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L82007 Bauordnung Tirol;Norm
BauO Tir 2001 §38 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der D GmbH in W, vertreten durch Dr. Bertram Broesigke und Dr. Wolfgang Broesigke, Rechtsanwälte in 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 14, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 27. Februar 2003, Zl. II-AL- 198e/2002, betreffend die Versagung eines angezeigten Bauvorhabens, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit der am 13. September 2002 eingebrachten Bauanzeige vom 6. September 2002 zeigte die Beschwerdeführerin der Baubehörde die Errichtung von vier Werbeflächen in Form von Plakatanschlagtafeln in näher bezeichneten Ausmaßen an. Über Aufforderung der Behörde reichte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2002 (eingelangt am 8. Oktober 2002) verschiedene (erforderliche) Projektunterlagen nach.
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 13. November 2002 wurde das Vorhaben gemäß § 45 iVm § 5 Abs. 2 und 3 der Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001) untersagt, was (unter Wiedergabe des § 5 Abs. 2 und 3 leg. cit.) damit begründet wurde, dass die gegenständlichen Tafeln (konsenslos) vor der Straßenfluchtlinie errichtet worden seien. Abgesehen davon entsprächen sie auch nicht einer geordneten Bebauung im Sinne der Ziele der örtlichen Raumordnung, den Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes sowie einem qualitätsvollen Orts- und Straßenbild.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in welcher sie vorbrachte, sollten die fraglichen Werbeflächen "wenn überhaupt geringfügig über die Baufluchtlinie ragen", sei dies gemäß § 5 Abs. 2 TBO 2001 rechtens. Somit bestehe kein Widerspruch zu den örtlichen Bauvorschriften. Eine Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes sowie der Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs durch die fraglichen Tafeln sei keinesfalls gegeben.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass es sich hier um freistehende Werbeeinrichtungen handle (wurde näher ausgeführt), die vor der Straßenfluchtlinie situiert und damit unzulässig im Sinne des § 5 Abs. 2 iVm Abs. 3 TBO 2001 seien.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 45 der Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94, lautet
(auszugsweise):
"§ 45
Werbeeinrichtungen, Zulässigkeit und Verfahren
(1) Die Errichtung, Aufstellung und Änderung von frei stehenden Werbeeinrichtungen innerhalb geschlossener Ortschaften ist der Behörde schriftlich anzuzeigen. Der Anzeige sind ein Lageplan, eine Beschreibung der technischen Ausführung und eine planliche Darstellung der betreffenden Werbeeinrichtung in zweifacher Ausfertigung anzuschließen. § 22 Abs. 2 zweiter und dritter Satz gilt sinngemäß.
(2) ...
(3) Die Errichtung, Aufstellung oder Änderung einer anzeigepflichtigen Werbeeinrichtung ist unzulässig, wenn durch die Materialbeschaffenheit, Größe, Form, Farbe oder Lichtwirkung der Werbeeinrichtung das Orts- oder Straßenbild erheblich beeinträchtigt würde.
(4) Die Behörde hat die angezeigte Errichtung, Aufstellung oder Änderung einer Werbeeinrichtung zu prüfen. Ergibt sich dabei, dass das angezeigte Vorhaben nach Abs. 3 unzulässig ist, so hat die Behörde dessen Ausführung innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Anzeige mit schriftlichem Bescheid zu untersagen. Sind zur Wahrung der nach Abs. 3 geschützten Interessen Auflagen, Bedingungen oder eine Befristung notwendig, so hat die Behörde innerhalb derselben Frist die Zustimmung zur Ausführung des angezeigten Vorhabens mit schriftlichem Bescheid mit entsprechenden Auflagen, unter entsprechenden Bedingungen oder befristet zu erteilen. Besteht Grund zur Annahme, dass ein Bescheid nach dem zweiten oder dritten Satz nicht fristgerecht rechtswirksam zugestellt werden kann, so hat ihn die Behörde nach § 23 des Zustellgesetzes ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen.
(5) Wird die Ausführung des angezeigten Vorhabens nicht innerhalb der im Abs. 4 zweiter Satz genannten Frist untersagt oder stimmt die Behörde der Ausführung des angezeigten Vorhabens ausdrücklich zu, so darf es ausgeführt werden. In diesen Fällen hat die Behörde dem zur Ausführung des Vorhabens Berechtigten eine mit einem entsprechenden Vermerk versehene Ausfertigung der eingereichten Unterlagen auszuhändigen.
(6) Im Übrigen gelten § 29 Abs. 1 erster Satz, § 31, § 32 Abs. 1 und 2, § 38 Abs. 1 zweiter Satz, 2, 4 und 5 sowie § 39 Abs. 2 sinngemäß."
Strittig ist im Beschwerdefall, ob die vorgesehene Situierung der (im Übrigen bereits errichteten) Tafeln den Vorgaben des § 5 Abs. 2 iVm Abs. 3 TBO 2001 entspricht.
Darauf kommt es aber nicht an: § 45 TBO 2001 regelt das Anzeigeverfahren und die Zulässigkeit für solche freistehende Werbeeinrichtungen abschließend (siehe dazu die Erläuternden Bemerkungen zum 8. Abschnitt der TBO (damals TBO 1998), welche in der Folge als TBO 2001 wiederverlautbart wurde), wiedergegeben in Wolf, Tiroler Baurecht, mit Erläuterungen nach dem Stande vom 1. 11. 2001, S 153 (ebenso in Wolf, Tiroler Baurecht mit Erläuterungen nach dem Stande 1. 3. 1998, S 136). Der einzige Versagungsgrund, welcher in § 45 Abs. 3 TBO 2001 vorgesehen ist, ist das Vorliegen einer erheblichen Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes (siehe die EB zu § 45 in Wolf, aaO, S 158 (Stand 1.11. 2001) bzw. S 141 (Stand 1. 3. 1998)). Angesichts des Umstandes, dass der Anzeigende gemäß § 45 Abs. 1 TBO 2001 (auch) eine Beschreibung der technischen Ausführung vorzulegen hat, und nach § 38 Abs. 1 leg. cit. "sonstige bauliche Anlagen" (nämlich solche, die nicht baubewilligungspflichtig sind) in einem solchen Zustand zu erhalten sind, dass den Erfordernissen der Sicherheit entsprochen wird (und das Orts-, Straßen- und Landschaftsbild nicht erheblich beeinträchtigt) (widrigenfalls Bauaufträge zu erteilen sind), ergibt sich zwar weiters kraft Größenschlusses, dass die Ausführung eines Vorhabens nach § 45 leg. cit. auch dann zu untersagen ist, wenn es den Erfordernissen der Sicherheit im Sinne des § 38 Abs. 1 leg. cit. nicht entspricht (in diesem Sinne auch Schwaighofer/Sallinger, Handbuch des Tiroler Baurechts2, Anm. 3 zu § 45 TBO). Ob aber die verfahrensgegenständlichen Tafeln über die Straßenfluchtlinie ragen, war nach dem zuvor Gesagten kein Beurteilungskriterium, sodass es rechtswidrig war, die Versagung darauf zu stützen. Die maßgebliche Frage, ob die Tafeln das Orts- und Straßenbild erheblich beeinträchtigen, blieb aber von der belangten Behörde offenbar in Verkennung der Rechtslage ungeprüft.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 30. März 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003060061.X00Im RIS seit
30.04.2004Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008