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L66501 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
AVG §68 Abs4 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde 1. des Mag. Günter K, 2. der Gertrude K, 3. des Josef R und 4. der Bernadette R, alle in S, alle vertreten durch Dr. Peter Hajek, Rechtsanwalt in Eisenstadt, Blumengasse 5, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Burgenländischen Landesregierung vom 16. März 2000, Zl. LAS-C6/4-2000, betreffend Zusammenlegungsplan W,
1. den Beschluss gefasst:
Der Antrag, den Besitzstandsausweis und den Bewertungsplan als rechts- und gesetzwidrig aufzuheben, wird zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Spruch
Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Burgenland zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Durch Auflage zur allgemeinen Einsicht im Zeitraum vom 22. März 1999 bis einschließlich 6. April 1999 ("Verständigung" vom 22. Februar 1999) wurde der Grundzusammenlegungsplan W. vom Amt der Burgenländischen Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz erlassen.
Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien Berufung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. März 2000 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Parteien als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung wird u.a. ausgeführt, vom Operationsleiter sei im Instruierungsbericht darauf hingewiesen worden, dass die Abweichung im Wert-Flächenverhältnis +4,1437% (erlaubt seien 20%) betrage, der Unterschied zwischen Nettoabfindungsanspruch und Wert der Grundabfindung 0,0696% (5% erlaubt). Die beschwerdeführenden Parteien hätten in das Zusammenlegungsverfahren ein Grundstück eingebracht und ein Grundstück 100 m ortsnäher wieder zugeteilt bekommen. Mit Rundschreiben vom 7. Juni 1995 seien alle Eigentümer des Z-Verfahrens über den letzten Stand informiert worden. Die Besitzstandserhebung sei in der Zeit vom 20. Juni bis 29. Juli 1994 durchgeführt worden. Der Erstbeschwerdeführer sei am 25. Juli 1994 in der "Agrarkanzlei" in W. erschienen und habe seinen Besitz im Z-Gebiet W. zur Kenntnis genommen, die Unterschrift auf dem Protokoll jedoch mit der Begründung "Rechtsmittel wird eingeleitet" verweigert. Die gegenständliche Zusammenlegung sei eine "Unternehmenskommassierung" gewesen, d.h. durch das öffentliche Großvorhaben der Umfahrung von W. sei ein großer Flächenbedarf gegeben. Um große Flächenverluste und die damit verbundenen betriebswirtschaftlichen Probleme für einzelne Landwirte zu vermeiden, sei der Flächenverlust mit einem fixen Prozentsatz auf alle Grundeigentümer aufgeteilt worden. Die Grundeinlöse sei zwischen dem Kommassierungsausschuss und der Bundesstraßenverwaltung mit S 45,--/m2 ausgehandelt worden. Dieser Preis beinhalte sämtliche durch die Durchschneidung entstandenen Nebenschäden und andere gravierende Nachteile: zerschnittene Flur mit Restflächen, Ablöseverhandlungen mit jedem einzelnen Besitzer, kein Enteignungsverfahren, sofortiger Baubeginn usw. Im Gegensatz zum obigen Preis werde im Z-Verfahren mit dem Bonitätswert gerechnet. Um den Tausch von Grundstücken im Zusammenlegungsverfahren zu ermöglichen, werde ihr Tauschwert ermittelt und in Wertzahlen ausgedrückt. Ein direkter Vergleich zwischen dem m2-Preis der Bundesstraßenverwaltung und dem Tauschwert im Zusammenlegungsverfahren sei daher nicht möglich. Der Durchschnittswert des Altgrundstückes der beschwerdeführenden Parteien habe 24,2 Punkte, der des Abfindungsgrundstückes 25,2 Punkte betragen. Es liege somit eine Verbesserung um 1 Punkt vor. Die Verlegung um 100 m am gleichen Asphaltweg könne keine wirtschaftlichen Nachteile bewirken. Nach der genauen koordinativen Festlegung der Trasse seien vom Altgrundstück der beschwerdeführenden Parteien 1.355 m2 (= 20,7% der Gesamtfläche) für die Umfahrungsstraße in Anspruch genommen und dafür 5 Jahre lang eine Entschädigung von der Zusammenlegungsgemeinschaft W. bezahlt worden.
Die beschwerdeführenden Parteien hätten auch nicht die rechnerische Richtigkeit der Abfindung bestritten. Sie hätten jedoch bemängelt, dass das eingebrachte Grundstück nicht mit dem Verkehrswert abgelöst worden sei und dass sie im Verfahren nicht gemäß den §§ 3 und 11 des Burgenländischen Flurverfassungs-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 40/1970 (kurz: FLG), aufgeklärt worden seien. Wie sich aus den Aktenunterlagen ergebe, sei diese Aufklärung mit Schreiben der Agrarbehörde erster Instanz vom 7. Juni 1995 noch vor Auflage des Besitzstandsausweises erfolgt. Die Auflage des Besitzstandsausweises sei im gegenständlichen Verfahren mit Verständigung der Agrarbehörde erster Instanz vom 8. Juni 1995 erfolgt. Den beschwerdeführenden Parteien sei vor Auflage des Besitzstandsausweises das Ergebnis der Besitzstandserhebung gemäß § 11 Abs. 1 FLG zur Überprüfung desselben zur Kenntnis gebracht worden. Dies gehe aus einer im bezughabenden Verwaltungsakt inneliegenden Niederschrift hervor. Darauf werde auch bereits vom Operationsleiter in seinem Instruierungsbericht hingewiesen. Die gegenständlichen Vorbringen betreffend die Verletzung des Parteiengehörs hätten spätestens in einer Berufung gegen den Besitzstandsausweis erhoben werden können. Der Besitzstandsausweis sei aber bereits in Rechtskraft erwachsen.
Gleiches gelte für das inhaltliche Vorbringen betreffend die Bewertung des Altgrundstückes. Der im Zusammenlegungsverfahren W. zugleich mit dem Besitzstandsausweis und dem Plan der gemeinsamen Anlagen und Maßnahmen aufgelegte Bewertungsplan sei ebenfalls in Rechtskraft erwachsen. Die beschwerdeführenden Parteien besäßen keinen Rechtsanspruch darauf, dass die darin enthaltene Bewertung des Altgrundstückes in der gegenständlichen Phase des Zusammenlegungsverfahrens, nämlich der Auflage des Zusammenlegungsplanes, neuerlich aufgerollt werde.
Ein Rechtsanspruch auf Zuteilung eines gleichwertigen Abfindungsgrundstückes gemäß § 21 Abs. 4 lit. a FLG würde auf der Basis des Verkehrswertes nur bestehen, wenn das Altgrundstück der beschwerdeführenden Parteien als Grundstück besonderen Wertes eingebracht und demnach im Bewertungsplan nach dem Verkehrswert bewertet worden wäre. Dies sei aber nicht der Fall. Das eingebrachte Grundstück sei zum Zeitpunkt der Einleitung des Kommassierungsverfahrens im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde W. als "GL (Grünland) - landwirtschaftlich genutzt" gewidmet. Auf Grund dieser - immer noch - bestehenden Flächenwidmung stehe fest, dass es sich um kein Grundstück mit besonderem Wert handle, zumal auch die übrigen im § 12 Abs. 5 FLG taxativ aufgezählten Tatbestände für die Beurteilung eines Grundstückes mit besonderem Wert nicht zutreffen würden. Daher sei von der Agrarbehörde erster Instanz richtigerweise der Wert des eingebrachten Grundstückes ausschließlich nach dem Bonitätswert (= Ertragswert) entsprechend § 12 Abs. 2 FLG berechnet worden.
Dass die Zuteilung entsprechend dem Ertragswert (Bonitätswert) des eingebrachten Grundstückes ordnungsgemäß erfolgt sei, werde von den beschwerdeführenden Parteien nicht bestritten. Das Abfindungsgrundstück sei in einem Gebiet mit gleichem Bonitätswert in unmittelbarer Nähe des Altgrundstückes, und zwar 100 m ortsnäher, zugeteilt worden. Es sei ausreichend erschlossen und günstig ausgeformt.
Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 13. Juni 2000 ablehnte und sie an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführenden Parteien wenden u.a. ein, es werde eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darin erblickt, dass sie entgegen dem § 3 Abs. 4 FLG nicht aufgeklärt und überdies auch bei der Feststellung des Besitzstandes gemäß § 11 FLG nicht beigezogen worden seien. Es sei Ihnen daher nicht möglich gewesen, ihre berechtigten Einwände gegen die Einbeziehung ihrer Liegenschaften geltend zu machen. Dieser Umstand sei dafür entscheidend, dass das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren mangelhaft gewesen sei und sich diese Mangelhaftigkeit im Ergebnis des Ermittlungsverfahrens dokumentiere. Schon das erstinstanzliche Verfahren sei daher insgesamt gesetz- und rechtswidrig und auch die Berufungsbehörde sei auf diese Mangelhaftigkeit nicht eingegangen. Schließlich habe der Erstbeschwerdeführer die Unterschrift unter die Besitzstandserhebung verweigert, sodass eine Zustimmung nicht angenommen werden könne. Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens sei auch die Ursache dafür, dass das betroffene Grundstück überhaupt in das Verfahren einbezogen und schließlich auch der Verkehrswert unrichtig festgesetzt worden sei. Unter den gegebenen Umständen sei auch nicht einzusehen, warum die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen habe, eine amtswegige Überprüfung und allenfalls eine Aufhebung des Bewertungsplanes nach § 14 Abs. 5 FLG vorzunehmen. Eine Begründung dafür, dass es sich bei dem betroffenen Grundstück nicht um ein solches von besonderem Wert im Sinne des § 12 Abs. 5 FLG handle, sei weder von der ersten, noch von der zweiten Instanz gegeben worden. Den beschwerdeführenden Parteien sei durch Verletzung des Anhörungsrechtes auch die Möglichkeit genommen worden, konkret darzulegen, dass es sich um ein solches Grundstück handle.
Gemäß § 25 Abs. 1 FLG ist nach Absteckung der neuen Flureinteilung in der Natur über das Ergebnis der Zusammenlegung ein Bescheid (Zusammenlegungsplan) zu erlassen.
Nach § 25 Abs. 3 FLG sind dem Zusammenlegungsplan ein rechtskräftiger Besitzstandsausweis (§ 11), Bewertungsplan (§ 14) oder Plan der gemeinsamen Anlagen (§ 17) als Behelfe anzuschließen.
Gemäß § 23 Abs. 1 FLG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novellen LGBl. Nrn. 55/1979 und 68/1996 sind der Errechnung der Abfindungen die Ergebnisse der Bewertung gemäß §§ 12 bis 14 zu Grunde zu legen. Bodenwertänderungen, die durch gemeinsame Anlagen und Maßnahmen oder durch Änderungen der Weinbaufluren im Zuge eines Zusammenlegungsverfahrens (§ 1 des Weinbaugesetzes 1980, LGBl. Nr. 38 in der jeweils geltenden Fassung) bewirkt werden, sind durch eine Nachbewertung, die in sinngemäßer Anwendung des § 12 zu erfolgen hat, festzustellen. Soweit sie vor der Übernahme der Grundabfindungen eintreten, sind sie dem Wert der Abfindungen einzurechnen, ansonsten gesondert in Geld auszugleichen. Geldausgleiche bei Bodenwertsteigerungen fließen der Zusammenlegungsgemeinschaft zu, für Geldausgleiche bei Bodenwertminderungen hat die Zusammenlegungsgemeinschaft aufzukommen.
Insoweit sich die beschwerdeführenden Parteien gegen die unterlassene Aufklärung nach § 3 Abs. 4 FLG und die unterbliebene Beiziehung gemäß § 11 FLG wenden, verkennen sie die Rechtlage, zumal es im Beschwerdefall nicht um die Einleitung des Verfahrens, auf den sich die Aufklärungspflicht nach § 3 Abs. 4 FLG bezieht, und auch nicht um die Feststellung des Besitzstandes, der in § 11 leg. cit. geregelt wird, sondern um die Erlassung des Zusammenlegungsplanes im Sinne des § 25 leg. cit. geht. Auch die gerügte fehlende Unterschrift des Erstbeschwerdeführers unter die Besitzstandserhebung bezieht sich auf die Erlassung des bereits rechtskräftigen Besitzstandsausweises und ist daher im Zusammenhang mit der Erlassung des Zusammenlegungsplanes nicht mehr zu berücksichtigen. Die gerügten Verfahrensmängel sind daher für die im Beschwerdefall zu prüfende Erlassung des Zusammenlegungsplanes nicht relevant.
Auch der Hinweis der beschwerdeführenden Parteien auf § 14 Abs. 5 FLG, wonach der Bewertungsplan bis zur Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler im Sinne des § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG leidet, wenn die Bewertung eines Grundstückes oder Grundstücksteiles im Sinne des § 12 unrichtig ist, vermag daran nichts zu ändern. Auf die Anwendung des § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG hat niemand einen Anspruch (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2003, Zl. 2002/07/0121). Abgesehen davon ist es den beschwerdeführenden Parteien auch nicht gelungen, eine Unrichtigkeit der Bewertung darzutun, zumal die belangte Behörde ausführlich unter Verweis auf die Widmung des eingebrachten Altgrundstückes darlegen konnte, dass dieses kein Grundstück mit besonderem Wert im Sinne des § 12 Abs. 5 FLG war.
Fehlte es aber dem eingebrachten Altgrundstück an der Eigenschaft als Grundstück mit besonderem Wert, so war es nicht nach dem Verkehrswert (vgl. § 12 Abs. 4 FLG), sondern nach dem Ertragswert (vgl. § 12 Abs. 2 FLG) zu bewerten. Dies ist - wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführlich darlegte - auch geschehen.
Die Beschwerde erweist sich somit hinsichtlich des Zusammenlegungsplanes als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Insoweit die beschwerdeführenden Parteien beantragten, "den Besitzstandsausweis und den Bewertungsplan als rechts- und gesetzwidrig aufzuheben", ist ihnen entgegenzuhalten, dass diese beiden - bereits in Rechtskraft erwachsenen - Bescheide zwar Grundlage, nicht jedoch Gegenstand des angefochtenen Bescheides waren, weshalb dieser Antrag gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 22. April 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2000070093.X00Im RIS seit
02.06.2004