TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/30 2002/21/0069

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Veröffentlicht am 30.03.2004
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §10 Abs1 Z2;
FrG 1997 §14 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2002/21/0079 Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2003/21/0130 E 31. August 2004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerden 1. des YC, und

2. der SC, beide vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen die Bescheide jeweils des Bundesministers für Inneres vom 22. November 2001, Zl. 130.733/3-III/11/01 (betreffend Erstbeschwerdeführer), und Zl. 130.733/2-III/11/01 (betreffend Zweitbeschwerdeführerin), jeweils betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstbeschwerdeführer ist der Sohn der Zweitbeschwerdeführerin. Beide sind türkische Staatsangehörige. Mit den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wies die belangte Behörde deren am 6. September 2001 gestellten Anträge auf Bewilligung von Erstniederlassungen gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 und § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ab.

Beide Bescheide begründete die belangte Behörde gleichlautend dahin, dass die Beschwerdeführer mit einem bis 14. September 2001 gültigen Visum "C" nach Österreich gereist seien und sich seither durchgehend im Bundesgebiet aufgehalten hätten. Im Zeitpunkt der Antragstellung am 6. September 2001 seien sie entgegen der Bestimmung des § 14 Abs. 2 FrG im Inland gewesen. Sie hätten jedoch ihren Antrag vor der Einreise vom Ausland aus stellen müssen, weil sie keine für die Inlandsantragstellung erforderlichen Voraussetzungen erfüllten. Es liege (auch) der zwingende Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG vor, dem zufolge die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels zu versagen sei, wenn der Aufenthaltstitel - wie hier - zeitlich an den durch ein Reise- oder Durchreisevisum ermöglichten Aufenthalt anschließen und nach der Einreise erteilt werden soll.

Der Gesetzgeber habe bereits bei Erlassung der Bestimmungen des § 14 Abs. 2 FrG auf die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller Rücksicht genommen und die Regelung eines geordneten Zuwanderungswesens über deren persönliche Verhältnisse gestellt. Ein "Eingehen auf eventuelle private und familiäre Interessen" erübrige sich (auch) deswegen, weil das Vorliegen des Versagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG einen zulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Grundrecht darstelle. Die Beschwerdeführer seien zwar Angehörige eines hier lebenden türkischen Arbeitnehmers, hätten jedoch nicht die Genehmigung erhalten, zu dem türkischen Arbeitnehmer zu ziehen und seien somit nicht nach dem "Assoziationsabkommen" berechtigt.

Der Verfassungsgerichtshof hat die gegen diese Bescheide gerichteten Beschwerden nach Ablehnung ihrer Behandlung (Beschlüsse vom 25. Februar 2002) mit weiteren Beschlüssen vom 12. April 2002, B 126/02, und vom 22. April 2002, B 127/02, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die ergänzten Beschwerden wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde erwogen:

Die belangte Behörde zog das Vorbringen der Beschwerdeführer nicht in Zweifel, wonach der Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin und Vater des Erstbeschwerdeführers seit 2. Oktober 1990 durchgehend in Österreich beschäftigt und im Besitz eines bis 31. Dezember 2002 gültigen Befreiungsscheines sei. Seit 4. Juli 1996 sei er unbefristet aufenthaltsberechtigt. Unstrittig sind die Beschwerdeführer mit einem für drei Monate gültigen "Visum C" (Reisevisum, Visum für den kurzfristigen Aufenthalt nach § 6 Abs. 1 Z. 3 FrG) vor der Stellung der Niederlassungsbewilligungsanträge nach Österreich gereist und halten sich seither durchgehend im Inland auf.

Die Abweisung der in Österreich gestellten Anträge auf Erteilung von Niederlassungsbewilligungen stützte die belangte Behörde auf die Versagungsgründe des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG und des § 14 Abs. 2 FrG.

Gemäß § 8 Abs. 1 FrG können Einreise- und Aufenthaltstitel Fremden auf Antrag erteilt werden, sofern diese ein gültiges Reisedokument besitzen und kein Versagungsgrund wirksam wird (§§ 10 bis 12). Ein Versagungsgrund liegt nach § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG vor, wenn der Aufenthaltstitel zeitlich an den durch ein Reise- oder Durchreisevisum ermöglichten Aufenthalt anschließen und nach der Einreise erteilt werden soll. Bei Vorliegen dieses absoluten Versagungsgrundes hat eine Ermessensübung nicht zu erfolgen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2004, Zlen. 2002/21/0138 bis 0140).

Gemäß § 14 Abs. 2 FrG ist - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Die Nichterfüllung dieser Erfolgsvoraussetzung hat die Abweisung des Antrages zur Folge und es kommt auch dabei eine Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 FrG unter Bedachtnahme auf die in Abs. 3 leg. cit. genannten Kriterien nicht in Betracht (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis Zlen. 2002/21/0138 bis 0140).

Der Verwaltungsgerichtshof sprach daher in gleichgelagerten Fällen (so etwa in dem dem bereits zit. Erkenntnis Zlen. 2002/21/0138 bis 0140 zu Grunde liegenden) wiederholt aus, dass die Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung eines mit einem Reisevisum eingereisten und im Inland gebliebenen Angehörigen einer "Ankerperson" unter Heranziehung des § 10 Abs. 1 Z. 2 und § 14 Abs. 2 FrG nicht als rechtswidrig zu beanstanden sei.

Weiters legte der Verwaltungsgerichtshof wiederholt (so auch im bereits zitierten Erkenntnis Zlen. 2002/21/0138 bis 0140, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) auch dar, dass in solchen Fällen die Angehörigen eines türkischen Arbeitnehmers keine Rechte aus dem Beschluss Nr. 1/80 des durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation geltend machen können.

Wie in dem dem bereits wiederholt zitierten Erkenntnis vom 27. Jänner 2004 zu Grunde liegenden Verfahren vermag auch hier der in den Schriftsätzen vom 31. Oktober 2003 vorgetragene Hinweis der Beschwerdeführer auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Oktober 2003, G 119, 120/03, und die darin zitierte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nichts zu ändern. Eine im zitierten Erkenntnis angesprochene Konstellation liegt hier nicht vor. Der im Verwaltungsverfahren behauptete Verlust des Wohnhauses der Beschwerdeführer "bei dem großen Erdbeben in der Türkei" reicht nämlich nicht aus, um das nur in Ausnahmefällen in Anwendung des Art. 8 EMRK zu gewährende Recht auf Familienzusammenführung in Österreich ohne Rücksicht auf die Verwirklichung der genannten Versagungsgründe und ohne Bedachtnahme auf die Quotenpflicht zu begründen.

Da somit den angefochtenen Bescheiden die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 30. März 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002210069.X00

Im RIS seit

04.06.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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