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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
SchPflG 1985 §2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, in der Beschwerdesache des Dr. Reinhard J und des mj. Patrick J, beide in E, der Zweitbeschwerdeführer vertreten durch Dr. Reinhard J, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bezirksschulrates Salzburg-Umgebung vom 24. Juli 2000, Zl. 30315-A/09/75-2000, betreffend Aufnahme des Zweitbeschwerdeführers in die Vorschulstufe der Volksschule, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird für gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Die Anträge auf Zuerkennung von Aufwandersatz werden abgewiesen.
Begründung
Mit Entscheidung der Schulleiterin der Volksschule E. vom 14. April 2000 wurde der am 7. April 1994 geborene mj. Zweitbeschwerdeführer über Antrag seiner Mutter Mag. Doris J. gemäß § 6 Abs. 2d des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl. Nr. 76/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 134/1998 (in der Folge: SchPflG), in die Vorschulstufe der Volksschule aufgenommen. Begründet wurde dies im Wesentlichen mit der mangelnden Schulreife des Zweitbeschwerdeführers. Es könne nicht angenommen werden, dass er dem Unterricht in der 1. Schulstufe zu folgen vermöge.
Die gegen diese Entscheidung erhobene Berufung des Erstbeschwerdeführers "als Obsorgeberechtigter des Minderjährigen" wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2c und d SchPflG als verspätet zurückgewiesen. Nach der Begründung sei auch von Seiten des Erstbeschwerdeführers außer Streit gestellt worden, dass der erziehungsberechtigten Mutter des Zweitbeschwerdeführers (und Ehegattin des Erstbeschwerdeführers) die Entscheidung der Schulleiterin "im April 2000" schriftlich unter Angabe der Gründe und der Rechtsmittelbelehrung bekannt gegeben worden sei. Die Berufung des Erstbeschwerdeführers sei jedoch erst am 6. Juli 2000 eingebracht worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt unter anderem auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht günstiger gestellt würde, als dies ohne meritorische Entscheidung über die Beschwerde infolge der nach ihrer Erhebung eingetretenen Umstände der Fall ist. Zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann somit auch dann eintreten, wenn durch Änderungen maßgebender Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt (vgl. dazu etwa den Beschluss vom 27. Jänner 2004, Zl. 2001/10/0076, mit Hinweis auf Vorjudikatur).
Ein solcher Fall liegt hier vor.
Gemäß § 2 SchPflG beginnt die allgemeine Schulpflicht mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September
Der die "Aufnahme in die Volksschule zu Beginn der Schulpflicht" regelnde § 6 SchPflG lautet auszugsweise:
"§ 6. (1) Die schulpflichtig gewordenen Kinder sind von ihren Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten zur Schülereinschreibung bei jener Volksschule anzumelden, die sie besuchen sollen. Hiebei sind die Kinder nach Tunlichkeit persönlich vorzustellen.
(2) ...
(2a) Die Aufnahme der schulpflichtig gewordenen Kinder, die schulreif sind, hat in die erste Schulstufe zu erfolgen.
(2b) Schulreif ist ein Kind, wenn angenommen werden kann, dass es dem Unterricht in der 1. Schulstufe zu folgen vermag, ohne körperlich oder geistig überfordert zu werden.
(2c) Ergeben sich anlässlich der Schülereinschreibung Gründe für die Annahme, dass das Kind die Schulreife nicht besitzt, ... hat der Schulleiter zu entscheiden, ob das Kind die Schulreife aufweist. ... Die Entscheidung ist den Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten unverzüglich unter Angabe der Gründe und der Rechtsmittelbelehrung schriftlich bekannt zu geben. Gegen die Entscheidung ist die Berufung an die Schulbehörde erster Instanz zulässig. Die Berufung ist schriftlich, telegrafisch oder mittels Telekopie innerhalb von zwei Wochen bei der Schule einzubringen und hat einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. ...
(2d) Die Aufnahme der schulpflichtig gewordenen Kinder, die nicht schulreif sind, hat in die Vorschulstufe zu erfolgen.
(3) ..."
Für den am 7. April 1994 geborenen Zweitbeschwerdeführer hat die allgemeine Schulpflicht am 1. September 2000 begonnen. Auf Grund der Entscheidung der Schulleiterin der Volksschule E. hatte er gemäß § 6 Abs. 2d SchPflG das erste Jahr seiner Schulpflicht in der Vorschulstufe zu erfüllen. Seine Aufnahme in die Vorschulstufe erfolgte daher für das Schuljahr 2000/2001. Da dieses Schuljahr in Salzburg am 9. September 2001 endete (vgl. § 2 Abs. 1 des Schulzeitgesetzes, BGBl. Nr. 77/1985 idF BGBl. I Nr. 45/1998), waren die rechtlichen Wirkungen des angefochtenen Bescheides in zeitlicher Hinsicht mit dem 9. September 2001 begrenzt. Die Berechtigung des Zweitbeschwerdeführers, im folgenden Schuljahr die erste Schulstufe und in den folgenden Schuljahren die weiteren Schulstufen einer Volksschule zu besuchen, bestand (und besteht) unabhängig von der Beseitigung des angefochtenen Bescheides. Auch eine der Aufhebung des angefochtenen Bescheides allenfalls folgende inhaltliche Entscheidung über das der Berufung des Beschwerdeführers in der Sache zugrunde liegende Begehren, der Zweitbeschwerdeführer möge im Schuljahr 2000/2001 in die 1. Klasse der Volksschule aufgenommen werden, hätte im gegenwärtigen Zeitpunkt nur mehr theoretische Bedeutung (vgl. etwa zum Fall des Widerrufs der vorzeitigen Aufnahme eines Schülers in die erste Schulstufe den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. September 2002, Zl. 2001/10/0232, wonach die Möglichkeit einer fortwirkenden Rechtsverletzung verneint worden ist, wenn der betreffende Schüler inzwischen infolge Erreichung der Altersgrenze nach § 2 SchPflG der allgemeinen Schulpflicht unterliegt und daher zum Besuch der ersten Klasse einer Volksschule berechtigt und verpflichtet ist).
Wegen des Wegfalls des rechtlichen Interesses der Beschwerdeführer an einer Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes war das vorliegende Beschwerdeverfahren somit in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG wegen Gegenstandslosigkeit in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat einzustellen.
Die Abweisung der von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gestellten Anträge auf Zuerkennung von Aufwandersatz gründet sich auf die durch die Bestimmung des zweiten Halbsatzes des § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 88/1997 dem Verwaltungsgerichtshof eröffneten Befugnis zur Entscheidung der Kostenfrage nach freier Überzeugung in solchen Fällen, in denen die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.
Wien, am 5. April 2004
Schlagworte
AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2000100151.X00Im RIS seit
09.07.2004