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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §51f Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde des MG in S, vertreten durch DDr. Michael Wagner, Rechtsanwalt in Grödig, Hauptstraße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 25. Februar 2002, Zl. UVS-3/12075/4-2002, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Spruchpunkt 1) (Übertretung nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und im Spruchpunkt 2) (Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. Februar 2002 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 2. November 1999 um 16.00 Uhr an einem näher umschriebenen Ort als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges 1) es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, da er sich von der Unfallstelle entfernt habe, und 2) es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, den Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu melden, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten unterblieben sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen und zwar zu 1) nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO und zu 2) nach § 4 Abs. 5 StVO begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
I) Zu Spruchpunkt 1) des angefochtenen Bescheides:
Unabhängig davon, dass diesem Spruchpunkt dieselbe Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wie dem Spruchpunkt 2) anhaftet (vgl. unten), liegt hier eine (prävalierende) Rechtswidrigkeit des Inhaltes vor, welche zwar vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht wurde, jedoch von Amts wegen aufzugreifen war:
Nach der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. Mai 2001, Zl. 99/03/0373) besteht die im § 4 Abs. 1 lit. c StVO ausgesprochene Verpflichtung nur dann, wenn es bei einem Verkehrsunfall überhaupt zu einer amtlichen Aufnahme des Tatbestandes kommt oder zu kommen hat. Dies ist immer dann der Fall, wenn es sich um einen Unfall handelt, bezüglich dessen eine Verständigungspflicht im Sinne des § 4 Abs. 2 StVO besteht; darüber hinaus aber auch, wenn ein am Unfall Beteiligter die Intervention eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes verlangt oder wenn ein am Unfallort etwa zufällig anwesendes Sicherheitsorgan aus eigenem Antrieb eine Tatbestandsaufnahme vornimmt oder deren Vornahme veranlasst. Im Übrigen kann eine Verpflichtung, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, nicht angenommen werden.
Da es im Beschwerdefall im Hinblick auf einen - von der belangten Behörde angenommenen - Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden nicht zu einer Aufnahme des Tatbestandes kommen musste, es auch tatsächlich nicht dazu gekommen ist und eine solche Tatbestandsaufnahme auch nicht - im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2001) - verlangt wurde, verkannte die belangte Behörde die Rechtslage, wenn sie den Beschwerdeführer trotzdem einer Übertretung des § 4 Abs. 1 lit. c StVO schuldig erkannte.
Der angefochtene Bescheid war somit hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. II) Zu Spruchpunkt 2) des angefochtenen Bescheides:
Der Beschwerdeführer rügt zu Recht die unterbliebene Ladung seiner Person zu der am 31. Jänner 2002 von der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung:
Wenn eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist, dann hindert dies nach § 51f Abs. 2 VStG weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses. Da § 51f Abs. 2 VStG ausdrücklich auf die ordnungsgemäße Ladung abstellt, ist die Verhandlung in Abwesenheit der betreffenden Partei nur zulässig, wenn die Ladung fehlerfrei erfolgt ist; das heißt, jeglicher Mangel der Ladung hindert die Durchführung der Verhandlung in Abwesenheit der Partei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2002, Zl. 98/03/0352). Ein solcher Mangel der Ladung des Beschwerdeführers zur Verhandlung vom 31. Jänner 2002 liegt hier vor:
Was zunächst den Hinweis der belangten Behörde in der Gegenschrift anlangt, im erstinstanzlichen Verfahren seien rechtswirksame Zustellungen (einschließlich des Straferkenntnisses) an die Adresse des Beschwerdeführers in Salzburg, "Sch.-Straße", erfolgt, so wird übersehen, dass der Beschwerdeführer in seiner Berufung eindeutig eine andere Adresse (die als Abgabestelle gemäß § 4 Zustellgesetz anzusehen war), nämlich "c/o Hildegard B. ... G.-Weg 19", Salzburg, angegeben hatte. Dass der Beschwerdeführer dadurch eine Mitteilung der Änderung der Abgabestelle im Sinne des § 8 Abs. 1 Zustellgesetz vornahm, steht außer Zweifel.
Die Ladung an den Beschwerdeführer zur mündlichen Verhandlung am 31. Jänner 2002 an die Adresse "Sch.-Straße" (dass eine Sanierung dieser Zustellung erfolgt ist, wird auch von der belangten Behörde nicht behauptet) war daher mangelhaft, wobei es - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - unerheblich ist, ob der angefochtene Bescheid in der Folge dennoch an die Adresse "Sch.-Straße" zugestellt werden konnte.
Der angefochtene Bescheid war daher in diesem Spruchpunkt gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne dass in das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 26. März 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004020032.X00Im RIS seit
15.04.2004