Norm
MRK Art5 Abs1 litc III4d1Rechtssatz
EGMR 24.9.1992, 48/1991/300371 (Herczegfalvy gg Österreich)
1. Bis zum Urteil 1.Instanz ist Untersuchungshaft auch dann ausschließlich unter Art 5 Abs 1 c MRK zu subsumieren, wenn sie in der Form der vorläufigen Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik vollzogen wird. Die Anwendbarkeit von Art 5 Abs 1 c lebt nach Aufhebung des Urteils durch eine Rechtsmittelentscheidung im zweiten Rechtszug wieder auf, wenn die Untersuchungshaft auch dann noch andauert.
2. Wenn ein Strafverfahren wegen mangelnder Zurechnungsfähigkeit nicht zu einer Verurteilung, sondern zur Anordnung der Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt führt, ist diese ausschließlich unter Art 5 Abs 1 e MRK zu subsumieren, und zwar auch schon vor Rechtskraft des Urteils, selbst wenn dieses in der Folge durch eine Rechtsmittelentscheidung aufgehoben wird.
3. Die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Unterbringung gemäß Art 5 Abs 4 MRK muß in Übereinstimmung mit den materiellrechtlichen und mit den Verfahrensbestimmungen des nationalen Rechts erfolgen und das Ziel des Art 5 beachten, den Einzelnen gegen Willkür zu schützen. Dies bedeutet, daß die gerichtlichen Entscheidungen rasch und in angemessenen Abständen ergehen müssen. Die letztgenannte Bedingung ist nicht erfüllt, wenn bei einer gesetzlich vorgesehenen jährlichen Überprüfung die tatsächlichen Entscheidungen im Abstand von 15 Monaten bzw 2 Jahren ergehen und in der Zwischenzeit gestellte Enthaftungsanträge unerledigt bleiben.
Veröff: EuGRZ 1992,535
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:AUSL000:1992:RS0105557Im RIS seit
15.06.1997Zuletzt aktualisiert am
13.10.2011