TE Vwgh Erkenntnis 2004/3/31 2002/06/0002

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Veröffentlicht am 31.03.2004
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
20/11 Grundbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;
95/03 Vermessungsrecht;

Norm

AVG §43;
AVG §52;
AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7 Abs1;
B-VG Art108;
B-VG Art2 Abs2;
B-VG Art5;
LiegTeilG 1929 §1 Abs1 Z3;
VermG 1968 §17 Z1;
VermG 1968 §20 Abs2;
VermG 1968 §3 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der Dr. H P in W, vertreten durch Dr. Hermann Rieger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Krugerstraße 17, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 15. November 2001, Zl. 96 205/37- IV/13/01, betreffend Umwandlung in den Grenzkataster (mitbeteiligte Partei: Bundeshauptstadt Wien, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 7. Juni 2000 (eingelangt bei der Behörde erster Instanz am 29. Juni 2000) stellte die mitbeteiligte Stadt den Antrag auf Umwandlung des Grundstückes Nr. 1327, EZ 1601 (öffentliches Gut), KG R, vom Grundsteuer- in den Grenzkataster.

Mit Bescheid vom 17. November 2000 verfügte das Vermessungsamt Wien als Behörde erster Instanz nach Überprüfung des dem Antrag beigefügten Planes gemäß § 20 Abs. 2 Vermessungsgesetz die Umwandlung des Grundstückes 1327, EZ 1601, KG R, in den Grenzkataster.

Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die Beschwerdeführerin als auch die weitere Miteigentümerin des Baugrundstücks Nr. .716 KG R Berufung, in welcher sie im Wesentlichen behaupteten, sie hätten ihre Zustimmung zum Grenzverlauf lediglich unter einer auflösenden Bedingung erklärt, welche in einem amtlichen Ermittlungsverfahren hätte geklärt werden müssen. Aus dem Plan ergebe sich weiters auch die bauliche Trennung der Gebäude auf den Grundstücken Nr. .716 und Nr. .759 nicht eindeutig, sodass diesbezüglich eine Rechtsunsicherheit bestehe. Die tatsächlichen baulichen Grenzen zwischen dem Baugrundstück .716 und dem öffentlichen Gut Grundstück Nr. 1327 verliefen in der Natur geringfügig, nämlich plus/minus 10 cm an anderer Stelle, was einen bauordnungswidrigen Zustand hervorrufe.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 21. Juni 2001 wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die Berufungsbehörde im Wesentlichen aus, sämtliche Voraussetzungen für eine Umwandlung lägen vor, insbesondere ein Plan über den Grenzverlauf und sämtliche Zustimmungserklärungen der Grundeigentümer einschließlich jener der Beschwerdeführerin und deren Miteigentümerin. Der Niederschrift über die vorgenommene Verhandlung der Grenzen seien alle entsprechenden Informationen zu entnehmen gewesen. Daraus gehe auch hervor, dass die Zustimmungserklärung zum Grenzverlauf zwischen den Grundstücken Nr. 1327 und Nr. .716 der Darstellung im Plan entspräche. Insbesondere sei konkret festgehalten worden, dass die (Mauer)Vorsprünge in das öffentliche Gut ragen dürften und keine Nachteile für die Grundeigentümer mit sich brächten. Dieser Umstand sei auch durch die Bauordnung abgedeckt. Damit müsse bei der Unterfertigung klar gewesen sein, dass die Vorsprünge nicht zum Grundstück Nr. .716 gehörten. Es liege sohin hinsichtlich des Grenzverlaufes zwischen den Grundstücken Nr. 1327 und Nr. .716 eine eindeutige und inhaltlich bestimmte Zustimmungserklärung der Beschwerdeführerin vor. Die Behauptung einer lediglich unter einer auflösenden Bedingung abgegebenen Zustimmungserklärung könne nicht nachvollzogen werden. Auch der Berufungsbehauptung, die zwischen den Grundstücken Nr. .716 und Nr. .759 befindliche, vom öffentlichen Gut Grundstück Nr. 1327 abstoßende Grenze sei lediglich eine "Vermutung", könne nicht gefolgt werden, da der Grenzpunkt mit der Nummer 1911 eindeutig als Hausstoß definiert und auch den Beteiligten gezeigt worden sei. Außerdem sei durch die Grenzfestlegung gemäß dem ruhenden Besitzstand die Hausbreite gegenüber dem Bauplan aus dem Jahre 1889 um 12 cm vergrößert worden. Es könne somit die nunmehrige Grenzfestlegung nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin bzw. ihrer Miteigentümerin erfolgt sein.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführerin sowie die weitere Miteigentümerin wiederum Berufung an die belangte Behörde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde dieser Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 21. Juni 2001 bestätigt. Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensverlaufes und der Rechtslage führte die belangte Behörde begründend aus, die Beschwerdeführerin sei Miteigentümerin des Grundstückes Nr. .716, KG R; die Stadt Wien (öffentliches Gut) sei Eigentümerin des Grundstückes Nr. 1327, ebenfalls KG R. Anlässlich der geplanten Umwandlung des Grundstückes Nr. 1327 vom Grundsteuer- in den Grenzkataster habe die Magistratsabteilung 41 mit den Eigentümern der angrenzenden Grundstücke eine Verhandlung zur Festlegung des Grenzverlaufes durchgeführt, von welcher auch das Grundstück Nr. .716 betroffen gewesen sei. Da im zuständigen Vermessungsamt keine Unterlagen über die Entstehung des Grundstückes Nr. .716 vorhanden gewesen seien, hätten als Behelfe die analoge Katastralmappe (Maßstab 1 : 1.440; Stand Jahrhundertwende 19./20. Jahrhundert), die digitale Katastralmappe (Maßstab 1 : 1.000), ein Plan mit dem Veränderungshinweis 1/1953, der Bauplan aus dem Jahre 1889 und der Naturstand gedient. Den Katastralmappen sei ein gradliniger Grenzverlauf zwischen den Grenzpunkten des Grundstückes Nr. 1327 zum Grundstück Nr. .716 zu entnehmen. Details wie Mauervorsprünge seien schon auf Grund der kleinen Maßstäbe nicht zu erkennen. Laut Naturstand und Bauplänen sei die Gebäudefassade des Grundstückes Nr. .716 jedoch nicht geradlinig, sondern weise Vor- und Rücksprünge im Ausmaß von ca. 15 cm auf. Die Interpretation des Grenzverlaufes durch den Planverfasser sei in einem Lageplan Nr. 11581/A4 dargestellt worden. Darin sei zu erkennen, dass die rückspringende Fassadenfläche die Grenze sein solle. Beschrieben werde dieser Grenzverlauf durch die Grenzpunkte 1910 und 1911 (Hausstoß und gleichzeitig abstoßende Grenze zum benachbarten Grundstück Nr. .759). Teile des Gebäudes auf dem Baugrundstück Nr. .716 würden demnach in das öffentliche Gut hineinragen. Das Sperrmaß zwischen den Grenzpunkten sei im Plan mit 24,42 m ausgewiesen. Im Bauplan aus dem Jahre 1889 sei die Gebäudefront mit einer Länge von 24,30 m angeschrieben. Diese Unterlagen seien am 17. Dezember 1999 anlässlich der Verhandlung der Grundstücksgrenzen vom Planverfasser den beteiligten Eigentümern gezeigt worden. In der darüber verfassten Niederschrift sei der Vermerk "die in der Natur vorhandenen Vorsprünge und Gesimse laut Bauplan sind durch die Bauordnung genehmigt und dürfen ohne zusätzliche Nachteile für die Grundeigentümer (Kosten, Steuern, ... .) in das öffentliche Gut hineinragen" angebracht worden. Die Verhandlungsniederschrift sowie die Zustimmungserklärung gemäß § 43 Abs. 6 Vermessungsgesetz trage die Unterschrift aller beteiligter Eigentümer. Insoweit nun die Beschwerdeführerin die Befugnis des Magistrates der Stadt Wien - Magistratsabteilung 41 im Sinne des § 2 Vermessungsgesetz als befugter Planverfasser aufzutreten, anzweifle, sei aus § 18 Vermessungsgesetz in Verbindung mit § 1 Abs. 2 des Liegenschaftsteilungsgesetzes zu entnehmen, dass die Stadt Wien befugt sei, Urkunden zu erstellen, soweit sie den Zwecken des eigenen Dienstbereiches dienten. Da von der beabsichtigten Umwandlung ein Grundstück der Stadt Wien (öffentliches Gut) betroffen sei, sei die Stadtvermessung zweifelsfrei dazu berechtigt, die Verhandlung der Grenzen vorzunehmen und die Urkunde, die die Grundlage für die Einverleibung des Grundstückes 1327 in den Grenzkataster bilde, zu erstellen. Der Vorwurf, der Grenzverlauf sei zum Nachteil der Beschwerdeführerin herbeigeführt worden, könne nicht bestätigt werden, weil sämtliche für das katastertechnische Prüfverfahren übergebenen Unterlagen widerspruchsfrei seien, alle verfügbaren Behelfe zur Planerstellung herangezogen worden seien und das Einvernehmen bezüglich des festgelegten Grenzverlaufes durch die Zustimmungserklärungen aller Beteiligten dokumentiert sei. Es treffe zu, dass aus den vorhandenen Katasterunterlagen keine Vor- und Rücksprünge der Fassade ersichtlich seien. Außer den Katastralmappen lägen im Vermessungsamt keine Unterlagen bezüglich des fraglichen Bereiches auf. Ein Erkennen von minimalen Vor- und Rücksprüngen (ca. 15 cm) in der Katastralmappe sei schon aus maßstäblichen Gründen nicht möglich; es könne dadurch keine detaillierte katastertechnische Beurteilung durch die Vermessungsbehörde erfolgen. Dies sei in der Verhandlung vom 17. Dezember 1999 mitgeteilt und erörtert worden. Den Bedenken der Beschwerdeführerin bezüglich eventueller Nachteile durch das Hineinragen von Gebäudeteilen in das öffentliche Gut sei durch eine Ergänzung in der Verhandlungsschrift entgegen gekommen worden. Als Ergebnis der Verhandlung hätten alle Beteiligten einschließlich der Beschwerdeführerin mit ihrer Unterschrift die Zustimmung zum einvernehmlich festgelegten Grenzverlauf gegeben. Die einvernehmliche Festlegung der Grenze durch die beteiligten Grundeigentümer in Anwesenheit des mit der Leitung der Verhandlung der Grenzen beauftragten Planverfassers stelle ein zivilrechtliches Übereinkommen über den Grenzverlauf dar, das durch die gemeinsame Unterzeichnung der Zustimmungserklärung zustande gekommen sei und in der Niederschrift dokumentiert worden sei. Durch den übereinstimmenden Willen aller Beteiligten und die Unterschrift sei ein Vertrag zustande gekommen, durch den sich alle verpflichteten, die bei der Grenzverhandlung festgestellte Grenze anzuerkennen. Dabei handle es sich um ein konstitutives Anerkenntnis des gemeinsamen Grenzverlaufes. Dieses Anerkenntnis bilde die Rechtsgrundlage für die Einverleibung des Grundstückes 1327 in den Grenzkataster. Ein solcher Vertrag könne nicht einseitig abgeändert werden, er entfalte vielmehr Bindungswirkung für alle Beteiligten. Die Unterschriftsleistung der Beschwerdeführerin unter auflösend bedingtem Vorbehalt sowie die Ersitzung der Grundstücksteile - selbst wenn sie zuträfe - seien Angelegenheit der Beteiligten und im Zuge der Verhandlung zu klären. Die Vermessungsbehörde habe davon auszugehen, dass der Grenzverlauf neu in konstitutiver Weise festgelegt worden sei, wenn Eigentümer benachbarter Grundstücke in einer Verhandlung über Grundstücksgrenzen zu einer Einigung gelangten. Insoweit die Beschwerdeführerin bemängle, dass der Grenzverlauf zwischen dem Grundstück Nr. .716 und dem benachbarten Grundstück Nr. .759 nur teilweise erfasst werde, sei ihr zu entgegnen, dass eine der Grundlagen für die Umwandlung eines Grundstückes vom Grundsteuerin den Grenzkataster dessen Vermessung zur Gänze sei. Vermessung zur Gänze bedeute, dass jeder Grenzpunkt mit den dem Stand der Wissenschaft und Technik entsprechenden geeigneten Methoden zu bestimmen sei und der nach § 7 Vermessungsverordnung geforderten Genauigkeit zu entsprechen habe. Gemäß § 1 Abs. 1 Vermessungsgesetz sei die Grenzlinie zwischen den Grenzpunkten eindeutig zu definieren. Von einem Grenzpunkt gingen zumindest zwei Grenzlinien aus. Allerdings könnten sich auch mehrere Linien in diesem Punkte treffen und dadurch mehrere Grundstücke diesen Grenzpunkt gemeinsam haben. Obwohl Grundstücke auch nur mit einem Punkt an das zur Umwandlung vorgesehene Grundstück angrenzen könnten, seien sie als von dem Verfahren betroffen zu bezeichnen und die Eigentümer zur Verhandlung des Grenzpunktes zu laden. Wesentlich dabei sei allerdings, dass nur die Festlegung der Lage dieses Punktes als Bestandteil der das umzuwandelnde Grundstück umschließenden Grenzlinien für die Umwandlung unerlässlich sei und nicht der weitere Verlauf wie Richtung, Lage oder nächster Grenzpunkt dieser abgehenden Grenzen. Die Informationen über den weiteren Verlauf der abgehenden Grenzen würden Planverfasser den vorhandenen Katasterunterlagen entnehmen und in den Plan einarbeiten. Im gegenständlichen Fall träfen im Grenzpunkt 1911 drei Grundstücke zusammen, nämlich das Grundstück Nr. .716 (der Beschwerdeführerin), Nr. .759 (des Nachbarn der Beschwerdeführerin) und das zur Umwandlung beantragte Grundstück Nr. 1327 (öffentliches Gut). Dieser Grenzpunkt 1911 sei laut § 1 Abs. 5 Vermessungsverordnung vorschriftsmäßig in der Natur gekennzeichnet und allen betroffenen Grundeigentümern vor Ort gezeigt worden. Auch hiezu sei die Zustimmung erklärt worden. Im Übrigen sei der abgehende Grenzverlauf zwischen den Grundstücken Nr. .716 und Nr. .759 aber nicht Gegenstand der Verhandlung gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird, und legte die Verwaltungsakten vor. Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde und ein Kostenzuspruch beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In Ausführung der Beschwerde bringt die Beschwerdeführerin zunächst vor, die Magistratsabteilung 41 (Stadtvermessung) sei nicht befugt, ein Umwandlungsverfahren durchzuführen bzw. besitze auch nicht die Eignung eines Planverfassers im Sinne des § 1 Abs. 2 Liegenschaftsteilungsgesetz. Die Magistratsabteilung 41 trete im vorliegenden Umwandlungsverfahren nicht nur als Sachverständiger und Leiter der Grenzverhandlung auf, sondern vertrete auch die antragstellende Grundeigentümerin, eine derartige Kumulation von Funktionen lasse den Verdacht der Befangenheit aufkommen, da so eine objektive Verhandlungsführung nicht möglich sei. Die belangte Behörde habe jedoch eine Prüfung der gebotenen Unparteilichkeit unterlassen. Im Übrigen wiederholt die Beschwerdeführerin ihre Einwendungen zur sachlichen Richtigkeit des umgewandelten Grenzverlaufes.

Gemäß § 2 Abs. 1 des Vermessungsgesetzes - VermG, BGBl. Nr. 306/1968 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 238/1975, sind, unbeschadet der im Liegenschaftsteilungsgesetz, BGBl. Nr. 3/1930, im Ziviltechnikergesetz, BGBl. Nr. 146/1957, und in den Landesgesetzen in den Angelegenheiten der Bodenreform vorgesehenen Befugnisse die in § 1 angeführten Aufgaben von dem dem Bundesministerium für Bauten und Technik nachgeordneten Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen und den Vermessungsämtern zu besorgen.

Zu den Aufgaben der Landesvermessung gehören nach § 1 Z. 2 und 3 VermG auch die teilweise und die allgemeine Neuanlegung des Grenzkatasters.

Grundsätzlich obliegt die Neuanlegung des Grenzkatasters somit dem Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen und den dieser Behörde nachgeordneten Vermessungsämtern. Ausnahmen von dieser Regelung ergeben sich daher nur - von Fragen der Bodenreform abgesehen - durch § 1 Abs. 1 Liegenschaftsteilungsgesetz.

Gemäß § 1 Abs. 1 des Liegenschaftsteilungsgesetzes - LiegTeilG, BGBl. Nr. 3/1930, in der Fassung BGBl. Nr. 238/1975, kann die grundbücherliche Teilung eines Grundstückes nur auf Grund eines Planes durchgeführt werden, der

1.

von einem Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen,

2.

von einer Vermessungsbehörde,

3.

innerhalb ihres Wirkungsbereiches von einer Dienststelle des Bundes oder eines Landes, die über einen Bediensteten verfügt, der das Studium für Vermessungswesen an einer wissenschaftlichen Hochschule vollendet hat und eine praktische Betätigung durch mindestens zwei Jahre auf dem Gebiet der Grenzvermessungen für alle Zwecke der grundbücherlichen Teilungen, Ab- und Zuschreibungen nachweist, oder

              4.              innerhalb ihres Wirkungsbereiches von einer Agrarbehörde verfasst worden ist.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung können durch Verordnung nach Einholung eines Gutachtens der beteiligten Ingenieurkammern auch die für Zwecke des eigenen Dienstbereiches verfassten Pläne anderer Behörden und Ämter, die über mindestens einen Bediensteten verfügen, der das Studium für Vermessungswesen an einer wissenschaftlichen Hochschule vollendet hat, und eine praktische Betätigung durch mindestens zwei Jahre auf dem Gebiet der Grenzvermessungen für alle Zwecke der grundbücherlichen Teilungen, Ab- und Zuschreibungen nachweist, als geeignet erklärt werden, zur Grundlage grundbücherlicher Teilungen zu dienen.

Die Stadt Wien ist gemäß Art. 2 Abs. 2 und Art. 5 B-VG nicht nur Bundeshauptstadt, sondern auch Bundesland, daher hat die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Z. 3 LiegTeilG Platz zu greifen, wonach die grundbücherliche Teilung eines Grundstückes auch nach einem Plan durchgeführt werden kann, der von einer mit entsprechenden qualifizierten Bediensteten ausgestatteten Dienststelle des Landes Wien erstellt wurde. Gemäß Art. 108 B-VG hat in Wien der Magistrat auch die Funktion des Amtes der Landesregierung; die Magistratsabteilungen sind lediglich Teile dieses Amtes. Die Magistratsabteilung 41, welche somit (auch) Landesdienststelle ist, ist somit jedenfalls auch im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 3 LiegTeilG zur Erstellung der hier gegenständlichen Pläne befugt, sofern entsprechend qualifizierte Bedienstete vorhanden sind. Diese Pläne betreffen ein im Wirkungsbereich des Landes Wien liegendes Grundstück. Da diese Pläne der Umwandlung eines dem Land Wien gehörigen Grundstücks in den Grenzkataster dienten, durfte das Land Wien, vertreten durch die zuständige Magistratsabteilung, auch Antragsteller gemäß § 17 Z. 1 VermG sein. Dieser Einwand geht daher ins Leere. Auf die in der Beschwerde aufgeworfene Frage einer Derogation der kaiserlichen Verordnung RGBl. Nr. 20/1916 muss somit nicht näher eingegangen werden.

Auch der Einwand der Befangenheit infolge einer Funktionenkumulierung der einschreitenden Magistratsabteilung als Planverfasserin und Antragstellerin trifft nicht zu, weil nicht zwingend allein aus der von einem Verwaltungsorgan innerhalb seiner Zuständigkeit geübten Tätigkeit die Annahme seiner Befangenheit in anderer Funktion abgeleitet werden muss. Den Organwaltern kann grundsätzlich zugebilligt werden, dass sie ungeachtet der jeweiligen Interessenlage ihres Dienstgebers ihre Entscheidung in behördlichen Angelegenheiten dem Gesetz entsprechend treffen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 3. Juli 2000, Zl. 2000/09/0006, und vom 19. Dezember 1995, Zl. 94/05/0346). Auch kann aus den Bestimmungen des gemäß § 3 Abs. 1 VermG in den Verfahren vor den Vermessungsämtern anzuwendenden AVG eine Unvereinbarkeit der Funktion des Verhandlungsleiters und eines Sachverständigen nicht abgeleitet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Januar 1995, Zl. 92/05/0230). Im Übrigen können nur einzelne Organe der Gemeinde, nicht die Gemeinde (das Land) bzw. der Magistrat in toto befangen sein. Konkrete Anhaltspunkte für die Annahme einer Befangenheit eines der im vorliegenden Verwaltungsverfahren beteiligten Organwalters des Magistrats Wien sind aber auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.

Insofern die Beschwerdeführerin davon ausgeht, es sei "eine Grenzänderung im Sinne des Liegenschaftsteilungsgesetzes (BGBl. Nr. 3/1930 i.d.F. BGBl. I Nr. 140/97)" Gegenstand des bekämpften Bescheides gewesen, unterliegt sie einem Irrtum. Der Spruch des im Instanzenweg ergangenen Bescheides lautet auf Umwandlung des Grundstücks Nr. 1327 (öffentliches Gut) in den Grenzkataster gemäß § 20 Abs. 2 VermG. Nur diese war vor den Berufungsbehörden "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG und somit Gegenstand des angefochtenen Bescheides. Nur die Überprüfung dieses Bescheides ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren von Relevanz. In diesem Zusammenhang muss die Beschwerdeausführung dahin gehend, die vom Grenzpunkt 1911 ausgehende, vom umzuwandelnden Grundstück Nr. 1327 abstoßende Grenze zwischen den Baugrundstücken .716 und .759 sei ungeprüft geblieben und unrichtig, ins Leere gehen, weil diese Grenze nicht Gegenstand der Umwandlung war. Dies konzediert die Beschwerdeführerin ja selbst, wenn sie (unter Pkt. 2.2 der Beschwerde) ausführt, dass "das Grundstück 1327 der Stadt Wien davon nicht betroffen" werde. Ein Antrag der Stadt Wien auf "Grenzfestlegung" im Sinne einer Änderung der zwischen öffentlichem Gut und privaten Grundstücken bestehenden Grenzen lag dem erstinstanzlichen Bescheid nicht zugrunde. Der Befürchtung der Beschwerdeführerin, die unterlassene Berücksichtigung vorhandener Mauervor- und rücksprünge der Hausfassade im Ausmaß von etwa 15 cm in den der Umwandlung zugrundeliegenden Plänen könnten für sie Nachteile nach sich ziehen, wurde bereits von den befassten Behörden ausreichend begegnet, indem auf die aus den großen Maßstäben der vorliegenden Pläne resultierende Schwankungsbreite der Messgenauigkeit (vgl. auch § 4 Abs. 2 VermV) verwiesen wurde, die zu tolerieren ist.

Insoweit die Beschwerdeführerin bestreitet, dass ihre schriftliche Zustimmung zum Grenzverlauf vorliege, genügt der Hinweis auf die von ihr abgegebene und in dem dem Antrag der MA 41 auf Umwandlung angeschlossenen Formular enthaltene Unterschrift, welche sie auch in Vollmachtsnamen für die Miteigentümerin T. P. - nämlich über beide Zeilen schräg verlaufend - abgegeben hatte. Zweifel daran, dass sie mit ihrer Unterschriftsleistung nicht nur "in Vertretung" ihrer Miteigentümerin, sondern auch im eigenen Namen ihr Einverständnis zum Grenzverlauf erklärt hat (etwa ein entsprechender Vorbehalt), ergeben sich aus der Urkunde nicht. Insbesondere scheint darauf auch eine Erklärung des Planverfassers im Sinne des § 43 Abs. 6 VermG nicht auf. Damit lag die Voraussetzung für die Umwandlung gemäß § 17 Z. 1 VermG aber vor. Die Feststellungen des Verhandlungsleiters in der Verhandlung vom 17. Dezember 1999, wonach die in der Natur vorhandenen Vorsprünge und Gesimse laut Bauplan durch die Bauordnung genehmigt sind und ohne zusätzliche Nachteile für die Grundeigentümer (Kosten, Steuern, ...) in das öffentliche Gut hineinragen dürfen, haben keinen Einfluss auf die Umwandlung in den Grenzkataster. Inwieweit sie in einem anderen Verfahren (Abgabenverfahren u.a.) zu berücksichtigen sind, war hier nicht zu untersuchen.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil sie nicht von einem Rechtsanwalt vertreten war (§ 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 88/1997).

Wien, am 31. März 2004

Schlagworte

Befangenheit der Mitglieder von Kollegialbehörden Befangenheit von Sachverständigen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002060002.X00

Im RIS seit

07.05.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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