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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §294;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde der O Aktiengesellschaft in W, vertreten durch Dkfm. Dr. Wilfried Schlick, Wirtschaftsprüfer in 1170 Wien, Oberwiedenstraße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IV) vom 12. November 2001, GZ. RV/163-11/04/96, betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens, Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent zum 1. Jänner 1991, 1. Jänner 1992 und 1. Jänner 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Rechtsvorgängerin der beschwerdeführenden Aktiengesellschaft, eine auf dem Gebiet der Mineralölwirtschaft tätige GmbH; (im Folgenden: Beschwerdeführerin) erwarb im Jahr 1987 mehrere Betriebe. In der Bilanz zum 31. Dezember 1987 wurde unter den Aktiva ein diese Erwerbe betreffender Firmenwert in Höhe von 183,711.727 S ausgewiesen. Unter Zugrundelegung einer 10-jährigen Nutzungsdauer des Firmenwertes ergab sich zum 31. Dezember 1990 ein Bilanzansatz von 125,697.496 S, zum 31. Dezember 1991 ein solcher von 106,359.419 S und zum 31. Dezember 1992 ein solcher von 87,021.342 S.
Im Zuge einer die Jahre 1991 bis 1993 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, dass der in den angeführten Bilanzen aktivierte Firmenwert als derivativer Firmenwert auch beim Einheitswert des Betriebsvermögens anzusetzen sei. Das Finanzamt folgte dieser Ansicht und erließ entsprechende Einheitswertbescheide jeweils zum 1. Jänner 1991, 1992 und 1993 und darauf beruhende Bescheide betreffend Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent.
In ihrer dagegen gerichteten Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, der Firmenwert sei dadurch entstanden, dass sie im Hinblick auf die zukünftig zu erwartenden Erträge für den Erwerb "des Betriebes" wesentlich mehr bezahlt habe, als sich aus dem Saldo von Aktiva und Passiva ergeben habe. Der Firmenwert stelle kein selbständiges Wirtschaftsgut dar. Der Begriff des Wirtschaftsgutes werde weder im Einkommensteuerrecht noch im Bewertungsgesetz definiert. Im Beschwerdefall müssten "Abweichungen" zwischen den Wirtschaftsgutbegriffen im Rahmen der Einheitswertermittlung und bei der ertragsteuerlichen Beurteilung berücksichtigt werden. Auch der deutsche Bundesfinanzhof habe unter Hinweis auf die statische bzw. dynamische Bilanzauffassung erhebliche Unterschiede zwischen den Ansätzen in der ertragsteuerlichen Erfolgsermittlung und der Vermögensaufstellung der Einheitsbewertung bejaht. Es seien nur solche Posten im Einheitswert zu erfassen, welche einen echten Vermögenswert darstellen würden. Posten, die ertragsteuerlich unter der Zielsetzung der periodengerechten Ertragsermittlung angesetzt würden, dürften im Einheitswert des Betriebsvermögens nicht berücksichtigt werden. Für die Ermittlung des Einheitswertes seien nur selbständig verkehrsfähige Wirtschaftsgüter anzusetzen, wobei der anzusetzende Teilwert als Substanzwert anzusehen sei. Der Firmenwert sei für sich allein, d.h. ohne Betrieb, nicht denkmöglich. Er spiegle lediglich die Erwartungshaltung des Käufers hinsichtlich künftiger Gewinnchancen des erworbenen Betriebes wider.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der von der Beschwerdeführerin erworbene Firmenwert sei Teil einer wirtschaftlichen Einheit, die dem Betrieb des Gewerbes der Beschwerdeführerin als Hauptzweck diene, und solcherart zu Recht gemäß § 57 Abs. 1 BewG 1955 bei der Bewertung des Betriebsvermögens erfasst worden. Eine bloße Bilanzierungshilfe zur Vermeidung der sofortigen Aufwandserfassung liege nicht vor. Eine vom Betrieb losgelöste selbständige Verkehrsfähigkeit des immateriellen Wirtschaftsgutes verlange das BewG 1955 - anders als von Gassner (Der "Wert im ganzen" und der "Gesamtwert" des gewerblichen Betriebes, ÖStZ 1985, 75) vertreten -
nicht.
Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 57 Abs. 1 BewG 1955 gehören zum Betriebsvermögen alle Teile einer wirtschaftlichen Einheit, die dem Betrieb eines Gewerbes als Hauptzweck dienen, soweit die Wirtschaftsgüter dem Betriebsinhaber gehören. Das Betriebsvermögen umfasst demnach nicht nur körperliche Sachen und Rechte, sondern auch unkörperliche (immaterielle) Güter.
Der Ansatz eines Firmenwertes bei der Ermittlung des Betriebsvermögens kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann in Frage, wenn er durch Entgelt erworben oder durch besondere Aufwendungen geschaffen worden ist oder wenn sich darüber eine feste allgemeine Verkehrsauffassung gebildet hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Februar 1983, 81/17/0030, Slg. 5762/F, vom 28. Jänner 1998, 95/13/0285, Slg. 7248/F, und vom 25. Jänner 2000, 94/14/0038).
Im Beschwerdefall wurde der strittige Firmenwert gegen Entgelt erworben. Wie schon im Verwaltungsverfahren bringt die Beschwerdeführerin vor, das Entgelt für den Firmenwert sei im Hinblick auf erwartete künftige Erträge bezahlt worden, weshalb im ertragsteuerlichen Ansatz eines Firmenwertes eine Bilanzierungshilfe zur Vermeidung der sofortigen Aufwandserfassung zu sehen sei. Solcherart liege keine "selbständige Bewertungsmöglichkeit und Verkehrsfähigkeit" vor.
Mit einem ähnlichen auf die Rechtsansicht von Gassner, a. a.O., gestützten Einwand hat sich der Verwaltungsgerichtshof schon im angeführten Erkenntnis vom 28. Jänner 1998 auseinander gesetzt und ausgeführt, dass zwischen dem Vorliegen eines Wirtschaftsgutes und dessen Bewertung zu unterscheiden sei. Die Ertragsaussichten, die durch die Nutzung eines Wirtschaftsgutes bestehen, stellen die für die Bewertung des Wirtschaftsgutes entscheidenden Parameter dar.
Der bewertungsrechtliche Begriff des Wirtschaftsgutes ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weiter als der Begriff "veräußerungsfähiger Gegenstand", weil durch den Begriff des Wirtschaftsgutes alle materiellen und immateriellen Werte erfasst werden, für die im Falle des Verkaufes des Unternehmens zwecks Fortführung vom Erwerber etwas bezahlt würde. Der im § 68 Abs. 5 BewG 1955 verwendete Begriff des Wirtschaftsgutes ist im Sinne des Bilanzsteuerrechts, insbesondere des § 6 EStG zu verstehen. So ist für die Frage, ob ein vom Unternehmer getragener Aufwand zu der Anschaffung eines in seinem Eigentum stehenden und damit in der Bilanz zu aktivierenden Wirtschaftsgutes geführt hat, nicht von Bedeutung, ob es sich bei diesem Wirtschaftsgut bürgerlich-rechtlich um eine selbständige Sache oder um einen - selbständigen oder unselbständigen - Bestandteil einer solchen handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 1996, 94/13/0054). Auf die Einzelveräußerbarkeit kommt es demnach nicht an.
Zur Frage der Bewertung ist auf die Bestimmung des § 12 BewG 1955 zu verweisen. Danach sind Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb dienen, in der Regel mit dem Teilwert zu erfassen. Teilwert ist der Betrag, den der Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Die belangte Behörde hat ausgehend von dem im Jahr 1987 tatsächlich für den Firmenwert geleisteten Betrag unter Anwendung einkommensteuerrechtlich zulässiger jährlicher Abschreibungsbeträge den den Firmenwert zu den jeweiligen Bewertungsstichtagen (noch) beizumessenden Wert ermittelt. Einwendungen gegen die Höhe dieser Wertansätze wurden nicht erhoben. Erst nach den jeweiligen Feststellungszeitpunkten eingetretene Umstände wurden im Beschwerdefall - anders als in dem von der Beschwerdeführerin angeführten Erkenntnis vom 16. September 1987, - 87/13/0003, für die Bewertung des Wirtschaftsgutes nicht herangezogen.
Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen den Ausspruch betreffend Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent zum 1. Jänner 1991, 1992 und 1993 wendet, ist die Beschwerde schon deswegen unbegründet, weil dann, wenn einem Bescheid Entscheidungen zu Grunde liegen, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, der Bescheid gemäß § 252 Abs. 1 BAO nicht mit der Begründung angefochten werden kann, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 31. März 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001130318.X00Im RIS seit
30.04.2004