Index
90/02 Führerscheingesetz;Norm
FSG 1997 §8 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Pallitsch, Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der P in N, vertreten durch Dr. Robert Aflenzer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Museumstraße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 28. Oktober 2003, Zl. VwSen-520302/17/Fra/Ka, betreffend befristete Erteilung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit die Erteilung einer Lenkberechtigung für die Zeit nach dem 21. Mai 2008 versagt wird, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, und insoweit die Vorlage von Befunden und eine Nachuntersuchung in fünf Jahren vorgeschrieben wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund ist schuldig, der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,41 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21. Mai 2003 wurde die Lenkberechtigung der Beschwerdeführerin für die Klasse B gemäß "§ 5/ 5" Führerscheingesetz - FSG bis 21. Mai 2008 befristet erteilt und die Auflage ausgesprochen: "Nachuntersuchung in 5 Jahren mit Vorlage internistischem und augenfachärztlichem Befund".
Der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
In der Begründung dieses Bescheides stützte sich die belangte Behörde auf das von ihr eingeholte amtsärztliche Sachverständigengutachten vom 3. Oktober 2003, welches folgenden wesentlichen Inhalt hat:
"BEFUND: (im Akt eingesehen)
1. Ärztliche Stellungnahme AKH Linz, Diabetesambulanz 18.9.2003: Diabetes mellitus Typ 1 seit 1976, seit 1993 ist die Patientin in regelmäßiger Kontrolle, seit damals ist die Albuminausscheidung im Harn grenzwertig groß, als möglicher Hinweis für eine incipiente diabetische Nephropathie, bis April 2003 kam es zu keiner Progredienz der Albuminurie, auch die diabetische Retinopathie scheint zumindest während der letzten Jahre keine Progredienz zu zeigen, auf Grund der Stabilität der diabetischen Mikroangiopathie an Niere und Augen kann angenommen werden, dass in absehbarer Zeit eine Progredienz der Retinopathie und Nehphropathie nicht zu erwarten ist; klinische Hinweise für eine diabetische Makroangoipathie bestehen derzeit nicht;
2. Augenfachärztlicher Befund Dr. G vom 22.9.2003:
Bei Frau P ist es seit der letzten Laserbehandlung vor 6 Jahren zu keinem Fortschreiten der diabetischen Retinopathie gekommen. Es bestand damals auch nur eine geringe diabetische Retinopathie. Die Sehkraft war und ist auch bei einer Sehkraft von 1,0 immer stabil. Auf Grund der stabilen Verhältnisse in den letzten 6 Jahren ist es unwahrscheinlich, dass es zu einer Verschlechterung der diabetischen Retinopathie kommt. Man kann davon ausgehen, dass der derzeitige Zustand stabil bleibt.
3. Begründung des amtsärztlichen Gutachtens der BH Linz-Land vom 14. August 2003: im Akt eingesehen.
4. Amtsärztliches Gutachten der BH Linz-Land vom 21.5.2003:
im Akt eingesehen.
5. Amtsärztliche Bestätigung Dr. D, Arzt für Allgemeinmedizin vom 28. April 2003: Es wird für 28.4.2003 ein Blutzucker-Tagesprofil zwischen 110 und 160 bestätigt.
6. Ärztliche Bestätigung AKH Linz Diabetesambulanz, 29.4.2003:
Bei der Patientin besteht seit 1976 ein Diabetes mellitus Typ 1, die Diabeteseinstellung erfolgt mittels einer Basis-Bolus-Insulintherapie. Die Patientin führt regelmäßig Blutzuckerselbstkontrollen durch, eine diabetische Retinopathie (Zustand nach Laserkoagulation) und eine incipiente diabetische Nephropathie sind bekannt. Die Diabeteseinstellung der Patientin ist befriedigend, es besteht keine Hypoglycämieneigung. Die Kompliance der Patientin kann als sehr gut angesehen werden, die Patientin ist auch in regelmäßiger Kontrolle in der Diabetes-Ambulanz am AKH Linz. Diabetologischerseits besteht dzt. kein Einwand gegen das selbständige Lenken eines PKW.
7. Augenfachärztliche Stellungnahme Dr. G, 22.4.2003:
Diabetes seit dem elften Lebensjahr, letzte Laserbehandlung vor ca. 6 Jahren, seither stabile Verhältnisse, am Fundus vereinzelt Mikroaneurysmen und Zustand nach Laserung, Visus ohne Korr. beidseits 0,6 und mit Korr. 1,0, Stereosehen positiv, Gesichtsfeld mittels Computerperimetrie Testung ergibt normale Verhältnisse, Dämmerungssehen normal, kein Einwand für das Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse 1.
BEURTEILUNG:
Vorweg möchten wir auf die bereits aktenkundigen und ausführlichen amtsärztlichen Vorgutachten der BH Linz-Land hinweisen, die aus unserer Sicht widerspruchsfrei sind und sich aus unserer Sicht keine andere Beurteilung ergibt.
Nach vorstehend näher angeführter Befundlage (augenfachärztliche und internistische Stellungnahmen) besteht bei Frau P seit Kindheit ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit).
Laut fachärztlichen Befundberichten ist bei Frau P eine gute Therapiecompliance vorhanden und wird eine gute Blutzuckereinstellung bestätigt. Die für den insulinpflichtigen Diabetes mellitus typischen Gefäßschädigungen an Niere und Augen (diabetische Retinopathie und diabetische Nephropathie) sind bei Frau P laut fachärztlichen Stellungnahmen vorhanden, wenn auch derzeit stabil und ohne Progredienz. Wegen der Retinopathie musste am Auge vor einigen Jahren bereits eine Laserbehandlung durchgeführt werden, das Sehvermögen mit Korrektur ist derzeit uneingeschränkt.
Trotz Einhaltung der regelmäßigen Blutzuckerkontrollen und Einhaltung der erforderlichen therapeutischen Maßnahmen kann nach derzeitigem Wissensstand nicht ausgeschlossen werden, dass sich zu einem späteren Zeitpunkt (kann auch plötzlich eintreten!) die Stoffwechselsituation bzw. die Gefäßschädigungen so gravierend verschlechtern, dass die Fahreignung nicht mehr gegeben ist. Hier sind insbesondere die Augenschäden relevant, wobei es durch Blutungen und andere Komplikationen am Augenhintergrund eine plötzliche Visusverminderung oder fahreignungsausschließende Gesichtsfeldeinschränkungen geben kann. Beim fachärztlich bestätigten vorliegenden insulinpflichtigen Diabetes mellitus ist die Annahme der Fahreignung nur unter einer zeitlichen Befristung auf allerhöchstens fünf Jahre gegeben, da aus vorstehend beschriebenen Gründen jedenfalls eine Verlaufskontrolle notwendig ist.
Aus unserer amtsärztlichen Sicht ist prinzipiell unter Berücksichtigung des gegenwärtigen fachlichen Wissensstandes und der gängigen verkehrsmedizinischen Praxis beim insulinpflichtigen Diabetes wegen der möglichen Folgekrankheiten (insbesondere fahrrelevante Einschränkungen am Auge) eine Einschränkung der Lenkberechtigung (zeitliche Befristung, häufig auch zusätzliche regelmäßige Befundvorlagen) notwendig. Sollte diese ärztliche Notwendigkeit der regelmäßigen Nachuntersuchungen (im vorliegenden Fall sind fünf Jahre ausreichend) auf Grund gesetzlicher Bestimmungen und Judikaturen nicht möglich sein, möge dies rechtlich bewertet werden. Aus medizinischer Sicht ist jedenfalls beim insulinpflichtigen Diabetes wegen der möglichen Komplikationen nur eine eingeschränkte Lenkerberechtigung denkbar."
Die belangte Behörde führte ferner aus, das amtsärztliche Gutachten sei schlüssig und nachvollziehbar. Die Beschwerdeführerin sei ihm nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Aus dem Gutachten ergebe sich, dass mit einer einschränkenden Verschlechterung "gerechnet werden müsse". Die belangte Behörde schließe sich daher den Ausführungen der Amtsärztin an und lege deren Gutachten dem Bescheid zu Grunde. Der Berufung könne somit nicht näher getreten werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde seinem Inhalt nach dem auf Erteilung einer unbefristeten Lenkberechtigung gerichteten Begehren der Beschwerdeführerin bis 21. Mai 2008 Folge gegeben und für die Zeit danach nicht Folge gegeben. Dabei handelt es sich um trennbare Absprüche. Die Beschwerde richtet sich erkennbar ausschließlich gegen die dem angefochtenen Bescheid immanente, wenngleich nicht explizit ausgesprochene, abweisende Entscheidung und die damit zusammenhängende Auflage.
Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des FSG von Bedeutung:
"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung
§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:
...
3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),
...
Verfahren bei der Erteilung einer Lenkberechtigung
§ 5.
...
(5) Die Lenkberechtigung ist, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Bedingungen, Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs. 3 Z 2); Personen, die nach dem ärztlichen Gutachten 'beschränkt geeignet' sind, darf nur eine eingeschränkte Lenkberechtigung erteilt werden, die ausschließlich zum Lenken eines oder mehrerer, auf Grund der Beobachtungsfahrt bestimmter Ausgleichkraftfahrzeuge berechtigt (§ 9 Abs. 5).
...
Gesundheitliche Eignung
§ 8.
...
(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.
(3) Das ärztliche Gutachten hat abschließend auszusprechen:
'geeignet', 'bedingt geeignet', 'beschränkt geeignet' oder 'nicht geeignet'. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund
...
2. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Bedingung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten 'bedingt geeignet' für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind;
...
(4) Wenn das ärztliche Gutachten die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen von der Erfüllung bestimmter Auflagen, wie insbesondere die Verwendung von bestimmten Behelfen oder die regelmäßige Beibringung einer fachärztlichen Stellungnahme abhängig macht, so sind diese Auflagen beim Lenken von Kraftfahrzeugen zu befolgen.
...
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1.
die Lenkberechtigung zu entziehen oder
2.
die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 in den Führerschein einzutragen.
..."
Weiters sind folgende Bestimmungen der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV maßgebend:
"§ 3. ...
(5) Personen mit einer fortschreitenden Erkrankung kann eine Lenkberechtigung befristet erteilt oder belassen werden unter Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen und amtsärztlicher Nachuntersuchungen. Die Auflage kann aufgehoben werden, sobald sich die Erkrankung oder Behinderung stabilisiert hat.
...
Mängel des Sehvermögens
§ 8. ...
(2) Wird eine fortschreitende Augenkrankheit festgestellt oder angegeben, so kann eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen erteilt oder belassen werden.
...
Zuckerkrankheit
§ 11. (1) Zuckerkranken darf eine Lenkberechtigung nur nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme erteilt oder belassen werden.
..."
Die amtsärztliche Sachverständige begründete die Erforderlichkeit einer Befristung im Wesentlichen mit der bei der Beschwerdeführerin bestehenden insulinpflichtigen Zuckerkrankheit und der Notwendigkeit der amtsärztlichen Untersuchung, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich zu einem späteren Zeitpunkt - der auch plötzlich eintreten könne - die Stoffwechselsituation bzw. Gefäßschädigungen so gravierend verschlechtern, dass die Fahreignung nicht mehr gegeben wäre. Dieser Auffassung ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid gefolgt. Sie hat damit der Sache nach die bei der Beschwerdeführerin bestehende Erkrankung als "fortschreitende Erkrankung" gewertet.
Fortschreitende Erkrankungen werden im § 3 Abs. 5 FSG-GV allgemein, hinsichtlich der Augenerkrankungen im § 8 Abs. 2 FSG-GV geregelt. In § 11 FSG-GV finden sich Bestimmungen zur Zuckerkrankheit. Hinsichtlich fortschreitender Erkrankungen enthalten weder § 8 FSG-GV noch § 11 FSG-GV von § 3 Abs. 5 zweiter Satz abweichende Spezialabestimmungen. § 3 Abs. 5 zweiter Satz FSG-GV regelt, dass eine Stabilisierung der Erkrankung oder Behinderung die Grundlage für die Aufhebung der bei der befristeten Erteilung oder Belassung der Lenkberechtigung zu verfügenden Auflagen bildet.
Damit ist im gegebenen Zusammenhang nicht schon eine vorübergehende, sondern eine dauerhafte Stabilisierung einer ihrer Art nach als fortschreitende Erkrankung anzusehenden Krankheit gemeint. Diese muss also derart zum Stillstand gekommen sein, dass nach dem medizinischen Wissensstand keine weitere Verschlechterung zu befürchten ist. Nur dann kann von einer Befristung Abstand genommen werden, ohne eine vorhersehbare Gefährdung der Verkehrssicherheit in Kauf zu nehmen. Es ist somit Sache des medizinischen Sachverständigen darzutun, ob bei der betreffenden Erkrankung nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft eine Stabilisierung im besagten Sinn überhaupt in Betracht kommt und unter welchen Voraussetzungen eine solche Stabilisierung angenommen werden kann. Bei Eintritt einer Stabilisierung im besagten Sinn liegt keine fortschreitende Erkrankung gemäß § 3 Abs. 5 FSG-GV (mehr) vor. In einem solchen Fall ist bei der Erteilung der Lenkberechtigung deren gleichzeitige Befristung (d.i. die Versagung einer Lenkberechtigung für die Zeit nach dem angenommenen Fristende hinaus) unter Auflage von Kontrolluntersuchungen und Nachuntersuchungen unzulässig.
Das dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende amtsärztliche Gutachten beantwortet die hier entscheidende Frage einer Stabilisierung iSd § 3 Abs. 5 FSG-GV der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Erkrankungen nicht ausreichend. Die ärztliche Amtssachverständige konzediert zwar, dass die für den insulinpflichtigen Diabetes typischen Gefäßschädigungen an Niere und Augen "derzeit stabil und ohne Progredienz" sind. In der ärztlichen Stellungnahme des AKH Linz heißt es, es könne "auf Grund der Stabilität der diabetischen Mikroangiopathie an Niere und Augen angenommen werden, dass in absehbarer Zeit eine Progredienz der Retinopathie und Nephropathie nicht zu erwarten ist". Im augenfachärztlichen Befund vom 22. September 2003 wird darüber hinaus ausgeführt, es sei "auf Grund der stabilen Verhältnisse in den letzten 6 Jahren unwahrscheinlich, dass es zu einer Verschlechterung der diabetischen Retinopathie kommt. Man kann davon ausgehen, dass der derzeitige Zustand stabil bleibt". (Insbesondere eine mögliche Verschlechterung dieser Folgekrankheit des insulinpflichtigen Diabetes hat die ärztliche Amtssachverständige als Grund für die Notwendigkeit einer Nachuntersuchung angeführt). Angesichts dieser Hinweise in den fachärztlichen Stellungnahmen auf eine nicht bloß vorübergehende Stabilisierung des Zustands der Beschwerdeführerin genügt zur Begründung der von der ärztlichen Amtssachverständigen als notwendig erachteten Befristung samt Kontrolluntersuchung und Nachuntersuchung der pauschale Hinweis auf den "gegenwärtigen fachlichen Wissensstand" und die "gängige verkehrsmedizinische Praxis" nicht. Letztere kann im gegebenen Zusammenhang von vornherein keine taugliche Begründung darstellen. Der - offenbar von der vorstehend wiedergegebenen Beurteilung durch Fachärzte abweichende - "gegenwärtige fachliche Wissensstand" wird nicht näher dargelegt; es wird lediglich behauptet, dass die geäußerte Auffassung diesem Wissensstand entspreche. Die belangte Behörde hat somit die bekämpfte Entscheidung auf eine mangelhafte Grundlage gestützt.
Mit dem Hinweis auf das (in der Gegenschrift erwähnte) hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2003, Zl. 2003/11/0066, ist für den Standpunkt der belangten Behörde nichts gewonnen: Im Gegensatz zu dem diesem Erkenntnis vom 24. Juni 2003 zu Grunde liegenden Sachverhalt ergeben sich aus den hier vorliegenden fachärztlichen Befunden konkrete Hinweise auf eine Stabilisierung des Zustandes der Beschwerdeführerin.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei Vermeidung des dargelegten Verfahrensmangels zu der Annahme gelangt wäre, bei der Beschwerdeführerin liege keine fortschreitende Erkrankung iSd § 3 Abs. 5 FSG-GV mehr vor, und folglich von der Versagung der Lenkberechtigung für die Zeit nach dem 21. Mai 2008 und von der Vorschreibung der Auflage abgesehen hätte. Dieser Verfahrensmangel ist daher wesentlich.
Mit der besagten Auflage wird der Beschwerdeführerin kein bei Ausübung der Lenkberechtigung zu befolgendes Verhalten vorgeschrieben. Sie ist daher keine mit dem positiven Entscheidungsteil unmittelbar verbundene Nebenbestimmung, sondern dient ausschließlich der Vorbereitung der künftigen Entscheidung über die Erteilung der Lenkberechtigung für die Zeit nach dem 21. Mai 2008. Damit ist sie ebenso wie die Versagung einer Lenkberechtigung für die besagte Zeit vom Ausspruch betreffend Erteilung einer Lenkberechtigung für die Zeit bis zum 21. Mai 2008 trennbar. Für eine derartige "Auflage" bietet das Gesetz keine Grundlage. Die Teilaufhebung des angefochtenen Bescheides hat zur Folge, dass die Beschwerdeführerin die ihr befristet erteilte Lenkberechtigung und den darüber ausgestellten Führerschein behält. Sollte die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren wiederum zu der Annahme gelangen, bei der Beschwerdeführerin sei eine Befristung der Lenkberechtigung erforderlich, wird die Erteilung einer Lenkberechtigung für die Zeit nach dem 21. Mai 2008 neuerlich zu versagen sein. Beim gegenteiligen Ergebnis wird ihr eine Lenkberechtigung auch für die Zeit nach dem 21. Mai 2008 zu erteilen und im Führerschein die Befristung zu streichen sein.
Der angefochtene Bescheid war daher in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bzw. gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, im Rahmen des gestellten Begehrens.
Wien, am 20. April 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003110315.X00Im RIS seit
04.06.2004Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008