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L34006 Abgabenordnung Steiermark;Norm
AbgEO §12;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Höfinger, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der W in B, vertreten durch Dr. Hans Kröppel, Rechtsanwalt in 8650 Kindberg, Hauptstraße 7, gegen die Steiermärkische Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht mangels Entscheidung über eine Vorstellung in Angelegenheit einer Abgabenexekution der Getränkeabgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Gemäß § 42 Abs. 1 und 4 sowie § 62 Abs. 2 VwGG iVm § 94 Abs. 1 und 5 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 (Stmk GemO), LGBl. Nr. 115/1967 in der geltenden Fassung, wird der Vorstellung Folge gegeben, der bekämpfte Berufungsbescheid des Gemeinderates der Stadt Bruck an der Mur vom 22. März 2002, Zl. IVb/2002/Mag.Dr.Ho/Wa, aufgehoben, und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen.
Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.
Begründung
Der Bürgermeister der Stadt Bruck an der Mur stellte am 29. Oktober 1999 gegen die Beschwerdeführerin den Rückstandsausweis für die Einbringung der vollstreckbar gewordenen Getränkeabgabe von S 146.997,-- sowie Mahngebühr von S 200,-- aus und als betreibende Partei an das Bezirksgericht Bruck an der Mur den Antrag auf Fahrnisexekution.
In den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten befindet sich eine "Letzte Mahnung" über "Getränkesteuer" mit Fälligkeiten 1. Jänner 1999 (Rückstand S 109.866,--) und 27. April 1999 (Rückstand S 37.131,--) sowie Mahngebühr von S 200,--.
Mit Beschluss vom 3. November 1999 bewilligte das Bezirksgericht Bruck an der Mur die Fahrnisexekution.
Mit Beschluss vom 20. Dezember 1999 gab das Landesgericht Leoben dem dagegen erhobenen Rekurs keine Folge.
Die Beschwerdeführerin erhob mit der an das Bezirksgericht Bruck an der Mur gerichteten Klage vom 17. Jänner 2000 "Einwendungen", in denen sie insbesondere die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Getränkeabgabe und den Umstand geltend machte, dass deshalb der Rückstandsausweis rechtswirksam sei.
Diese Klage wurde wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen, der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Rekurs hatte keinen Erfolg.
Der Oberste Gerichtshof gab mit dem im Instanzenzug ergangenen Beschluss vom 23. Mai 2001, 3 Ob 199/00m, dem gegen die Rechtsentscheidung erhobenen Revisionsrekurs keine Folge und führte in der Begründung aus, Einwendungen gegen den betriebenen Anspruch im Sinne des § 35 Abs. 1 EO seien gemäß § 35 Abs. 2 zweiter Satz (nunmehr dritter Satz) EO bei der Verwaltungsbehörde anzubringen, von welcher der Exekutionstitel ausgegangen sei. Auch für Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung im Sinne des § 36 Abs. 1 Z 1 EO sei bei einem Exekutionstitel im Sinne des § 1 Z 13 EO der Rechtsweg unzulässig, wenn es um die sachliche Überprüfung des verwaltungsbehördlichen Exekutionstitels und um die Richtigkeit der von der Verwaltungsbehörde ausgestellten Bestätigung der Vollstreckbarkeit gehe.
In der Folge schob das Bezirksgericht Bruck an der Mur mit Beschluss vom 12. Oktober 2001 die mit Beschluss vom 3. November 1999 bewilligte Fahrnisexekution bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von der verpflichteten Partei (Beschwerdeführerin) gegen den Rückstandsausweis der Stadtgemeinde Bruck an der Mur vom 29. Oktober 1999 erhobenen Einwendungen unter der Bedingung, dass zur Sicherstellung der Ansprüche der betreibenden Partei ein Betrag von S 160.000,-- bei Gericht erlegt werde, auf.
Mit der an die Stadtgemeinde Bruck an der Mur gerichteten Eingabe vom 1. August 2001 erhob die Beschwerdeführerin Einwendungen gegen den Rückstandsausweis vom 29. Oktober 1999 mit der Begründung, mit dem Rückstandsausweis sei eine "Getränkesteuer" in Exekution gezogen worden, die sich auf alkoholische Getränke beziehe. Die Getränkeabgabe sei mit einem Urteil des EuGH als rechtswidrig erkannt worden, weil sie Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 92/12 EWG des Rates vom 29. Februar 1992 widerspreche. Die Beschwerdeführerin habe fristgerecht schon am 29. September 1999 gegen die "Einhebung der Getränkesteuer einen Rekurs erhoben und später auch Klage erhoben und sohin Rechtsbehelfe ergriffen, sodass (sich die Beschwerdeführerin) auf die Verbrauchsteuerrichtlinie berufe". Sie stellte den Antrag auf Aufhebung des Rückstandsausweises wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der in Exekution gezogenen Getränkeabgabe.
Mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2001 brachte die Beschwerdeführerin als Einwendungen vor, mit Bescheid vom 15. Dezember 2000 sei die Getränkeabgabe auf S 60.996,-- herabgesetzt worden. Dem Exekutionstitel liege kein rechtskräftiger und vollstreckbarer Bescheid zugrunde, weshalb der Rückstandsausweis aufzuheben und die Exekution einzustellen sei. Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag, auf Einstellung der Exekution.
Mit Schreiben vom 19. Oktober 2001 ergänzte sie ihr bisheriges "Berufungsvorbringen".
Mit der weiteren Eingabe vom 3. Dezember 2001 stellte sie den Antrag den Exekutionstitel, Rückstandsausweis vom 29. Oktober 1999, sowie die Vollstreckbarkeit aufzuheben und die anhängige Exekution einzustellen.
Mit Bescheid vom 19. Dezember 2001 wies der Bürgermeister der Stadt Bruck an der Mur die Anträge der Beschwerdeführerin
a) vom 1. August 2001 betreffend Aufhebung des Rückstandsausweises,
b)
vom 18. Oktober 2001 betreffend Einstellung der Exekution und
c)
vom 3. Dezember 2001 betreffend Aufhebung der Vollstreckbarkeit des Rückstandsausweises als unbegründet ab.
In der Begründung des Bescheides führte der Bürgermeister der Stadt Bruck an der Mur nach Wiedergabe der Rechtsgrundlagen und der Rechtsprechung der Höchstgerichte aus, der zwar zutreffende Hinweis der Beschwerdeführerin auf die vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften festgestellte Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Abgabe auf alkoholische Getränke versage aber im Beschwerdefall zu Gunsten der Beschwerdeführerin. Der Beschwerdefall sei untrennbar mit dem in der Steiermärkischen Landesabgabenordnung verankerten Bereicherungsverbot verbunden, wenn die Getränkeabgabe auf Dritte (Kunden) überwälzt und somit nicht vom Unternehmer getragen werde. Solange die Frage von diesem nicht endgültig entschieden sei, bleibe die Abgabenbehörde nach wie vor gesetzlich verpflichtet, ausstehende Beträge einzutreiben und hiefür die erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen. Damit sei klargestellt, dass die Beschwerdeführerin keinerlei Einwendungen vorgebracht habe, die zu einer Aufhebung des Rückstandsausweises bzw. dessen Vollstreckbarkeit geführt hätten. Mit dieser Entscheidung könne ein Eingehen auf die ebenfalls gestellten Aufschiebungs- und Einstellungsanträge unterbleiben.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 17. Jänner 2002 wies der Bürgermeister der Stadt Bruck an der Mur die gegen diesen Bescheid vom 19. Dezember 2001 erhobene Berufung als unbegründet ab. In der Begründung heißt es, eine neuerliche Prüfung des Sachverhaltes im Rahmen der Berufungsvorentscheidung könne die Abgabenbehörde I. Instanz nicht dazu veranlassen, eine für die Beschwerdeführerin positive Entscheidung zu fällen. Folge man nämlich ihrer Argumentation, wäre ein säumiger Abgabenschuldner, der die Abgabe nicht entrichtet habe, besser gestellt, als jener, der die Abgabe zwar entrichtet, aber auf Grund des Bereicherungsverbotes die an sich gemeinschaftsrechtswidrige Getränkeabgabe nicht rückerstattet erhalte. Diese von der Beschwerdeführerin begehrte sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung führe zu einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und zu einem Umgehen des Bereicherungsverbotes.
Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag auf Vorlage der Berufung an den Gemeinderat der Stadt Bruck an der Mur als Abgabenbehörde II. Instanz.
Mit Bescheid vom 22. März 2002 wies der Gemeinderat der Stadt Bruck an der Mur die Berufung als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, der Rechtsgrundlagen und der Rechtsprechung der Höchstgerichte führte der Gemeinderat der Stadt Bruck an der Mur aus, der Berufung sei aus den in der Berufungsvorentscheidung angeführten, zutreffenden Gründen ein Erfolg zu versagen gewesen, weil auch bei neuerlicher Prüfung der Sach- und Rechtslage der erstinstanzlichen Entscheidung kein Mangel festgestellt werde.
Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung, in der sie die Entscheidung des Gemeinderates der Stadt Bruck an der Mur vom 22. März 2002 dem gesamten Inhalt nach bekämpft.
Über diese Vorstellung entschied die belangte Behörde nicht.
Mit Schriftsatz vom 11. November 2002 erhob die Beschwerdeführerin Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde legte Verwaltungsakten vor und kam der mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Februar 2003, Zl. 2002/16/0266-4, ergangenen Aufforderung, binnen 3 Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen, nicht nach. Damit ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes über die genannte Vorstellung zu entscheiden gegeben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die eingebrachte Vorstellung erwogen:
Wer durch den Bescheid eines Gemeindeorganes in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches im Bereiche der Landesvollziehung in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, kann gemäß § 94 Abs. 1 Stmk GemO nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen nach Erlassung des Bescheides dagegen Vorstellung erheben.
Die Aufsichtsbehörde hat den Bescheid, wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt werden, gemäß § 94 Abs. 5 Stmk GemO aufzuheben und die Angelegenheiten zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen.
Mit der Vorstellung bekämpft die Beschwerdeführerin die Rechtmäßigkeit des Berufungsbescheides des Gemeinderates der Stadt Bruck an der Mur vom 22. März 2002, mit dem die Berufung in einer Exekutionsangelegenheit betreffend Getränkeabgabe als unbegründet abgewiesen wurde.
Gemäß § 177 Steiermärkische LAO (Stmk LAO) ist als Grundlage für die Einbringung über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis auszufertigen. Dieser hat Namen und Anschrift des Abgabepflichtigen, den Betrag der Abgabenschuld, zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten, und den Vermerk zu enthalten, dass die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel). Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel für das abgabenbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren.
Gemäß § 174 Stmk LAO sind die Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, in dem von der Abgabenbehörde festgesetzten Ausmaß vollstreckbar; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete und der Abgabenbehörde bekannt gegebene Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlichen Haftungspflichtigen obliegt.
Gemäß § 2 Abs. 1 Abgabenexekutionsgesetz (AbgEO) gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nach Maßgabe des Abs. 2 sinngemäß auch in Angelegenheiten der von den Abgabenbehörden der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden zu erhebenden öffentlichen Abgaben, Beiträge und Nebenansprüche. Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, sind die landesgesetzlichen Abgabenverfahrensvorschriften auch im Vollstreckungsverfahren anzuwenden. Im Verfahren nach diesem Bundesgesetz bei den im Abs. 1 genannten Behörden gelten gemäß § 2 Abs. 2 AbgEO nachstehende Abweichungen:
a) Betreibender Gläubiger ist die abgabenberechtigte Körperschaft.
b) Vollstreckungsbehörde ist die nach den besonderen Vorschriften mit der Vollstreckung betraute Behörde. Sie kann die Bezirksverwaltungsbehörde um die Durchführung der Vollstreckung ersuchen.
c) Die in lit. b bezeichneten Behörden haben die Aufgaben zu besorgen, die nach diesem Bundesgesetz den Finanzämtern obliegen.
Gemäß § 3 Abs. 1 AbgEO werden die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden zu erhebenden öffentlichen Abgaben, Beiträge und Nebenansprüche nach Maßgabe der Abs. 2 und 3 im finanzbehördlichen oder gerichtlichen Vollstreckungsverfahren eingebracht.
Gemäß § 3 Abs. 2 AbgEO kann eine Vollstreckung auf bewegliche körperliche Sachen, auf grundbücherlich nicht sichergestellte Geldforderungen und auf Ansprüche auf Herausgabe und Leistung beweglicher körperlicher Sachen im finanzbehördlichen oder gerichtlichen Vollstreckungsverfahren durchgeführt werden.
Im Beschwerdeverfahren wurde die Vollstreckung im gerichtlichen Vollstreckungsverfahren durchgeführt.
Gemäß § 1 EO sind Exekutionstitel im Sinne des gegenwärtigen Gesetzes die nachfolgenden im Geltungsgebiete dieses Gesetzes errichteten Akten und Urkunden: ...
Z 13 die über direkte Steuern und Gebühren sowie über Landes- , Bezirks- und Gemeindezuschläge ausgefertigten, nach den darüber bestehenden Vorschriften vollstreckbaren Zahlungsaufträge und Rückstandsausweise.
Wurde wegen Abgabenschuldigkeiten ein gerichtliches Exekutionsverfahren eingeleitet, sind die dem § 12 AbgEO entsprechenden Einwendungen gemäß § 35 Abs. 2 EO nicht im Klagewege (Oppositionsklage), sondern im Verwaltungsverfahren bei jener Behörde anzubringen, von welcher der Exekutionstitel ausgegangen ist (vgl. Urteil des OGH vom 23. Mai 2001, 3 Ob 199/00m, und Reeger-Stoll, Abgabenexekutionsordnung, S. 47).
Gemäß § 12 Abs. 1 AbgEO können gegen den Anspruch im Zuge des finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind die Einwendungen bei jenem Finanzamt anzubringen, von welchem der Exekutionstitel ausgegangen ist.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. müssen alle Einwendungen, die der Abgabenschuldner zur Zeit der Antragstellung vorzubringen imstande war, bei sonstigem Ausschluss gleichzeitig geltend gemacht werden.
Bei Einwendungen gemäß § 12 AbgEO kommen ebenso wie bei der Oppositionsklage gemäß § 35 EO nur solche Tatsachen in Betracht, die erst nach Ausstellung des vollstreckbaren Rückstandsausweises eingetreten sind. Es wird also diesfalls - anders als im Falle des § 15 AbgEO - nicht behauptet, dass der ausgestellte Rückstandsausweis unrichtig (gesetzwidrig oder irrtümlich ausgestellt) sei, sondern es werden hier solche Tatsachen vorgebracht, die den an sich und seinerzeit richtig bescheinigten Anspruch aufheben oder hemmen (Reeger-Stoll, Abgabenexekutionsordnung, S. 46).
Gemäß § 15 Abs. 1 AbgEO sind im Exekutionstitel (§ 4) unterlaufene offenbare Unrichtigkeiten von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabenschuldners zu berichtigen.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist eine gesetzwidrig oder irrtümlich erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit vom Finanzamt, dass den Exekutionstitel ausgestellt hat, von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabenschuldners aufzuheben. Mit diesem Antrag kann der Antrag auf Einstellung oder Aufschiebung der Vollstreckung verbunden werden.
Erkennt die Behörde, die den Exekutionstitel ausgestellt hat (Titelbehörde), von selbst, dass der Exekutionstitel an den im § 15 AbgEO angeführten Mängeln leidet (offenbare Unrichtigkeit, gesetzwidrig oder unrichtig erteilte Vollstreckbarkeitsklausel), so hat sie ihn von Amts wegen zu berichtigen, bzw. aufzuheben (formlos, ohne dass es eines förmlichen Bescheides bedarf). Ebenso hat die Behörde vorzugehen, wenn sie auf solche Mängel durch einen Antrag des Vollstreckungsschuldners hingewiesen wird und den Antrag für gerechtfertigt erachtet. Glaubt jedoch die Behörde, einem solchen Vorbringen nicht oder nicht voll entsprechen zu können, muss das Vorbringen als eine Einwendung nach § 13 AbgEO in Behandlung genommen und hierüber mit Bescheid abgesprochen werden.
Wenn der Abgabenschuldner bestreitet, dass die Vollstreckbarkeit eingetreten ist oder wenn er behauptet, dass das Finanzamt auf die Einleitung der Vollstreckung überhaupt oder für eine einstweilen noch nicht abgelaufene Frist verzichtet hat, so hat gemäß § 13 Abs. 1 AbgEO er seine bezüglich Einwendungen beim Finanzamt (§ 12 Abs. 2) geltend zu machen.
Die Bestimmungen des § 12 Abs. 3 und 4 AbgEO finden gemäß § 13 Abs. 2 AbgEO sinngemäß Anwendung.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich in den vorgelegten Verwaltungsakten zwar der Rückstandsausweis und die "Letzte Mahnung", nicht aber Aktenstücke darüber befinden, auf welchen Grundlagen, nämlich Bescheiden, die rechtskräftig geworden sind oder nicht, bzw. Abgabenerklärungen diese Erledigungen aufbauen.
In den Einwendungen wird von der Beschwerdeführerin auf die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Getränkeabgabe auf alkoholische Getränke hingewiesen und behauptet, es seien "Rechtsbehelfe" eingebracht worden. Damit verweist die Beschwerdeführerin auf einen schon einen Monat vor Ausstellung des Rückstandsausweises am 29. Oktober 1999 erhobenen "Rechtsbehelf". Die Bescheide des Bürgermeisters und im Instanzenzug folgend des Gemeinderates der Stadt Bruck an der Mur treffen insofern keine Feststellungen, wogegen sich dieser "Rechtsbehelf" richtete, und gehen auf dieses Vorbringen nicht ein. Richtete sich dieser "Rechtsbehelf" gegen eine als unrichtig erkannte Selbstbemessung der Getränkeabgabe, dann wurde in den Einwendungen eine den Anspruch betreffende Tatsache behauptet. Dies auch deshalb, weil im Fall der Selbstbemessung der Getränkeabgabe auf Grund des "Rechtsbehelfs" nicht mehr "die Voraussetzungen für die Selbstberechnung der Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben" (§ 174 Stmk LAO) waren und damit im Zeitpunkt der Ausstellung des Rückstandsausweises keine Vollstreckbarkeit im Sinn des § 174 Stmk LAO vorlag, weil in diesem Fall ein Bescheid der Abgabenbehörde zu ergehen hatte. Diesfalls war die dennoch ausgefertigte Bestätigung der Vollstreckbarkeit rechtswidrig.
Noch vor Ergehen des Bescheides des Bürgermeisters der Stadt Bruck an der Mur vom 19. Dezember 2001 machte die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 18. Oktober 2001 geltend, dass die Vorschreibung der Getränkeabgabe auf Grund des "Rechtsbehelfs" auf S 60.996,-- verringert worden sei. In diesem Fall wäre den Einwendungen mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Bruck an der Mur - unter den sonst gegebenen Voraussetzungen - jedenfalls in dem Umfang stattzugeben und die geführte Vollstreckung auf den Umfang der nunmehr mit diesem Bescheid in Abänderung der seinerzeitigen Selbstbemessung erfolgten Festsetzung einzuschränken gewesen, weil das Leistungsgebot auf diesen Betrag verringert wurde.
Schon aus diesen Gründen erweist sich der Bescheid des Gemeinderates der Stadt Bruck an der Mur als rechtswidrig.
Überdies haben es die belangte Behörde und mit ihr die Abgabenbehörden I. und II. Instanz trotz ergangener Aufforderung unterlassen, die maßgebenden Verwaltungsakten vorzulegen, die es ermöglicht hätten, ihre Feststellungen und die Behauptungen der Beschwerdeführerin nachzuvollziehen.
Da der Bescheid des Gemeinderates der Stadt Bruck an der Mur die Beschwerdeführerin in ihren Rechten verletzte, war der Bescheid des Gemeinderates der Stadt Bruck an der Mur vom 22. März 2002 aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. März 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002160266.X00Im RIS seit
05.05.2004Zuletzt aktualisiert am
28.11.2011