TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/26 2003/02/0213

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Veröffentlicht am 26.03.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §37 impl;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
KFG 1967 §103 Abs2 idF 1986/106;
KFG 1967 §103 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde der ED in T, vertreten durch Dr. Harald Ofner und Dr. Thomas Wagner, Rechtsanwälte in 1160 Wien, Schuhmeierplatz 14, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 11. August 2003, Zl. Senat-NK-02-1073, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 11. August 2003 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe als die vom Zulassungsbesitzer namhaft gemachte, auskunftspflichtige Person der Bezirkshauptmannschaft Baden über deren schriftliche Anfrage vom 1. Februar 2002 nicht innerhalb von zwei Wochen nach Hinterlegung am 21. Februar 2002 "darüber vollständig (kein Land, keine Postleitzahl) Auskunft erteilt" zu haben, wer "dieses Kraftfahrzeug" am 9. Oktober 2001 um 21,28 Uhr in K gelenkt habe.

Sie habe eine Übertretung gemäß § 103 Abs. 2, § 134 Abs. 1 KFG begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 150,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe "insofern eine mangelhafte Auskunft erteilt, zumal sie keine zustellfähige Adresse der Behörde" benannt habe, "da zum Einen diese weder die Postleitzahl des vermeintlichen Wohnortes des Lenkers noch das Land, in dem sich dieser Ort befinden soll", genannt habe und "diese auch nicht aus der kopierten Lenkberechtigung" hervorgingen. Die Versuche der Behörde, weitere Informationen zur Person des Lenkers zu bekommen, seien daran gescheitert, dass die Beschwerdeführerin trotz telefonischer Zusicherung, den Lenker bei der Behörde stellig zu machen, ihrer Verpflichtung zu erhöhter Mitwirkung für den Fall eines im Ausland aufhältigen Lenkers nicht nachgekommen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes liegt der Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zu Grunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen; die auf Grund einer behördlichen Anfrage nach § 103 Abs. 2 KFG erteilte Auskunft darf daher weder in sich widersprüchlich noch unklar sein, auch die Erteilung einer unrichtigen oder einer unvollständigen Auskunft ist der Nichterteilung einer Auskunft gleichzuhalten (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 22. April 1994, Zl. 93/02/0255).

Nach dem entscheidungswesentlichen Sachverhalt wurde die vom Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges als Auskunftspflichtige namhaft gemachte Beschwerdeführerin mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 1. Februar 2002 gemäß § 103 Abs. 2 KFG schriftlich aufgefordert, der Behörde binnen zwei Wochen Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem näher umschriebenen Ort gelenkt habe. Dieser Aufforderung kam die Beschwerdeführerin mit Telefax am 6. März 2002 nach und erteilte auf dem vorgesehenen Formular eine Lenkerauskunft mit Name und Anschrift eines in "Osijek" wohnenden Lenkers. Bei der Wohnadresse fehlen Staat und Postleitzahl des Ortes "Osijek". Sie legte eine Kopie des Führerscheins des namhaft gemachten Lenkers bei.

Es reicht zwar für die vollständige Beantwortung der Anfrage in Ansehung der Bekanntgabe der Anschrift des Lenkers in der Regel nicht aus, dass die Stadt, nicht jedoch der Staat, in dem der Lenker wohnhaft ist, angegeben wurde. Es darf aber nicht übersehen werden, dass die Beschwerdeführerin ihrer Lenkerauskunft auch eine Kopie des Führerscheins des von ihr bekannt gegebenen Lenkers beigelegt hatte, welche hier als integrierender Bestandteil der Auskunft gewertet werden muss. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist aus den darin angebrachten Stempeln ohne besondere Mühe der Staat, nämlich "Republika Hrvatska", also Kroatien, ablesbar. Somit fehlt in der erteilten Lenkerauskunft lediglich die Postleitzahl von Osijek. Dass es in Kroatien mehrere Orte des Namens Osijek gäbe, hat die belangte Behörde nicht dargetan. Auch aus dem der Gegenschrift nachgereichten Ausdruck aus dem "internet" (www.expedia.de - Ortssuche) ergibt sich nicht anderes. Deshalb macht die fehlende Postleitzahl allein die Lenkerauskunft nicht unvollständig, weil eine derart geringfügige Erhebung wie die der Postleitzahl einer ansonsten näher und widerspruchsfrei bezeichneten - wenn auch im Ausland gelegenen - Wohnadresse eines namhaft gemachten Lenkers keine "langwierige und umfangreiche Erhebung" im Sinne der obzitierten Rechtsprechung ist.

Zu einer Mitwirkung in der Form, (nach telefonischer Zusicherung) den namhaft gemachten Lenker "stellig" zu machen, war die Beschwerdeführerin im vorliegenden Stadium des Falles nicht verpflichtet, da es an der Behörde gelegen gewesen wäre, zu versuchen, mit dem Lenker in Kontakt zu treten (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Juni 1991, Slg. Nr. 13.451/A).

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 26. März 2004

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003020213.X00

Im RIS seit

30.04.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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