TE Vwgh Erkenntnis 2004/4/21 2001/08/0048

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Veröffentlicht am 21.04.2004
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §44 Abs1 Z1;
ASVG §44 Abs1;
ASVG §44 Abs7;
ASVG §49 Abs1;
ASVG §49 Abs2;
AZG §10;
AZG §19e;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, vertreten durch Mag. Markus Hager und Mag. Hans Teuchtmann, Rechtsanwälte in 4040 Linz/Urfahr, Hauptstraße 33, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13. Februar 2001, Zl. SV(SanR)-410483/4-2001-Bb/May, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei: F GmbH in H), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei schloss sowohl mit ihren Arbeitern (auf deren Dienstverhältnis der Kollektivvertrag für die eisen- und metallerzeugende und -verarbeitende Industrie anzuwenden ist) sowie mit den Angestellten (auf deren Dienstverhältnis der Rahmenkollektivvertrag für Angestellte der Industrie anzuwenden ist) eine Vereinbarung bezüglich eines flexiblen Arbeitszeitmodelles. Die mit jedem einzelnen Arbeiter abgeschlossene Vereinbarung lautet soweit hier wesentlich wie folgt:

"Vereinbarung

bezüglich

flexiblen Arbeitszeitmodell

abgeschlossen zwischen

...

2. Umverteilung der Normalarbeitszeit und Ausgleich der Mehrarbeit

...

2.3. Bei Auflösung des Dienstverhältnisses während des Kalenderjahres wird der Ausgleich der Mehrarbeit aliquot berechnet. Ein Zeitguthaben bzw. eine Zeitschuld wird nach der geltenden Formel zur Berechnung der Normalarbeitsstunde dem Gehalt gutgeschrieben bzw. vom Gehalt abgezogen. Der Dienstnehmer ist jedoch verpflichtet, Zeitguthaben bzw. -defizite bis zum Ende des Dienstverhältnisses möglichst auszugleichen.

3. Gleitzeit

...

5. Kernzeit

An den Arbeitstagen Montag bis Donnerstag besteht von 7.00 bis 12.00 Uhr sowie von 12.30 bis 15.15 Uhr, an Freitagen von 7.00 bis 12.00 Uhr Anwesenheitspflicht.

6. Sollarbeitszeit

Die Sollarbeitszeit von 40 Wochenstunden wird so auf die Arbeitstage verteilt, dass die tägliche Sollarbeitszeit von Montag bis Donnerstag 8,5 Stunden und am Freitag 6 Stunden beträgt.

7. Normalarbeitszeit

Die Normalarbeitszeit wird von Montag bis Donnerstag von 7.00 bis 12.00 Uhr und von 12.30 bis 16.15 Uhr, am Freitag von 7.00 bis 13.00 Uhr festgesetzt.

8. Abrechnungszeitraum und Zeitausgleich

8.1. Gleitzeitguthaben bzw. -defizite entstehen durch Plus- bzw. Minusabweichung der täglichen Istarbeitszeit (d.i. jene Zeit, die tatsächlich gearbeitet wird) von der Sollarbeitszeit. Durch Aufsummieren der Plus- bzw. Minuszeiten ergibt sich am Ende jedes Monats ein Gleitzeitsaldo.

8.2. Der Abrechnungszeitraum für den Gleitzeitsaldo ist ein Jahr, wobei als Stichtag der 1. Mai festgelegt wird. Grundsätzlich soll an diesem Stichtag das Arbeitszeitkonto ausgeglichen sein.

8.3. Es können maximal 30 Stunden Gleitzeitguthaben bzw. 10 Stunden Gleitzeitdefizit in den nächsten Abrechnungszeitraum übertragen werden.

8.4. Der monatliche Gleitzeitsaldo darf maximal ein Defizit von 10 Stunden aufweisen.

...

8.7. Bei Auflösung des Dienstverhältnisses während des Kalenderjahres wird ein Zeitguthaben bzw. eine Zeitschuld nach der geltenden Formel zur Berechnung der Normalarbeitsstunde dem Gehalt gutgeschrieben bzw. vom Gehalt abgezogen. Der Dienstnehmer ist jedoch verpflichtet, Zeitguthaben bzw. -defizite bis zum Ende des Dienstverhältnisses möglichst auszugleichen.

...

9. Überstunden

9.1. Die Bezahlung von Mehrleistung als Überstunde setzt die ausdrückliche Anordnung der Mehrleistung durch den Vorgesetzten außerhalb der Sollarbeitszeit, die Erfüllung der täglichen Sollarbeitszeit (Mo-Do: 8 h 30 min, Fr: 6 h) bzw. der Wochensollarbeitszeit von 40 Stunden sowie die Einhaltung der gesetzlichen Pausen voraus.

9.2. Die Vergütung und abrechnungstechnische Erfassung der Überstunden erfolgt nach den bisher geltenden jeweiligen Vereinbarungen (nach Aufwand bzw. nach Pauschalen), wobei die vom System errechneten und vom Vorgesetzten genehmigten Nachweise als Basis dienen.

..."

Die Vereinbarung mit dem einzelnen Angestellten lautet soweit

hier wesentlich wie folgt:

"Vereinbarung

bezüglich

flexiblen Arbeitszeitmodell

abgeschlossen zwischen

...

2. Umverteilung der Normalarbeitszeit und Ausgleich der Mehrarbeit

...

2.3. Bei Auflösung des Dienstverhältnisses während des Kalenderjahres wird der Ausgleich der Mehrarbeit aliquot berechnet. Ein Zeitguthaben bzw. eine Zeitschuld wird nach der geltenden Formel zur Berechnung der Überstunde dem Gehalt gutgeschrieben bzw. vom Gehalt abgezogen. Der Dienstnehmer ist jedoch verpflichtet, Zeitguthaben bzw. -defizite bis zum Ende des Dienstverhältnisses möglichst auszugleichen. Die Möglichkeit zum Ausgleich der Zeitdifferenzen muss bei einer Dienstgeberkündigung dem Dienstnehmer gegeben werden.

3. Gleitzeit

...

5. Kernzeit

An den Arbeitstagen Montag bis Donnerstag besteht von 8.30 bis 11.30 Uhr sowie von 13.30 bis 15.30 Uhr, an Freitagen von 8.00 bis 12.00 Uhr Anwesenheitspflicht.

6. Sollarbeitszeit

Die Sollarbeitszeit von 40 Wochenstunden wird so auf die Arbeitstage verteilt, dass die tägliche Sollarbeitszeit von Montag bis Donnerstag 8,5 Stunden und am Freitag 6 Stunden beträgt.

7. Normalarbeitszeit

Die Normalarbeitszeit wird von Montag bis Donnerstag von 7.00 bis 9.00 Uhr, von 9.15 bis 12.00 Uhr und von 12.30 bis 16.15 Uhr, am Freitag von 7.00 bis 13.00 Uhr festgesetzt.

8. Abrechnungszeitraum und Zeitausgleich

8.1. Gleitzeitguthaben bzw. -defizite entstehen durch Plus- bzw. Minusabweichung der täglichen Istarbeitszeit (d.i. jene Zeit, die tatsächlich gearbeitet wird) von der Sollarbeitszeit. Durch Aufsummieren der Plus- bzw. Minuszeiten ergibt sich am Ende jedes Monats ein Gleitzeitsaldo.

8.2. Der Abrechnungszeitraum für den Gleitzeitsaldo ist ein Jahr, wobei als Stichtag der 1. Mai festgelegt wird. Grundsätzlich soll an diesem Stichtag das Arbeitszeitkonto ausgeglichen sein.

8.3. Es können maximal 30 Stunden Gleitzeitguthaben bzw. 10 Stunden Gleitzeitdefizit in den nächsten Abrechnungszeitraum übertragen werden.

8.4. Der monatliche Gleitzeitsaldo darf maximal ein Defizit von 10 Stunden aufweisen.

...

8.7. Bei Auflösung des Dienstverhältnisses während des Kalenderjahres wird ein Zeitguthaben bzw. eine Zeitschuld nach der geltenden Formel zur Berechnung der Überstunde dem Gehalt gutgeschrieben bzw. vom Gehalt abgezogen. Der Dienstnehmer ist jedoch verpflichtet, Zeitguthaben bzw. -defizite bis zum Ende des Dienstverhältnisses möglichst auszugleichen. Die Möglichkeit zum Ausgleich der Zeitdifferenzen muss bei einer Dienstgeberkündigung dem Dienstnehmer gegeben werden.

...

9. Überstunden

9.1. Die Bezahlung von Mehrleistung als Überstunde setzt die ausdrückliche Anordnung der Mehrleistung durch den Vorgesetzten außerhalb der Sollarbeitszeit, die Erfüllung der täglichen Sollarbeitszeit (Mo-Do: 8 h 30 min, Fr: 6 h) bzw. der Wochensollarbeitszeit von 40 Stunden, sowie die Einhaltung der gesetzlichen Pausen voraus.

9.2. Die Vergütung und Abrechnungstechnische Erfassung der Überstunden erfolgt nach den bisher geltenden jeweiligen Vereinbarungen (nach Aufwand bzw. nach Pauschalen), wobei die vom System errechneten und vom Vorgesetzten genehmigten Nachweise als Basis dienen.

10. Sonderregelung für Mitarbeiter mit Überstundenpauschale:

10.1. Mit Beginn der Geltungsdauer der flexiblen Arbeitszeit gelangt bis auf Widerruf eine monatliche Überstundenpauschale für 10,00 Stunden zur Auszahlung. Durch das monatliche Bruttoentgelt (d.i. Bruttogehalt plus Überstundenpauschale) sind sämtliche Überstunden abgegolten. Die im Rahmen der Gleitzeit entstehenden Überstunden werden selbstverständlich erst nach Ausschöpfung der Überstundenpauschale gesondert verrechnet.

..."

Die Beschwerdeführerin führte im Betrieb der mitbeteiligten Partei im Oktober 1999 eine Beitragsprüfung durch und stellte fest, dass sie den Arbeitern die Überstundenentgelte monatlich ausbezahlt habe. Bei den Angestellten seien die über die monatliche Überstundenpauschale hinaus geleisteten Überstunden gemeinsam mit den Mehrstunden im Mai eines jeden Jahres abgerechnet worden. Die Mehrstunden auf Grund des Arbeitszeitmodelles seien entweder in Form eines Zeitausgleiches abgegolten oder erst nach Ablauf eines Jahres als Mehrstunden abgerechnet worden. Dadurch sei es häufig zu größeren Überschreitungen der Höchstbemessungsgrundlage gekommen. Da die Mehrstunden und Überstunden jedoch laufend geleistet worden seien und nur die Endabrechnung jährlich einmal erfolgt sei, hätten die die Höchstbeitragsgrundlage übersteigenden Beträge im Zuge der Prüfung "aufgerollt" werden müssen.

Die Beschwerdeführerin verpflichtete die mitbeteiligte Partei mit Bescheid vom 19. Oktober 1999, allgemeine Beiträge im Betrag von S 506.581,30 und einen Mindestbeitragszuschlag von S 51.900,-- zu entrichten. In der als Bestandteil des Bescheides angeführten Beitragsrechnung ist - soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung - ausgeführt worden, die Versicherten hätten laufend Mehr- und Überstunden geleistet. Die Endabrechnung für diese sei einmal jährlich im Mai des betreffenden Jahres erfolgt. Dadurch sei es häufig zur Überschreitung der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gekommen. Es seien daher eine "Aufrollung" der übersteigenden Beträge vorgenommen und allgemeine Beiträge nachverrechnet worden.

Die mitbeteiligte Partei erhob Einspruch. Darin führte sie aus, die mit jedem Mitarbeiter schriftlich abgeschlossene Gleitzeitvereinbarung ziele darauf ab, Schwankungen im Bereich der Auslastung auszugleichen. Jeder Mitarbeiter habe die Möglichkeit, bei geringer Auftragslage Zeitausgleich zu konsumieren und bis zum jährlichen Stichtag den vereinbarten Gleitzeitsaldo auszugleichen. In § 4b AZG werde festgehalten, dass eine Gleitzeitvereinbarung auch eine Übertragungsmöglichkeit in die nächste Gleitzeitperiode beinhalten müsse. Daraus lasse sich nicht ableiten, dass die Gleitzeitvereinbarung nur dann zu Stande komme, wenn der Zeitausgleich zur Gänze während der vereinbarten Gleitzeitperiode vom Dienstnehmer konsumiert werde. Daraus ergebe sich, dass die Fälligkeit des Entgelts "nach hinten" verlegt werde (dies ergebe sich auch aus § 6 Abs. 1a AZG). Die Fälligkeit ergebe sich auch aus § 19e AZG zum Zeitpunkt der Beendigung, wobei auch wahlweise die Verlängerung einer Kündigungsfrist laut Kollektivvertrag herangezogen werden könnte. Auch dieser Bestimmung sei eine rückwirkende Fälligkeit nicht zu entnehmen. Die Beschwerdeführerin hätte einen Missbrauch nur dann annehmen dürfen, wenn eine Umverteilung der Normalarbeitszeit vorgenommen werde, aber niemals auch nur eine Stunde Zeitausgleich durch die Mitarbeiter genommen worden wäre, um Beitragszahlungen zu sparen. Da dieser Umstand aber auf Grund unserer schriftlichen Vereinbarung und angesichts der Tatsache, dass die Mitarbeiter stets Zeitausgleich stunden- bzw. tageweise konsumiert hätten, nicht gegeben sei, könne das Argument des Missbrauchs nicht in Ansatz gebracht werden.

Die Beschwerdeführerin legte den Einspruch der belangten Behörde vor. Im Begleitschreiben vom 16. Dezember 1999 führte sie aus, es seien nur jene Entgelte für Mehr- und Überstunden, die im Auszahlungsmonat die Höchstbeitragsgrundlage überschritten hätten und in anderen Monaten erworben worden seien, der Beitragsnachverrechnung zu Grunde gelegt worden. Auf den tatsächlichen Auszahlungszeitpunkt der betreffenden Entgelte komme es nicht an, sondern ausschließlich auf den Beitragszeitraum, in dem diese Mehr- oder Überstunden geleistet worden seien. Die sich in den Auszahlungsmonaten April bzw. Mai auf Grund der betreffenden Entgeltnachzahlungen ergebenden, die Höchstbeitragsgrundlage überschreitenden Differenzbeträge seien sohin der Beitragsnachverrechnung zu Grunde gelegt worden.

Die mitbeteiligte Partei führte in ihrer Stellungnahme vom 8. März 2000 dazu u.a. aus, dass die mit den Mitarbeitern jeweils vereinbarte Einzel-Gleitzeitvereinbarung darauf abgezielt habe, dass jeder Mitarbeiter das erworbene Zeitguthaben grundsätzlich als Zeitausgleich zu verbrauchen habe. In Übereinstimmung mit den anzuwendenden Kollektivverträgen seien die auf Grund der Vereinbarung geleisteten Zeitausgleichstunden - maximal 78 Stunden/Jahr, bei Nichtinanspruchnahme von Zeitausgleich während der Gleitzeitperiode "(z.B. auf Grund vermehrten Auftragseinganges - also von Seiten des Dienstgebers, oder aus Gründen von Seiten des Dienstnehmers, z.B. längere Krankheit)" - mit der Berechnungsformel für Überstunden im Mai eines jeden Jahres zur Auszahlung gebracht worden. Das resultierende Gleitzeitguthaben bzw. -defizit werde einmal jährlich geprüft. Mit den Mitarbeitern sei vereinbart worden, dass ein Gleitzeitguthaben von 30 Stunden bzw. ein -defizit von 10 Stunden in die nächste Gleitzeitperiode übertragen werden könne. Darüber hinaus bestehende Guthaben seien ebenfalls im Mai des Folgejahres mit der Berechnungsformel für Überstunden zur Auszahlung gebracht worden. Hinsichtlich der Arbeiter seien die Überstunden "(Überschreitung von 40 Stundenwochen-Arbeitszeit)" monatlich ausbezahlt worden.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch Folge und stellte in Abänderung des bekämpften Bescheides fest, dass die Vorschreibung allgemeiner Beiträge auf S 109.152,-- und der Beitragszuschlag auf S 13.900,-- zu reduzieren sei. In der Begründung wurde dazu ausgeführt, von den vorgeschriebenen allgemeinen Beiträgen in Höhe von S 506.581,30 und des Beitragszuschlages von S 51.900,-- entfielen auf die Ansprüche auf Grund der Auszahlung des Zeitguthabens allgemeine Beiträge in Höhe von S 397.429,30 und ein Beitragszuschlag von S 38.000,--. Im Erwägungsteil führte sie zu dem eingangs dargestellten unstrittigen Sachverhalt aus, der Anspruch auf Arbeitsentgelt entstehe prinzipiell im Zeitpunkt der Erbringung der Arbeitsleistung. Der Entgeltanspruch gelte im Normalfall in jenem Zeitraum als erworben, in dem die Arbeitsleistung erbracht worden sei. Auf den Zeitpunkt der Auszahlung bzw. der Abgeltung des bereits zuvor erworbenen Anspruches komme es nicht an. Es sei daher zu prüfen, ab welchem Zeitpunkt ein Anspruch auf finanzielle Abgeltung angesammelter Zeitguthaben bestehe und ob eine Aufrollung unter diesen Gegebenheiten Platz zu greifen habe. Es sei einer Gleitzeitvereinbarung geradezu wesensimmanent, dass Zeitguthaben nicht finanziell, sondern in Form von Zeitausgleich abgegolten werden sollen. Arbeitsrechtlich entstehe der Anspruch auf finanzielle Abgeltung der Zeitguthaben nicht schon mit der Erbringung der Mehrleistung, sondern erst am Ende des Durchrechnungszeitraumes. Dann stehe fest, dass nicht im Sinne der Gleitzeitvereinbarung Mehrleistungen des Arbeitnehmers in Freizeit ausgeglichen werden können, sondern dass dafür eine finanzielle Abgeltung gebühre. Der Anspruch auf die Abgeltung des Zeitguthabens entstehe daher erst am Ende der Gleitzeitperiode. Da diese Abgeltung nicht dem Monatsbezug des einzelnen Beitragszeitraumes zuzuordnen sei, sondern neben dem laufenden Bezug gewährt werde, sei diese Abgeltung sozialversicherungsrechtlich als Sonderzahlung im Sinne des § 49 Abs. 2 ASVG zu bewerten. Die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Rückaufrollung wäre nur dann denkbar, wenn schon mit dem Aufbau von Zeitguthaben ein Anspruch auf finanzielle Abgeltung entstünde, der jedoch von zwei Fälligkeitsbedingungen abhängig wäre, nämlich dass die Zeitguthaben nicht durch Freizeit ausgeglichen werden und andererseits keine Möglichkeit der Übertragung in die nächste Gleitzeitperiode bestünde. Da diese Möglichkeiten im vorliegenden Fall nicht gegeben seien, sei somit von einer Sonderzahlung auszugehen und keine Aufrollung vorzunehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse hält ihren im Verwaltungsverfahren eingenommenen Standpunkt aufrecht, wonach die Dienstnehmer der mitbeteiligten Partei auf die von der Beitragsnachverrechnung betroffenen Mehr- und Überstundenentlohnungen bereits im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum Anspruch gehabt hätten. Es liege kein Fall einer nachträglichen Entlohnung vor. Es sei auf die jeweilige Fälligkeit abzustellen. In diesen Beitragszeiträumen sei die Höchstbeitragsgrundlage noch nicht erreicht gewesen, sodass Beiträge nachzuverrechnen gewesen seien. Da die Abgeltungen für Mehrarbeit und Überstunden nicht als Bezüge anzusehen seien, die in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen gewährt werden, sei eine Qualifikation als Sonderzahlungen unzutreffend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Streit herrscht über die beitragsrechtliche Behandlung der einmal im Jahr vorgenommenen Abgeltung der sich im Rahmen einer gleitenden Arbeitszeit ergebenden Mehr- und Überstunden im Zeitraum 1997 bis 1999.

Diese Mehr- und Überstundenvergütungen entstehen auf verschiedene Weise:

Bei den Angestellten handelt es sich um (einmal jährlich abgerechnete) Abgeltungen für Überstunden, die - regelmäßig - über jenes Maß hinaus geleistet werden, das monatlich durch ein mit diesen Angestellten vereinbartes "Überstundenpauschale" abgegolten wird.

Der zweite strittige Problemkreis betrifft die Gleitzeitvereinbarung: ungeachtet des in dieser Vereinbarung ermöglichten Vortrages von 30 Stunden Gleitzeitguthaben in den nächsten Abrechnungszeitraum (jeweils ein Jahr mit Stichtag 1. Mai) wurde das jeweilige Guthaben zur Gänze in Geld abgegolten.

Die mitbeteiligte Partei entrichtete für die aus diesen Verrechnungen entstehenden Nachzahlungen jeweils allgemeine Beiträge im Auszahlungsmonat, die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse verrechnete darüber hinaus auch für die im Auszahlungsmonat die Höchstbeitragszulage überschreitenden Beträge allgemeine Beiträge für den davor gelegenen Beitragsmonat; die belangte Behörde hingegen erblickte in der Abgeltung eine Sonderzahlung, sodass die Vorschreibung von allgemeinen Beiträgen nicht Platz greifen könne.

Nach § 44 Abs. 1 erster Satz ASVG in der hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende auf volle Schilling gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 leg. cit. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt nach § 44 Abs. 1 Z. 1 ASVG bei den pflichtversicherten Dienstnehmern das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6 ASVG.

Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Demnach ist für die Bemessung der allgemeinen Beiträge nicht lediglich das im Beitragszeitraum an den pflichtversicherten Dienstnehmer tatsächlich gezahlte Entgelt (die Geld- und Sachbezüge) maßgebend, sondern, wenn es das tatsächlich gezahlte Entgelt übersteigt, jenes Entgelt, auf dessen Bezahlung bei Fälligkeit des Beitrages ein Rechtsanspruch des pflichtversicherten Dienstnehmers bestand. Ob ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen. Danach bleibt aber die Regelung dieser Frage, sofern nicht eine gesetzliche Grundlage besteht, einer Vereinbarung (Einzel- oder Kollektivvertrag), mangels einer solchen dem Ortsgebrauch überlassen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2002, 2001/08/0225).

Nach § 44 Abs. 7 ASVG gilt im Falle einer abweichenden Vereinbarung der Arbeitszeit das Entgelt für jene Zeiträume als erworben, die der Versicherte eingearbeitet hat. Dies gilt auch dann, wenn bei Durchrechnung der Normalarbeitszeit gemäß § 4 Abs. 4 und 6 des Arbeitszeitgesetzes festgelegt ist, dass der Dienstnehmer nach der jeweils tatsächlich geleisteten Arbeitszeit entlohnt wird.

Nach § 49 Abs. 2 ASVG sind Sonderzahlungen Bezüge im Sinne des Abs. 1, die in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen gewährt werden, wie z.B. ein 13. oder 14. Monatsbezug, Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Gewinnanteile oder Bilanzgeld. Sie sind als Entgelt nur nach Maßgabe der Bestimmungen des § 54 und der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, in denen die Sonderzahlungen ausdrücklich erfasst werden, zu berücksichtigen. Da § 49 Abs. 2 ASVG auf § 49 Abs. 1 leg. cit. verweist, sind trotz der Wendung "gewährt werden" unter Sonderzahlungen nicht nur solche Geld- und Sachbezüge zu verstehen, die dem pflichtversicherten Dienstnehmer in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen tatsächlich "zukommen", sondern - unabhängig von ihrer Benennung - auch Geld- und Sachbezüge, auf die er aus dem Dienstverhältnis "in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen" Anspruch hat, ohne Rücksicht darauf, ob sie ihm überhaupt oder in der gebührenden Höhe zukommen, sowie die er darüber hinaus in derartigen "Zeiträumen" auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält. Die Frage nach dem Anspruch auf Entgelt- oder Sachbezug ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Gesichtspunkten zu beantworten. Für die Abgrenzung zwischen dem Entgelt nach § 49 Abs. 1 ASVG und den Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 leg. cit. ist somit entscheidend, ob Bezüge im Sinne des Abs. 1 in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen oder für solche Zeiträume gewährt werden (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2004, 2001/08/0004).

Die §§ 4b, 10 und 19e AZG lauten seit der am 1. Mai 1997 in Kraft getretenen Novelle, BGBl. I Nr. 46/1997, wie folgt:

"Gleitende Arbeitszeit

§ 4b. (1) Gleitende Arbeitszeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines vereinbarten zeitlichen Rahmens Beginn und Ende seiner täglichen Normalarbeitszeit selbst bestimmen kann.

(2) Die gleitende Arbeitszeit muss durch Betriebsvereinbarung, in Betrieben, in denen kein Betriebsrat errichtet ist, durch schriftliche Vereinbarung geregelt werden (Gleitzeitvereinbarung).

(3) Die Gleitzeitvereinbarung hat zu enthalten:

1.

die Dauer der Gleitzeitperiode,

2.

den Gleitzeitrahmen,

3.

das Höchstausmaß allfälliger Übertragungsmöglichkeiten von Zeitguthaben und Zeitschulden in die nächste Gleitzeitperiode und

              4.              Dauer und Lage der fiktiven Normalarbeitszeit.

(4) Die tägliche Normalarbeitszeit darf 9 Stunden nicht überschreiten. Der Kollektivvertrag kann eine Verlängerung der täglichen Normalarbeitszeit bis auf 10 Stunden zulassen oder die Betriebsvereinbarung zur Verlängerung ermächtigen. Die wöchentliche Normalarbeitszeit darf innerhalb der Gleitzeitperiode die wöchentliche Normalarbeitszeit gemäß § 3 im Durchschnitt nur insoweit überschreiten, als Übertragungsmöglichkeiten von Zeitguthaben vorgesehen sind.

§ 10. (1) Für Überstunden gebührt

1.

ein Zuschlag von 50 % oder

2.

eine Abgeltung durch Zeitausgleich. Der Überstundenzuschlag ist bei der Bemessung des Zeitausgleiches zu berücksichtigen oder gesondert auszuzahlen.

(2) Der Kollektivvertrag kann festlegen, ob mangels einer abweichenden Vereinbarung eine Abgeltung in Geld oder durch Zeitausgleich zu erfolgen hat. Trifft der Kollektivvertrag keine Regelung oder kommt kein Kollektivvertrag zur Anwendung, kann die Betriebsvereinbarung diese Regelung treffen. Besteht keine Regelung, gebührt mangels einer abweichenden Vereinbarung eine Abgeltung in Geld.

(3) Der Berechnung des Zuschlages ist der auf die einzelne Arbeitsstunde entfallende Normallohn zu Grunde zu legen. Bei Akkord-, Stück- und Gedinglöhnen ist diese nach dem Durchschnitt der letzten 13 Wochen zu bemessen. Durch Kollektivvertrag kann auch eine andere Berechnungsart vereinbart werden.

Abgeltung von Zeitguthaben

§ 19e. (1) Besteht im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Guthaben des Arbeitnehmers an Normalarbeitszeit oder Überstunden, für die Zeitausgleich gebührt, ist das Guthaben abzugelten, soweit der Kollektivvertrag nicht die Verlängerung der Kündigungsfrist im Ausmaß des zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehenden Zeitguthabens vorsieht und der Zeitausgleich in diesem Zeitraum verbraucht wird. Der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist die Beendigung einer Arbeitskräfteüberlassung gleichzuhalten.

(2) Für Guthaben an Normalarbeitszeit gebührt ein Zuschlag von 50 %. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt. Der Kollektivvertrag kann Abweichendes regeln."

Nach den oben zitierten Vereinbarungen werden die Überstunden gesondert verrechnet, sie sind also nicht durch Zeitausgleich teilweise oder zur Gänze abzugelten. Die Überstunden werden demnach nicht von der Gleitzeitvereinbarung erfasst.

Die mitbeteiligte Partei hat die von den Angestellten über die Pauschalvereinbarung hinaus geleisteten Überstunden einmal jährlich abgerechnet und den Auszahlungsbetrag der allgemeinen Beitragsgrundlage des Auszahlungsmonates hinzugerechnet.

Diese Bezahlung der Überstunden wurde von der belangten Behörde ebenso wie die Abgeltung des Zeitguthabens aus der Gleitzeitvereinbarung beitragsrechtlich als Sonderzahlung im Sinne des § 49 Abs. 2 ASVG gewertet.

Der belangten Behörde kann hinsichtlich der beitragsrechtlichen Behandlung der Abgeltung der Überstunden nicht gefolgt werden. Das Überstundenentgelt ist als Geldbezug im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG zu werten. Es handelt sich um laufendes Entgelt des jeweiligen Lohnzahlungszeitraumes, der mit dem Beitragszeitraum für die allgemeinen Beiträge (§ 44 Abs. 1 ASVG) übereinstimmt. Das Überstundenentgelt ist zufolge des Entgeltanspruchsprinzips dem jeweiligen Lohnzahlungszeitraum (= Beitragszeitraum) zuzurechnen, in dem die Überstunde geleistet wurde.

Die mitbeteiligte Partei hat mit den Angestellten hinsichtlich der Vergütung der Überstunden eine Überstundenpauschale vereinbart. Die Vergütung geleisteter Überstunden durch eine Überstundenpauschale ist grundsätzlich zulässig. Der Schutzzweck des (oben zitierten) § 10 AZG gebietet es, dass eine Überstundenpauschale nur dann zulässig ist, wenn sowohl die Zahl der durchschnittlich zu leistenden Normalstunden als auch die Zahl der Überstunden von vornherein bestimmbar ist und die Pauschale nicht geringer als jene Vergütung sein darf, die sich durch eine Durchschnittsberechnung der tatsächlich erbrachten Überstunden zuzüglich der Überschläge ergibt. Der Arbeitnehmer kann über die Pauschale hinausgehende Ansprüche jederzeit gegenüber dem Dienstgeber geltend machen. Inwieweit die erbrachten Überstunden durch die Überstundenpauschale tatsächlich abgedeckt sind, hat grundsätzlich der Dienstgeber zu überprüfen (vgl. Löschnigg, Arbeitsrecht, 10. Auflage, Seite 370).

Im Beschwerdefall wurden nach dem nicht in Abrede gestellten Ergebnis der Beitragsprüfung von der mitbeteiligten Partei die von den Angestellten geleisteten, über die Pauschale hinaus gehenden Überstunden einmal im Jahr abgerechnet und die entsprechenden Entgelte zur Auszahlung gebracht. Wurde aber die vereinbarte Überstundenpauschale insofern zu niedrig bemessen, als die tatsächlich geleisteten Überstunden diese regelmäßig überstiegen, handelte es sich bei der Pauschale in Wahrheit um eine Akontierung der für die tatsächlich geleisteten Überstunden zustehenden Entgelte mit nachträglicher Verrechnung. In einem solchen Fall wären die Überstundenentgelte den Beitragszeiträumen zuzuordnen, in welchen die Überstunden tatsächlich geleistet worden sind.

Da die belangte Behörde die Zuordnung der Überstundenentgelte zu den Beitragszeiträumen (Lohnzahlungszeiträume) ohne weitere Auseinandersetzung mit dieser Frage verneinte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Zur beitragsrechtlichen Behandlung der Abgeltung des Zeitguthabens auf Grund der Vereinbarung der gleitenden Arbeitszeit:

Bei der -  im Beschwerdefall vereinbarten - Gleitzeit liegt es beim Arbeitnehmer, Zeitguthaben anzusparen, die dann durch geringere Arbeitsleistungen in anderen Zeiträumen ausgeglichen werden, oder zunächst weniger zu arbeiten als durchschnittlich vorgesehen und dann diese Zeitschuld abzuarbeiten. Während der gesamten Dauer der Gleitzeitperiode bleibt jedoch das (für die Normalarbeitszeit bemessene) Entgelt konstant. Unter einem Zeitguthaben im Sinne der oben zitierten Regelungen des Arbeitszeitgesetzes ist der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlte Freizeit bei aufrechtem Arbeitsverhältnis zu verstehen, der durch Mehrarbeit erworben wurde. Im Beschwerdefall ist nicht strittig, dass zwar während der Dauer der Gleitzeitperiode Zeitguthaben auf Grund von Mehrstunden durch Zeitausgleich abzubauen sind, aber auch die Möglichkeit der Übertragung von Zeitguthaben (30 Stunden) und Zeitschulden (10 Stunden) in den nächsten Abrechnungszeitraum (von einem Jahr) besteht. Ein Anspruch auf finanzielle Abgeltung von allfälligen Mehrstunden während der Dauer der Gleitzeitperiode ist nicht gegeben.

Im vorliegenden Fall hat die mitbeteiligte Partei eine finanzielle Abgeltung nicht nur jener Zeitguthaben vorgenommen, die über das Höchstausmaß der Übertragungsmöglichkeit hinaus entstanden sind, sondern wurde von der mitbeteiligten Partei den Dienstnehmern im Falle der Nichtinanspruchnahme von Zeitausgleich während der Gleitzeitperiode wegen vermehrten Auftragseinganges oder eines länger dauernden Krankenstandes das gesamte Zeitguthaben aus der Gleitzeitperiode mit der Berechnungsformel für Überstunden im Mai eines jeden Jahres zur Auszahlung gebracht (Schriftsatz vom 8. März 2000).

Die belangte Behörde hat diese Abgeltung der Zeitguthaben aus der vereinbarten gleitenden Arbeitszeit als Sonderzahlung beurteilt.

Bei der Beantwortung der Frage, ob eine (freiwillig oder verpflichtend) gewährte Zuwendung "in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen gewährt" wird, kommt es aber darauf an, ob diese Zuwendungen im Sinne des § 49 Abs. 2 ASVG mit einer gewissen Regelmäßigkeit in bestimmten, über die Beitragszeiträume hinausreichenden Zeitabschnitten wiederkehren, wobei die Regelmäßigkeit der wiederkehrenden Leistungen im Wesentlichen aus der Dienstgeberzusage oder dem tatsächlichen Ablauf der Ereignisse zu beurteilen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1990, 89/08/0227). Bei einer Sonderzahlung muss es sich sohin um eine Zuwendung handeln, die ihrem Wesen nach als wiederkehrende Leistung des Dienstgebers anzusehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2004, 2001/08/0004).

Die belangte Behörde hat die oben wiedergegebenen Vereinbarungen und die bei der Beitragsprüfung festgestellte Vorgangsweise der mitbeteiligten Partei ihrer Beurteilung zu Grunde gelegt. Die Vereinbarungen mit den Dienstnehmern sehen eine finanzielle Abgeltung allfälliger Zeitguthaben nicht vor, es ist vielmehr in der Betriebsvereinbarung vorgesehen, dass am Stichtag 1. Mai "grundsätzlich ... das Arbeitszeitkonto ausgeglichen sein" soll, jedoch "maximal 30 Stunden Gleichzeitguthaben bzw. 10 Stunden Gleitzeitdefizit in den nächsten Abrechnungszeitraum übertragen werden" können. Die Abgeltung eines solchen Zeitguthabens in Geld sieht die Betriebsvereinbarung nicht ausdrücklich, das Gesetz (§ 19e AZG) nur für den Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses vor. Von einer Dienstgeberzusage einer wiederkehrenden Leistung im Sinne des § 49 Abs. 2 ASVG kann hinsichtlich der vortragbaren Zeitguthaben daher keine Rede sein. Nun kann sich nach der Rechtsprechung die Regelmäßigkeit der wiederkehrenden Leistungen nicht nur aus der Dienstgeberzusage, sondern auch aus dem tatsächlichen Ablauf der Ereignisse ergeben (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1990, 89/08/0227, m.w.H. auf die Erkenntnisse vom 11. Mai 1960, Slg. Nr. 5295/A, vom 20. Dezember 1961, Zlen. 1958, 1959/58, vom 10. April 1962, Zl. 1316/61, vom 9. Mai 1962, Zl. 2092/61, und vom 30. Jänner 1986, Zl. 85/08/0147). Dieser nach der Rechtsprechung bedeutsame "tatsächliche Ablauf der Ereignisse" vermag jedoch eine (fehlende) ausdrückliche Vereinbarung nur in der Weise zu substituieren, als aus ihm auf einen entsprechenden Verpflichtungswillen der Vertragsparteien geschlossen werden kann (§ 863 ABGB). Für einen solchen Verpflichtungswillen fehlt hier aber ein ausreichender Anhaltspunkt: angesichts des insoweit eindeutigen Wortlautes der Gleitzeitvereinbarung durften die Dienstnehmer nicht davon ausgehen, dass an sich vortragbare Zeitguthaben auch in Hinkunft nicht im nächsten Abrechnungszeitraum auszugleichen sein, sondern in Geld abgegolten werden würden.

Liegt eine Sonderzahlung im Sinne des § 49 Abs. 2 ASVG nicht vor, ist noch zu untersuchen, wie die Berücksichtigung einer solchen somit nach § 49 Abs. 1 ASVG zu beurteilenden Ablöse für ein Zeitguthaben beitragsrechtlich zu erfolgen hat. Eine "Aufrollung" der einzelnen monatlichen Beitragszeiträume, aus denen dieses Guthaben stammt, kommt in der Regel deshalb nicht in Betracht, weil das Guthaben gleichsam als Ergebnis eines "Arbeitszeitkontokorrents" das rechnerische Ergebnis von Gutstunden und Fehlstunden ist und als solches daher keinem bestimmten Beitragszeitraum zugeordnet werden kann. Es kann daher beitragsrechtlich nur jenem Beitragszeitraum zugeordnet werden, in welchem die Abgeltung ausbezahlt wird. Eine willkürliche Akkumulierung beitragspflichtiger Entgelte zur Vermeidung von Beiträgen mit Hilfe der Höchstbeitragsgrundlage (wie sie augenscheinlich die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse in dieser Vorgangsweise sieht) ist schon deshalb nicht zu befürchten, weil auf Grund der Bestimmung des § 44 Abs. 7 ASVG die Beitragslast für das laufende Entgelt von einer Gleitzeitvereinbarung unberührt bleibt, und zwar (ausdrücklich) auch in jenen Fällen, in denen die Entlohnung nach Maßgabe des im Rahmen der Gleitzeit jeweils schwankenden Ausmaßes der Arbeitserbringung erfolgt. Der Gesetzgeber hat es daher einerseits in Kauf genommen, dass in einem Gleitzeitsystem Mehrleistungen vorkommen können, denen nicht sogleich eine Beitragslast gegenübersteht. Der (intendierte) Ausgleich der Mehrzeiten mit Fehlzeiten im Rahmen der Gleitzeitvereinbarung, sei es im laufenden, sei es nach Übertragung in den nächsten Abrechnungszeitraum, hat vielmehr überhaupt keine Auswirkung auf die beitragsrechtliche Behandlung des laufenden Entgelts: die Beitragslast wird durch Guthaben nicht erhöht und durch Fehlzeiten nicht vermindert. Im Falle der Abgeltung eines Guthabens am Ende eines Abrechnungszeitraums entsteht daher im Ergebnis eine zusätzliche Beitragslast. Wenn der Gesetzgeber aber grundsätzlich in Kauf genommen hat, dass es in einem solchen System im Ergebnis auch zu einer Verschiebung der Beitragswirksamkeit von Teilen des Entgelts von den Beitragszeiträumen der Mehrarbeit auf den Zeitpunkt der finanziellen Abgeltung dieser Mehrarbeit (an Stelle eines beitragsneutralen Zeitausgleichs) kommen kann, besteht auch kein Anlass, die Vorgangsweise der mitbeteiligten Partei unter dem Gesichtspunkt der §§ 539 bzw. 539a ASVG zu prüfen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. April 2004

Schlagworte

Entgelt Begriff Anspruchslohn

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001080048.X00

Im RIS seit

10.06.2004

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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