Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
GSpG 1989 §52 Abs1 Z5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde des MV in D, vertreten durch Dr. Fritz Wennig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 24. Juni 2003, Zl. uvs-2002/11/153-8, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Nach Kontrollen in verschiedenen Lokalen in Lienz betreffend den Betrieb von Spielapparaten wurde der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 29. März 2001 dafür verantwortlich gemacht, "zumindestens am 16. November 2000, im Lokal M in 9990 Nussdorf-Debant, H-Straße 19, einen Spielapparat der Marke Magic Fun Club Master Imperia mit Typenschild ... und sohin einen nach § 25 Abs. 1 Z 3 Tiroler Veranstaltungsgesetz verbotenen Geldspielapparat aufgestellt und betrieben" zu haben.
Über Berufung des Beschwerdeführers wurde dieses Straferkenntnis mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. Juni 2002 dahingehend abgeändert, dass die verhängte Strafe herabgesetzt und der Tatvorwurf insoweit geändert wurde, als dem Beschwerdeführer ausschließlich der Betrieb eines nach § 25 Abs. 1 Z 3 Tiroler Veranstaltungsgesetzes verbotenen Geldspielapparats vorgeworfen wurde.
In der Folge wurde jedoch dieser Bescheid mit Bescheid der belangten Behörde vom 1. Juli 2002 aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt. Begründet wurde die Aufhebung und Einstellung des Verfahrens dahingehend, dass es sich bei dem gegenständlichen Apparat um einen Glücksspielapparat im Sinne des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 620/1989 idgF (in der Folge: GSpG), gehandelt habe. Bei verfassungskonformer Interpretation des Tiroler Veranstaltungsgesetzes sei daher eine Bestrafung auf der Grundlage des Tiroler Veranstaltungsgesetzes ausgeschlossen.
1.2. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 24. Juli 2002 wurde dem Beschwerdeführer sodann, ausgehend vom selben Sachverhalt, vorgeworfen, er habe zumindest am 16.11.2000, im Lokal M in 9990 Nussdorf-Debant, H-Straße 19, einen Spielapparat der Marke Magic Fun Club Master Imperia, mit Typenschild ... und sohin außerhalb einer Spielbank einen Glücksspielapparat, der dem Glücksspielmonopol unterliegt, und bei dem die vermögensrechtliche Leistung des Spielers den Betrag oder den Gegenwert von S 5,-- und die Ausspielung von Gewinnen den Betrag oder den Gegenwert von S 200,-- überstiegen habe, "zugänglich gemacht bzw. betrieben", obwohl das Recht zur Durchführung von Glücksspielen dem Bund vorbehalten und es verboten sei, Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspiel unterliegen, außerhalb einer Spielbank zu betreiben (Veranstalter) oder zugänglich zu machen (Inhaber), wobei der Apparat auch nicht unter die Ausnahmen des Glücksspielmonopols gemäß § 4 Abs. 1 bis 4 Glücksspielgesetz gefallen sei.
Im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides heißt es weiters, dass der Beschwerdeführer dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z 5 iVm § 3 GSpG begangen habe. Gemäß § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.816,-
-, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe von acht Tagen verhängt.
1.3. Der Beschwerdeführer erhob gegen dieses Straferkenntnis Berufung, in welcher er sein Vorbringen in erster Instanz wiederholte und neben Verfahrens- und Begründungsmängeln insbesondere die mangelnde Zuordnung des festgestellten Sachverhaltes zu einem gesetzlichen Tatbestand monierte. Im Bescheid fehlten jegliche Feststellungen, durch welche Handlungen und Unterlassungen der Beschwerdeführer "den Spielapparat" zugänglich gemacht habe. Ähnliches gelte für den Vorwurf des Betreibens.
1.4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde unter Spruchpunkt I. diese Berufung als unbegründet mit der Maßgabe ab, dass im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides die Wortfolgen "zugänglich gemacht bzw." und "oder zugänglich zu machen (Inhaber)" zu entfallen hätten (sodass im Ergebnis die Bestrafung wegen des ersten Tatbildes, des "Betreibens" eines Glücksspielapparates, erfolgte). Vorgeworfen wurde dem Beschwerdeführer nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides "eine Übertretung nach § 52 Abs. 1 Ziff. 5 i.V.m. § 1 Abs. 1, §§ 2, 3 und 4 des Glücksspielgesetzes 1989 i.d.F.
BGBl. I Nr. 59/2001 i.V.m. § 9 Abs. 1 VStG".
Mit Spruchpunkt II. wurde der Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 3 VStG zur Zahlung von 1/24 der der belangten Behörde (für mehrere Glücksspielautomaten insgesamt) erwachsenen Barauslagen, mit Spruchpunkt III. gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens verpflichtet.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des erstinstanzlichen Straferkenntnisses unter der Überschrift "Zum Sachverhalt" aus, dass ein gerichtlich beeideter Sachverständiger ein Gutachten zur Frage, ob es sich bei dem Spielautomaten um einen Glücksspielapparat im Sinne des Glücksspielgesetzes handle, erstattet habe. Nach Darstellung von Befund und Gutachten wurde zu dem im Lokal M aufgestellten Spielautomaten ausgeführt, dass der Sachverständige Testspiele durchgeführt habe. Der Automat habe das Spielprogramm "Magic Fun Poker" aufgewiesen und es hätten sich in dem Spielautomaten ATS 3.820,-- befunden. Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers sei dieses Gutachten mit Schreiben der belangten Behörde vom 9. Jänner 2003 zur Kenntnis gebracht worden. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers habe - abgesehen von der Außerstreitstellung von aufgelaufenen Kosten - mitgeteilt, dass er ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichte. Aus seiner Sicht stehe die Frage im Vordergrund, ob innerhalb der Verjährungsfrist von der Behörde eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt worden sei.
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung ging die belangte Behörde zunächst auf den Einwand der Verjährung ein und wies darauf hin, dass im Schreiben der Behörde erster Instanz vom 13. Dezember 2000 dem Beschwerdeführer bereits die Übertretung des Glücksspielgesetzes vorgeworfen worden sei. Es sei somit innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt worden. Nach Wiedergabe der maßgeblichen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes wurde ausgeführt, auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen stehe fest, dass es sich bei dem im Lokal B aufgestellten Geldspielautomaten um einen Glücksspielapparat im Sinne des Glücksspielgesetzes gehandelt habe. Erwiesen und unstrittig sei, dass der fragliche Glücksspielapparat im Lokal M aufgestellt und zum Tatzeitpunkt funktionstüchtig und spielbereit gewesen sei. Damit sei der Beschwerdeführer als Veranstalter im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG anzusehen.
Aus der Begründung hinsichtlich der Barauslagen ist ersichtlich, dass die Begutachtung insgesamt für 12 Glücksspielautomaten vorgenommen wurde und dass bezüglich dieser 12 Geräte "gleichzeitig auch Bestrafungen der Inhaberin dieser Glücksspielautomaten von der Bezirkshauptmannschaft Lienz ausgesprochen und dagegen Berufungen erhoben" worden seien. Die Barauslagen seien einerseits auf die Inhaberin der 12 Glücksspielautomaten und andererseits auf "die Veranstalter nach der Anzahl der von ihnen betriebenen Glücksspielautomaten" aufzuteilen gewesen.
1.5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
1.6. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. § 2 Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 69/1997, lautet:
"§ 2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele, bei denen der Unternehmer (Veranstalter) den Spielern für eine vermögensrechtliche Leistung eine vermögensrechtliche Gegenleistung in Aussicht stellt.
(2) Eine Ausspielung mittels eines Glücksspielapparates liegt vor, wenn die Entscheidung über Gewinn und Verlust durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung durch den Apparat selbst, also nicht zentralseitig, herbeigeführt oder zur Verfügung gestellt wird.
(3) Ein Glücksspielautomat ist ein Glücksspielapparat, der die Entscheidung über Gewinn und Verlust selbsttätig herbeiführt oder den Gewinn selbsttätig ausfolgt.
(4) Eine Ausspielung liegt auch dann vor, wenn die Möglichkeit zur Erlangung der Gegenleistung (Abs. 1) zwar nicht vom Unternehmer (Veranstalter) erbracht wird, aber von diesem oder einem Dritten entsprechend organisiert, veranstaltet oder angeboten wird."
§ 52 Abs. 1 GSpG in der (im Beschwerdefall nach dem Tatzeitpunkt vom 16. November 2000 anzuwendenden) Fassung BGBl. Nr. 695/1993 - die seit 1. Jänner 2002 und somit im Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses erster Instanz geltende Fassung BGBl. I Nr. 59/2001 ist in Folge des höheren Strafbetrages für den Täter nicht günstiger - lautete auszugsweise:
"§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 300 000 S zu bestrafen,
...
5. wer Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank betreibt (Veranstalter) oder zugänglich macht (Inhaber);
..."
2.2. Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in allen entscheidungserheblichen Umständen jenem, welcher mit Erkenntnis vom 16. Februar 2004, Zlen. 2003/17/0260 bis 0267, entschieden wurde.
Aus den in diesem Erkenntnis angeführten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ergibt sich, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
2.3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, LGBl. II Nr. 333; hinsichtlich des zum Kostenersatz verpflichteten Rechtsträgers vgl. den hg. Beschluss vom 6. Mai 1998, Slg. Nr. 14.889/A. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die geltend gemachte Umsatzsteuer, weil neben den Pauschalsätzen der genannten Verordnung ein Kostenersatz aus dem Titel von Umsatzsteuer nicht zusteht, sowie den unter dem Titel der Barauslagen geltend gemachten Betrag von EUR 0,58, da keine Barauslagen gemäß § 48 Abs. 1 Z 1 VwGG angefallen sind, die der Beschwerdeführer ersetzen hätte müssen.
2.4. Es wird darauf hingewiesen, dass die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden
Wirkung beantragt wird, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 6. September 1978, Zlen. 1902, 1903/78).
Wien, am 29. März 2004
Schlagworte
Anspruch auf Zuerkennung Rechtzeitigkeit VfGH Entscheidung über den AnspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003170277.X00Im RIS seit
20.05.2004