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19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1997 §19;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2006/18/0043 E 17. Februar 2005Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des Y, geboren 1971, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in 4014 Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 15. Jänner 2004, Zl. St 233/03, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 15. Jänner 2004 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Ghana, gemäß § 31 Abs. 1, § 33 Abs. 1, § 37 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.
Die Bundespolizeidirektion Linz (die Erstbehörde) habe (in ihrem Bescheid vom 20. August 2003) folgenden Sachverhalt festgestellt:
Der Beschwerdeführer sei am 24. April 2000 illegal per Flugzeug nach Österreich eingereist. Über seinen Asylantrag sei mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 2. Juli (wie sich aus den weiteren Bescheidausführungen ergibt, offensichtlich gemeint: August) 2002 gemäß § 6 (richtig: § 7) und § 8 Asylgesetz 1997 - AsylG negativ entschieden worden. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. November 2002 sei die Behandlung einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde abgelehnt worden. Das Asylverfahren sei daher seit 2. August 2002 rechtskräftig abgeschlossen.
Der Beschwerdeführer sei nicht im Besitz eines Reisepasses oder einer fremdenrechtlichen Bewilligung, die ihn zum Aufenthalt in Österreich berechtigen würde, und halte sich demnach nicht rechtmäßig hier auf.
Am 3. Juli 2003 habe er im Zug einer fremdenpolizeilichen Vernehmung angegeben, dass er seit seiner Einreise noch keiner Beschäftigung nachgegangen wäre. Seinen Lebensunterhalt finanziere er durch Zuwendungen eines Freundes, bei dem er Unterkunft genommen habe. Er habe kein eigenes Einkommen und in Österreich keine Verwandten. Seine Familie befinde sich in seiner Heimat.
Der Beschwerdeführer halte sich seit 26. (offensichtlich gemeint: 24.) April 2000, also seit ca. drei Jahren, in Österreich auf. Aus diesem Aufenthalt könne noch kein so hoher Integrationsgrad abgeleitet werden, der eine Ausweisung unzulässig machen würde. Dass er in Österreich ein Familienleben führte, habe er weder behauptet, noch sei dies aus der Aktenlage ersichtlich. Durch die Ausweisung werde sicher zumindest in sein Privatleben eingegriffen. Dem sei jedoch gegenüberzustellen, dass bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung in hohem Maß gefährde. Die öffentliche Ordnung werde auch schwerwiegend beeinträchtigt, wenn Fremde nach Abschluss ihres Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verließen, sondern sich weiterhin hier aufhielten und die Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen versuchten. In solchen Fällen sei die Ausweisung dringend erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte.
Nach Wiedergabe des wesentlichen Inhalts des Berufungsvorbringens des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde aus, dass der vom Beschwerdeführer beim Bundesasylamt neuerlich gestellte Asylantrag vom 15. Juli 2003 mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 7. August 2003 gemäß § 68 AVG zurückgewiesen worden sei, wogegen er am 20. August 2003 eine Berufung eingebracht habe. Diesem Zurückweisungsbescheid sei die niederschriftliche Vernehmung des Beschwerdeführers vom 7. August 2003 zu Grunde gelegen, in der er auf die Frage, ob sich die Umstände, warum er sein Heimatland verlassen habe, seit dem 2. August 2002 geändert hätten, angegeben habe, dass sich diese Gründe seitdem nicht geändert hätten.
Nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde weiter aus, dass der Berufungsbescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 2. August 2002 in Rechtskraft erwachsen sei und dem Beschwerdeführer auf Grund seines neuerlichen Asylantrages vom 15. Juli 2003 seitens des Bundesasylamtes keine weitere vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 AsylG zuerkannt worden sei. Dieser Asylantrag sei insbesondere deshalb gemäß § 68 AVG zurückgewiesen worden, weil sich die Gründe des Beschwerdeführers für das Verlassen seines Heimatlandes seither nicht geändert hätten. Wenn er in seiner Berufung vom 10. September 2003 angebe, er hätte inzwischen neue Informationen aus seiner Heimat erhalten und es hätte sich die Situation für ihn seit dem Zeitpunkt der Rechtskraft "des Bescheides" wesentlich geändert, so sei dieses Vorbringen nicht schlüssig. Angaben könnten im allgemeinen nicht als glaubwürdig angesehen werden, wenn ein Berufungswerber im Verlauf des Verfahrens Tatsachen unterschiedlich und widersprüchlich darstelle und seine Angaben mit der Erfahrung entsprechender Geschehnisabläufe nicht vereinbar seien und daher unwahrscheinlich erschienen und wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Verlauf des Verfahrens vorbringe.
Wie sich aus der Darstellung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers ergebe (er finanziere seinen Lebensunterhalt durch Zuwendungen seines Freundes, bei dem er auch Unterkunft genommen habe, verfüge über kein eigenes Einkommen und habe keine Verwandten in Österreich, und auch seine Familie befinde sich in seinem Heimatland), würde es sich erübrigen, zu erörtern, ob die Ausweisung im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten sei, weil nicht in relevanter Weise in sein Privat- und Familienleben eingegriffen werde. Die öffentliche Ordnung werde schwerwiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begäben, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen; ebenso, wenn Fremde nach Auslaufen einer Aufenthaltsbewilligung (Einreise- und Aufenthaltstitel) bzw. nach Abschluss eines Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verließen. Die Ausweisung sei in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte.
Vor diesem Hintergrund habe von der Ermessensbestimmung des § 33 Abs. 1 FrG Gebrauch gemacht werden müssen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, dass der Beschwerdeführer lediglich während des ersten Asylverfahrens (bis zur Erlassung des Berufungsbescheides des unabhängigen Bundesasylsenates vom 2. August 2002) über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG verfügt habe und nach dem rechtskräftigen Abschluss dieses Asylverfahrens im Bundesgebiet geblieben sei, und behauptet nicht, dass er (im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides) über einen Aufenthaltstitel (§ 7 FrG) verfügt habe. Unbestritten ist weiters, dass sein zweiter Asylantrag vom 15. Juli 2003 mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 7. August 2003 gemäß § 68 (Abs. 1) AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden ist. Da nach § 19 AsylG ein wegen entschiedener Sache zurückzuweisender Asylantrag keine Grundlage für eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung darstellt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Mai 2003, Zl. 2003/18/0104, mwN), kann auf dem Boden des Gesagten die Auffassung der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer seit dem rechtskräftigen Abschluss seines ersten Asylverfahrens unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
2. Die Beschwerde bringt indes vor, dass infolge der vom Beschwerdeführer gegen den Zurückweisungsbescheid des Bundesasylamtes vom 7. August 2003 erhobenen Berufung das neuerliche Asylverfahren noch nicht rechtskräftig erledigt sei und die belangte Behörde bei Vermeidung des ihr unterlaufenen Verfahrensmangels zur Auffassung hätte gelangen müssen, dass sein zu diesem Asylantrag erstattetes Vorbringen, es hätten sich die Verhältnisse in seinem Heimatland geändert, widerspruchsfrei sei. Die "im Rahmen der §§ 33 und 37 FrG zu treffende Ermessensentscheidung" hätte jeweils zu seinen Gunsten ausgehen müssen. Im Hinblick darauf, dass sich der Beschwerdeführer seit vier Jahren, davon über zwei Jahre mit einer entsprechenden Aufenthaltsberechtigung (nach § 19 AsylG bis zur rechtskräftigen Entscheidung seines ersten Asylverfahrens am 2. August 2002), in Österreich aufhalte, werde durch die Ausweisung in sein Privatleben eingegriffen und sei diese Maßnahme nicht dringend geboten. Auch werde ihm im Hinblick auf die möglicherweise erst später erfolgende Asylgewährung die Möglichkeit genommen, das ihm gewährte Asyl in Anspruch zu nehmen. Die belangte Behörde habe das ihr eingeräumte Ermessen nicht im Sinn des Gesetzes ausgeübt.
3. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.
Wenn auch die von der belangten Behörde - im Gegensatz zur Erstbehörde - vertretene Auffassung, es werde durch die Ausweisung nicht in relevanter Weise in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen, angesichts der im angefochtenen Bescheid angenommenen, insoweit nicht konkretisiert bestrittenen Dauer des inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers von rund drei Jahren und neun Monaten (24. April 2000 bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides) und seiner daraus jedenfalls ableitbaren privaten Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geteilt werden kann, so wurde er durch diese Verkennung der Rechtslage dennoch nicht in Rechten verletzt:
Die aus der Aufenthaltsdauer ableitbare Integration des Beschwerdeführers wird in ihrer sozialen Komponente dadurch erheblich gemindert, dass sein inländischer Aufenthalt seit der rechtskräftigen Beendigung des ersten Asylverfahrens (Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 2. August 2002) zur Gänze unrechtmäßig und sein davor liegender inländischer Aufenthalt lediglich auf einen Asylantrag zurückzuführen ist, der sich als unbegründet erwiesen hat. Unstrittig bestehen keine familiären Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich. Selbst wenn der Beschwerdeführer, wie in der Beschwerde behauptet, eine Liebesbeziehung zu einer während der Arbeitswoche in Graz lebenden Frau und einen großen Freundeskreis in Österreich haben sollte, so können diese Umstände die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht entscheidend verstärken. Durch seinen seit der rechtskräftigen Abweisung seines ersten Asylantrages unrechtmäßigen Aufenthalt hat der Beschwerdeführer das maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das vorzitierte Erkenntnis, mwN), gravierend beeinträchtigt. Im Hinblick darauf erscheint die gegenständliche Ausweisung zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und kann die Auffassung der belangten Behörde, dass § 37 Abs. 1 FrG dieser Maßnahme nicht entgegenstehe, im Ergebnis nicht als rechtswidrig beurteilt werden.
Wenn die Beschwerde vorbringt, dass die ghanaischen Behörden nicht gewillt oder tatsächlich nicht in der Lage seien, ihm bei seiner Rückkehr ausreichenden Schutz zu gewähren, so ist dem zu erwidern, dass mit einer Ausweisung nicht ausgesprochen wird, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. nochmals das vorzitierte Erkenntnis, mwN). Im Übrigen ist das Vorliegen von Gründen im Sinn des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG nicht im Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung, sondern in einem gesonderten Verfahren nach § 75 leg. cit. oder § 56 Abs. 2 leg. cit. zu prüfen.
Wenn die Beschwerde auf das noch offene Asylverfahren hinweist, so ist diesem Vorbringen zu erwidern, dass gemäß § 21 Abs. 2 erster Halbsatz AsylG ein Fremder, solange ihm die Stellung eines Asylwerbers zukommt, nicht in den Herkunftsstaat zurückgewiesen und überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden darf.
4. Schließlich kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, dass der belangten Behörde bei ihrer Entscheidung ein (materieller) Ermessensfehler unterlaufen sei, macht die Beschwerde doch nichts geltend, was gewichtig gegen die Ausweisung des Beschwerdeführers spräche, und treten auch aus dem angefochtenen Bescheid keine Aspekte hervor, die eine Ausübung des der belangten Behörde gemäß § 33 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessens zu Gunsten des Beschwerdeführers geboten hätten.
5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 31. März 2004
Schlagworte
Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004180066.X00Im RIS seit
07.05.2004