TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/31 2004/18/0026

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Veröffentlicht am 31.03.2004
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Index

19/05 Menschenrechte;
24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
41/02 Staatsbürgerschaft;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

FrG 1997 §34 Abs1 Z1;
FrG 1997 §34 Abs1 Z2;
FrG 1997 §35 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z8;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §38 Abs1 Z1;
FrG 1997 §38 Abs1 Z2;
FrG 1997 §38 Abs1 Z3;
FrG 1997 §38 Abs1 Z4;
FrG 1997 §39 Abs1;
FrG 1997 §39 Abs2;
KFG 1967 §64 Abs1;
KFG 1967 §64 Abs5;
MRK Art8 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StGB §83 Abs1;
StGB;
StVO 1960;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des D, (geboren 1977), vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. Jänner 2004, Zl. SD 144/03, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. Jänner 2004 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien Herzegowina, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei erstmals im Juni 1992 nach Österreich gekommen, wo er sich zwei Jahre unrechtmäßig aufgehalten habe, bevor ihm ein Aufenthaltsrecht für bosnische Kriegsflüchtlinge zuerkannt worden sei. Erst am 4. August 1998 habe er bis zuletzt am 31. März 2002 Niederlassungsbewilligungen erhalten.

Am 15. Oktober 1996 sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Jugendgerichtshofs Wien nach den §§ 127, 129 Z. 1 und Z. 3, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten bedingt rechtskräftig verurteilt worden. Dem Urteil sei zugrunde gelegen, dass er am 21. Mai 1994 gemeinsam mit einem anderen durch Aufzwicken von Schlössern mit einem Bolzenschneider zwei Fahrräder sowie das Vorder- und das Hinterrad eines dritten Fahrrades gestohlen und einen weiteren Fahrradabstellraum aufzubrechen versucht hätte.

Am 3. Mai 2001 sei der Beschwerdeführer nach den §§ 83 Abs. 1 und 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Er habe am 17. Dezember 1999 mehrmals eine Fahrzeugtür gegen den Fuß einer Frau gedrückt, wodurch diese eine Prellung des linken Unterschenkels mit oberflächlichen Hautabschürfungen erlitten habe, und am 14. September 2000 seiner damaligen Lebensgefährtin zwei Ohrfeigen versetzt, wodurch diese eine Schwellung der linken Gesichtshälfte und an der Unterlippe eine kleine Rissquetschwunde erlitten habe. Er habe auch gegen deren Eingangstür getreten, wodurch die Tür beschädigt worden sei. Am 16. März 2000 habe der Beschwerdeführer auf den linken Außenspiegel eines Fahrzeuges geschlagen, wodurch das Spiegelglas gebrochen sei.

Eine weitere Verurteilung sei am 5. August 2002 durch das Landesgericht Innsbruck nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 240 Tagessätzen erfolgt. Der Beschwerdeführer sei schuldig erkannt worden, einem anderen im März 2002 einen Faustschlag gegen dessen rechte Schläfe versetzt zu haben, wodurch dieser eine Kopfprellung erlitten habe.

Die genannten Verurteilungen erfüllten zweifelsfrei den in § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG normierten Sachverhalt. Erschwerend trete hinzu, dass der Beschwerdeführer eine Vielzahl von Bestrafungen nach der StVO 1960, dem KFG 1967 und dem Führerscheingesetz aufweise. So sei der Beschwerdeführer fünfmal wegen Lenkens eines Fahrzeuges ohne gültige Lenkberechtigung und zuletzt zweimal wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand am 26. Jänner 2003 und am 2. September 2002 rechtskräftig bestraft worden. Insgesamt könne daher kein Zweifel daran bestehen, dass die Voraussetzungen zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 FrG - im Grund des § 36 Abs. 1 leg. cit. gegeben seien.

Der Beschwerdeführer sei ledig und für ein Kind sorgepflichtig. Entgegen seinem Berufungsvorbringen bestehe mit der Kindesmutter keine Lebensgemeinschaft. Weitere familiäre Bindungen bestünden zu einer Schwester, mit der der Beschwerdeführer nach der Aktenlage auch im gemeinsamen Haushalt lebe. Laut eigenen Angaben sei der Beschwerdeführer aufrecht als LKW-Fahrer beschäftigt. Zweifelsfrei sei daher von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen. Dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und des Eigentums Dritter - dringend geboten sei. Das bisherige Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers lasse dessen offenkundige Geringschätzung maßgeblicher, zum Rechtsgüterschutz Dritter aufgestellter strafrechtlicher Normen sowie Normen des Verwaltungsstrafrechts erkennen. Auch die Relativierungsversuche des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 2. Oktober 2002 seien nicht geeignet, die von ihm ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit gering zu schätzen oder gar als weggefallen zu betrachten. Dies deshalb, weil der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Straftaten höchst unvollständig wiedergebe und die Behauptung, er lebte mit der Mutter seines Kindes, die er am 14. September 2000 "urteilsgemäß" geschlagen hätte, zusammen, nicht der Wahrheit entspreche. Wenn er weiters geltend mache, er hätte (unter Bezugnahme auf seine Bestrafungen nach dem Führerscheingesetz) zwischenzeitig den Führerschein erworben, so sei doch festzustellen, dass er sowohl am 2. September 2002 als auch am 26. Jänner 2003 jeweils ein Kraftfahrzeug in einem alkoholisierten Zustand gelenkt habe und deswegen rechtskräftig bestraft worden sei. Auf Grund der Vielzahl seiner Rechtsbrüche sei eine zu Gunsten des Beschwerdeführers ausfallende Zukunftsprognose nicht möglich gewesen. Angesichts der erheblichen, von ihm ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit habe die Erlassung des Aufenthaltsverbots als dringend geboten und sohin als zulässig im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG erscheinen müssen.

Bei der gemäß § 37 Abs. 2 FrG durchzuführenden Interessenabwägung sei zunächst auf die aus der Dauer des inländischen Aufenthalts ableitbare Integration des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass dieser zunächst unrechtmäßig und dann mehrere Jahre auf Grund eines vorübergehenden Aufenthaltsrechts in Österreich gelebt habe und erst seit fünfeinhalb Jahren über Niederlassungsbewilligungen verfüge. Weiters sei zu bedenken, dass die einer jeglichen Integration zugrunde liegende soziale Komponente durch das mehrfache strafbare Verhalten des Beschwerdeführers erheblich an Gewicht gemindert werde. Was die familiären Bindungen des Beschwerdeführers betreffe, so habe er versucht, die Behörde fälschlicherweise von einem Zusammenleben mit seinem Sohn und dessen Mutter zu überzeugen. So habe im Verfahren festgestellt werden können, dass mit den genannten Personen keine Lebensgemeinschaft bestehe und das Sorgerecht für das Kind offenbar der Mutter zustehe. Die nach der Aktenlage gegebenen familiären Bindungen zur Schwester seien vom Beschwerdeführer selbst im Verfahren nie geltend gemacht worden. Insgesamt komme diesen familiären Bindungen daher zwar kein geringes, aber auch kein besonders hohes Gewicht zu. Das dem Beschwerdeführer insgesamt zuzuschreibende Interesse an einem Weiterverbleib in Österreich sei im Hinblick auf die obgenannten Umstände daher als keinesfalls ausgeprägt zu bezeichnen. Dem sei das öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen und am Schutz des Eigentums und der Gesundheit Dritter gegenüber gestanden. Bei Abwägung dieser Interessenlagen sei die belangte Behörde zur Auffassung gelangt, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen als das in seinem Fehlverhalten gegründete große öffentliche Interesse daran, dass er das Bundesgebiet verlasse und diesem fernbleibe. Die Erlassung des Aufenthaltsverbots erweise sich daher auch im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG als zulässig.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde auch keine Veranlassung dazu gesehen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbots im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

Im Hinblick auf die oben dargestellte Dauer der rechtmäßigen Niederlassung des Beschwerdeführers auf Grund einer Niederlassungsbewilligung sei kein Sachverhalt im Sinn des § 38 FrG gegeben, der die Erlassung eines Aufenthaltsverbots als unzulässig erscheinen lassen könnte.

Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots betreffe, so erscheine die von der Erstbehörde vorgenommene Befristung auch nach Auffassung der belangten Behörde gerechtfertigt. Im Hinblick auf das dargestellte Gesamt(fehl)verhalten kann auch unter Bedachtnahme auf die private und familiäre Lebenssituation des Beschwerdeführers vor Ablauf dieser Frist nicht erwartet werden, dass die für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots maßgeblichen Gründe weggefallen sein würden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Zunächst ist festzuhalten, dass bei der Beurteilung nach § 36 Abs. 1 FrG das schon im Jahr 1994 gesetzte seiner Verurteilung im Jahr 1996 zu Grunde liegende im bekämpften Bescheid dargestellte Fehlverhalten des Beschwerdeführers außer Betracht bleiben muss, erscheint doch dieses unter Berücksichtigung des seither verstrichenen langen Zeitraums von etwa neuneinhalb Jahren nicht mehr geeignet, eine relevante Vergrößerung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung der maßgeblichen öffentlichen Interessen herbeizuführen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. September 1998, Zl. 98/18/0170). Damit ist für den Beschwerdeführer aber nichts gewonnen.

1.2. Der Beschwerdeführer stellt die von der belangten Behörde festgestellten rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilungen und verwaltungsbehördlichen Bestrafungen nicht in Abrede. Da er zweimal - mit Urteil vom 3. Mai 2001 und mit Urteil vom 5. August 2002 - (auch) wegen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB rechtskräftig verurteilt wurde, besteht gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 (4. Fall) FrG erfüllt sei, kein Einwand.

1.3. Bei dem dem Beschwerdeführer zur Last liegenden (zweimaligem) Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem alkoholisierten Zustand handelt es sich im Hinblick auf die von alkoholisierten Kfz-Lenkern ausgehende große Gefahr für die Allgemeinheit um eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit von großem Gewicht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2002, Zl. 99/18/0036, mwH). Auch beim Lenken eines Fahrzeuges ohne gültige Lenkberechtigung - weswegen der Beschwerdeführer unstrittig fünfmal rechtskräftig bestraft wurde - handelt es sich um eine Verhaltensweise, deren Relevanz für das Gerechtfertigtsein der Annahme nach § 36 Abs. 1 FrG keineswegs als gering zu veranschlagen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. April 2003, Zl. 99/18/0237). Das den Verurteilungen in den Jahren 2001 und 2002 zugrunde liegende Fehlverhalten zeigt die Neigung des Beschwerdeführers, sich gegen andere aggressiv und gewalttätig zu verhalten und dabei auch in fremdes Vermögen einzugreifen. Der Beschwerdeführer hat sich trotz bereits erfolgter Verurteilungen bzw. Bestrafungen nicht davon abhalten lassen, neuerlich einschlägig straffällig zu werden. Auch liegen das Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand im September 2002 und im Jänner 2003 sowie das der letzten gerichtlichen Verurteilung zugrunde liegende Fehlverhalten im März 2002 noch nicht so lange zurück, dass ein Wegfall oder eine maßgeblichen Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr anzunehmen wäre. Vor diesem Hintergrund erweist sich das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass es sich bei seinen Verurteilungen keineswegs um solche handeln würde, die ein Aufenthaltsverbot rechtfertigen würden, als nicht zielführend. Vielmehr kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Auffassung vertrat, dass im Beschwerdefall die Annahme nach § 36 Abs. 1 FrG gerechtfertigt sei.

2.1 Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid auch im Grund des § 37 FrG. Der Beschwerdeführer halte sich seit nunmehr zwölf Jahren in Österreich auf. Seit Jahren gehe er einer Berufstätigkeit nach und habe in Österreich familiäre Beziehungen.

2.2. Die belangte Behörde hat angesichts der Dauer seines Aufenthalts und seiner im angefochtenen Bescheid genannten persönlichen Interessen zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers angenommen. Ebenso zutreffend ist sie aber - entgegen der Beschwerde - zu dem Ergebnis gelangt, dass das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot im Licht des § 37 Abs. 1 FrG zulässig sei, liegt doch diesem das besagte gravierende Gesamt(fehl)verhalten zur Last, welches das Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen durch den Beschwerdeführer, zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer, somit zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten erscheinen lässt. Die Notwendigkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbots wird im vorliegenden Fall durch das wiederholte einschlägige Fehlverhalten des Beschwerdeführers unterstrichen. Im Licht dieser Erwägungen erweist sich auch das Ergebnis der von der Behörde gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorgenommene Interessenabwägung als unbedenklich. Durch das wiederholte einschlägige und gravierende Fehlverhalten des Beschwerdeführers, insbesondere sein zweimaliges Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, wurde die für die aus seinem Aufenthalt in der Dauer von etwa elfeinhalb Jahren und seiner beruflichen Tätigkeit in Österreich ableitbare Integration des Beschwerdeführers wesentlich soziale Komponente maßgeblich gemindert. Ferner werden seine familiären Interessen an einem Verbleib in Österreich dadurch relativiert, dass der Beschwerdeführer (unstrittig) weder mit seinem Kind noch mit dessen Mutter in einem Haushalt zusammenlebt, und (ebenfalls unstrittig) nicht dem Beschwerdeführer, sondern der Mutter das Sorgerecht zukommt. Von daher hat die belangte Behörde zu Recht der durch sein wiederholtes Fehlverhalten bewirkten Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen und damit den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbots kein geringeres Gewicht beigemessen als den Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.

3. Für die belangte Behörde bestand auch keine Veranlassung von dem ihr gemäß § 36 Abs. 1 FrG bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbots zukommenden Ermessen zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, sind doch weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.

4. Mit seinem Hinweis, dass er sich seit nunmehr zwölf Jahren in Österreich aufhalte, ist für den Beschwerdeführer auch im Licht des § 38 FrG nichts zu gewinnen. § 38 Abs. 1 Z. 1 FrG kommt für den Beschwerdeführer schon deshalb nicht zum Tragen, weil das vorliegende Aufenthaltsverbot nicht auf § 36 Abs. 2 Z. 8 gründet. Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 2 FrG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn eine Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 Z. 1 oder 2 FrG wegen des maßgeblichen Sachverhalts unzulässig wäre. Eine Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 Z. 1 FrG ist (u.a.) in den Fällen des § 35 FrG unzulässig. Nach der hg. Rechtsprechung ist unter dem Zeitpunkt "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhalts" im Sinn des § 35 Abs. 2 leg.cit. der Zeitpunkt vor Eintritt des ersten der in ihrer Gesamtheit für die Verhängung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Umstände zu verstehen, wobei es sich beim "maßgeblichen Sachverhalt" im Fall eines auf strafbare Handlungen gegründeten Aufenthaltsverbots nicht um die Verurteilungen bzw. die Bestrafungen, sondern um das zugrundeliegende Fehlverhalten handelt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2000, Zl. 98/18/0218). Für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbots nach § 35 Abs. 2 FrG ist demnach (u.a.) zu prüfen, ob der Fremde vor Verwirklichung des ersten von der Behörde zulässigerweise zur Begründung des Aufenthaltsverbots herangezogenen Umstands bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen war. Da das vom Beschwerdeführer im Jahr 1994 gesetzte Fehlverhalten für das Aufenthaltsverbot nicht mehr relevant ist (vgl. oben II.1.1.), ist vorliegend auf das im Dezember 1999 gesetzte, seiner Verurteilung im Jahr 2001 zu Grunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer nach der unbestrittenen Feststellung erst etwa siebeneinhalb Jahre in Österreich aufhältig, weshalb schon deshalb für ihn die Regelung des § 38 Abs. 1 Z. 2 FrG nicht zum Tragen kommen kann. In diesem Zeitpunkt verfügte der Beschwerdeführer auch noch nicht über die für die Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 erforderliche Dauer des inländischen Hauptwohnsitzes von mindestens zehn Jahren, weshalb der Erlassung des vorliegenden Aufenthaltsverbots auch § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG nicht entgegensteht. Weiters kam der im November 1977 geborene Beschwerdeführer unstrittig erst im Jahr 1992 nach Österreich, weshalb er auf dem Boden der hg. Rechtsprechung nicht als im Sinn des § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG von klein auf im Inland aufgewachsen anzusehen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 2003, Zl. 2003/18/0254, mwH).

5. Schließlich wendet sich die Beschwerde gegen die Dauer des Aufenthaltsverbots. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Aufenthaltsverbot - unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG - für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet) zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann. Als für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes maßgebliche Umstände gemäß § 39 Abs. 2 leg. cit. ist außer auf das konkret gesetzte Fehlverhalten und die daraus resultierende Gefährdung öffentlicher Interessen auch auf die privaten und familiären Interessen im Sinn des § 37 FrG Bedacht zu nehmen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. April 2003, Zl. 2001/18/0051, mwH). Die Annahme der belangten Behörde, dass im Beschwerdefall ein solcher Wegfall erst nach Ablauf von zehn Jahren der Fall sein werde, ist im Hinblick auf das gravierende und wiederholte Fehlverhalten des Beschwerdeführers auch unter Berücksichtigung seiner persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich nicht als rechtswidrig zu erkennen, zumal er auch durch die über ihn bisher verhängten Strafen nicht dazu bewogen werden konnte, sich in Österreich gesetzeskonform zu verhalten.

6. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die geltend gemacht Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 31. März 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004180026.X00

Im RIS seit

07.05.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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