von Eigentumsänderungen. Beim gegenständlichen Grundbuchgesuch handle es sich keinesfalls um eine bloße Einsendung im Sinn des § 47 Abs. 1 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 zum Zweck der amtswegigen Verbücherung gemäß § 47 Abs. 2 leg. cit., sondern um einen auf Durchführung einer Grundbuchseintragung gerichteten Antrag. Bei den Vorgängen nach § 50 Abs. 2 leg. cit. komme nicht in Betracht, sie nur als Einsendung zu werten, sodass durch deren Übermittlung an das Grundbuchsgericht jedenfalls die in TP 9 lit. a GGG vorgesehene Eingabengebühr anfalle.

Dem gesamten Vorbringen der Beschwerde zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht im Sinn des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG auf Befreiung von den erwähnten Eingaben- und Eintragungsgebühren verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 7 Abs. 1 Z. 2 GGG ist bei Eingaben die einschreitende Partei zahlungspflichtig.

Nach TP 9 lit. a GGG unterliegen "Eingaben um Eintragung in das Grundbuch" einer Gebühr in der Höhe von 39 Euro.

Die Anmerkungen zu TP 9 lit. a GGG lauten auszugsweise:

"1. Der Eingabengebühr nach Tarifpost 9 lit. a unterliegen alle Eingaben um Eintragung in das Grundbuch ... Unter die Gebührenpflicht nach Tarifpost 9 lit. a fallen auch alle Anträge im Sinn des § 4 LiegTeilG auf Einleitung des Aufforderungsverfahrens, der Antrag des Erstehers nach § 237 EO und die Rechtsmittelschriften gegen Beschlüsse des Grundbuchsgerichtes.

...

4. Gebührenfrei sind:

a) Gesuche um Löschung von Anmerkungen, falls die Löschung von Amts wegen zu bewirken war,

b) Anträge auf Berichtigung des Grundbuches nach § 21 GUG."

Die ErläutRV 366 Blg Nr. XVI GP. 35 f führen zu TP 9 GGG aus:

"Tarifpost 9 regelt in lit. a die Eingabengebühr, in lit. b die Eintragungsgebühr und in lit. c die Gebühr für Grundbuchsauszüge.

Unverändert gegenüber dem bisherigen Recht bleibt die Gebührenpflicht für alle Eingaben, mit denen Eintragungen in das Grundbuch (Landtafel, Eisenbahnbuch, Bergbuch) begehrt werden; infolge des Wegfalles der Eingabengebühr für 'sonstige Eingaben' (Tarifpost 11 lit. a Z. 2 GJGebGes. 1962) ist es zur Vermeidung eines Gebührenausfalles nötig, die Eingabengebühr nach Tarifpost 9 lit. a entsprechend gegenüber dem bisherigen Recht zu ändern; ...

Da Anträge auf Berichtigung des Grundbuches nach § 21GUG auf Fehler des Gerichtes zurückzuführen sind, werden diese Anträge im Sinne einer Anregung der Österreichischen Notariatskammer von der Gebührenpflicht ausgenommen ..."

Nach § 13 Abs. 1 GGG in der Fassung des Art. I Z. 8 der Euro-Gerichtsgebühren-Novelle - EGN, BGBl. I Nr. 131/2001, sind, soweit Staatsverträge nicht entgegenstehen, in gesetzlichen Vorschriften ohne Beziehung auf bestimmte Personen aus sachlichen Gründen gewährte Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren unwirksam. Ausgenommen hievon sind die Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren nach § 15 Abs. 3 Agrarverfahrensgesetz, dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, dem Neugründungs-Förderungsgesetz, dem 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz, dem Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz und Art. 34 § 1 Budgetbegleitgesetz 2001.

Nach § 47 Abs. 2 erster Satz des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951, BGBl. Nr. 103, erfolgt die Richtigstellung des Grundbuches ebenso wie die des Grundkatasters von Amts wegen.

Gemäß § 45 Abs. 2 zweiter Satz des Flurverfassungs-Landesgesetzes (des Landes Burgenland), LGBl. Nr. 40/1970, hat die Agrarbehörde die Durchführung der Flurbereinigungsübereinkommen im Grundbuch von Amts wegen zu veranlassen.

Die Beschwerde sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in der Sache darin, dass im Gesuch der Agrarbehörde keine "Eingabe" im Sinn der TP 9 lit. a GGG gelegen sei, diese Behörde habe vielmehr in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben die Durchführung des vor ihr geschlossenen Flurbereinigungsübereinkommens im Grundbuch veranlasst.

Die zitierten ErläutRV nehmen auf TP 11 lit. a GJGebGes. 1962 Bezug, wonach Eingaben (Protokollaranträge)

1. um Eintragung in das Grundbuch (Landtafel, Eisenbahnbuch, Bergbuch),

2. sonstige Eingaben (Protokollaranträge)

jeweils einer näher bezeichneten Gebühr unterlagen. Wie die zitierten ErläutRV verdeutlichen, unterliegen nach TP 9 lit. a GGG nur mehr Eingaben, mit denen Eintragungen in das Grundbuch (Landtafel, Eisenbahnbuch, Bergbuch) begehrt werden, einer Gebühr, nicht jedoch "sonstige Eingaben" im besagten Sinn.

So wurde etwa die bloße Mitteilung einer neuen Anschrift mit der Bitte um Kenntnisnahme zwar als Grundbuchstück im Sinn des § 448 Abs. 1 GeO, nicht jedoch als Eingabe um Eintragung in das Grundbuch im Sinn der TP 9 lit. a GGG gewertet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. März 1988, Zl. 87/16/0121).

Vor dem Hintergrund der eingangs wiedergegebenen Bestimmungen über die amtswegige Veranlassung der Durchführung der Flurbereinigungsübereinkommen im Grundbuch nach § 45 Abs. 2 des Flurverfassungs-Landesgesetzes sowie über die amtswegige Richtigstellung des Grundbuches nach § 47 Abs. 1 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 waren sowohl die Erledigung der Agrarbehörde erster Instanz vom 29. November 2002 als auch das Tätigwerden des Grundbuchgerichtes jeweils als amtswegige Vollziehung zu sehen. Da es im Hinblick auf die Amtswegigkeit der Richtigstellung des Grundbuchstandes an sich keiner Antragstellung durch die Agrarbehörde erster Instanz bedurfte, stellte ihre Erledigung vom 29. November 2002 auch keine "Eingabe" im Sinn der TP 9 lit. a GGG dar, mit der der Vollzug der vorliegenden Eintragung in das Grundbuch (Ab- und Zuschreibung von Grundstücken) notwendiger Weise begehrt worden wäre, sondern lediglich eine "sonstige" - nicht der Gebührenpflicht nach TP 9 lit. a GGG unterliegende - Eingabe, die für das amtswegige Tätigwerden des Grundbuchgerichtes bloß auslösend war.

Dieses Ergebnis steht auch damit im Einklang, dass nach der Anmerkung 4 zu TP 9 lit. a GGG Gesuche um Löschung von Anmerkungen, falls die Löschung von Amts wegen zu bewirken war, und Anträge auf Berichtigung des Grundbuches nach § 21 GUG gebührenfrei sind. (Vgl. im Übrigen auch § 14 TP 6 Abs. 1 des Gebührengesetzes 1957: "Eingaben von Privatpersonen ...".)

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Die Abweisung des Mehrbegehrens folgt daraus, dass ein Ersatz von "Vorlageaufwand" an den Beschwerdeführer gesetzlich nicht vorgesehen ist.

Wien, am 25. März 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003160036.X00

Im RIS seit

20.05.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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