TE Vfgh Erkenntnis 2000/10/9 B1829/99

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Veröffentlicht am 09.10.2000
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Index

L3 Finanzrecht
L3730 Aufenthaltsabgabe, Nächtigungstaxe, Ortstaxe

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung des §9b Abs3 Stmk Nächtigungs- und FerienwohnungsabgabeG sowie der FerienwohnungsabgabeV des Gemeinderates der Gemeinde St. Jakob im Walde vom 04.09.98 mit E v 09.10.00, G86/00, V61/00.

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung sowie wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Steiermark ist schuldig, den Beschwerdeführern zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit ATS 32.200,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführer der vorliegenden Beschwerde sind je zur Hälfte Miteigentümer einer Ferienwohnung im Gemeindegebiet der Gemeinde St. Jakob im Walde. Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde St. Jakob im Walde wurde ihnen gemäß §1 und §9a bis §9d des Steiermärkischen Nächtigungs- und Ferienwohnungsabgabegesetzes, im folgenden: NFWAG, LGBl. für die Steiermark 54/1980, idF LGBl. 39/1998, iVm der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Jakob im Walde vom 4. September 1998, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 4. September 1998 bis 19. September 1998, ab 1. Jänner 1999 eine jährlich zu leistende Ferienwohnungsabgabe zur Entrichtung vorgeschrieben.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen (Vorstellungs-) Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung wurde der Vorstellung der beiden Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde St. Jakob im Walde keine Folge gegeben. Dieser Bescheid stützt sich einerseits auf die eben zitierte Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Jakob im Walde vom 4. September 1998 sowie auf die eben genannten Bestimmungen des NFWAG und wird u.a. damit begründet, daß die Beschwerdeführer im Gemeindegebiet der Gemeinde St. Jakob im Walde eine Ferienwohnung besäßen. Der Gemeinderat der Gemeinde St. Jakob im Walde habe von der ihm zustehenden Ermächtigung Gebrauch gemacht und - gestützt auf §9b Abs3 des NFWAG - eine Verordnung erlassen, mit der die jährliche Höhe der Ferienwohnungsabgabe festgesetzt wurde; gegen die Gesetzmäßigkeit dieser Verordnung seien - aus Anlaß des Vorstellungsverfahrens - bei der Steiermärkischen Landesregierung als Gemeindeaufsichtsbehörde keinerlei Bedenken entstanden.

3. Gegen diesen Vorstellungsbescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, die Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung sowie die Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt wird.

4. Die belangte Behörde legte innerhalb der ihr gesetzten Frist die Verwaltungsakten vor; von der Erstattung einer Gegenschrift nahm sie formlos Abstand.

5. Die Gemeinde St. Jakob im Walde hat ebenfalls von der Erstattung einer Äußerung formlos Abstand genommen.

II. Die Beschwerde ist begründet:

1. Der Verfassungsgerichtshof leitete aus Anlaß dieser Beschwerde mit Beschluß vom 28. Juni 2000 gemäß Art140 Abs1 B-VG bzw. gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §9b Abs3 NFWAG, LGBl. für die Steiermark 54/1980, idF LGBl. 39/1998, sowie zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Jakob im Walde vom 4. September 1998 ein.

2. Mit dem am heutigen Tag gefällten Erkenntnis G86/00, V61/00 hob der Verfassungsgerichtshof §9b Abs3 NFWAG, LGBl. für die Steiermark 54/1980, idF LGBl. 39/1998, als verfassungswidrig und die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Jakob im Walde vom 4. September 1998 als gesetzwidrig auf.

3. Die belangte Behörde wendete bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides die aufgehobenen Bestimmungen an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war. Die Beschwerdeführer wurden somit wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung sowie wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (VfSlg. 10.404/1985, 10.515/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

III. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist ein Streitgenossenzuschlag in Höhe von ATS 2.250,--, Umsatzsteuer in Höhe von ATS 4.950,-- und eine Eingabegebühr gemäß §17a VerfGG in Höhe von ATS 2.500,-- enthalten.

IV. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:B1829.1999

Dokumentnummer

JFT_09998991_99B01829_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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