TE Vfgh Erkenntnis 2000/10/9 G86/00, V61/00

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Veröffentlicht am 09.10.2000
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Index

L3 Finanzrecht
L3730 Aufenthaltsabgabe, Nächtigungstaxe, Ortstaxe

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs2
FAG 1997 §14 Abs1 Z2
FerienwohnungsabgabeV des Gemeinderates der Gemeinde St. Jakob im Walde vom 04.09.98
Stmk Nächtigungs- und FerienwohnungsabgabeG §9b Abs3

Leitsatz

Aufhebung einer Bestimmung des Stmk Nächtigungs- und FerienwohnungsabgabeG betreffend die Ermächtigung zur Erhöhung der Ferienwohnungsabgabe auf das etwa Vierfache des für Nächtigungen in Beherbergungsbetrieben festgesetzten Betrages sowie einer darauf gestützten Verordnung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz infolge unsachlicher Differenzierung

Spruch

I. §9b Abs3 des Steiermärkischen Nächtigungs- und Ferienwohnungsabgabegesetzes, LGBl. für die Steiermark Nr. 54/1980, in der Fassung LGBl. Nr. 39/1998, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2000 in Kraft.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Landeshauptmann von Steiermark ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

II. Die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Jakob im Walde vom 4. September 1998, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 4. September 1998 bis 19. September 1998, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2000 in Kraft.

Die Steiermärkische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Nach §1 des Steiermärkischen Fremdenverkehrsabgabegesetzes 1980 in der Stammfassung (LGBl. 54/1980; es handelte sich um eine Wiederverlautbarung des Fremdenverkehrsabgabegesetzes 1963, LGBl. 260/1962) wurde im Bundesland Steiermark eine Fremdenverkehrsabgabe eingehoben, und zwar als gemeinschaftliche Landesabgabe im Sinne des §6 Z4 lita F-VG 1948. Zur Entrichtung dieser Abgabe war verpflichtet, wer in einer Gemeinde des Landes Steiermark in einem Beherbergungsbetrieb oder in einer Privatunterkunft gegen Entgelt Unterkunft nahm, ohne in dieser Gemeinde seinen Hauptwohnsitz zu begründen. Die Fremdenverkehrsabgabe betrug ursprünglich grundsätzlich S 5,- pro Person und Nächtigung (§4 Abs1 leg.cit.). Einhebungspflichtig war der Inhaber des Betriebes bzw. der Unterkunftgeber (§4 Abs2 leg.cit.). Die Abgabe war gleichzeitig mit der Begleichung der Rechnung für die Unterkunft zu entrichten und einzuheben (§4 Abs3 leg.cit.).

1.2. Durch die Novelle LGBl. 23/1990 wurde die bisher erhobene Fremdenverkehrsabgabe in "Fremdenverkehrsabgabe von Nächtigungen" umbenannt; sie blieb weiterhin eine gemeinschaftliche Landesabgabe. Daneben wurde durch diese Novelle eine "Fremdenverkehrsabgabe von Ferienwohnungen" eingeführt (Abschnitt II, §§9a bis 9d leg.cit.) und als ausschließliche Gemeindeabgabe eingeordnet (§1 leg.cit.). Die Höhe dieser Abgabe regelt §9b Abs1 leg.cit.; diese Vorschrift hat folgenden Wortlaut:

"(1) Die Höhe der Abgabe für jede abgeschlossene Wohneinheit beträgt:

a) bei einer Nutzfläche bis zu 30 m²        S   500,-

b) bei einer Nutzfläche

   von mehr als 30 m² bis 50 m²             S   700,-

c) bei einer Nutzfläche

   von mehr als 50 m² bis 70 m²             S 1.000,-

d) bei einer Nutzfläche

   von mehr als 70 m² bis 100 m²            S 1.300,-

e) bei einer Nutzfläche

   von mehr als 100 m² bis 130 m²           S 1.600,-

f) bei einer Nutzfläche

   von mehr als 130 m²                      S 2.000,-"

1.3. Die Novelle LGBl. 39/1998 hat schließlich das Steiermärkische Fremdenverkehrsabgabegesetz in "Steiermärkisches Nächtigungs- und Ferienwohnungsabgabegesetz (NFWAG)" umbenannt. Der Abschnitt I regelt nunmehr die Nächtigungsabgabe, die weiterhin als gemeinschaftliche Landesabgabe eingestuft ist und inhaltlich im wesentlichen unverändert blieb. Ihre Höhe beträgt (seit der Novelle LGBl. 23/1990) grundsätzlich S 7,- pro Person und Nächtigung. Abschnitt II erhielt die Überschrift "Ferienwohnungsabgabe". Diese Abgabe ist (weiterhin) eine ausschließliche Gemeindeabgabe (§1 leg.cit.). Während die Regelungen betreffend die sachlichen und persönlichen Tatbestandsmerkmale in diesem Abschnitt II im wesentlichen unverändert blieben, erfuhren die Tarifvorschriften durch die zitierte Novelle eine wesentliche Modifikation: Der bisher vorgesehene Tarif (§9b Abs1 - Staffelung je nach Wohnungsgröße zwischen S 500,- und S 2.000,- pro Jahr) blieb zwar unverändert, dem §9b wurde aber ein Abs3 - die in Prüfung gezogene Bestimmung - mit folgendem Inhalt angefügt:

"(3) Der Gemeinderat kann durch Verordnung festlegen, daß die in Abs1 festgelegten Abgaben für jede abgeschlossene Wohneinheit

a) bei einer Nutzfläche

   bis zu 30 m²                     bis höchstens S  1.000,-

b) bei einer Nutzfläche von

   mehr als 30 m² bis 50 m²         bis höchstens S  2.000,-

c) bei einer Nutzfläche von

   mehr als 50 m² bis 70 m²         bis höchstens S  4.000,-

d) bei einer Nutzfläche von

   mehr als 70 m² bis 100 m²        bis höchstens S  6.000,-

e) bei einer Nutzfläche von

   mehr als 100 m² bis 130 m²       bis höchstens S  8.000,-

f) bei einer Nutzfläche

   von mehr als 130 m²              bis höchstens S 10.000,-

erhöht werden. Bei der Festsetzung ist darauf zu achten, daß eine Unterteilung nach den vorgegebenen Größenkategorien (lita bis f) gewahrt bleibt, wobei die Abgabe nach der jeweils niedrigeren Kategorie nicht höher sein darf als nach der jeweils höheren Kategorie."

2. Gemäß §9b Abs3 des Steiermärkischen Nächtigungs- und Ferienwohnungsabgabegesetzes, LGBl. 54/1980, idF LGBl. 39/1998, erließ der Gemeinderat der Gemeinde St. Jakob im Walde am 4. September 1998 folgende - in Prüfung gezogene - Verordnung, mit der die Ferienwohnungsabgabe für die Gemeinde St. Jakob im Walde festgesetzt wird:

"VERORDNUNG

des Gemeinderates der Gemeinde St. Jakob im Walde vom 4. Sept. 1998

Artikel I:

Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 4. Sept. 1998 aufgrund des §9b Abs3 des Steiermärkischen Nächtigungs- und Ferienwohnungsabgabegesetzes, LGBl. 1980/54 idF LGBl. 1998/39, die Ferienwohnungsabgabe in folgender Höhe festgesetzt:

Nutzfläche                          Höhe der Ferienwohnungsabgabe

bis zu 30 m2                        S   750,-

bis zu 50 m2                        S 1.500,-

bis zu 70 m2                        S 3.000,-

bis zu 100 m2                       S 4.500,-

bis zu 130 m2                       S 6.000,-

über 130 m2                         S 7.500,-

Artikel II:

Der Beschluss dieser Verordnung wird im Sinne des §131 Stmk. Volksrechtegesetzes, LGBl. 1986/87 idgF als dringlich erklärt. Sie tritt mit 1. Jänner 1999 in Kraft."

3. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu Zl. B1829/99 eine auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde gegen einen (Vorstellungs)Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 1. Oktober 1999 anhängig, mit welchem - der Sache nach - die von den Beschwerdeführern erhobene Vorstellung gegen die bescheidmäßige Vorschreibung einer ab 1. Jänner 1999 jährlich zu leistende Ferienwohnungsabgabe als unbegründet abgewiesen wurde. Der (Vorstellungs)Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung stützt sich einerseits auf die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Jakob im Walde vom 4. September 1998 sowie auf die §1 und §9a bis §9d des Steiermärkischen Nächtigungs- und Ferienwohnungsabgabegesetzes, im folgenden: NFWAG, LGBl. 54/1980, idF LGBl. 39/1998, und wird u.a. damit begründet, daß die Beschwerdeführer im Gemeindegebiet der Gemeinde St. Jakob im Walde eine Ferienwohnung besäßen. Der Gemeinderat der Gemeinde St. Jakob im Walde habe von der ihm zustehenden Ermächtigung Gebrauch gemacht und - gestützt auf §9b Abs3 des NFWAG - eine Verordnung erlassen, mit der die jährliche Höhe der Ferienwohnungsabgabe festgesetzt wurde. Gegen die Gesetzmäßigkeit dieser Verordnung seien - aus Anlaß des Vorstellungsverfahrens - bei der Steiermärkischen Landesregierung als Gemeindeaufsichtsbehörde keinerlei Bedenken entstanden; die Vorschreibung der Ferienwohnungsabgabe sei daher zu Recht erfolgt.

II. 1. Bei der Behandlung der Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken einerseits ob der Verfassungsmäßigkeit des - die Ermächtigung der Gemeinden zur Einhebung einer Ferienwohnungsabgabe bis zu einer bestimmten Höhe beinhaltenden - §9b Abs3 NFWAG, idF LGBl. 39/1998, sowie ob der Gesetzmäßigkeit der - die Höhe der Ferienwohnungsabgabe normierenden - Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Jakob im Walde vom 4. September 1998 entstanden. Der Gerichtshof hat daher das Beschwerdeverfahren mit Beschluß vom 28. Juni 2000 unterbrochen und von Amts wegen ein Gesetzes- bzw. Verordnungsprüfungsverfahren hinsichtlich der eben genannten Bestimmungen eingeleitet.

2. Die Erwägungen, die den Gerichtshof zur Einleitung des Gesetzprüfungsverfahrens veranlaßt hatten, legte er in seinem Prüfungsbeschluß wie folgt dar:

"2.1. Gemäß §14 Abs1 FAG 1997, Art65 BGBl. 201/1996, zählen zu den ausschließlichen Landes(Gemeinde)abgaben unter anderem 'Fremdenverkehrsabgaben' (Z4 leg.cit.) sowie 'Zweitwohnsitzabgaben' (Z2 leg.cit.). Letztere wurden erst durch das FAG 1993, BGBl. 30/1993, in den Kreis der ausschließlichen Landes- bzw. Gemeindeabgaben aufgenommen und durch §14 Abs2 leg.cit. als ausschließliche Gemeindeabgaben eingeordnet. Für die Fremdenverkehrsabgaben hingegen sieht das FAG eine solche Einordnung nicht vor. Bei ihnen fällt die Festlegung des genauen finanzverfassungsrechtlichen Typus daher in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers (§8 Abs2 F-VG 1948).

2.2. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, daß es sich bei der im II. Abschnitt des NFWAG geregelten Ferienwohnungsabgabe um eine (Variante der) Fremdenverkehrsabgabe handelt, somit um eine Abgabe, die kompetenzrechtlich auf §14 Abs1 Z4 FAG (1997) gestützt ist. Für diese Annahme kann nach der vorläufigen Auffassung des Gerichtshofes nämlich nicht nur die Entstehungsgeschichte des Gesetzes ins Treffen geführt werden (wie erwähnt, wurde die Fremdenverkehrsabgabe von Ferienwohnungen praktisch ohne Änderungen der objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale in 'Ferienwohnungsabgabe' umbenannt); es dürften für sie vielmehr auch die folgenden weiteren Umstände sprechen:

-

Die in Rede stehende Abgabe wird vom Landesgesetzgeber selbst in §9a Abs6 und ebenso in §10 Abs2 NFWAG (weiterhin) als 'Fremdenverkehrsabgabe von Ferienwohnungen' bezeichnet.

-

Das NFWAG sieht in §9a Abs5 eine Regelung vor, die bei tatbestandsmäßigem Zusammentreffen von Nächtigungs- und Ferienwohnungsabgabe eine Doppelbesteuerung zu vermeiden trachtet:

Wird eine Ferienwohnung in einer Weise genutzt, daß dadurch (auch) die Pflicht zur Entrichtung der Nächtigungsabgabe entsteht, so ist für die Dauer dieser Nutzung ausschließlich die Nächtigungsabgabe vorzuschreiben - eine Regelung, die - so nimmt der Verfassungsgerichtshof vorläufig an - einen Sinn nur im Rahmen einer einheitlichen Fremdenverkehrsabgabe ergibt.

-

Durch den (in §10 Abs2 NFWAG verwiesenen) Abs1, dritter Satz, dieser Bestimmung verpflichtet der Landesgesetzgeber die Gemeinden, die Erträge aus der Ferienwohnungsabgabe tourismusfördernden Zwecken im Gemeindebereich zu widmen. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, daß der Landesgesetzgeber damit selbst zu erkennen gibt, daß er die Ferienwohnungsabgabe als Fremdenverkehrsabgabe im finanzausgleichsrechtlichen Verständnis betrachtet, weil es unverständlich wäre, das Aufkommen der Ferienwohnungsabgabe auch dann tourismusfördernden Zwecken zuzuführen, wenn ihre Kompetenzgrundlage nicht in §14 Abs1 Z4 FAG (Fremdenverkehrsabgaben) zu erblicken wäre.

-

Die Tarifvorschrift des §9b Abs3 NFWAG ermächtigt zu einer Erhöhung der in Abs1 leg.cit. festgelegten Abgabe, somit zu einer (bloßen) Erhöhung einer ursprünglich als Fremdenverkehrsabgabe zu verstehenden Abgabe.

2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Judikatur keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Fremdenverkehrsabgaben geäußert, die bei vorübergehenden Aufenthalten an das Merkmal der Nächtigung anknüpfen (VfSlg. 5577/1967). Ebensowenig hat er Bedenken gegen die Erstreckung derartiger Abgaben auf die Nächtigung in Ferienwohnungen geäußert (VfSlg. 8452/1978, 9608/1983, 9609/1983 und 9624/1983).

2.4. Der Verfassungsgerichtshof hat auch keine Bedenken dagegen, daß der Steiermärkische Landesgesetzgeber die Fremdenverkehrsabgabe finanzausgleichsrechtlich differenziert regelt und zum Teil - hinsichtlich der Nächtigung in Beherbergungsbetrieben - eine gemeinschaftliche Landesabgabe, zum Teil - hinsichtlich der Ferienwohnungen - eine ausschließliche Gemeindeabgabe vorsieht. Derartiges zu regeln, steht dem Landesgesetzgeber in der Tat nach §8 Abs2 F-VG 1948 frei.

2.5. Der Gerichtshof hat in seiner bisherigen Judikatur auch grundsätzlich keine Bedenken gegen jene Regelungen (diverser Landesabgabengesetze) gehabt, die eine Pauschalierung einer (Fremdenverkehrs)Abgabe von Ferienwohnungen unter Annahme einer durchschnittlichen Übernachtungszahl vorsahen, wenn sie den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprachen und im Interesse der Verwaltungsökonomie lagen (z.B. VfSlg. 8452/1978, 9608/1983, 9624/1983). Er hat damit auch zum Ausdruck gebracht, daß zwischen den auf Nächtigungen in Beherbergungsbetrieben erhobenen Abgaben und Abgaben auf (Nächtigungen in) Ferienwohnungen ein innerer Zusammenhang besteht, der es erfordert, im Rahmen von Fremdenverkehrsabgaben eine angemessene Relation zwischen der Besteuerung der Nächtigungen in Beherbergungsbetrieben und jener in Ferienwohnungen einzuhalten. So hat der Verfassungsgerichtshof im Erk. VfSlg. 9624/1983 jene Regelung im Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz, der letztlich bei einer (Ferien)Wohnung mit mehr als 100 m2 Nutzfläche die Annahme von 300 Nächtigungen pro Jahr zugrundelag, als sachlich beurteilt, weil es mit den Erfahrungen des Lebens bei einer Durchschnittsbetrachtung in Einklang stünde, daß der Inhaber einer Ferienwohnung und seine Angehörigen zumindest einen Großteil ihres Urlaubes in dieser Ferienwohnung verbringen.

2.6. a) Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei dieser Auffassung. Er kann jedoch vorläufig nicht erkennen, daß diese - im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz verfassungsrechtlich gebotene - Relation zwischen der Besteuerung von Nächtigungen in Beherbergungsbetrieben einerseits und in eigenen Ferienwohnungen andererseits bei der in Rede stehenden Ferienwohnungsabgabe nach dem NFWAG eingehalten wäre. Wenn §9b Abs3 NFWAG die Gemeinden ermächtigt, für eine Wohnung mit einer Nutzfläche zwischen 100 und 130 m2 eine Abgabe bis zu S 8.000,- im Jahr zu erheben, so wird damit - auf der Basis des (in §4 Abs1 leg.cit. vorgesehenen) Abgabensatzes für Nächtigungen in Höhe von grundsätzlich S 7,- pro Person und Nächtigung - unterstellt, daß in einer solchen Ferienwohnung etwa

1.150 Übernachtungen (des Eigentümers, seiner Angehörigen und Freunde) pro Jahr stattfinden. Das entspricht einer durchgängigen ganzjährigen Benützung durch 3 Personen oder einer halbjährigen Benützung durch 6 Personen. Eine derartige Belagsdichte dürfte - so nimmt der Gerichtshof vorläufig an - nicht nur jeglicher Lebenserfahrung, sondern auch dem Begriff der Ferienwohnung widersprechen (ist diese doch eine Wohnung, die überwiegend zu Aufenthalten während der Freizeit, des Wochenendes, des Urlaubes, der Ferien etc. als Wohnstätte dient; §9a Abs2 NFWAG). Eine Regelung dieser Art dürfte dazu führen, daß Personen, die ihren vorübergehenden Nächtigungsbedarf in der eigenen Ferienwohnung decken, gegenüber denjenigen, die zu diesem Zweck Beherbergungsbetriebe aufsuchen, in unsachlicher Weise benachteiligt werden. Geht man - in Anlehnung an die seinerzeit dem Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz zugrundeliegende (im Erk. VfSlg. 9624/1983 für sachlich erachtete) Annahme - von 300 Übernachtungen pro Jahr bei einer Ferienwohnung von 100 m2 aus, so käme man bei einem Abgabesatz von S 8.000,- auf eine Nächtigungsabgabe von fast S 27,- pro Person und Übernachtung (gegenüber S 7,- bei Nächtigung in Beherbergungsbetrieben). Der Verfassungsgerichtshof kann jedenfalls vorläufig keinen Grund sehen, der es rechtfertigen könnte, im Rahmen einer Fremdenverkehrsabgabe, die offenbar im Zusammenhang mit den Kosten bzw. dem Nutzen der touristischen Infrastruktur steht, die Nächtigungen in der eigenen Ferienwohnung etwa viermal höher zu belasten als die Nächtigungen in Beherbergungsbetrieben.

b) Derartige Belastungsunterschiede sind, so nimmt der Gerichtshof vorläufig an, auch nicht durch das sogenannte Abgabenerfindungsrecht der Bundesländer zu rechtfertigen. Im vorliegenden Fall dürfte es nämlich nicht um die Überlassung von Abgabenobjekten, die noch nicht durch (gleichartige) Bundesabgaben 'besetzt' sind, durch das Land an die Gemeinden gehen, sondern um die nähere materiellrechtliche Ausgestaltung einer Fremdenverkehrsabgabe, für die der Landesgesetzgeber nach §14 Abs1 Z4 FAG iVm §8 Abs1 F-VG zuständig ist.

c) Schließlich dürfte auch die (durch das FAG 1993 eingeführte) Regelung des §14 Abs1 Z2 iVm Abs2 FAG (1997), wonach zu den ausschließlichen Gemeindeabgaben auch 'Zweitwohnsitzabgaben' gehören, keine Rechtfertigung für eine derartige Differenzierung bieten. Diese finanzausgleichsgesetzliche Norm dürfte es zwar dem Land Steiermark erlauben, eine Besteuerung von Zweitwohnsitzen vorzusehen (wobei diese Abgabe bereits nach den erwähnten Bestimmungen des FAG eine ausschließliche Gemeindeabgabe wäre). Der Landesgesetzgeber wäre anscheinend auch nicht gehindert, eine solche Zweitwohnsitzabgabe unter Beachtung der Voraussetzungen des §8 Abs5 F-VG in das freie Beschlußrecht der Gemeinden zu überstellen.

Daß der Landesgesetzgeber sich im vorliegenden Fall auf diese Kompetenzgrundlage stützen wollte, ist allerdings nicht erkennbar. Dem Gerichtshof ist auch vorderhand nicht einsichtig, daß eine Bestimmung, die inhaltlich lediglich die Ermächtigung zur Erhöhung einer Fremdenverkehrsabgabe von Ferienwohnungen erteilt, kompetenzrechtlich auf den Tatbestand 'Zweitwohnsitzabgaben' gestützt werden könnte. Wäre dies nämlich möglich, so hätte ein und dieselbe Abgabe je nachdem, ob die Gemeinde eine Erhöhung beschließt oder nicht, entweder den Charakter einer Zweitwohnsitzabgabe oder aber den einer Fremdenverkehrsabgabe. Eine derartige Beliebigkeit in der Ausnützung finanzausgleichsrechtlicher Ermächtigungen dürfte aber deswegen nicht gegeben sein, weil Fremdenverkehrsabgaben und Zweitwohnsitzabgaben vom Belastungskonzept und vom Besteuerungsziel her offenbar Unterschiedliches erfassen wollen, wäre doch andernfalls die finanzausgleichsgesetzliche Unterscheidung überflüssig (vgl. hinsichtlich der Zweitwohnsitzabgaben auch die Materialien zum FAG 1993: 867 BlgNR 18. GP)."

3. Folgende Erwägungen haben den Gerichtshof zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens veranlaßt:

"3. Erwiesen sich die gegen die in Prüfung gezogene Gesetzesvorschrift dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken als gerechtfertigt, so wäre die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Jakob im Walde vom 4. September 1998 betreffend die Festsetzung der Ferienwohnungsabgabe anscheinend mit dem Mangel belastet, daß sie sich auf keine ausreichende gesetzliche Grundlage stützen kann."

4. Die Steiermärkische Landesregierung erstattete im Gesetzesprüfungsverfahren eine Äußerung, in der sie den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen §9b Abs3 NFWAG entgegentritt:

4.1. Zur Entstehungsgeschichte des NFWAG führt die Steiermärkische Landesregierung wörtlich folgendes aus:

"Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die Ferienwohnungsabgabe u.a. auf Grund der Entstehungsgeschichte als Fremdenverkehrsabgabe anzusehen sei.

Die Steiermärkische Landesregierung folgt dieser Auffassung insoweit, als die Ferienwohnungsabgabe ursprünglich, nämlich so wie sie durch die Novelle zum Fremdenverkehrsabgabegesetz im Jahr 1990 eingeführt wurde, als Nächtigungsabgabe konzipiert war.

Die Einführung dieser Abgabe war auf Grund der Überlegung gerechtfertigt, dass den Benutzern von Ferienwohnungen dieselben infrastrukturellen Einrichtungen, insbesondere die Fremdenverkehrseinrichtungen, zur Verfügung stehen wie den Gästen, die bei Privatzimmervermietern oder in Gastgewerbebetriebe wohnen.

Diese Abgabe wurde ausdrücklich als 'Fremdenverkehrsabgabe von Ferienwohnungen' bezeichnet. Die Höhe der Abgabe wurde unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Übernachtungszahl als pauschalierte Nächtigungsabgabe festgelegt."

Mit der Novelle 1998 sei sowohl der Gesetzestitel als auch die Bezeichnung der beiden Abgaben, die im NFWAG geregelt seien, insofern geändert worden, als nunmehr die "Fremdenverkehrsabgabe von Nächtigungen" als "Nächtigungsabgabe" und die "Fremdenverkehrsabgabe von Ferienwohnungen" als "Ferienwohnungsabgabe" bezeichnet würden.

Durch diese Umbenennung - so die Steiermärkische Landesregierung weiter - sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß nur mehr die Nächtigungsabgabe gemäß dem I. Abschnitt des NFWAG als Fremdenverkehrsabgabe weiter bestehen sollte. Die Ferienwohnungsabgabe wiederum sollte keine Fremdenverkehrsabgabe mehr sein, sondern auf Grund der zwischenzeitigen Erlassung des FAG 1993 zu einer Zweitwohnsitzabgabe werden. Gegenstand dieser Abgabe sei also die Innehabung von Ferienwohnungen.

Wörtlich wird hiezu weiters folgendes ausgeführt:

"Die Einschränkung der Abgabe auf einen bestimmten Typus von Zweitwohnsitzen, nämlich auf Ferienwohnungen ist durch raumordnungs-, sozial- und arbeitsmarktpolitische Erwägungen gerechtfertigt. Verfassungsrechtliche Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes stellen sich daher nicht. Auch Ruppe, Zweitwohnungssteuern, in Grundverkehrsrecht, meint, dass eine Beschränkung der Zweitwohnsitzabgabe auf bestimmte Arten von Zweitwohnsitzen zulässig sein dürfte."

4.2. Zur Bezeichnung der Ferienwohnsitzabgabe als Fremdenverkehrsabgabe in §§9a Abs6 und 10 Abs2 NFWAG wird von der Steiermärkischen Landesregierung ausgeführt, daß es sich hiebei um ein "Redaktionsversehen" handle; der Gesetzgeber habe "offenkundig übersehen", auch in diesen beiden Bestimmungen die Abgabenbezeichnungen zu ändern.

4.3. Entgegen der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes, auch in §9a Abs5 NFWAG finde sich ein Anhaltspunkt für die Annahme, daß es sich bei der Ferienwohnungsabgabe um eine Fremdenverkehrsabgabe handle, geht die Steiermärkische Landesregierung davon aus, daß diese Bestimmung nur zur Klarstellung dienen sollte, daß es - obwohl dies zulässig sei - "zu keiner Doppelbesteuerung (Nächtigungsabgabe und Zweitwohnsitzabgabe) kommen soll, wenn eine Ferienwohnung Dritten entgeltlich zum Zweck der Nächtigung überlassen wird".

4.4. Zur Zweckwidmung der Ferienwohnungsabgabe wiederum wird dargelegt, daß durch das FAG 1993 der Katalog der ausschließlichen Landes(Gemeinde)abgaben durch die Zweitwohnsitzabgabe erweitert worden sei. Die Länder seien ermächtigt, die Erhebung und die Verwaltung dieser Abgabe zu regeln; ebenso sei es dem rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Länder überlassen, ob und welche Zweckwidmung sie vorsehen. Diese müsse auch in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Abgabentatbestand stehen; weshalb es nicht zulässig sein dürfe, von der Zweckwidmung einer Abgabe auf die Art der Abgabe zu schließen.

4.5. Zu den Bedenken hinsichtlich der Höhe der Abgabe führt die Steiermärkische Landesregierung sodann wörtlich aus:

"Laut Ruppe, aaO, gehorchen Zweitwohnsitzabgaben nicht Äquivalenzüberlegungen, 'sondern bezwecken eine leistungsfähigkeitsorientierte Belastung von Zweitwohnungsbesitz basierend auf der plausiblen Annahme, dass die Verfügungsmöglichkeit über Zweitwohnsitze im typischen Fall ein besonderes Maß an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit indiziert und daher in sachgerechter Weise zum Gegenstand von steuerlichen Belastungen gemacht werden darf'. Steuergegenstand sei somit das 'Innehaben eines Zweitwohnsitzes im Gemeindegebiet'.

Auf Grund der Erläuterungen zum FAG 1993 soll es dem Landesgesetzgeber überlassen sein, bei der Regelung der Zweitwohnsitzabgabe auf regionale Erfordernisse Rücksicht zu nehmen.

In diesem Sinne vertritt auch Ruppe, aaO, die Meinung, dass 'eine Differenzierung in der Abgabenhöhe je nach Regionen (Höherbelastung von Zweitwohnsitzen in typischen Urlaubsregionen), sofern damit entweder der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit (höherer Aufwand) Rechnung getragen werden soll oder sachlich vertretbare Lenkungszwecke verfolgt werden, unbedenklich wäre'. Verfassungsrechtlich unzulässig wäre laut Ruppe, aaO, nur eine 'Erdrosselungssteuer, somit eine Steuerhöhe, die nicht durch das Ziel der Einnahmenerzielung, sondern durch Verhinderung des Tatbestandes bestimmt ist'."

Aus diesem Grund läge es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Landesgesetzgebers, auch die Höhe der Abgabe festzulegen. Nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung bestünden daher gegen die in §9b Abs1 und 3 NFWAG festgelegte Höhe der Zweitwohnsitzabgabe keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Abgabenhöhe sei keineswegs so hoch, daß damit Ferienwohnsitze verhindert würden. Es läge auch im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Landesgesetzgebers, die in §9b Abs1 NFWAG seinerzeit für die "Fremdenverkehrsabgabe von Ferienwohnungen" festgelegte Abgabenhöhe durch die Novelle 1998 nicht zu ändern.

§9b Abs3 NFWAG ermächtige den Gemeinderat durch Verordnung, die Abgabe bis zur gesetzlich vorgesehenen Höchstgrenze selbst frei festzulegen. Die zulässige Berücksichtigung regionaler Erfordernisse werde somit dem Gemeinderat überlassen.

"Diese Regelung wird bei verfassungskonformer Interpretation wohl auch für die Annahme sprechen, dass es sich bei der Ferienwohnsitzabgabe nicht um eine Fremdenverkehrsabgabe, sondern um eine Zweitwohnsitzabgabe handelt, weshalb die geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Gleichheitswidrigkeit dieser Bestimmung nicht bestehen."

Auch hinsichtlich des Bestimmtheitserfordernisses bestünden gegen §9b Abs3 NFWAG keine verfassungsrechtlichen Bedenken, da das NFWAG den Anforderungen des §8 Abs5 F-VG und der hiezu ergangenen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes insofern entspräche, als der Abgabegegenstand, der Abgabeschuldner und das Höchstausmaß der Abgabe gesetzlich festgelegt sei; eine darüber hinaus gehende gesetzliche Determinierung sei daher nicht erforderlich gewesen.

4.6. Zusammenfassend vertritt die Steiermärkische Landesregierung die Auffassung, daß die Ferienwohnungsabgabe bei verfassungskonformer Interpretation des Gesetzes keine Fremdenverkehrsabgabe, sondern eine Zweitwohnsitzabgabe sei, und weist darauf hin, daß das F-VG und das FAG dem Landesgesetzgeber bei der Regelung dieser Abgabe einen großen Gestaltungsspielraum einräumen.

Da das NFWAG keine einheitliche Fremdenverkehrsabgabe, sondern zwei verschiedene Abgaben regle, zwischen denen kein rechtlicher Zusammenhang bestehe, seien die geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §9b Abs3 NFWAG unbegründet.

5. Der Gemeinderat der Gemeinde St. Jakob im Walde hat im Verordnungsprüfungsverfahren von der Erstattung einer Äußerung formlos Abstand genommen.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das Gesetzes- bzw. das Verordnungsprüfungsverfahren hat nicht ergeben, daß die vorläufige Annahme des Gerichtshofes, er habe die in Prüfung gezogenen Bestimmungen anzuwenden, unzutreffend wäre. Da auch sonst keine Prozeßhindernisse hervorgekommen sind, sind sowohl das Gesetzes- als auch das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

2. Auch die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen §9b Abs3 NFWAG haben sich als zutreffend erwiesen und konnten von den Argumenten der Steiermärkischen Landesregierung nicht zerstreut werden:

2.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in seinem Prüfungsbeschluß (mit ausführlicher Begründung) vorläufig davon ausgegangen, daß die "Ferienwohnungsabgabe" nach dem II. Abschnitt des NFWAG in der Fassung der Novelle 1998 im finanzausgleichsrechtlichen Sinn als Fremdenverkehrsabgabe zu werten ist. Er hat diese Auffassung keineswegs nur aus der Entstehungsgeschichte des NFWAG abgeleitet, sondern vielmehr auf den gegenwärtigen Gesetzesinhalt gestützt. Er hat daraus zunächst die Schlußfolgerung gezogen, daß es im Rahmen einer Fremdenverkehrsabgabe unsachlich sein dürfte und daher mit dem Gleichheitssatz in Konflikt käme, die Nächtigungen in Ferienwohnungen bei einer Durchschnittsbetrachtung etwa viermal höher zu belasten als die Nächtigungen in Beherbergungsbetrieben.

Der Verfassungsgerichtshof hat überdies (vorläufig) die Meinung vertreten, daß §9b Abs3 NFWAG auch nicht durch die in §14 Abs1 Z2 FAG 1997 enthaltene Ermächtigung zur Erhebung von Zweitwohnsitzabgaben gedeckt sein dürfte, weil §9b Abs3 NFWAG offenbar bloß zu einer Erhöhung einer Fremdenverkehrsabgabe ermächtige und somit ein und dieselbe Abgabe je nachdem, ob die Gemeinde eine Erhöhung beschließt oder nicht, entweder den Charakter einer Zweitwohnsitzabgabe oder aber den einer Fremdenverkehrsabgabe hätte. Der Gerichtshof vermeinte, daß eine derartige Beliebigkeit in der Ausnützung finanzausgleichsrechtlicher Ermächtigungen deswegen nicht gegeben sein dürfte, weil Fremdenverkehrsabgaben und Zweitwohnsitzabgaben vom Belastungskonzept und vom Besteuerungsziel her offenbar Unterschiedliches erfassen wollen.

2.2. Die Steiermärkische Landesregierung setzt sich in ihrer Äußerung mit diesen Bedenken nicht auseinander, sondern vertritt die Auffassung, daß die Ferienwohnungsabgabe insgesamt eine Zweitwohnsitzabgabe sei und daher nicht nur §9b Abs3, sondern alle die Ferienwohnungsabgabe betreffenden Vorschriften des II. Abschnittes des NFWAG ihre kompetenzrechtliche Grundlage in §14 Abs1 Z2 FAG 1997 (Zweitwohnsitzabgaben) hätten. Das NFWAG regle nicht eine einheitliche Fremdenverkehrsabgabe, sondern zwei verschiedene Abgaben, "zwischen denen kein rechtlicher Zusammenhang besteht".

Der Verfassungsgerichtshof vermag diese Auffassung nicht zu teilen. Gegen sie spricht zunächst der schon im Prüfungsbeschluß hervorgehobene Umstand, daß auch im II. Abschnitt des NFWAG die Ferienwohnungsabgabe mehrmals als "Fremdenverkehrsabgabe von Ferienwohnungen" bezeichnet wird (warum hier - wie die Steiermärkische Landesregierung vermeint - ein offenkundiges Redaktionsversehen vorliegen soll, ist für den Gerichtshof angesichts des übrigen Gesetzesinhaltes nicht nachvollziehbar). Der Gerichtshof bleibt auch dabei, daß die Zweckwidmung für touristische Belange für eine Fremdenverkehrsabgabe und gegen eine Zweitwohnsitzabgabe spricht. Dies deshalb, weil nach den Materialien zum FAG 1993 durch die Einführung einer Ermächtigung zur Erhebung von Zweitwohnsitzabgaben berücksichtigt werden soll, "daß durch Zweitwohnsitze insbesondere den Gemeinden Kosten entstehen können ... (zum Beispiel für die Bereitstellung der Infrastruktur oder im hoheitlichen Bereich), ohne daß diesen Kosten Einnahmen der Gemeinden aus Ertragsanteilen gegenüber stehen" (867 BlgNR, 18. GP, Seite 20). Angesichts dieser Motivation wäre es geradezu unverständlich, wenn die Gemeinden durch eine Zweckbindung für touristische Zwecke seitens des Landes daran gehindert würden, die erzielten Abgabenerträge jenen Zwecken zuzuführen, die der Gesetzgeber des FAG 1993 vor Augen hatte (ob es überhaupt zulässig ist, bei einer ausschließlichen Gemeindeabgabe den Gemeinden seitens des Landes eine Zweckbindung aufzuerlegen, ist im gegebenen Zusammenhang nicht zu untersuchen).

Daß die Kompetenzgrundlage der Ferienwohnungsabgabe insgesamt in §14 Abs1 Z2 FAG (1997) liegen soll, erscheint aber auch deswegen wenig plausibel, weil dann das Nebeneinander der Vorschriften des Abs1 und des Abs3 des §9b NFWAG unerklärlich wäre: Hätte der Landesgesetzgeber wirklich beabsichtigt, die Gemeinden (gemäß §8 Abs5 F-VG 1948) zur Erhebung einer Zweitwohnsitzabgabe zu ermächtigen, so hätte es ausgereicht, die Ermächtigung nach Abs3 auszusprechen. Hätte der Landesgesetzgeber beabsichtigt, die Gemeinden zur Erhebung einer Zweitwohnsitzabgabe zu verpflichten, dann hätte Abs1 (allenfalls mit höheren Steuersätzen) ausgereicht.

Letztlich erscheint der Standpunkt der Steiermärkischen Landesregierung auch deswegen nicht überzeugend, weil dann der gesamte Abschnitt II des NFWAG finanzverfassungsrechtlich bedenklich wäre: Zweitwohnsitzabgaben sind nach §14 Abs1 Z2 iVm Abs2 FAG 1997 als ausschließliche Gemeindeabgaben eingestuft. Eine Überstellung in das freie Beschlußrecht gemäß §7 Abs5 F-VG 1948 wird durch das FAG 1997 selbst nicht vorgenommen. Nach den Regeln des F-VG 1948 ist somit das Land Steiermark zuständig, eine Zweitwohnsitzabgabe einzuführen und zu regeln (§8 Abs2 F-VG 1948), wobei die Gemeinden diese Abgabe erheben müßten und ihr Ertrag bereits auf Grund der genannten Bestimmungen des FAG 1997 ausschließlich den Gemeinden zukäme. Der Landesgesetzgeber könnte alternativ die Zweitwohnsitzabgaben auch in das freie Beschlußrecht der Gemeinde überstellen, wobei er nach §8 Abs5 F-VG 1948 die wesentlichen Merkmale dieser Abgabe, insbesondere auch ihr zulässiges Höchstmaß zu bestimmen hätte. In diesem zweiten Fall stünde es den Gemeinden frei, von dieser Ermächtigung Gebrauch zu machen oder dies zu unterlassen, es sei denn, der Landesgesetzgeber spräche (zulässigerweise) eine Verpflichtung zur Abgabenerhebung nach §8 Abs6 F-VG 1948 aus.

Folgt man der Äußerung der Steiermärkischen Landesregierung, dann hätte der Steiermärkische Landesgesetzgeber aber weder das eine noch das andere getan, sondern eine eigenartige Vermischung einer "gewöhnlichen" ausschließlichen Gemeindeabgabe, die zur Gänze durch den Landesgesetzgeber geregelt wird (und dementsprechend auch mit den im Landesgesetz vorgesehenen Steuersätzen erhoben werden muß), und einer freien Beschlußrechtsabgabe vorgenommen. Bei diesem Verständnis liefe der Gesetzesinhalt des NFWAG darauf hinaus, daß alle Gemeinden jedenfalls eine Zweitwohnsitzabgabe nach den "allgemeinen" Bestimmungen des II. Abschnittes des NFWAG zu erheben haben (das heißt mit den Steuersätzen nach §9b Abs1 leg.cit.), während es im übrigen den Gemeinden durch §9b Abs3 leg.cit. freigestellt wäre, auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung die Zweitwohnsitzabgabe bis zum Fünffachen zu erhöhen. Eine solche Kombination von zwei finanzverfassungsrechtlichen Abgabentypen erscheint dem Gerichtshof schon deswegen unstatthaft, weil bei Abgaben auf Grund des freien Beschlußrechtes (§8 Abs5 F-VG 1948) eine Besteuerungsverpflichtung vom Land nur nach Maßgabe des §8 Abs6 F-VG 1948 verfügt werden dürfte. Gerade das von der Steiermärkischen Landesregierung angesprochene Erfordernis der verfassungskonformen Interpretation vermag somit ihre Sichtweise nicht zu unterstützen, sondern spricht eher gegen sie.

2.3. Der Verfassungsgerichtshof bleibt daher bei seiner dem Prüfungsbeschluß zugrundeliegenden Auffassung, daß es sich bei der im II. Abschnitt des NFWAG geregelten Abgabe auf Ferienwohnungen um eine Fremdenverkehrsabgabe handelt, in deren Rahmen eine Abgabenerhöhung, wie sie §9b Abs3 vorsieht, aus den im Prüfungsbeschluß dargelegten Gründen dem Gleichheitssatz widerspricht. Dieser Verstoß wird aus den ebenfalls bereits im Prüfungsbeschluß dargelegten Gründen auch nicht durch andere kompetenzrechtliche Grundlagen saniert.

2.4. Damit wird - auch dies wurde bereits im Prüfungsbeschluß zum Ausdruck gebracht - dem Land Steiermark nicht die Kompetenz abgesprochen, eine Abgabe auf Zweitwohnsitze zu erheben. Sollte eine solche Absicht bestehen, so wird allerdings nicht nur eine klare Trennung von den Fremdenverkehrsabgaben vorzunehmen sein; es wird auch entschieden werden müssen, ob die Zweitwohnsitzabgabe in Form einer Beschlußrechtsabgabe nach §8 Abs5 F-VG 1948 oder einer "gewöhnlichen" ausschließlichen Gemeindeabgabe erhoben werden soll; es wird schließlich auch zu beachten sein, daß der sachliche Umfang und die Höhe der Abgabe sowohl grundrechtlichen als auch finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht wird. In diesem Zusammenhang wird zu berücksichtigen sein, daß - anders als bei den meisten "Kompetenzbestimmungen" des §14 FAG 1997 - der Begriff der Zweitwohnsitzabgaben nicht aus einem dem Finanzausgleichsgesetzgeber bereits vorliegenden einfachgesetzlichen Gesetzesmaterial abgeleitet werden kann, sondern erst im Interpretationsweg erschlossen werden muß. Besondere Bedeutung wird in diesem Zusammenhang daher den Vorstellungen zukommen, die den Gesetzgeber zur Einführung dieser neuen Abgabenkategorie motiviert haben (vgl. nochmals die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des FAG 1993, BGBl. 30/1993, 867 BlgNR, 18. GP, Seite 20).

3. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes haben sich, da es sich bei der Abgabe auf Ferienwohnungen um eine Fremdenverkehrsabgabe handelt, in deren Rahmen eine Abgabenerhöhung, wie sie §9b Abs3 NFWAG vorsieht, dem Gleichheitssatz widerspricht, als zutreffend erwiesen, weshalb diese Bestimmung als verfassungswidrig aufzuheben war.

4. Die Verpflichtung des Landeshauptmannes von Steiermark zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt erfließt aus Art140 Abs5, erster Satz, B-VG iVm §§64 f. VerfGG.

5. Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder im Wirksamkeit treten, beruht auf Art140 Abs6, erster Satz,

B-VG.

6. Die Setzung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Bestimmung beruht auf Art140 Abs5, dritter Satz, B-VG. Die Fristsetzung soll bewirken, daß auch die auf der Ermächtigung des §9b Abs3 NFWAG beruhenden Verordnungen erst mit Ablauf dieser Frist ihre Wirksamkeit verlieren, so daß die Erhebung der Ferienwohnungsabgabe für das Jahr 2000 noch in gleichmäßiger Weise nach dem bisherigen Rechtsstand ermöglicht wird.

IV. Auch die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die in Prüfung gezogene Verordnung haben sich als zutreffend erwiesen:

1. Da §9b Abs3 NFWAG als verfassungswidrig aufgehoben wurde, fehlt der in Prüfung gezogenen Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Jakob im Walde vom 4. September 1998, mit der die Ferienwohnungsabgabe für die Gemeinde St. Jakob im Walde festgesetzt wird, die erforderliche gesetzliche Grundlage.

Sie war daher wegen Gesetzwidrigkeit aufzuheben.

2. Die Verpflichtung der Steiermärkischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung im Landesgesetzblatt erfließt aus Art139 Abs5, erster Satz, B-VG iVm §§60 f. VerfGG.

3. Die Setzung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Vorschrift beruht auf Art139 Abs5, dritter Satz, B-VG und war im Hinblick darauf, daß die Aufhebung des §9b Abs3 NFWAG erst mit Ablauf des 31. Dezember 2000 in Kraft tritt, erforderlich.

V. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Finanzverfassung, Finanzausgleich, Fremdenverkehr, Abgaben, Wohnsitz Zweit-

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:G86.2000

Dokumentnummer

JFT_09998991_00G00086_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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