TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/30 2003/06/0037

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Veröffentlicht am 30.03.2004
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Index

L85005 Straßen Salzburg;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
LStG Slbg 1972 §37 Abs1;
LStG Slbg 1972 §37 Abs2;
LStG Slbg 1972 §37 Abs3;
LStG Slbg 1972 §38 Abs1 litc;
LStG Slbg 1972 §38 Abs2;
LStG Slbg 1972 §38;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der LE in S (Frankreich), vertreten durch Mag. Dr. Edwin Mächler, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Glacisstraße 67, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 10. Jänner 2003, Zl. 1/02-38.271/2- 2003, betreffend die Bildung einer Weggenossenschaft und die Genehmigung ihrer Satzung (mitbeteiligte Parteien:

1. Interessentenweggenossenschaft L-Weg, vertreten durch DI MH in Z, 2. Stadtgemeinde Z, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Genehmigung der Satzung betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der verfahrensgegenständliche L-Weg ist eine Aufschließungsstraße (Sackstraße) im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde, welche an der T-Landesstraße (L 247) beginnt. Dem Katasterplan zufolge grenzt der Weg nur mit einem schmalen Stück an die L 247, im Übrigen befindet sich zwischen dem Beginn des Weges und der L 247 eine zwickelförmige Spitze des Grundstückes Nr. 715. Gemäß den Plänen besteht der Weg katastral zunächst aus dem Grundstück Nr. 719/6 und sodann aus dem Grundstück Nr. 719/3. Der Weg dient zur Aufschließung verschiedener Grundstücke, deren Eigentümern entsprechende Wegedienstbarkeiten zukommen.

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines zu Beginn des Weges gelegenen Grundstückes. Um zu diesem zuzufahren, muss sie, von der T-Landesstraße kommend, den Weg auf einer Länge von (wie sie vorbringt) etwa 10 m befahren.

Mit dem an die mitbeteiligte Gemeinde gerichteten Schreiben vom 8. Jänner 1998 (Einlaufstampiglie vom 15. Jänner 1998) brachten die H Bau Gesellschaft mbH & Co KG sowie die H Baugesellschaft mbH als (je zur Hälfte) Eigentümerinnen des Grundstückes Nr. 719/6 (1. Teil des Weges) vor, es werde zwecks Erhaltung des Weges die Bildung einer Interessentenweggenossenschaft unter Einbeziehung der Eigentümer der durch den Weg verkehrsmäßig aufgeschlossenen, näher bezeichneten Grundstücke, beabsichtigt. Es werde daher an die zuständige Straßenrechtsbehörde der Antrag gerichtet, die Bildung der Genossenschaft zu bewirken. Es sei vorgesehen, dass nach der rechtskräftigen Gründung der Interessentenweggenossenschaft das Weggrundstück Nr. 719/6 in das Eigentum der Genossenschaft übertragen werde.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde als Straßenrechtsbehörde erster Instanz beraumte eine mündliche Verhandlung für den 3. Juni 1998 an. Die Beschwerdeführerin äußerte sich ablehnend. In dieser Verhandlung kam es zu einer Erörterung der Angelegenheit.

Mit Verordnung der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 20. September 1999 wurde der erste Abschnitt des Weges (Grundstück Nr. 719/6) unter der Bezeichnung "Interessentenstraße L-Weg" zur öffentlichen Interessentenstraße erklärt. Die Verordnung wurde vom 2. bis 29. November 1999 an der Amtstafel der Gemeinde angeschlagen.

Mit Erledigung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 21. Dezember 1999 wurde zwecks Gründung der Genossenschaft, Einbeziehung der betroffenen Grundstücke und Festlegung der Satzung einschließlich der Festlegung des Anteilsschlüssels sowie Bestellung der Organe eine Verhandlung für den 5. Jänner 2000 anberaumt. Die Beschwerdeführerin äußerte sich abermals ablehnend und verwies insbesondere darauf, dass sie lediglich die ersten knapp 10 m des ca. 350 m langen Weges benütze, und ihr Haus überdies nur als Zweitwohnsitz diene. Die Einbeziehung in eine Weggenossenschaft wäre für sie (insbesondere angesichts einer künftighin erfolgenden Verbreiterung oder auch Beleuchtung des Weges) nur nachteilig.

In der Verhandlung vom 5. Jänner 2000, an welcher die Beschwerdeführerin und eine weitere Grundeigentümerin nicht teilnahmen, bekräftigten die übrigen anwesenden Grundeigentümer "ihren Willen zur Gründung der Genossenschaft", sowie "sämtliche Grundstücke bzw. Eigentümer jener Grundstücke die über den L-Weg erschlossen sind, in die Genossenschaft aufzunehmen", beschlossen die Satzung der Genossenschaft und wählten Organe.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 16. Mai 2000 wurde gemäß § 37 Abs. 3 des Salzburger Landesstraßengesetzes 1972 (kurz: LStG) auf Grundlage der Verordnung der Gemeindevertretung vom 20. September 1999 und der Interessentenversammlungen vom 19. Juni 1998 und 5. Jänner 2000 die Interessentenweggenossenschaft mit der Bezeichnung L-Weg gebildet, die Genossenschaftsmitglieder (darunter auch die Beschwerdeführerin) bezeichnet (es sind dies zwölf Personen als Eigentümer bzw. Miteigentümer von insgesamt neun Grundstücken), die in der Versammlung vom 5. Jänner 2000 beschlossene Satzung gemäß § 38 Abs. 2 LStG genehmigt, und die Einwendungen der in die Genossenschaft einbezogenen Beschwerdeführerin und einer weiteren Grundeigentümerin als unbegründet abgewiesen. Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, wurde dies nach Darstellung des Verfahrensganges zusammengefasst damit begründet, dass das Grundstück der Beschwerdeführerin ausschließlich über den Interessentenweg erschlossen werde, womit die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die Genossenschaft gegeben seien. Der Umstand, dass ihr ein Geh- und Fahrtrecht über diesen Weg zustehe, vermöge daran nichts zu ändern. Das unterschiedliche Maß des Erschließungsinteresses im Verhältnis zu anderen Interessen habe sich lediglich im Beitragsanteil auszudrücken, berühre jedoch nicht das Erschließungsinteresse dem Grunde nach.

Der im Beschwerdeverfahren maßgebliche § 6 der Satzung hat

folgenden Wortlaut:

"§ 6

Beitragsschlüssel, Beitragsanteile

(1) Die Straßenbaulast und die Kosten der Verwaltung für eine öffentliche Interessentenstraße sind (soweit sie nicht anderweitig abgedeckt werden können) von den Interessenten nach folgendem Beitragsschlüssel zu tragen:

 

Anteile

Einfamilienhaus

1

Zweifamilienhaus

nicht vorhanden

Privatzimmervermietung

nicht vorhanden

Frühstückspension

nicht vorfanden

Jausenstation

nicht vorhanden

landwirtschaftlich genutzte Flächen, pro ha

nicht vorhanden

Wald

nicht vorhanden

Unbebaute Grundstücke

0

Zwecks Berücksichtigung der Intensität der Nutzung hinsichtlich der Weglänge sowie der Nutzungsart (Hauptwohnsitz, Ferienwohnsitz) werden weiters folgende Kriterien festgelegt:

Der gesamte Wegverlauf wird in drei Abschnitte unterteilt und zwar in den Abschnitt beginnend mit dem Straßenrand der T...straße bis 100 m, von 100 bis 200 m sowie den restlichen Straßenverlauf.

Die Anteilsbewertung für die ersten 100 m entspricht den grundsätzlichen Festlegungen, für den Abschnitt von 100 bis 200 m verdoppeln sich die Anteile und für den Rest des Straßenverlaufes verdreifachen sich die grundsätzlich festgelegten Anteile.

Weiters ist bei den als Zweit- bzw. Ferienwohnsitz genutzten Objekten von einer durchschnittlichen Nutzung von 2 Monaten pro Kalenderjahr auszugehen. Dies bedeutet, dass bezüglich der oben festgelegten Anteile für diese Nutzungsart jeweils ein Sechstel zur Anwendung gelangt.

     (2)        Aufgrund dieses Schlüssels sind die

Beitragsanteile der einzelnen Mitglieder durch den Ausschuss

festzusetzen.

     (3)        Haben sich die Verhältnisse, die für die

Festsetzung der Beitragsanteile maßgebend waren, wesentlich geändert, so sind die Beitragsanteile durch den Ausschuss neu festzusetzen. Jedem Interessenten steht ein Antragsrecht auf eine solche Neufestsetzung zu.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen den erstinstanzlichen Bescheid Berufung, in welcher sie unter anderem vorbrachte, die Bildung der Genossenschaft sei verfehlt, ihre Einbeziehung rechtswidrig, ebenso der ihr zugeordnete Anteil: Der Weg sei in drei Abschnitte unterteilt worden, und zwar bis 100 m, von 100 bis 200 m, sowie den restlichen Straßenverlauf. Dieser Verteilungsschlüssel sei im Hinblick auf die verfassungsgerichtliche Judikatur grob gleichheitswidrig, weil die Beschwerdeführerin selbst gegenüber den Anrainern des ersten Wegabschnittes zum Zweck der Zufahrt zu ihrer Liegenschaft "eine um ca. 1/10 (!) geringere Wegstrecke" benütze als die anderen Genossenschaftsmitglieder (gemeint wohl: bezogen auf den ersten Abschnitt nur 1/10 der Wegstrecke benütze). Es gehe nicht an, den "üblichen Kostenverteilungsschlüssel" ohne Bezugnahme auf die konkrete Situation auf die Beschwerdeführerin und die gesamte Weggenossenschaft anzuwenden. Der Verwaltungsgerichtshof sehe als wesentliches Kriterium für die Ermittlung des Kostenverteilungsschlüssels die Art und Intensität des Verkehrs an. Selbst wenn innerhalb des ersten Wegabschnittes nun die restlichen Anrainer des ersten Verkehrsabschnittes eine wesentlich längere Wegstrecke benützen müssten als die Beschwerdeführerin, habe die Behörde erster Instanz auf diesen Grundsatz nicht ausreichend Bedacht genommen. Die Beschwerdeführerin sei natürlich mit der von ihr benützten Wegstrecke in Relation zu den anderen Anrainern der übrigen Abschnitte des Weges zu setzen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte daher die Behörde den gesamten Wegeverlauf in mehr als drei Abschnitte unterteilen müssen, was für die Beschwerdeführerin einen wesentlich geringeren Anteil an den Erhaltungskosten mit sich gebracht hätte.

Mit Berufungsbescheid vom 5. März 2002 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Voraussetzungen für die Bildung einer Weggenossenschaft vorlägen. Die von der Beschwerdeführerin gewünschte Einbeziehung auch des Grundstückes Nr. 719/3 (Fortsetzung des Weges) würde "völlig am Sinn einer Genossenschaftsbildung vorbeigehen". Es handle sich dabei nur um eine "private interne Grundstücksaufschließungsstraße" der Eigentümerin S. P., wobei sämtliche diesen Wegteil umschließenden Grundstücke in deren Eigentum stünden. Allerdings sei diese ohnedies als Mitglied in die Genossenschaft aufgenommen worden, weil ihre Grundstücke ausschließlich über diesen Weg erreichbar seien. Die Behauptung, der L-Weg grenze nicht an die L 247, sei "schlicht falsch". Aus der Katastralmappe sei klar ersichtlich, dass eine "unmittelbare Angrenzung" gegeben sei, wenngleich es richtig sei, dass ein Zwickel des Grundstückes Nr. 715 hiezu zu benützen sei, wenn von der L 247 in den L-Weg eingefahren werde und umgekehrt. Daraus könne jedoch "nicht ernsthaft der Schluss" gezogen werden, der L-Weg vermittle nicht den Verkehr zum öffentlichen Verkehrsnetz. Selbstverständlich ändere "dieser rein privatrechtliche Aspekt nichts daran", dass der öffentliche Verkehr dieser Siedlung L-Weg mit der öffentlichen Straße L 247 unmittelbar vermittelt werde.

Ginge es nach den Vorstellungen der Beschwerdeführerin, wäre der Kostenverteilungsschlüssel "nach 10 m Abschnitten einzuteilen". Die Behauptung, der getroffene Verteilungsschlüssel wäre grob gleichheitswidrig, könne nicht nachvollzogen werden. Die Unterteilung in drei Abschnitte und der damit verbundenen unterschiedlichen Anteile, wie sie im § 6 Abs. 1 der Satzungen ersichtlich seien, "beinhaltet vielmehr eine maßvolle Berücksichtigung des Erschließungsinteresses". Dies werde auch dadurch unterstrichen, dass auf die Nutzungsintensität durch die Berücksichtigung der Nutzung als Zweitwohnsitz mit der fiktiven Annahme eines zweimonatigen Aufenthalts pro Jahr bei der Bemessung der Anteilspflichten in den Satzungen Bedacht genommen worden sei. Damit habe sowohl der Solidargedanke, der dem Genossenschaftswesen inneliege, als auch das Erschließungsinteresse der einzelnen Mitglieder "maßvoll in die Festlegung der Anteile Eingang gefunden".

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.

Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, wurde dies zusammengefasst damit begründet, bei der Erklärung eines Weges zur Interessentenstraße handle es sich um einen generellen Verwaltungsakt, nämlich um eine Verordnung. Der Weg grenze zwar an die L 247, jedoch sei eine Zufahrt in den Weg nur über das Grundstück Nr. 715 möglich. Darauf komme es aber im Beschwerdefall nicht an. Zweck und Aufgabe einer Interessentenstraße sei es, den Verkehr zwischen kleineren Siedlungen, oder von mehreren in Streulage liegenden Objekten oder Anlagen zu höherrangigen Straßen zu vermitteln. Genau diese Aufgabe erfülle aber der Weg, unabhängig davon, ob er direkt an die L 247 anschließe oder nicht. Die Beschwerdeführerin sei zu Recht in die Genossenschaft einbezogen worden, weil ihr Grundstück über den Weg erschlossen werde.

Auch könne der Auffassung der Beschwerdeführerin, die Festsetzung des Kostenverteilungsschlüssels sei grob ungleich erfolgt, nicht beigetreten werden. Es sei nicht Aufgabe der Straßenrechtsbehörde, diesen Schlüssel festzusetzen, sondern es sei dies Aufgabe der Genossenschaft selbst. Wie den Akten und der Satzung zu entnehmen sei, sei die für die Kostenaufteilung erforderliche Abwägung von Art, Ausmaß und Intensität der Straßenbenützung entsprechend vorgenommen und im Beitragsschlüssel berücksichtigt worden. Um Ausmaß und zurückgelegte Wegstrecke im Beitragsschlüssel entsprechend zu würdigen, sei der Weg in drei Abschnitte unterteilt worden. Ebenso sei in der Satzung festgelegt worden, bei Zweit- bzw. Ferienwohnsitzen von einer Nutzungsdauer von zwei Monaten im Jahr auszugehen und den Erhaltungsbeitrag somit entsprechend zu reduzieren. Art und Intensität der Straßenbenützung fänden in diesem Punkt ihren Niederschlag im Kostenverteilungsschlüssel. Ein Widerspruch zum Salzburger Landesstraßengesetz 1972 und zur Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts könne hier nicht erblickt werden; die Genehmigung der Satzung sei daher zu Recht erfolgt. Der Vorwurf, die Genossenschaft habe hier einen ungerechten bzw. einen grob ungleichen Kostenverteilungsschlüssel beschlossen und zur Genehmigung vorgelegt, sei daher nicht nachvollziehbar. Wenn die Beschwerdeführerin die Meinung vertrete, die benützte Wegstrecke sei im Beitragsschlüssel zu wenig berücksichtigt worden, weshalb der Kostenverteilungsschlüssel entsprechend zu ändern wäre, so habe dies, weil es sich bei dieser Angelegenheit um eine Satzungsänderung handle, durch die Genossenschaft selbst zu erfolgen. In diesem Zusammenhang dürfe auf § 6 Abs. 3 der Satzung verwiesen werden, wonach ein Antragsrecht auf Neufestsetzung des Beitrages jedem Interessenten zustehe.

Ergänzend sei hinzuzufügen, dass, sollte das Vorbringen in der Vorstellung so zu verstehen sein, wonach allenfalls anderen Genossenschaftsmitgliedern ein zu geringer Anteil zugemessen worden sei (etwa auf Grund einer fehlerhaften Anwendung des Beitragsschlüssels), dies keine Verletzung von subjektivöffentlichen Rechten der Beschwerdeführerin darstelle.

Die Vorstellung sei daher als unbegründet abzuweisen gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligte Gemeinde hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Salzburger Landesstraßengesetz 1972 (LStG), LGBl. Nr. 119/1972 in der Fassung LGBl. Nr. 70/1973, anzuwenden. Zwar ist am 1. Oktober 2001, also während des Berufungsverfahrens, die Landesstraßengesetz-Novelle 2001, LGBl. Nr. 92, (mit welcher unter anderem die Rechtsverhältnisse hinsichtlich der Interessentenstraßen umfassend neu geregelt wurden) in Kraft getreten, nach ihren Übergangsvorschriften (§ 47 Abs. 6 LStG idF dieser Novelle) sind aber auf die Bildung von Genossenschaften, deren Satzungen von der Vollversammlung zum 1. Oktober 2001 bereits beschlossen sind (was im Beschwerdefall zutrifft), die bisher geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

Für die Beurteilung des vorliegenden Beschwerdefalls sind folgende Bestimmungen des Salzburger Landesstraßengesetz 1972, LGBl. 1972/119 i.d.F. LGBl. 1973/70, maßgeblich:

"§ 4

(1) Straßenrechtsbehörde im Sinne dieses Gesetzes ist ... c) die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich in den Angelegenheiten der sonstigen Straßen.

VII. Abschnitt

Von den öffentlichen Interessentenstraßen

§ 37

(1) Die Interessentenstraßen vermitteln den öffentlichen Verkehr von Siedlungen mit den öffentlichen Straßen und erlangen und verlieren ihre Eigenschaft als öffentliche Interessentenstraßen durch Verordnung der Straßenrechtsbehörde.

(2) Der Bau einer Interessentenstraße oder die Übernahme einer bestehenden Straße als Interessentenstraße und die Erhaltung der Straße kommt einer Weggenossenschaft derjenigen zu, in deren Interesse die Straße errichtet wird oder besteht.

(3) Die Bildung und Auflassung der Genossenschaft und die Bezeichnung ihrer Mitglieder ist mit Bescheid der Straßenrechtsbehörde zu bewirken.

§ 38

(1) Die Genossenschaft muss Satzungen haben. Sie haben Vorschriften zu enthalten über

a)

Name, Zweck und Sitz der Genossenschaft;

b)

Einberufung der Vollversammlung und des Ausschusses, Wirkungskreis dieser und des Obmannes (Geschäftsführers);

              c)              die Mitgliedschaft zur Genossenschaft, darunter die Rechte und Pflichten der Mitglieder und den Schlüssel der Verteilung der Kosten des Baues und der Erhaltung der Straße;

              d)              die Erfordernisse gültiger Beschlussfassungen, Ausfertigungen und Bekanntmachungen.

(2) Die Satzungen und ihre Änderungen sind von den Mitgliedern der Genossenschaft in einer Versammlung nach den Grundsätzen der für die Gemeindevertretung geltenden Beschlusserfordernisse zu beschließen und unterliegen der Genehmigung durch die Straßenrechtsbehörde. Die Einberufung und der Vorsitz dieser Versammlung obliegt der Straßenrechtsbehörde. Kommt innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach Wirksamkeitsbeginn der im § 37 Abs. 1 angeführten Verordnung ein Beschluss der Mitglieder der Genossenschaft nicht zustande, so hat die Straßenrechtsbehörde die Satzungen durch Bescheid mit der Maßgabe zu erlassen, dass die Rechte und Pflichten der Mitglieder und der Schlüssel der Verteilung der Kosten des Baues und der Erhaltung der Straße nach dem durch die Zweckwidmung der erschlossenen Grundstücke gegebenen Interesse an der Straße zu bestimmen sind.

(3) ...

(4) Die Genossenschaft erlangt für den öffentlichen und privaten Verkehr rechtlichen Bestand, sobald ihre Satzungen von der Straßenrechtsbehörde genehmigt worden sind.

..."

Die Beschwerdeführerin bringt vor, der angefochtene Bescheid sei aufzuheben, "weil der Gegenstand der Interessentenweggenossenschaft nicht über das öffentliche Straßenverkehrsnetz erschlossen ist und der L-Weg gar nicht in seiner Gesamtheit einbezogen worden ist in die Genossenschaft". Diese Auffassung trifft nicht zu, wie die Behörden des Verwaltungsverfahrens bereits zutreffend ausgeführt haben. Jedenfalls kann nicht gesagt werden, dass der erste Abschnitt des Weges, welcher zur Interessentenstraße erklärt wurde, nicht im Sinne des § 37 Abs. 1 LStG den öffentlichen Verkehr von Siedlungen mit den öffentlichen Straßen vermittelte. Eine zwingende Notwendigkeit, den zweiten Teil des Weges (Grundstück Nr. 719/3) einzubeziehen, ist nicht ersichtlich, weil dieses Grundstück als Weg ja nicht selbst aufgeschlossen wird, sondern nur der Aufschließung des umgebenden Grundstückes Nr. 719/1 dient, und die Eigentümerin dieses Grundstückes ohnedies in die Genossenschaft einbezogen wurde.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist es für die Bildung einer Interessentenweggenossenschaft mangels entsprechender Anordnung des Gesetzes auch nicht erforderlich, dass hiedurch eine nicht schon bestehende Erschließung erfolge oder aber eine zusätzliche Erschließung von Grundstücken. Da das Grundstück der Beschwerdeführerin durch diesen Weg erschlossen wird, wurde sie auch zutreffend in die Genossenschaft einbezogen. Der Umstand, dass es ihr schon auf Grund von privatrechtlichen Vereinbarungen gestattet ist, den Weg zu benützen, vermag daran nichts zu ändern (siehe das hg. Erkenntnis vom 15. September 1994, Zl. 94/06/0046).

Zutreffend hat schon die erstinstanzliche Behörde darauf verwiesen, dass sich das unterschiedliche Maß des Erschließungsinteresses im Verhältnis zu anderen Interessenten im Beitragsanteil ausdrückt (vgl. abermals das zuvor genannte hg. Erkenntnis Zl. 94/06/0046, mwN). Die Beschwerdeführerin bringt der Sache nach vor, § 6 Abs. 1 der Satzung werde dem nicht gerecht. Diesem Vorbringen kann Berechtigung nicht abgesprochen werden.

Rechtlich verfehlt ist die Auffassung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, die Beschwerdeführerin sei mit diesem Einwand auf die Möglichkeit einer Satzungsänderung zu verweisen, zumal dies (nach allgemeinen Grundsätzen wie auch) nach § 6 Abs. 3 der Satzung nur bei einer Änderung der Verhältnisse in Betracht käme. Vielmehr geht es darum, ob § 6 Abs. 1 der Satzung sachgerecht ist oder nicht. Aus dem Blickwinkel des Grundsatzes, dass sich das unterschiedliche Maß des Erschließungsinteresses im Verhältnis zu anderen Interessenten im Beitragsanteil auszudrücken hat, ist nicht ersichtlich, weshalb unbebauten Grundstücken, die durch den Weg erschlossen werden (dass es solche gibt, ist gemäß § 6 Abs. 1 der Satzung anzunehmen, wenngleich diese nicht näher bezeichnet sind) null Anteile, also überhaupt keine Anteile, zugemessen werden. Dies bedürfte einer näheren Begründung, wohl auch entsprechender Feststellungen, etwa hinsichtlich ihrer Bewirtschaftung, was aber nicht erfolgte. Weiters kann vorweg dem Argument der Beschwerdeführerin, sie benütze überhaupt nur die ersten 10 Meter des Weges (wozu es ebenfalls keine Feststellungen gibt) von vornherein Berechtigung nicht abgesprochen werden. Mangels näherer Begründung ist nämlich nicht ersichtlich, weshalb bei dieser - behaupteten - Ausgangslage der ihrer Liegenschaft zugeordnete Anteil gleich hoch sein soll wie jener allfälliger anderer, dem ersten Teilabschnitt zugeordneten Interessenten (auch zur Verteilung der verschiedenen Interessenten auf die verschiedenen Teilabschnitte fehlen nähere Feststellungen), mit anderen Worten, ihr Erschließungsinteresse so zu quantifizieren ist, als ob sie die gesamten ersten 100 m des Weges zur Erschließung ihrer Liegenschaft zu benützen hätte. Eine abschließende Beurteilung, ob der in der Satzung vorgesehene Beitragsschlüssel zum Nachteil der Beschwerdeführerin nicht entsprechend sachgerecht ist, ist daher für den Verwaltungsgerichtshof bei der gegebenen Verfahrenslage noch nicht möglich. Da die belangte Behörde dies, insbesondere ausgehend von ihrer unzutreffenden Auffassung, die Beschwerdeführerin auf die Möglichkeit einer Satzungsänderung zu verweisen, verkannte, belastete sie insofern den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Zusammenfassend war daher die Beschwerde, soweit sie die Bildung der Interessentenweggenossenschaft und die Einbeziehung der Beschwerdeführerin in diese Genossenschaft bekämpft, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Im Übrigen, also hinsichtlich der Genehmigung der Satzung, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. März 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003060037.X00

Im RIS seit

10.05.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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