RS OGH 1992/10/27 5Ob512/92, 10ObS18/96

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 27.10.1992
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Norm

ABGB §151 Abs3
ABGB §865
ZPO §1 Ab
ZPO §6
ZPO §477 Abs1 Z5 D5
ZPO §477 Abs2 E

Rechtssatz

Die nach materiellem Recht zu beurteilende Geschäftsfähigkeit kann einer Person gänzlich mangeln (Kinder unter sieben Jahren; Personen, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben - unbeschadet der Bestimmung des § 151 Abs 3 ABGB); sie kann aber auch bloß beschränkt gegeben sein, und zwar für bestimmte Geschäfte schlechthin oder bedingt durch die (wenn auch erst nachträglich) erteilte Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter (§ 865 ABGB). Eine von der beschränkten Geschäftsfähigkeit abgeleitete "beschränkte Prozeßfähigkeit" des Minderjährigen oder des geistig Behinderten oder psychisch Kranken ist aber nicht der beschränkten Geschäftsfähigkeit nach bürgerlichem Recht wesensgleich, weil die vom Minderjährigen oder geistig Behinderten gesetzten Prozeßhandlungen nur entweder rechtswirksam (weil in den sachlichen Bereich der Prozeßfähigkeit fallend) oder nichtig sein können. Können aber Prozeßhandlungen nur wirksam oder nichtig sein, dann besteht kein Grund, die im Gesetz ganz allgemein vorgesehene Heilungsmöglichkeit nichtiger Prozeßhandlungen durch nachträgliche Genehmigung (§§ 6 und 477 Abs 1 Z 5 und Abs 2 ZPO) nicht auf alle Fälle der wegen Prozeßunfähigkeit nichtigen Prozeßhandlungen anzuwenden (der von Gitschthaler in JBl 1991, 301 vertretenen, aus der materiellrechtlichen Bestimmung des § 865 Satz 1 ABGB abgeleiteten Meinung, Prozeßhandlungen völlig geschäftsunfähiger Personen könnten nachträglich von einem bestellten Sachwalter nicht genehmigt werden, vermag daher nicht gefolgt werden).

Entscheidungstexte

  • 5 Ob 512/92
    Entscheidungstext OGH 27.10.1992 5 Ob 512/92
    Veröff: SZ 65/138
  • 10 ObS 18/96
    Entscheidungstext OGH 06.02.1996 10 ObS 18/96
    Vgl auch; Beisatz: Hat vollständige Geschäftsunfähigkeit im Zeitpunkt der Vollmachtserteilung durch den Kläger an seinen gewählten Vertreter das Zustandekommen eines Bevollmächtigungsvertrages verhindert, so kann dieser Mangel durch die nachträgliche Genehmigung des zu bestellenden gesetzlichen Vertreters (Sachwalters) geheilt werden. (T1)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:RS0048249

Dokumentnummer

JJR_19921027_OGH0002_0050OB00512_9200000_002
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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