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27/01 Rechtsanwälte;Norm
RAO 1868 §16 Abs4 idF 1999/I/071;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Dr. A D in R, gegen den Bescheid des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 4. April 2002, Zl. VS 97-1262, betreffend Vergütung von Verfahrenshilfeleistungen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Tiroler Rechtsanwaltskammer Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 25. Juli 1997 wurde dem vor einem Schöffengericht dieses Gerichtes angeklagten M. D. nach § 41 Abs. 2 StPO ein Rechtsanwalt als Verteidiger beigegeben.
Mit Bescheid der Abteilung I des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 28. Juli 1997 wurde der Beschwerdeführer, welcher als Rechtsanwalt tätig und Mitglied der Tiroler Rechtsanwaltskammer ist, in der näher bezeichneten Strafsache zum Vertreter des Beschuldigten M. D. bestellt.
Mit Eingabe vom 17. April 2000 beantragte der Beschwerdeführer unter Beifügung eines Kostenverzeichnisses die Auszahlung der ihm für seine Vertretungsleistungen in dieser Strafsache gebührenden angemessenen Belohnung in 3 Teilbeträgen, nämlich errechnet vorerst bis einschließlich der Verhandlung am 29. Februar 2000, sodann bis zur Urteilsverkündung 1. Instanz und letztlich nach Vorliegen des rechtskräftigen Urteils den restlichen Anspruch.
Mit Bescheid der Abteilung I des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 29. Jänner 2001 wurde dem Beschwerdeführer ein Vorschuss in Höhe von S 444.000,-- inkl. USt auf die angemessene Vergütung für seine Leistungen als Verfahrenshelfer im näher bezeichneten Verfahren des Landesgerichtes Innsbruck gewährt und das darüber hinausgehende Begehren abgewiesen. Dieser Bescheid blieb unangefochten.
Mit Eingabe vom 28. November 2001 beantragte der Beschwerdeführer unter Beifügung einer Gesamtaufstellung der in dem bezeichneten Strafverfahren erbrachten Leistungen in Form eines Kostenverzeichnisses die endgültige Bestimmung der an ihn zu leistenden Vergütung im Gesamtbetrag von S 2.436.356,88 inkl. USt abzüglich des bereits erhaltenen Vorschusses. Dabei verrechnete der Beschwerdeführer für jede Verhandlung 100 % Einheitssatz, für die Einbringung eines Beweisantrages und das Zuwarten am 28. Februar 2000 einen Streitgenossenzuschlag von 100 % der Nettogesamtsumme, einen 20%igen Info-Zuschlag sowie - infolge des rechtskräftigen Freispruchs seines Mandanten - einen 50%igen Erfolgszuschlag.
Mit Bescheid der Abteilung I des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 19. Dezember 2001 wurde die an den Beschwerdeführer zu leistende Vergütung gemäß § 16 Abs. 4 RAO für die in oben bezeichneter Strafsache erbrachten Leistungen insgesamt mit S 532.097,10 inkl. USt, der restliche Auszahlungsbetrag sohin mit S 88.097,10 festgesetzt und das Mehrbegehren abgewiesen.
Begründend führte die Behörde erster Rechtsstufe im Wesentlichen aus, gemäß § 16 Abs. 3 RAO habe der zum Verfahrenshelfer bestellte Rechtsanwalt unter den dort genannten Voraussetzungen Anspruch auf eine angemessene Vergütung für alle Leistungen, die innerhalb eines Jahres mit mehr als 10 Verhandlungstagen oder insgesamt mehr als 50 Verhandlungsstunden erbracht worden seien. Die ersten 50 Stunden seien in der vor einem Schöffengericht abgehaltenen Hauptverhandlung vom 15. Februar 2000 und 25. Februar 2000 erbracht worden; darüber hinaus wurden in den Hauptverhandlungen vom 25. Februar 2000 (Rest), 28. Februar 2000, 29. Februar 2000,
21. bis 24. März 2000, 28. März bis 31. März 2000, 4. April bis 7. April 2000 und am 14. April 2000 insgesamt weitere 54 Stunden (108/2) erbracht. Daraus errechne sich ausgehend von den Bestimmungen der AHR eine Vergütung ohne jegliche Zuschläge von
S 211.140,--. Dabei sei der Zuspruch des Einheitssatzes in Höhe von 50 % aufgrund der tariflichen Bestimmungen angemessen. Im Hinblick auf das umfangreiche und viele Aktenbände umfassende Großverfahren mit zahlreichen Privatbeteiligtenanschlüssen und immensem Vorbereitungsaufwand sei auch der Zuschlag nach § 4 AHR gerechtfertigt. Da das Verfahren für den Beschuldigten M. D. mit Freispruch geendet habe gebühre auch ein 50 %iger Zuschlag nach § 12 AHR. Ein weiterer Zuschlag aufgrund der Privatbeteiligungen habe jedoch nicht zu erfolgen, weil aufgrund des Freispruchs mit der Abwehr der Privatbeteiligtenansprüche allein keine Mehraufwendungen verbunden gewesen seien. Ein 100 %iger Einheitssatz erscheine nicht angemessen, da der Kanzleisitz des Beschwerdeführers zwar außerhalb Innsbrucks liege, jedoch de facto keine größere Entfernung zurückzulegen sei als durch die innerhalb des Stadtgebietes von Innsbruck ansässigen Kollegen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde, in welcher er im Wesentlichen die unrichtige Anwendung des § 7 Abs. 2 und § 10 Abs. 4 und 5 AHR sowie die Unterlassung einer entsprechenden Auseinandersetzung mit den von ihm geltend gemachten Ansprüchen auf 100 %igen Einheitssatz und auf Ersatz der Wartezeiten rügte.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Vorstellung als unbegründet ab. Begründend führte sie - soweit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch von Relevanz - aus, die Bestimmung des § 16 Abs. 4 RAO bilde die Rechtsgrundlage für den Anspruch eines nach § 45 oder § 45a RAO bestellten Rechtsanwaltes auf eine angemessene Vergütung für seine Leistungen, wenn diese innerhalb eines Jahres mehr als 10 Verhandlungstage oder insgesamt mehr als 50 Verhandlungsstunden ausmachten. Bei Festsetzung der Vergütung könnten die AHR bzw. das RATG lediglich Richtschnur sein. Eine Festsetzung der Vergütung exakt in der Höhe des tariflich Verrechenbaren sei damit nicht gefordert. Unter diesem Gesichtspunkt erscheine es auf Grund der Höhe des Gesamtvergütungsanspruchs nicht sachgerecht, längere Zuwartezeiten zusätzlich zu honorieren. Gleiches gelte auch für den Antrag auf Akteneinsicht, der ohne weiteres auch mündlich hätte gestellt werden können. Die Zuerkennung des doppelten Einheitssatzes würde, auch wenn er tariflich verrechenbar sei, zu einer eklatanten Ungleichbehandlung im Verhältnis zu den anderen im gegenständlichen Strafverfahren tätigen Verfahrenshelfern führen, so dass bei der Angemessenheitsprüfung nur von einem 50 %igen Einheitssatz auszugehen gewesen sei. Der Mehraufwand - dies gelte auch für den zutreffend nicht zuerkannten Streitgenossenzuschlag - werde ohnehin durch den zuerkannten 20 %igen Zuschlag nach § 4 AHR angemessen kompensiert.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die, zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 24. September 2002, B 966/02-5, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur weiteren Entscheidung abgetretene und über dessen Auftrag ergänzte Beschwerde, in welcher die unrichtige Anwendung des § 7 Abs. 1 und 2, § 9 Abs. 1 Z. 3, § 10 Abs. 4 und § 11 AHR in Verbindung mit § 23 lit. d, aa RATG und § 23 Abs. 5 RATG (betreffend Streitgenossenzuschlag und Einheitssatz) geltend gemacht wird; im Übrigen besteht der Beschwerdeführer auf der (unmittelbaren) Anwendbarkeit und Verbindlichkeit der AHR in Verbindung mit dem RATG.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird, und legte die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
In Entgegnung der oben zusammengefasst wiedergegebenen Beschwerdeausführungen kann - um Wiederholungen zu vermeiden - auf das, dasselbe Strafverfahren, jedoch einen anderen - für einen der Mitangeklagten bestellten - Verfahrenshelfer betreffende hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2002/06/0159, gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG iVm Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden. Die dortigen Ausführungen zur Frage der "Angemessenheit" der einem nach §§ 45 bzw. 45a RAO bestellten Verfahrenshelfer zuzuerkennenden "Sonderpauschalvergütung" nach § 47 Abs. 5 iVm § 16 Abs. 4 RAO sind auch auf den vorliegenden Fall anwendbar, auch wenn einzelne Verrechnungspositionen in beiden Fällen unterschiedlich verzeichnet wurden. Die im bezeichneten Erkenntnis umschriebenen allgemeinen Kriterien zur Bestimmung einer angemessenen "Sonderpauschalvergütung" gelten nämlich grundsätzlich im Falle der Zuerkennung einer angemessenen Vergütung gemäß § 16 Abs. 4 RAO.
Aus den im zitierten Erkenntnis dargelegten Gründen war daher auch im vorliegenden Fall die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 30. März 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002060166.X00Im RIS seit
06.05.2004