TE Vwgh Erkenntnis 2004/4/5 2004/10/0034

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.04.2004
beobachten
merken

Index

L92053 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Niederösterreich;
L92054 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Oberösterreich;
L92103 Behindertenhilfe Pflegegeld Rehabilitation Niederösterreich;
L92104 Behindertenhilfe Pflegegeld Rehabilitation Oberösterreich;
L92603 Blindenbeihilfe Niederösterreich;

Norm

BehindertenG OÖ 1991 §43;
BehindertenG OÖ 1991;
SHG NÖ 2000;
SHG OÖ 1973 §9;
SHG OÖ 1998 §9 Abs1;
SHG OÖ 1998 §9 Abs9;
SHG OÖ 1998 §9;
SHV OÖ 1998 §5 Abs7 idF 2001/141;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde der Marianne M in S, vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 3, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 19. Dezember 2003, Zl. SO- 411250/30-2003-Scs, betreffend Kostenbeitrag nach dem Oberösterreichischen Behindertengesetz 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit ihr in Kopie vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführerin wird Hilfe durch Beschäftigung in Verbindung mit Hilfe durch eine interne Unterbringung in der Lebenswelt Schenkenfelden nach dem Oberösterreichischen Behindertengesetz 1991 gewährt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet,

1. ab 1. August 2003 jenen Betrag als Kostenbeitrag zu leisten, um den der tatsächliche monatliche Aufwand die nach Anwesenheitstagen aliquotierte Summe der laufend erbrachten monatlichen Ersatzleistungen übersteigt.

2. den Kostenbeitrag nach Z 1 jeweils für den Zeitraum 1. August bis 31. Juli binnen 14 Tagen nach Abrechnung und Vorschreibung durch die Behörde für das gesamte abgelaufene Jahr zu leisten.

Gemäß Spruchpunkt 3. bleibt "von der Kostenbeitragsverpflichtung Geld oder Geldeswert bis zu insgesamt EUR 7.300,-- unberücksichtigt" und gemäß Spruchpunkt 4. hat die Beschwerdeführerin der Behörde jährlich bis längstens 31. Juli eine Aufstellung ihres gesamten Vermögens zu übermitteln.

Für die Beschwerdeführerin wurde zum Zwecke der Absicherung ihrer Lebenshaltungskosten von ihren Eltern, insbesondere von ihrem verstorbenen Vater ein "beachtliches Vermögen" angespart; dieses Vermögen wird von ihrem Sachwalter verwaltet und ist in der Beschwerde detailliert und betragsmäßig angeführt (Pensionskonto, Wertpapierdepot, Bausparvertrag, Bausparvertrag (Ansparvertrag), Sparbuch, Er- und Ablebensversicherung).

Die belangte Behörde hat die Vorschreibung des Kostenbeitrages auf die §§ 43 Abs. 2 Oberösterreichisches Behindertengesetz 1991, LGBl. Nr. 63/1997 idF LGBl. Nr. 156/2001, in Verbindung mit § 9 Oberösterreichisches Sozialhilfegesetz 1998 (Oö. SHG 1998), LGBl. Nr. 82/1998 idF LGBl. Nr. 68/2002, und § 5 Abs. 7 Oö. Sozialhilfeverordnung, LGBl. Nr. 118/1998 idF LGBl. Nr. 141/2001, gestützt.

In der Beschwerde wird unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht, dass gemäß § 43 Abs. 2 Oö. Behindertengesetz 1991 ein Kostenbeitrag in sinngemäßer Anwendung der §§ 9 und 51a Oö. Sozialhilfegesetz zu leisten sei.

Darüber hinaus wird insbesondere die Rechtsauffassung der belangten Behörde bekämpft, dass es sich beim Vermögen der Beschwerdeführerin um verwertbares Vermögen handle. Bei den in der Beschwerde näher genannten Vermögenswerten handle es sich um langfristig veranlagte Vermögenswerte, die der Sicherung des Lebensunterhaltes der Beschwerdeführerin dienten, weshalb diese Vermögenswerte auf Grund der jeweils langfristigen Bindungen bzw. Anlage auch nicht verwertbar seien.

Selbst für den Fall der (unrichtigen) Annahme, dass diese Vermögenswerte verwertbares Vermögen darstellten, widerspräche die Heranziehung dieser Vermögenswerte dem Normzweck des Oberösterreichischen Sozialhilfegesetzes bzw. des Oberösterreichischen Behindertengesetzes, da sie eine besondere Härte bedeute.

Es müsse berücksichtigt werden, dass die Beschwerdeführerin derzeit jährlich etwa EUR 4.500,-- verbrauche, wobei dieser Betrag auf Grund der getätigten Veranlagungen ausschließlich aus den Zinsen gedeckt werden könne, sodass das Vermögen für die Beschwerdeführerin erhalten bleibe.

Werde nunmehr, wie von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angeordnet, die Beschwerdeführerin ab sofort bzw. in den nächsten Jahren verpflichtet, jenen Beitrag als Kostenbeitrag zu leisten, um den der tatsächliche monatliche Aufwand die nach Anwesenheitstagen aliquotierte Summe der laufend erbrachten monatlichen Ersatzleistungen übersteige, werde in absehbarer Zeit das gesamte veranlagte Vermögen der Beschwerdeführerin aufgebraucht sein, womit diese dann letztlich nur mehr über ein Vermögen bzw. Entgelt bis zu insgesamt EUR 7.300,-- verfüge. Normzweck des § 43 Abs. 1 Z. 4 Oö. Behindertengesetz bzw. des § 9 Abs. 1 Oö. Sozialhilfegesetz sei jedoch, dass der Unterstützte lediglich einen solchen Kostenbeitrag zu leisten habe, der jedenfalls zu keiner besonderen Härte führe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 43 Abs. 1 und 2 Oö. Behindertengesetz 1991, LGBl. Nr. 63/1997 (das Oö. Behindertengesetz 1991 war unter Beibehaltung seines Kurztitels neuerlich beschlossen und mit dem zitierten Landesgesetzblatt kundgemacht worden), lautet:

"§ 43

Kostenbeitrag

(1) Zu den Maßnahmen der

1.

Heilbehandlung (§ 6 Z 1),

2.

Hilfe zur Frühförderung, Erziehung und Schulbildung (§ 6 Z 3),

3.

Hilfe zur beruflichen Eingliederung (§ 6 Z 4),

4.

Hilfe durch Beschäftigung (§ 6 Z 6),

5.

Hilfe durch ambulante und mobile Pflege und Betreuung (§ 28),

6.

Hilfe durch Unterbringung in Einrichtungen für Pflege und Betreuung (§ 29)

haben der behinderte Mensch bzw. die für ihn gesetzlich unterhaltspflichtigen Personen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Kostenbeiträge zu leisten. Als gesetzlich unterhaltspflichtige Personen im Sinne dieses Landesgesetzes haben der Ehegatte (auch der unterhaltspflichtig geschiedene Ehegatte) sowie die im ersten Grad Verwandten (Wahlverwandten) in gerader Linie und Pflegeeltern (Pflegepersonen) des behinderten Menschen zu gelten. Pflegeeltern (Pflegepersonen) dürfen jedoch zur Leistung von Kostenbeiträgen nur dann herangezogen werden, wenn sie eine Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 2 und 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 818/1993, oder eine der im Abs. 4 angeführten Zuwendungen tatsächlich beziehen.

(2) Wird eine Maßnahme gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 in Verbindung mit einer internen Unterbringung in einer Einrichtung der Eingliederungshilfe oder Hilfe durch Unterbringung in Einrichtungen für Pflege und Betreuung gewährt, so ist ein Kostenbeitrag in sinngemäßer Anwendung der §§ 9 und 51a O.ö. Sozialhilfegesetz, ausgenommen der Voraussetzung der Vollendung des 19. Lebensjahres, zu leisten."

§ 9 Oö. Sozialhilfegesetz 1998, LGBl. Nr. 82/1998, lautet

auszugsweise:

"§ 9

Einsatz der eigenen Mittel, Kostenbeitrag

(1) Die Leistung sozialer Hilfe hat unter Berücksichtigung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person, bei sozialer Hilfe zur Pflege auch unter Berücksichtigung der pflegebezogenen Geldleistungen, zu erfolgen, es sei denn, dies wäre im Einzelfall mit der Aufgabe sozialer Hilfe unvereinbar oder würde zu besonderen Härten führen.

...

(4) Nicht zum verwertbaren Vermögen gehören Gegenstände, die zur Fortsetzung (Aufnahme) einer Erwerbstätigkeit der hilfebedürftigen Person oder zur (teilweisen) Vermeidung, Bewältigung oder Überwindung einer sozialen Notlage (§ 7) dienen.

(5) Die Verwertung von Vermögen darf nicht verlangt werden, wenn dadurch die soziale Notlage verschärft wird, von einer vorübergehenden zu einer dauernden wird oder die dauerhafte Überwindung einer sozialen Notlage gefährdet wird.

(6) Hat die hilfebedürftige Person Vermögen, dessen Verwertung ihr vorerst nicht möglich oder nicht zumutbar ist, kann die Leistung sozialer Hilfe von der Sicherstellung des Ersatzanspruches abhängig gemacht werden.

...

(9) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Vorschriften über den Einsatz der Mittel und über den Kostenbeitrag zu erlassen. Diese Verordnung hat insbesondere zu regeln:

1. inwieweit Einkommen und verwertbares Vermögen Hilfebedürftiger sowie des im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten (Lebensgefährten) gemäß Abs. 3 nicht zu berücksichtigen sind, wobei auf die Ziele dieses Landesgesetzes und vergleichbare Regelungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) Bedacht zu nehmen ist;

2. unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß für persönliche Hilfe Kostenbeiträge zu leisten sind, wobei bei Kostenbeiträgen des Ehegatten auf die Grenzen der Ersatzpflicht Angehöriger (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2) Bedacht zu nehmen ist."

Zu dem Beschwerdehinweis auf die Anwendung des § 51a Oö. Sozialhilfegesetz, auf welchen in § 43 Abs. 2 Oö. Behindertengesetz 1991 verwiesen wird, ist zunächst auf § 71 Abs. 4 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 zu verweisen, dem zufolge Verweise auf Bestimmungen des mit dem SHG 1998 außer Kraft gesetzten Sozialhilfegesetzes 1991 als Verweise auf die Bestimmungen nach dem neuen Gesetz zu lesen sind. Der Kostenersatz durch unterhaltspflichtige Angehörige ist nunmehr in § 47 Sozialhilfegesetz 1998 geregelt.

Der angefochtene Bescheid stützt sich aber im Übrigen auf § 43 Abs. 2 Oö. Behindertengesetz 1991 in Verbindung mit § 9 Oö. Sozialhilfegesetz 1998, da nicht Unterhaltspflichtige zur Leistung eines Kostenersatzes herangezogen werden, sondern die Beschwerdeführerin als nach dem Behindertengesetz unterstützte Person. Die belangte Behörde hat daher zutreffend die Vorschreibung auf § 43 Abs. 2 Oö. Behindertengesetz 1991 in Verbindung mit § 9 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 gestützt. Der Beschwerdevorwurf einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit, weil § 51a Sozialhilfegesetz (gemeint wohl: 1991) heranzuziehen gewesen wäre, geht daher ins Leere.

Wie der Verwaltungsgerichtshof sowohl zum Oö. Behindertengesetz 1991 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2002, Zl. 2001/11/0261) als auch zu vergleichbaren Bestimmungen anderer Landesgesetze (vgl. zum Niederösterreichischen Sozialhilfegesetz das Erkenntnis ebenfalls vom 26. Februar 2002, Zl. 2001/11/0071) ausgesprochen hat, sind angesparte Beträge grundsätzlich als verwertbares Vermögen im Sinne des § 9 Abs. 1 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 anzusehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch festgehalten, dass es nicht darauf ankomme, aus welchen Quellen die Ersparnisse stammen. Wenn in der Beschwerde darauf hingewiesen wird, dass die Vermögenswerte langfristig angelegt seien, so ist dazu zu bemerken, dass die Verwertung von Wertpapieren in einem Wertpapierdepot oder eines Bausparvertrages durchaus möglich ist, sodass nicht von einer Unverwertbarkeit der entsprechenden Vermögenswerte auszugehen ist. Die Beschwerdeführerin hat auch nicht vorgetragen, inwiefern die Verwertung der Er- und Ablebensversicherungen, die nach dem Beschwerdevorbringen bestehen, nicht möglich wäre.

§ 9 Abs. 9 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 sieht eine Verordnungsermächtigung für die Landesregierung zur Regelung, inwieweit Einkommen und verwertbares Vermögen Hilfebedürftiger nicht zu berücksichtigen sind (auch insofern ist der Verweis in § 43 Behindertengesetz 1991 auf § 9 Sozialhilfegesetz nunmehr als Verweis auf § 9 Abs. 9 Sozialhilfegesetz 1998 zu lesen; vgl. auch dazu das zitierte hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2002, Zl. 2001/11/0261). Auf die auf dieser Grundlage erlassene Bestimmung des § 5 Abs. 7 Oö Sozialhilfeverordnung, LGBl. Nr. 118/1998 idF LGBl. Nr. 141/2001, hat die belangte Behörde bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides Bedacht genommen; darüber hinaus verfolgt § 9 Oö Sozialhilfegesetz 1998 jedoch nicht den Zweck, ein bestehendes Vermögen dem Unterstützten ungeschmälert zu erhalten. Der Rückgriff auf angespartes Vermögen, wodurch sich dieses ebenso wie die aus dem Vermögen zu erwirtschaftenden Zinsen reduzieren, führt noch nicht zu einer besonderen Härte, wie in der Beschwerde angenommen wird. Das Beschwerdevorbringen zeigt daher auch keinen Sachverhalt auf, der etwa zur Annahme der Unzumutbarkeit der Verwertung im Sinne des § 9 Abs. 6 Oö Sozialhilfegesetz 1998 führen würde.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 5. April 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004100034.X00

Im RIS seit

14.05.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten