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L87952 Kraftfahrwesen Kärnten;Norm
B-VG Art18 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2005/02/0165 E 9. September 2005Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde der MK in E, vertreten durch Dr. Herbert Duma, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Salzgries 17, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 23. Juli 2003, Zl. KUVS- 446/12/2003, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 23. Juli 2003 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe es als von der V Versicherungs-AG, Beratungsstelle W, Zulassungsstellennummer 2..., namhaft gemachte verantwortliche natürliche Person unterlassen, dafür zu sorgen, dass den Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes, der auf Grund des Kraftfahrgesetzes erlassenen Verordnungen und Bescheiden nicht zuwidergehandelt werde, da im Zuge der am 16. August 2000 durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg durchgeführten örtlichen Überprüfung der beliehenen Zulassungsstelle am obigen Standort habe festgestellt werden müssen, dass gegen die gesetzlichen Regelungen insofern verstoßen worden sei, als das Kraftrad mit Beiwagen W ... am 8. August 2000 zugelassen worden sei, ohne dass eine Bestätigung des Finanzamtes, dass gegen die Zulassung des Fahrzeuges aus steuerlicher Sicht keine Bedenken bestünden oder eine Bestätigung des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten, dass das Fahrzeug von der Normverbrauchsabgabe (NOVA) befreit sei, vorgelegt worden sei (das Fahrzeug sei aus Ungarn importiert worden).
Sie habe eine Übertretung gemäß § 134 Abs. 1 KFG iVm § 37 Abs. 2 lit. e KFG begangen. Gemäß § 21 VStG wurde sie ermahnt.
Unter Hinweis auf § 40a Abs. 4 KFG führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei von der V Versicherungs-AG als verantwortliche Person (unter anderem auch) für die Zulassungsstelle (KFZ-Zulassung) dieser Versicherung in W namhaft gemacht worden. Sie sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 12. November 1999 zur verantwortlichen Person für den Bereich der im § 1 der Kärntner KFZ-Zulassungsstellenverordnung bezeichneten Behörden bestellt worden. Dies bedeute, dass sie somit grundsätzlich für Übertretungen in diesem Bereich auch verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sei.
Die weiteren Ausführungen im angefochtenen Bescheid betreffen das Verschulden der Beschwerdeführerin.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 40a Abs. 4 KFG 1967 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 103/1997 hatte auf Antrag
"der Landeshauptmann in Österreich zum Betrieb der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung berechtigte Versicherer mit Bescheid zu ermächtigen, Zulassungsstellen einzurichten, wenn
1. auf Grund der namhaft zu machenden verantwortlichen natürlichen Person zu erwarten ist, dass diese die für die Ausübung der Berechtigung erforderliche Zuverlässigkeit besitzen, und
....
Die verantwortliche natürliche Person kann innerhalb eines Bundeslandes auch für mehrere Behörden namhaft gemacht werden ..."
Der Umfang der mit der Ermächtigung übertragenen Aufgaben wird in § 40a Abs. 5 KFG aufgelistet. Weitere Verpflichtungen der Zulassungsstelle finden sich in § 40b Abs. 6 KFG.
Vorauszuschicken ist, dass weder die Erläuterungen zur
19. KFG-Nov (RV 712 BlgNR 20. GP, 37, wonach "ein System der Fahrzeugzulassung durch private Stellen vorgesehen" wird) noch die Literatur (vgl. Thann in "Die Privatisierung der Kraftfahrzeugzulassung" (ZVR 2001, 371 ff)) Ausführungen zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit der gemäß § 40a Abs. 4 KFG namhaft gemachten natürlichen Person enthalten.
Der gegen die Beschwerdeführerin erhobene Vorwurf setzt aber (denknotwendig) voraus, dass sie für die Einhaltung der Vorschriften der §§ 134 Abs. 1 iVm 37 Abs. 2 lit. e KFG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist. Dies ist aber - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - aus folgenden Erwägungen nicht der Fall:
Das Bestimmtheitsgebot des Art. 18 Abs. 1 B-VG verlangt für Strafbestimmungen - aus dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzbedürfnisses - eine besonders genaue gesetzliche Determinierung des unter Strafe gestellten Verhaltens (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 99/03/0144). Ferner ist für Strafbestimmungen auf dem Boden des Art. 7 EMRK im Zusammenhalt mit § 1 Abs. 1 VStG der Grundsatz zu beachten, dass eine Tat nur bestraft werden darf, wenn sie gesetzlich vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war, und strafgesetzliche Vorschriften das strafbare Verhalten unmissverständlich und klar erkennen lassen (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 99/03/0144). Diesen Anforderungen wird § 40a Abs. 4 KFG im Hinblick auf die Normierung einer besonderen strafrechtlichen Verantwortlichkeit der namhaft gemachten natürlichen Person nicht gerecht: § 40a Abs. 4 KFG knüpft an den Antrag der "in Österreich zum Betrieb der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung berechtigten Versicherer" auf Erteilung einer Ermächtigung zur Einrichtung von Zulassungsstellen an und sieht diesbezüglich vor, dass die Ermächtigung zu erteilen ist, wenn ua. nach dessen Z. 1 "auf Grund der namhaft zu machenden verantwortlichen natürlichen Person zu erwarten ist, dass diese" (Anm: Mehrzahl, also die Versicherer) "die für die Ausübung der Berechtigung erforderliche Zuverlässigkeit besitzen". Eine unmissverständliche und klare verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der dort angeführten "verantwortlichen natürlichen Person" enthält diese Regelung aber nicht. Damit handelt es sich auch um keinen Fall der in § 9 Abs. 1 zweiter Halbsatz VStG genannten Möglichkeit ("sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen") einer Abweichung von der grundsätzlichen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit der zur Vertretung nach außen Berufenen des zur Einrichtung von Zulassungsstellen ermächtigten Versicherers.
Dass die Beschwerdeführerin aber in einer dem § 9 Abs. 2 und 4 VStG entsprechenden Weise (inkludierend ihre nachweisliche Zustimmung) zur verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG für die gegenständliche Zulassungsstelle bestellt worden wäre, wird von der belangten Behörde nicht ausgeführt und ist aus den Verwaltungsakten auch nicht zu entnehmen.
Eine Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit durch Bescheid, wie im gegenständlichen Fall von der belangten Behörde ausgeführt, ist dem Gesetz aber fremd.
Da es somit an der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung der Beschwerdeführerin für die ihr zur Last gelegte Tat fehlt, gehen die Ausführungen der belangten Behörde zum Verschulden der Beschwerdeführerin und die dagegen gerichteten Ausführungen in der Beschwerde ins Leere.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren ("Bareinzahlungsgebühr PSK") war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes und der Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG ein Kostenersatz der "Bareinzahlungsgebühr PSK" nicht zusteht.
Wien, am 26. März 2004
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003020202.X00Im RIS seit
16.04.2004Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008