TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/30 2003/06/0027

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Veröffentlicht am 30.03.2004
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Index

27/01 Rechtsanwälte;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

PG 1965 §17 Abs2;
RAO 1868 §50 idF 1999/I/071;
Satzung Versorgungseinrichtung RAK Stmk 2001 TeilA §9 Abs3 lita;
Satzung Versorgungseinrichtung RAK Stmk 2001 TeilA §9 Abs3 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des GB in L, vertreten durch Dr. Ulrich O. Daghofer, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Albrechtgasse 3, gegen den Bescheid des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 17. Dezember 2002, Zl. 2002/0163, betreffend Waisenversorgung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Steiermärkische Rechtsanwaltskammer hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1977 geborene Beschwerdeführer ist der Sohn des im Februar 2002 verstorbenen Rechtsanwaltes Dr. X, welcher in der Liste der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer eingetragen war.

Mit Eingabe vom 18. Februar 2002 beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung einer Waisenrente und erstattete über Aufforderung der erstinstanzlichen Behörde ein ergänzendes Vorbringen.

Dieser Antrag wurde mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 30. April 2002 abgewiesen. Begründend heißt es, der Beschwerdeführer hätte gemäß § 9 Abs. 3 lit. a der Satzung der Versorgungseinrichtungen der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer (in der Folge kurz: Satzung) in der Fassung des Beschlusses der Plenarversammlung vom 22. Juni 1999 nur dann einen Anspruch auf Waisenrente, wenn er in "ordnungsgemäßer Berufsausbildung" stünde. Diese Bestimmung ziele nämlich darauf ab, dass der Waise nicht in der Lage sei, für seine Selbsterhaltungsfähigkeit zu sorgen, weil er in Berufsausbildung stehe. Nun habe der Beschwerdeführer mit seiner Eingabe vom 18. Februar 2002 dargelegt, dass er an einer bestimmten Universität in Liverpool "Part-Time MPhil" studiere. Er sei aufgefordert worden, darzulegen, was darunter zu verstehen sei. Mit Urkundenvorlage vom 18. April 2002 habe er bescheinigt, dass er an jener Universität mit 12. Juli 2001 den Titel eines "Bachelor of Science with Honours Software Engineering" erworben habe. Er habe selbst dargelegt, dass er hiefür eine achtsemestrige Ausbildung abgelegt habe. Dazu komme, dass er zwischen 1995 und 1997 an der technischen Universität Graz Telematik studiert, dieses Studium aber offenbar abgebrochen habe. Das nun von ihm gewählte Studium sei eine Postgraduierung (für den "Master der Philosophie"). Das bedeute also, wie sich aus dem Terminus Postgraduierung ergebe, dass er nach erfolgreichem Studienabschluss die akademische Vertiefung des Erlernten anstrebe. Seitens des Beschwerdeführers bleibe offen, was unter dem Terminus "Part-time" zu verstehen sei. Mangels ordnungsgemäßer Aufklärung sei eine Wortinterpretation der deutschen Übersetzung "Teilzeit" vorzunehmen. Daraus wiederum sei ableitbar, dass der Beschwerdeführer keiner "ordnungsgemäßen Berufsausbildung" nachgehe, zumal diese wohl nur durch ein "Vollzeitstudium" erfolgen könne. Aus den vorgelegten Urkunden ergebe sich daher für die Behörde, dass der Beschwerdeführer bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung habe und nunmehr im Teilzeitwege über eine postgraduierende Ausbildung eine Vertiefung seines Fachwissens vornehme. Da die Waisenrente ein subsidiäres Element sei und die Berufsausbildung sicherstellen solle, wenn dem Waisen dieses Ziel aus wirtschaftlichen Gründen andernfalls verwehrt wäre, sei sein Antrag abzuweisen gewesen, weil sich der Beschwerdeführer auf Grund seiner Ausbildung durch Berufsausübung jedenfalls ein Einkommen verschaffen könnte.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, welcher mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben wurde.

Begründend führte die belangte Behörde nach zusammengefasster Darstellung des Verfahrensganges aus, sie sei der Auffassung, dass der Begriff "ordnungsgemäße Berufsausbildung" im Sinne der Satzung in gleicher Weise zu verstehen sei, wie die Begriffe "ordentliche Berufsausbildung" bzw. "ordentliches Studium". Damit sei aber die Gewährung einer Waisenrente im Falle eines außerordentlichen Studiums nach Vollendung des 20. Lebensjahres ausgeschlossen. Ein vertiefendes Studium nach bereits erfolgtem Studium, welches zur Berufsausübung befähige, sei außerordentlich und könne nicht mehr als ordentliches Studium bezeichnet werden. Der Beschwerdeführer absolviere demnach derzeit ein Studium, welches nicht mehr der ordentlichen bzw. ordnungsgemäßen Berufsausbildung diene. Die belangte Behörde verweise im Übrigen auf die zutreffende Begründung im erstinstanzlichen Bescheid, welche vollinhaltlich übernommen werde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 50 der Rechtsanwaltsordnung (RAO), RGBl. Nr. 96/1868 in der hier maßgeblichen Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 71/1999, lautet auszugsweise:

"§ 50. (1) Jeder Rechtsanwalt und seine Hinterbliebenen haben bei Vorliegen der Voraussetzungen und bei Eintritt des Versorgungsfalls Anspruch auf Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung.

(2) Dieser Anspruch ist in den Satzungen der Versorgungseinrichtungen nach festen Regeln festzusetzen. Hierbei sind folgende Grundsätze zu beachten:

...

5. Der Versorgungsanspruch des Kindes endet mit dem der Vollendung des 19. Lebensjahrs folgenden Jahresletzten; im Fall einer darüber hinausgehenden ordnungsgemäßen Berufsausbildung mit deren Abschluss, spätestens jedoch mit dem letzten Tag des Jahres, in dem das Kind das 26. Lebensjahr vollendet hat."

Die Behörde erster Instanz hat sich auf die Satzung in der Fassung des Beschlusses der Plenarversammlung vom 22. Juni 1999 gestützt. Die belangte Behörde hat über Rückfrage des Verwaltungsgerichtshofes klargelegt, dass richtigerweise die Satzung in der Fassung des Beschlusses vom 7. Juni 2001 anzuwenden ist. Der Verwaltungsgerichtshof tritt im Hinblick auf die zeitliche Lagerung des Falles dieser Auffassung bei.

§ 9 des Teiles A der Satzung in der Fassung des Beschlusses vom 7. Juni 2001 (kundgemacht in AnwBl. 2001, Seite 650 ff) regelt den Anspruch auf Waisenrente. Nach Abs. 3 lit. a und b dieses Paragraphen endet der Anspruch auf Waisenrente in der Regel mit dem der Vollendung des 19. Lebensjahres folgenden Jahresende (lit. a), im Falle einer darüber hinausgehenden ordnungsgemäßen Berufsausbildung mit deren Abschluss, spätestens jedoch mit dem letzten Tag des Jahres, in dem das Kind das 26. Lebensjahr vollendet hat (lit. b - die weiteren Endigungsfälle gemäß lit. c und d sind im Beschwerdefall ohne Belang).

Die noch in der Vorstellung vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung, eine Waisenrente gebühre (bei Zutreffen der weiteren Voraussetzungen) schon dann, wenn die Arbeitskraft des Studenten auf Grund des Studiums überwiegend in Anspruch genommen werde, wird in der Beschwerde mit Recht nicht aufrecht erhalten, weil die Satzung (anders als etwa § 17 Abs. 2 des Pensionsgesetzes 1965) nicht auf solche Momente abstellt, sondern auf das Kriterium einer "ordnungsgemäßen Berufsausbildung". "Ordnungsgemäß" ist einerseits als zielführend und andererseits als zielstrebig zu verstehen. Zielführend in dem Sinn, dass die Ausbildung geeignet sein muss, die für die Ausübung eines Berufes jeweils erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln bzw. auf Grund der die für die Ausübung eines Berufes jeweils erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse erworben werden können, wobei auch Berufsausbildungen darunter fallen, die für die berufliche Ausübung eine höhere Qualifikation herbeiführen. Ob das betriebene Studium "ordnungsgemäß" im Sinne von ausreichend zielstrebig ist, ist vor allem (auch unter dem zeitlichen Aspekt) nach der maßgeblichen Studienordnung (bzw. einer vergleichbaren Norm) zu messen.

Die belangte Behörde hat ihre abweisliche Entscheidung hauptsächlich damit begründet, der Beschwerdeführer obliege einem vertiefendem Studium nach einem bereits absolvierten Studium, welches zur Berufsausübung befähige, sodass sein nunmehriges Studium nicht mehr als "ordentliche Berufsausbildung" verstanden werden könne. Nun mag es schon sein, dass bei einem Studium, welches in verschiedenen aufeinander aufbauen Abschnitten gegliedert ist, die erfolgreiche Absolvierung schon des ersten Abschnittes, für sich allein gesehen, eine entsprechende Berufsausbildung ermöglichte. Daraus ist aber noch nicht abzuleiten, dass schon deshalb die Fortsetzung des Studiums im nächsten Abschnitt nicht mehr als "ordentliche Berufsausbildung" angesehen werden könnte. Ein solcher Sinn kann dem § 9 Abs. 3 lit. b der Satzung aber nicht unterlegt werden. Ausgehend von einer unrichtigen Auffassung hat die belangte Behörde somit weder geprüft, ob die weiterführende Ausbildung zum akademischen Grad eines "Masters" zielführend im zuvor umschriebenen Sinn ist, noch hat sie sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Vorstellung auseinander gesetzt, welches dahin geht, dass dieses "part-time-Studium" ein reguläres Studium sei.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. März 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003060027.X00

Im RIS seit

10.05.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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