Norm
DSt 1990 §1 Abs1 GRechtssatz
Der Wahrheitsbeweis nach § 111 Abs 3 StGB stellt weder einen Rechtfertigungsgrund, noch einen Schuldausschließungsgrund, sondern bloß einen Strafausschließungsgrund dar, was eine gerichtliche Sanktion verbietet. Die ehrenrührige Äußerung bleibt auch bei Gelingen des Wahrheitsbeweises aus strafrechtlicher Sicht somit rechtswidrig und schuldhaft. Umsomehr hat dies im Disziplinarrecht zu gelten, welches von weit strengeren Anforderungen an Äußerungen im persönlichen Verkehr zwischen Rechtsanwälten ausgeht und nicht den individuellen Ehrenschutz, sondern das Standesansehen im Auge hat und daher einer disziplinären Ahndung zugänglich ist. Auch ein wahrheitsgemäßer (allenfalls sogar strafrechtlich relevanter) Vorwurf macht (bei diesfalls gerichtlicher Straflosigkeit dennoch) disziplinär verantwortlich, wenn die Anschuldigung über den mit ihr zwangsläufig verbundenen diffamierenden Effekt hinaus in ihrer Diktion unnötig ehrverletzend und beleidigend abgefaßt wird.
Entscheidungstexte
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:RS0056045Dokumentnummer
JJR_19921012_OGH0002_004BKD00005_9100000_001