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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §22 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der W GmbH in D, vertreten durch Dr. Georg Stenitzer und Mag. Thomas Stenitzer, Rechtsanwälte in 2136 Laa an der Thaya, Rathausgasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 17. Juni 2002, Zl. RV/131-06/2002, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für 1999 bis 2001, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine im Getreide- und Baustoffhandel tätige GmbH. Anlässlich einer bei ihr durchgeführten Lohnsteuerprüfung stellte der Prüfer ua fest, dass die beiden je zur Hälfte beteiligten Gesellschafter und Geschäftsführer Wilfried W in den Jahren 1999 bis 2001 S 720.000,--, S 770.000,-- und S 1 Mio und Margarete W im selben Zeitraum S 590.000,--, S 760.000,-- und S 1 Mio als Geschäftsführerbezüge erhalten hätten. Auf Grund der Eingliederung in den betrieblichen Organismus und Fehlen des Unternehmerwagnisses unterlägen diese Bezüge dem Dienstnehmerbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag.
Mit Bescheid vom 16. April 2002 setzte das Finanzamt entsprechend den Prüferfeststellungen den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag fest.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und führte aus, das Unternehmen sei als Gesellschaft nach bürgerlichem Recht gegründet und per 31. Dezember 1992 in die beschwerdeführende Gesellschaft zu Buchwerten eingebracht worden. Das Unternehmen sei unverändert weitergeführt worden. Es sei mit Ausnahme der Rechtsform keine Änderung in der Firmenstruktur eingetreten. Die Geschäftsführer hafteten persönlich für die Kredite der beschwerdeführenden Gesellschaft. Von einem Fehlen des Unternehmerwagnisses könne daher keine Rede sein.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, die Aussage, es sei keine Änderung der Firmenstruktur, sondern lediglich eine solche der Rechtsform eingetreten, sei aus der Sicht des Gesellschaftsrechtes unrichtig. Eine Kapitalgesellschaft weise beispielsweise hinsichtlich der Haftungsfrage eine wesentlich andere Struktur auf als eine Personengesellschaft. § 22 Z 2 zweiter Satz EStG stelle gerade auf Kapitalgesellschaften ab.
Der Eingliederung in den betrieblichen Organismus stehe auch eine allfällige Aufteilung der Geschäftsfelder unter den beiden Geschäftsführern nicht entgegen. Hinsichtlich des Unternehmerwagnisses wurde im angefochtenen Bescheid festgestellt, gemäß der Konten 7010 und 7011 aus 2001 seien die Auszahlungen regelmäßig erfolgt. Es seien auch im übrigen Streitzeitraum keine wesentlichen Schwankungen der Bezüge erkennbar gewesen. Auch auf der Ausgabenseite sei ein Risiko ins Gewicht fallender Schwankungen nicht dargetan worden. Die von den Geschäftsführern getragenen Sozialversicherungsbeiträge stünden in einer bestimmten Relation zu den Einnahmen und stellten daher kein "Wagnis" dar. Im Übrigen würden Sozialversicherungsbeiträge (hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile) auch von "klassischen" Dienstnehmern im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 getragen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Den Dienstgeberbeitrag haben gemäß § 41 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG) alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG in der ab 1994 anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.
Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.
Die gesetzliche Grundlage für die Erhebung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag bildet § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 (WKG).
Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3
FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988
nach der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten
Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof sei zur
Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom
23. April 2001, 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom 10. Mai 2001,
2001/15/0061, und vom 18. Juli 2001, 2001/13/0063, verwiesen. Wie
den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43
Abs. 2 Satz 2 VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2
EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH
dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden
Verhältnisse - feststeht,
- dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge
kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder
Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des
Betriebes seiner Gesellschaft eingegliedert ist,
- dass ihn unter Bedachtnahme auf die Einnahmen- bzw.
Ausgabenschwankungen kein ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis
trifft und
- dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig
monatliche Entlohnung erhält.
Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 2001, G 109/00, wird unter Anführung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Anzeichen für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Entscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem eine feste Arbeitszeit, ein fester Arbeitsort, die arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften, wie Arbeits- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2002, 2002/15/0160, mwN).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung gehen die Hinweise in der Beschwerde auf das Fehlen eines festen Arbeitsortes, einer festen Arbeitszeit, einer Urlaubs- und Krankenstandsregelung und einer Regelung über Abfertigungsansprüche ins Leere. Diese aus der Weisungsgebundenheit ableitbaren Ansprüche sind für die Einstufung der Tätigkeit unter § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nicht maßgebend (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 2003, 2003/15/0040, mwN). Aus diesem Grunde war die belangte Behörde auch nicht verhalten, diesbezügliche Feststellungen zu treffen. Im gegebenen Zusammenhang ist es auch nicht von Bedeutung, dass die Geschäftsführer bestimmte Tätigkeiten innerbetrieblich hätten delegieren bzw. nach Bedarf auch aus dem Unternehmen auslagern können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2002, 2001/15/0078).
Das für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Tätigwerden der beiden Geschäftsführer sowie deren laufende Entlohnung wurde in der Beschwerde nicht bestritten. Dass nach dem nur allgemein gehaltenen Beschwerdevorbringen die Tätigkeit der Geschäftsführer "wesentlich von der periodischen Arbeitsbelastung abhängt", steht einer Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin nicht entgegen.
Die Beschwerdeführerin behauptet vor dem Verwaltungsgerichtshof erstmals ein Unternehmerrisiko der beiden Geschäftsführer, weil deren Bezüge abhängig von den unterschiedlichsten Parametern am Getreide- und Baustoffmarkt jährlichen Schwankungen unterworfen seien. Diesem - im Übrigen nicht näher begründeten - Vorbringen steht das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschende Neuerungsverbot entgegen.
Die Beschwerde rügt auch, dass Feststellungen dahingehend unterlassen worden seien, dass der persönliche Einsatz der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer für den geschäftlichen Erfolg der Beschwerdeführerin bzw. deren ausgeglichene Bilanzierung notwendig gewesen sei. Abgesehen davon, dass dies auch bei (Fremd)Geschäftsführern, die in einem klassischen Dienstverhältnis zur Kapitalgesellschaft stehen, regelmäßig der Fall sein wird, stellt die Beschwerde nicht dar, nach welchen Kriterien die Geschäftsführerhonorare in konkreter Ausformung ihrer Erfolgsabhängigkeit bemessen worden wären.
In der Beschwerde wird auch vorgebracht, der Gesellschafter-Geschäftsführer Wilfried W. hafte für Bankschulden der Beschwerdeführerin in beträchtlicher Höhe. Hiezu ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach das Risiko, welches der Gesellschafter-Geschäftsführer im Falle der Übernahme einer Bürgschaft für Verbindlichkeiten der Gesellschaft trägt, der Gesellschaftersphäre zuzuordnen ist und damit kein Indiz für ein Unternehmerwagnis im Bereich der Geschäftsführertätigkeit darstellt (vgl das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2003, 2003/14/0076).
Weiters rügt die Beschwerdeführerin allgemein die Mangelhaftigkeit des Verfahrens wegen Verletzung des Parteiengehörs. Sie unterlässt es jedoch vorzubringen, welche entscheidungsrelevanten Tatsachen der belangten Behörde wegen des behaupteten Verfahrensmangels unbekannt geblieben sind.
Da sich die Beschwerde sohin insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 22. April 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002150151.X00Im RIS seit
03.06.2004