TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/31 2004/18/0055

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.03.2004
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §19;
FrG 1997 §10 Abs4;
FrG 1997 §19 Abs2 Z6;
FrG 1997 §19 Abs3;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §34;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §7 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des M, (geboren 1976), vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in 4910 Ried/Innkreis, Adalbert-Stifter-Straße 16, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 15. Jänner 2004, Zl. St 278/03, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 15. Jänner 2004 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, gemäß §§ 31 Abs. 1, 33 Abs. 1 und 37 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Nach den Feststellungen der Erstbehörde sei der Beschwerdeführer am 29. Mai 2002 ohne im Besitz eines für die Einreise nach Österreich erforderlichen Visums zu sein und unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich eingereist und habe an diesem Tag beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz, einen Asylantrag gestellt. Der Asylantrag sei von dieser Behörde mit Bescheid vom 19. November 2002 "abgelehnt" worden, der unabhängige Bundesasylsenat habe der dagegen eingebrachten Berufung mit Bescheid vom 17. April 2003 keine Folge gegeben und festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinn der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sei. Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 28. Mai 2003 Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben. Dieser Gerichtshof habe die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 24. Juni 2003 abgelehnt.

Der Beschwerdeführer habe nun keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung mehr und halte sich seit dem genannten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes unerlaubt in Österreich auf. Wie eine Erhebung durch das Gendarmeriepostenkommando Altheim vom 8. Juli 2003 ergeben habe, sei der Beschwerdeführer bei einem näher genannten Unternehmen in Polling beschäftigt. Er übe nunmehr eine Erwerbstätigkeit aus, für die ein Aufenthaltstitel gemäß § 7 FrG zwingend erforderlich sei. Einen solchen Aufenthaltstitel besitze der Beschwerdeführer nicht. Er wäre zudem verpflichtet gewesen, das Bundesgebiet unmittelbar nach Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen.

In seiner gegenüber der Erstbehörde (auf Aufforderung) erstatteten Stellungnahme vom 20. August 2003 habe der Beschwerdeführer angeführt, dass er sich auf Grund der politischen Ereignisse im Kosovo von 1994 bis 2000 - also mehr als sechs Jahre - in Deutschland aufgehalten habe. Dort habe er die deutsche Sprache perfekt gelernt und sich an die Lebensgewohnheiten im deutschen Sprachraum angepasst. Er hätte in Traunstein, Oberbayern, als Bauarbeiter und Maschinist gearbeitet und hätte "in Deutschland eine Duldung gehabt", und er wäre in der Hoffnung, dass der wirtschaftliche Aufschwung einsetzen würde, freiwillig in den Kosovo zurückgekehrt. Nach dem Krieg wäre es ihm aber nicht gelungen, im Kosovo Fuß zu fassen. Die wenigen Arbeitsplätze wären bereits besetzt gewesen. Er wäre deshalb nach Österreich geflüchtet, weil hier sein (näher genannter) Cousin gelebt und die österreichische Staatsbürgerschaft erworben hätte. Seit dem 5. Juni 2003 würde der Beschwerdeführer als Fliesenleger bei dem angesprochenen Unternehmen in Polling arbeiten, sein Dienstgeber wäre mit seiner Arbeitsleistung zufrieden. Der Beschwerdeführer würde die Erteilung eines "humanitären Visums" anregen, weil er seit 1994 mit einer kurzen Unterbrechung in Oberbayern bzw. im Innviertel integriert wäre.

Der Beschwerdeführer halte sich seit der Beendigung des Asylverfahrens insofern rechtswidrig im Bundesgebiet auf, als ihm seit diesem Zeitpunkt weder ein Einreisetitel noch ein Aufenthaltstitel erteilt worden sei. Im Hinblick auf den schon genannten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juni 2003, mit welchem die Behandlung der Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den negativen Asylbescheid abgelehnt worden sei, halte sich dieser "ohne vorrübergehende Aufenthaltsberechtigung" und somit unrechtmäßig in Österreich auf. Ferner würde der Beschwerdeführer die Voraussetzungen nach § 10 Abs. 4 FrG zur Erteilung einer humanitären Aufenthaltsberechtigung nicht erfüllen. Durch seinen mehrmonatigen unerlaubten Aufenthalt seit dem genannten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes gefährde der Beschwerdeführer die öffentliche Ordnung in hohem Maß, weshalb die Ausweisung gemäß § 37 Abs. 1 FrG zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten sei. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Beachtung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Die öffentliche Ordnung werde schwerwiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begeben würden, "um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen". Ebenso, wenn Fremde nach Auslaufen einer Aufenthaltsbewilligung bzw. nach Abschluss eines Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verließen. Die Ausweisung sei in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte. Vor diesem Hintergrund habe auch im Beschwerdefall "von der Ermessensbestimmung des § 33 Abs. 1 FrG Gebrauch gemacht" werden müssen.

Der Beschwerdeführer habe bei seiner niederschriftlichen Einvernahme beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz, vom 19. November 2002 auch angegeben, dass er für die Schleppung EUR 1.000,-- bezahlt hätte. Da sich das gewichtige öffentliche Interesse an der Bekämpfung des Schlepperunwesens auch auf die Hintanhaltung der Zuhilfenahme von Schleppern durch Fremde bei ihrer Einreise in das Bundesgebiet beziehe (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. November 1999, Zl. 99/18/0062), habe der Beschwerdeführer durch das "Sich-Schleppen-Lassen" ein der Aufrechterhaltung der Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens widerstreitendes Verhalten gesetzt.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass er am 29. Mai 2002 ohne im Besitz eines für die Einreise in Österreich erforderlichen Visums zu sein unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich eingereist sei, dass ferner sein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen worden sei und der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der dagegen gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom 24. Juni 2003 abgelehnt habe. Er behauptet auch nicht, dass ihm ein Aufenthaltstitel (§ 7 FrG) erteilt worden sei. Vor diesem Hintergrund begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, und somit der Tatbestand des § 33 Abs. 1 zweiter Halbsatz FrG verwirklicht sei, keinen Bedenken. An dieser Beurteilung vermag das Vorbringen des Beschwerdeführers, "als junger Erwachsener" von 1994 an in Deutschland "sechs Jahre" gelebt zu haben, nichts zu ändern. Ferner handelt es sich bei einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung im Sinn des § 19 AsylG (abgesehen davon, dass dem Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids unstrittig eine solche vorläufige Aufenthaltsberechtigung ohnehin nicht zukam) nicht um einen Aufenthaltstitel im Sinn des § 7 Abs. 1 FrG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2004, Zl. 2000/18/0167), weshalb der Fall des Beschwerdeführers - entgegen seiner Ansicht - auch nicht von dem an solche Aufenthaltstitel anknüpfenden § 34 FrG erfasst wird. Mit dem Vorbringen, er habe gegen die erstinstanzliche Versagung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 10 Abs. 4 FrG Berufung erhoben, zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil kein Anspruch auf Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels besteht und die belangte Behörde auch keine Verpflichtung traf, die Entscheidung über die Berufung gegen die Versagung einer solchen Aufenthaltserlaubnis abzuwarten (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2001, Zl. 2001/18/0232). Entgegen dem Beschwerdeführer kommt damit für ihn auch § 19 Abs. 2 Z. 6 FrG nicht zum Tragen. Dass für den Beschwerdeführer (seinem Vorbringen nach) eine Beschäftigungsbewilligung im Sinn des § 19 Abs. 3 FrG ausgestellt worden sei, ändert nichts an diesem Ergebnis.

2.1. Ferner vermag der Beschwerdeführer die behördliche Beurteilung, dass die Ausweisung im Grund des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten sei, nicht zu erschüttern. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 26. November 2003, Zl. 2003/18/0235, mwH). Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer durch seinen unstrittigen rechtswidrigen Aufenthalt seit der Ablehnung seiner gegen den negativen Asylbescheid gerichteten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof in der Dauer von etwa sieben Monaten gravierend beeinträchtigt. Ferner hat der Beschwerdeführer dadurch, dass er sich unstrittig bei seiner Einreise "schleppen" ließ, gegen das gewichtige öffentliche Interesse an der Bekämpfung des Schlepperunwesens verstoßen (vgl. das hg. 15. November 1999, Zl. 99/18/0062). Zudem werden seine persönlichen Interessen an dem Verbleib in Österreich erheblich dadurch relativiert, dass diese auf seinen unberechtigten Aufenthalt bzw. auf einen Asylantrag zurückzuführen sind, der sich letztlich als unbegründet erwiesen hat. Dies gilt auch für die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Beschäftigung als Platten- und Fliesenleger. Von daher vermag der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, dass er in Österreich sehr schnell habe Fuß fassen und die genannte Beschäftigung habe finden können, nichts zu gewinnen. Mit dem Hinweis auf seinen früheren Aufenthalt in Deutschland vermag der Beschwerdeführer schon deshalb nichts zu gewinnen, weil dieser Aufenthalt die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich nicht in einem relevanten Ausmaß zu verstärken vermag. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, dass nach seinem Aufenthalt in Deutschland eine Rückkehr in sein Heimatland gescheitert sei, er sich dort nicht mehr habe anpassen können und auch eine Familiengründung im Kosovo nicht möglich gewesen sei, ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass mit der Erlassung einer Ausweisung nicht angeordnet wird, dass der Fremde in einen bestimmten Staat auszureisen habe und dass er (allenfalls) abgeschoben werde, und ferner sich § 37 FrG nicht auf den Schutz des Privat- und Familienlebens im Ausland bezieht (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 26. November 2002, Zl. 2002/18/0234).

2.2. Auf dem Boden des Gesagten ermangelt im vorliegenden Fall der Rüge, die belangte Behörde habe ihre Beurteilung nach § 37 Abs. 1 FrG "textbausteinartig" begründet, die für eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erforderliche Relevanz (vgl. § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).

3. Ferner sind weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid besondere Umstände ersichtlich, die die belangte Behörde dazu hätten veranlassen müssen, im Grund des § 33 Abs. 1 FrG von ihrem Ermessen, von der Erlassung der Ausweisung Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 31. März 2004

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004180055.X00

Im RIS seit

07.05.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten