8 ObA 19/08i Auch; nur: Die Pflicht des Arbeitnehmers zur Bekanntgabe (allenfalls) anrechenbarer Vordienstzeiten ist ihrem Wesen nach eine im KollV positivierte vorvertragliche Aufklärungspflicht, die aus der Rücksichtnahme auf die Interessen des potentiellen Vertragspartners entspringt. Hat der Arbeitnehmer seiner Bekanntgabepflicht (voll) entsprochen, und schließt der Arbeitgeber daraufhin mit ihm sofort den Arbeitsvertrag ab, so gibt er damit mangels eines entsprechenden Vorbehalts in der Regel zu erkennen, dass er zur Anrechnung der bekanntgegebenen Vordienstzeiten in dem im KollV vorgesehenen Ausmaß bereit ist. (T1)
Beisatz: Hat der Arbeitnehmer seiner Bekanntgabepflicht (voll) entsprochen, und schließt der Arbeitgeber daraufhin mit ihm sofort den Arbeitsvertrag ab, so gibt er damit mangels eines entsprechenden Vorbehalts in der Regel zu erkennen, dass er zur Anrechnung der bekanntgegebenen Vordienstzeiten in dem im Kollektivvertrag vorgesehenen Ausmaß bereit ist, da er damit rechnen muss, dass es dem Arbeitnehmer in der Regel gelingen wird, die bekannt gegebenen Vordienstzeiten durch entsprechende Unterlagen nachzuweisen. Der Arbeitnehmer darf in dieser Situation im Zweifel davon ausgehen, dass seine Vordienstzeiten in der konkreten Gehaltsvereinbarung bereits berücksichtigt wurden beziehungsweise, falls die Parteien zur Frage der Gehaltshöhe auf den Kollektivvertrag Bezug genommen haben, bei der danach vorzunehmenden Einstufung berücksichtigt werden. In dieser Situation trifft allerdings auch den Arbeitgeber eine korrespondierende Aufklärungspflicht beziehungsweise (nach Vertragsabschluss) eine entsprechende Fürsorgepflicht. Er muss den Arbeitnehmer darauf hinweisen, dass die Anrechnung der im Bewerbungsschreiben erwähnten Vordienstzeiten noch eines zusätzlichen Nachweises durch entsprechende Zeugnisse oder Arbeitspapiere bedürfe, falls er darauf noch einen Wert legt. Das gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach Vertragsabschluss die Einreihung in die Verwendungsgruppe, die Anzahl der angerechneten Verwendungsgruppen, Jahre und die Höhe des Gehalts nicht mittels Dienstzettels bekannt gegeben hat. (T2)
Beisatz: Hier: Werbeagentur; kollektivvertragliche Tätigkeitsfamilie „Spezielle Tätigkeiten ST1" im Sinn des IT-KV. (T3)
Beisatz: Der Zweck der Bekanntgabepflicht besteht darin, dass der Arbeitgeber schon anlässlich der Begründung des Arbeitsverhältnisses in der Lage sein muss, die Fähigkeit des Arbeitnehmers und das Ausmaß der Gehaltsbezüge zu überblicken. Er soll sich Kenntnis über die Berufserfahrung des einzustellenden Arbeitnehmers und die dadurch auftretenden Lohnkosten verschaffen können. (T4)
Beisatz: Da der Kläger auch in zwei Vorstellungsgesprächen über seine bisherige Tätigkeit sprach, so ist die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Kläger zur Vorlage eines Nachweises seiner Vordienstzeiten durch entsprechende Zeugnisse oder Arbeitspapiere aufzufordern, zu bejahen. (T5)
Beisatz: Die Verletzung der erwähnten Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer zur Vorlage von Zeugnissen oder sonstigen Arbeitspapieren aufzufordern, führt zum Nichteintritt der Verfallsfrist. (T6)
8 ObA 3/16y Entscheidungstext OGH 25.10.2016 8 ObA 3/16y
nur: Die Pflicht des Arbeitnehmers zur Bekanntgabe (allenfalls) anrechenbarer Vordienstzeiten ist ihrem Wesen nach eine im KollV positivierte vorvertragliche Aufklärungspflicht, die aus der Rücksichtnahme auf die Interessen des potentiellen Vertragspartners entspringt. Hat der Arbeitnehmer seiner Bekanntgabepflicht (voll) entsprochen, und schließt der Arbeitgeber daraufhin mit ihm sofort den Arbeitsvertrag ab, so gibt er damit mangels eines entsprechenden Vorbehalts in der Regel zu erkennen, dass er zur Anrechnung der bekanntgegebenen Vordienstzeiten in dem im KollV vorgesehenen Ausmaß bereit ist. In dieser Situation trifft auch den Arbeitgeber eine korrespondierende Aufklärungspflicht beziehungsweise (nach Vertragsabschluss) eine entsprechende Fürsorgepflicht. Er hat den Arbeitnehmer ungeachtet der in § 15 Abs 9 KollV festgelegten Pflicht darauf hinzuweisen, dass die Anrechnung der im Bewerbungsschreiben beziehungsweise bei den Vertragsverhandlungen erwähnten Verwendungsgruppenjahre noch eines zusätzlichen Nachweises durch entsprechende Zeugnisse oder Arbeitspapiere bedürfen, falls er darauf noch einen Wert legt. (T7)
Beisatz: Erfolgt eine derartige Aufforderung nicht, darf der Arbeitnehmer im Zweifel davon ausgehen, dass seine Vordienstzeiten in der konkreten Gehaltsvereinbarung bereits berücksichtigt wurden bzw falls die Parteien zur Frage der Gehaltshöhe auf den Kollektivvertrag Bezug genommen haben, mit einer vorzunehmenden Einstufung berücksichtigt werden. (T8)